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Die heftigen Zuckungen schleuderten sie gegen die Wand, und die nachfolgende Explosion ließ sie über den verschmierten Boden schlittern, bis sie irgend jemand von den Beinen riß und dadurch selbst zum Halten kam. Etwas, das sie wenig später als einen Wasserschwall erkennen konnte, brandete über sie hinweg, und dann regnete es plötzlich mit schweren, großen Tropfen, die kleine, glasklare Löcher in den dichten Schmierschleier auf ihrem Helm bohrten. Eine Weile war es sehr, sehr ruhig.

»Lebe ich noch?« fragte sie nach einiger Zeit. Sie lag auf dem Rücken, und inzwischen konnte sie über sich an der Decke die Ursache für den heftigen Regenschwall erkennen. Hunderte winziger Düsen der Feuerlöschanlage versprühten Löschwasser in den Flur.

Ein lauter Fluch antwortete ihr. »Natürlich«, sagte Harris. »Könnten Sie Ihren Fuß aus meinem Gesicht nehmen?«

»Rechts oder links?«

Eine Hand berührte sie am linken Fußgelenk. Sie zog vorsichtig das Bein an, während sie zugleich mit den Händen über das Helmvisier rieb. Im ersten Moment verschlimmerte sich ihre Lage damit, aber mit Hilfe der Sprinkleranlage konnte sie den größten Teil des Schaums entfernen.

Harris war wieder auf den Beinen, und Dubois und Estevez waren bei ihm. Sie sah sich hastig nach Skudder um und fand ihn nicht weit entfernt, mit dem Rücken an der Wand, den Kopf im Helm in den Nacken gelegt, so, als wollte er mit offenem Mund den Regen fangen. Sie atmete hörbar auf, und er warf ihr einen belustigten Blick zu und schwenkte eine längliche, schwarze Trophäe.

»Sieh mal«, sagte er und schubste den abgerissenen Arm in ihre Richtung. Das Ding drehte sich auf dem glitschigen Boden zweimal um sich selbst. Sie sah es an, blickte dann den Gang hinunter. Explosivgeschosse hatten Deckenverkleidung und Wandplatten aus ihren Befestigungen gerissen, und die Reste versanken langsam in der riesigen Schaummasse, die inzwischen den gesamten Gang ausfüllte. Es sah aus, als habe jemand einen Lastwagen voller Waschmittel in einen riesigen Küchenmixer gefüllt. Eingerahmt von Schaum und Ruß lag bewegungslos die aufgerissene Hülle einer meterhohen Maschine, deren Greifarme kraftlos zu Boden gesunken waren.

»Eine Reinigungsmaschine«, sagte Harris fassungslos. »Wir haben eine Reinigungsmaschine erlegt.«

»Kapitales Stück«, brachte Charity noch heraus, ehe sie in hysterisches Gelächter ausbrach. Das weiße Zeug auf ihrem Druckanzug erinnerte sie an Schmierseife. Ein paar große Flocken lösten sich von der Masse und schwebten in der niedrigen Schwerkraft, bis sie dort, wo die Sprinkleranlage nicht von Geschossen zertrümmert worden war, von Wasserstrahlen in Stücke gerissen wurden. Charity mußte wieder lachen.

»Was für eine Schaumschlägerei«, sagte Skudder, der in ihr Lachen einstimmte. »Sechs Bewaffnete gegen eine Reinigungsmaschine.«

»Wir haben uns nicht gerade mit Ruhm bekleckert«, stimmte Harris zu.

»Nein«, lachte Charity, »Ruhm kann man das wirklich nicht nennen.« Sie wischte mit dem Zeigefinger durch die seifige Schicht und pustete den entstehenden Schaum von der Fingerspitze.

»Hattest du nicht ein Bad nehmen wollen?« fragte Skudder, der sich vorbeugte und seine Waffe aus der aufquellenden Schaumlandschaft rettete.

