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Wolfgang Hohlbein

Bernhard Hennen

Der Sturm

Prolog

Das Land Aventurien

DAS SCHWARZE AUGE, eigentlich ein kostbares magisches Artefakt in der Fantasywelt Dere, wurde zum Synonym für das erfolgreichste deutsche Fantasy-Rollenspiel. Mehr als zehn Jahre liegt die Geburtsstunde des Spiels zurück, und obwohl man mittels dieser kostbaren magischen Kugel in die Zukunft sehen kann, hätte wohl niemand geglaubt, daß DAS SCHWARZE AUGE einst eine nach Zehntausenden zählende Fangemeinde haben würde. Schauplatz aller Abenteuer, die bislang im Zusammenhang mit dem Spiel publiziert wurden, ist die Fantasywelt DERE oder noch genauer der Kontinent AVENTURIEN.

Dort sind auch die Abenteuer der Trilogie DAS JAHR DES GREIFEN angesiedelt.

Zu den Besonderheiten Aventuriens gehört, daß mittlerweile eine Vielzahl fiktiver Quellen aus den Bibliotheken von Magiern und Gelehrten publiziert wurden, und so soll zunächst eine Aventurierin, eine Geweihte der Ordensschwesterschaft der Peraine - Göttin des Ackerbaus, der Kräuter und der Heilkunde -, das Wort erhalten, wenn es um ihren Kontinent geht:

›Von dem Windhager Felsgesteyn bis zur Kueste von Mendena ziehet es sich hin, von Ifirns Eisgebirg bis zu dem dampfenden Waldt der Mohas, und fürwahr, es ist ein seltsam Land. Lieblich bisweilen, mild und voll der guten Menschen, aber zumeist rauh und feindlich und duldet keinen arglosen Wanderer. Gar manche Gegend mag nur durchschreiten, wer ein Schwert zu tragen und zu führen weiß, andre Länder wiederum öffnen sich nur den Mutigsten der Mutigen. Erwaehnet sei hier nur jene Steppe, wo die Orkscharen hausen. Wen es dorthin verschlägt, der findet nichts als Todt und Grausen! Auch der Bornwaldt mit dem Riesen Milzenis darinne ist ein solcher Ort oder die Wueste Khom, das Land der Heiden. Der Herr Praios selbst verfolgt dort Mensch und Tier mit seinem Zorn und sendet ihnen eine Hitze, die jedwedes Kraut verdorren macht und den Kreaturen all die Haut verbrennet.

Und im Norden hoch droben ergehet es dem Menschen nicht besser. Hier bedeckt des Praios grimmiger Bruder Firun das Land mit seinem eisgen Panzerwerk und bläst über die Öde mit so kaltem Hauch, daß die Voegel tot und starr vom Himmel fallen!

Wahrlich, wer wie ich dies weite Land von Nord nach Süd durchstreifet, der mag sich freuen und wundern, wenn er seine Reisen ueberlebet. Aber man soll nicht hadern mit dem Land, das Aventurien geheißen wird, denn die Zwölfgötter haben es uns so gegeben, und sie werden wissen, warum sie es so und nicht anders geformet haben.‹

Zitiert aus dem Buch: ›Das Heiltätige Kraut – Wie man es findet und bereitet‹; verfaßt von der Peraine-Geweihten Schwester Larissa in Mendena im Jahre 80 vor der Thronbesteigung Hals.

Der Kontinent Aventurien ist eine der kleineren Landmassen auf Dere, einer erdähnlichen Welt, von der die meisten Aventurier annehmen, daß sie die Form einer Scheibe besäße. Zwar wurde in neuerer Zeit mehrfach die Hypothese aufgestellt, die Dere sei kugelförmig, aber diese These läßt sich einstweilen nicht beweisen: Bisher ist es keinem Aventurier gelungen, die Welt zu umrunden - im Osten wird der Kontinent nämlich von einem schier unbezwinglichen, mehr als 10.000 Schritt hohen Gebirge begrenzt, dem ›Ehernen Schwert‹. Auf der Westseite des Landes erstreckt sich ein tückischer Ozean, geheißen ›Das Meer der sieben Winde‹. Jenseits dieses unheimlichen Gewässers liegt der sagenumwobene Kontinent ›Güldenland‹, und ob die Welt hinter dem Güldenland zu Ende ist oder nicht, entzieht sich der Kenntnis aventurischer Geographen.

Aventurien selbst mißt vom äußersten Norden bis zu den Dschungeln des Südens etwa 3.000 Meilen - keine sehr weite Strecke für einen Kontinent mag es scheinen, aber immerhin würde ein Aventurier gewiß mehr als drei Monate brauchen, um diese Entfernung zu durchreisen. Es kämen jedoch wenige Menschen auf die Idee, eine solche Reise zu wagen, denn ihr Weg würde sie durch Gebiete führen, in denen sie nicht hoffen können, auf menschliche Ansiedlungen zu stoßen, aber immer damit rechnen müssen, feindseligen Orks, gefräßigen Ogern oder wilden Tieren zum Opfer zu fallen.