»Hmmm«, machte sie und kam vorsichtig auf die Beine. Das Wasser bildete inzwischen große, zusammenhängende Pfützen. »Packen wir unsere Sachen und verziehen uns, bevor jemand einen Heizlüfter ins Badewasser wirft.«

Sie nahm die Pistole. Harris hatte ihr Gewehr gefunden und reichte es ihr wortlos. Sie wandte sich nach einem letzten Blick auf die Reste des Reinigungsroboters kopfschüttelnd ab und beeilte sich, aus dem bewässerten Teil des Gangs zu verschwinden. Der Bahnsteig war noch unversehrt und trocken, und sie wollte nicht in der Nähe sein, wenn das Wasser irgendwelche Teile der Stromversorgung erreichte. Sie war versucht, Dubois wegen des Feuerzaubers zu maßregeln, aber nachdem sie selbst auch nicht gerade Präzisionsarbeit geleistet hatte, war dies wohl weder der richtige Ort noch der richtige Zeitpunkt.

»Hoffentlich bekommen wir eines Tages nicht noch richtigen Ärger«, sagte sie zu Skudder, der neben ihr stehengeblieben war. Sie hinkte leicht. Dort, wo er sie getreten hatte, würde sie einen prachtvollen blauen Fleck bekommen.

Skudder schien es nicht viel besser zu gehen. »Wir haben jedenfalls alle Chancen dazu«, sagte er müde und deutete mit der Hand auf etwas hinter ihrem Rücken. Sie sah sich um und erkannte einen dunklen Schatten hinter den Glasscheiben. Die Schleuse des Bahnsteigs hatte sich unbemerkt geöffnet.

»Die Kabine ist da«, sagte Harris überflüssigerweise. In diesem Moment gab es einen lauten Knall, und der Transportschlitten sackte mit der vorderen Ecke bis auf den Boden herab.

Wer immer Reinigungsroboter umprogrammiert und Schleusen vermint hatte, die Autorisierungscodes für das Transportsystem hatten sich nicht verändert. Es gelang Charity, die Kabine mit einer sechzig Jahre alten Priorität auf Handkontrolle umzuschalten. Sie wählte einen Bahnsteig in der Nähe der Zentrale, genau eine Haltestelle vor dem Zentralterminal selbst. Wenn es weitere Fallen gab, dann auf jeden Fall dort.

Die Kabine bewegte sich völlig lautlos im Röhrenvakuum, gehalten und angetrieben von starken Magnetfelder, die sogar die kleinen Displays in ihrem Helm verzerrten. Die Frontseite hatte zwei Fenster, und die Röhrenbeleuchtung wanderte wie eine geisterhafte Bugwelle vor ihnen her und zeigte ihnen einen immer gleich langen, unveränderlich wirkenden Ausschnitt der Röhre. Charity hätte jedes Gefühl für die Bewegung verloren, hätte es nicht immer wieder ausgefallene oder flackernde Leuchtkörper gegeben, die es gestatteten, einen Röhrenabschnitt vom nächsten zu unterscheiden. Die Kabine konnte dreifache Schallgeschwindigkeit erreichen, aber sie hatte die Höchstgeschwindigkeit sicherheitshalber auf zwanzig Kilometer pro Stunde begrenzt. Der Vorfall mit der Reinigungsmaschine steckte ihnen allen in den Knochen.

»Paranoia«, sagte sie halblaut zu Skudder, der neben ihr stand, den Blick wie in Trance auf die aufeinanderzulaufenden Linien von Leuchtkörpern gerichtet.

Er riß sich von dem eintönigen Anblick los. »Du traust der Ruhe nicht.«

»Und warte auf eine Mauer, die plötzlich vor uns auftaucht, oder eine Tretmine, die jemand in die Röhre gelegt hat.« Sie lachte sarkastisch. »Oder acht Kubikmeter Schlagsahne, die uns die Frontscheibe verklebt. Das alles hier ist total verrückt. Improvisierte Bomben, verrückt gewordene Maschinen ... Ich frage mich, was als nächstes kommt.« Bei diesen Worten fiel ihr der Würfel ein, der nicht weit von ihnen zwischen zwei Sitzreihen abgestellt worden war. Die kleine Lampe an der Frontseite wirkte wie ein böses kleines Auge. Charity zweifelte nicht daran, daß sie nur aus psychologischen Gründen an dem Computer angebracht worden war, um die Menschen daran zu erinnern, daß er ständig mithörte und daß er vermutlich erstklassige Ohren besaß. Die besten Ohren, die man bauen konnte.