Der äußerste Norden Aventuriens - so er nicht von Eis bedeckt ist - wird bestimmt von Wald- und Steppengebieten. Ansiedlungen gibt es hier kaum. Die wenigen Menschen, denen man begegnen kann, gehören meist zum Volk der Nivesen, den Steppen-Nomaden, die dem Zug der großen Karenherden folgen. Im Nordwesten liegt auch das Orkland, ein von mehreren Gebirgszügen eingeschlossenes Hochland, das hauptsächlich von Orks bewohnt wird. Die zahlreichen Stämme liefern sich häufig blutige Fehden um Jagdgründe, Weideland und Sklaven. Nur sporadisch schließen sie sich zu einem großen Verband zusammen und dringen auf einem blutigen Beutezug nach Süden in das Reich der Menschen vor. Zu der Zeit, da diese Zeilen geschrieben werden, sind wir gerade wieder Zeugen eines solchen Ork-Zuges, eines der schrecklichsten in der aventurischen Geschichte, denn es gelang den schwarzbepelzten Horden, bis vor die Tore der Kaiserstadt Gareth vorzudringen. Auf gleicher Höhe mit dem Orkland liegt ganz im Westen des Kontinents Thorwal, das Reich eines streitbaren und räuberischen Seefahrervolkes. Mit ihren leichten, einmastigen Schiffen - ›Ottas‹ oder ›Drachenboote‹ - genannt, stoßen die Thorwaler zu allen Küsten Aventuriens vor. Finden sie einen kleinen Hafen unbefestigt und ahnungslos, wird er überfallen und geplündert. Stoßen die rothaarigen Hünen auf gut befestigte Städte, versuchen sie, in deren Häfen Handel zu treiben. Im Nordosten des Kontinents erstreckt sich das Bornland, das an seiner Ostseite von den unüberwindlichen Gipfelketten des Ehernen Schwertes begrenzt wird. Das Bornland ist ein sehr waldreiches Gebiet, bekannt für seine strengen Winter und seine zähe und arbeitsame Bauernschaft, die als Leibeigene einer Vielzahl von Baronen, Grafen und Fürsten ein sorgloses Leben ermöglicht. Festum, die Hauptstadt des Landes und der Amtssitz des Adelsmarschalls, gilt als eine der schönsten und sinnenfrohesten Hafenstädte Aventuriens. Südlich der Waldzone und der Gebirge Rote und Schwarze Sichel, in denen die widerwärtigen Goblins beheimatet sind, beginnt das Mittelreich, eine Zone gemäßigten Klimas, die relativ dicht besiedelt ist und über ein gut ausgebautes Straßennetz verfügt. In der langen Zeit der Besiedlung wurden viele Rodungen vorgenommen, aber in der Umgebung der Gebirgszüge finden sich noch immer dichte, undurchdringliche Wälder. Die Gebirge selbst, vor allem Finsterkamm, Koschberge, Ingra Kuppen und Amboß, sind von Zwergen bewohnt. Die Hauptstadt des Mittelreiches, Gareth, ist mit ca. 120.000 Einwohnern die größte Stadt Aventuriens.

Auch die größte aventurische Insel, Maraskan geheißen und im Osten des Kontinents im Perlenmeer gelegen, ist eine der Provinzen des Mittelreiches. Seit vielen Jahren schon streben die Bewohner der waldreichen und von einem zerklüfteten Bergrücken durchzogenen Insel nach Unabhängigkeit, und neueste politische Ereignisse deuten an, daß die Zeit der kaiserlichen Besatzung bald beendet sein wird.

Südlich des Mittelreichs schließt sich die Khom-Wüste an, die Heimstatt der Novadis, eines stolzen Volkes von Wüstennomaden. Das Gebiet zwischen dem Khoram-Gebirge und den Unauer Bergen wird im Westen von den Eternen und den hohen Eternen begrenzt. Diese beiden Gebirgszüge schirmen die Khom auch von den Regenwolken ab, die fast ausschließlich mit dem Westwind ziehen.

Ein regenreiches Gebiet ist dagegen das Liebliche Feld; so heißt das blühende Land im Westen mit der Hauptstadt Vinsalt. Das Liebliche Feld ist angeblich das Land, in dem sich die ersten Einwanderer aus dem Güldenland ansiedelten. Das Gebiet um die Städte Grangor, Kuslik, Belhanka, Vinsalt und Silas gilt als der fruchtbarste Bereich des ganzen Kontinents. Hier findet man den intensivsten Ackerbau und die blühendsten Ansiedlungen. Die meisten Städte und Dörfer im Lieblichen Feld sind sehr wehrhaft gebaut, weil die Region ständig von Überfällen bedroht ist. Von Land dringen immer wieder Novadi-Stämme in die Provinz ein, und die Küste wird häufig von den Drachenschiffen der Piraten aus Thorwal heimgesucht.