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Verzweifelt schrie der Schmied den anderen zu, was passieren würde. Panik brach aus.

»Was sollen wir tun? Wie kommen wir aus der Falle heraus?« wollten sie von ihm wissen. Doch Darrag wußte auch nicht weiter. Kämen sie unter den Wagen hervor, würden sie ein Opfer der Bogenschützen. Schon lagen zwei Bürger tot im Karree, die versucht hatten, über die freie Fläche der Wagenburg zu rennen und unter einem anderen Karren Schutz zu suchen. Blieben sie, wo sie waren, würden die Orks unter ihnen ein Massaker anrichten. Auch die Ochsen im Inneren der Wagenburg wurden immer unruhiger. Es war, als spürten die Tiere das bevorstehende Unglück.

»Darrag, hilf uns!« erklang eine vertraute Stimme von den bedrohten Wagen. Das war Misira! Wie konnte das sein? Was machte seine Frau hier? Darrags Gedanken überschlugen sich. Er mußte sie retten! »Wer hat alles einen großen Schild? Los abzählen!« Der Schmied hatte einen Plan.

Insgesamt waren es mit ihm zweiundzwanzig. »Alle Schildträger, die sich gemeldet haben, raus aus den Wagen. Wir bilden einen Schild wall und retten die anderen. Wenn ich den Befehl gebe, rennt ihr alle zur Mitte des Karrees, scheucht die Ochsen beiseite und bildet einen Kreis.« Darrag schob seinen Schild vor sich her und kroch unter dem Wagen hervor. Dann zog er die Lederschlingen über seinen linken Arm. Noch einmal atmete er tief durch. Dann schrie er: »Jetzt!«

Aus allen Richtungen sprangen geduckte Gestalten in die Mitte der Wagenburg. Die Orks eröffneten das Feuer. Hastig formierte die Truppe einen Schildwall und bewegte sich auf die bedrohte Flanke der Wagenburg zu. Der Schutz war keineswegs perfekt. Da die Orks höher standen, boten sie immer noch ein gutes Ziel.

»Hebt die Schilde über die Köpfe und verschränkt sie miteinander!« befahl Darrag. Das dichte Dach aus Holz und Leder fing nun die meisten Geschoße ab. »Nehmt auch die Verwundeten mit!« schrie einer der Männer unter dem Schildwall, während sie endlich die Wagen erreichten.

Die Orks hatten mittlerweile den brennenden Wagen bis zum Rand der Hügelkuppe gebracht. Darrag trieb seine Leute zur Eile an. Sie mußten verschwinden. Als letzte kroch Misira unter einem der Wagen hervor. Der Schmied nahm sie schützend in den Arm und brüllte: »Alles zurück! Und haltet die Formation ein!«

Das war leichter gesagt als getan, da mehr Krieger unter den Schildern Schutz suchten, als Platz vorhanden war. Immer wieder waren Schreie zu hören, wenn doch einer der Pfeile sein Ziel gefunden hatte. Viel langsamer rückten sie nun von den Wagen zurück, als die Orks dem brennenden Karren den entscheidenden Stoß gaben.

Funkenstiebend und mit atemberaubendem Tempo kam der Wagen den Hang herunter geschossen. Unter den Soldaten brach Panik aus. Wenn der Karren die Wagen des Karrees mit seiner Wucht beiseite stieß, würde er mitten in die Wagenburg durchbrechen. Das Dach aus Schilden brach auseinander. Jeder war jetzt sich selbst der nächste, und die Bogenschützen der Orks hielten reiche Ernte. Verwundete blieben liegen und versuchten, kriechend in Deckung zu kommen. Darrag schrie Befehle, doch niemand hörte in dem Chaos mehr auf ihn. Er schirmte Misira mit seinem Schild ab und bewegte sich rückwärts auf einen schützenden Wagen zu.

Wie hypnotisiert beobachtete er den brennenden Karren, sah, wie er mit lautem Krachen zwei Wagen aus der Front des Karrees umriß und von der Wucht des Aufpralls zerschmettert wurde. Glühende Holzstücke ergossen sich in einem Funkenregen über das trockene Gras. Hier und dort brachen Brände aus, während die schwelenden Baumstämme von der Ladefläche des Wagens stürzten und durch das Lager rollten. In Panik stampften die Ochsen über Verwundete, die am Boden lagen. Immer dichter wurde der Rauch. Die beiden Wagen, die es umgerissen hatte, bildeten mit den Trümmern des dritten Gefährts einen riesigen Scheiterhaufen. Wieder ertönte das Horn vom Hügel.

Nun hatte ihre letzte Stunde geschlagen, dachte der Schmied und drückte Misira fester gegen die Brust. »Alles unter den Wagen hervor!« rief er mit einer Stimme, über deren ruhige Gelassenheit er selbst überrascht war. Wenn das Ende so klar war, wurde vieles auch einfacher. »Alles zurück zur unteren Wagenreihe. Dort werden wir uns gemeinsam verteidigen. Das Karree ist nicht mehr länger zu halten!«

Rußgeschwärzte Gestalten krochen unter den Wagen hervor und taumelten durch den Rauch. Fast überall waren die Brände schon wieder erloschen. Das Gras bot dem Feuer wenig Nahrung, und das massive Holz der Wagen hatte sich nicht entzündet. Dennoch waren die Tiere halb wahnsinnig vor Angst und erschwerten den Verteidigern den Rückzug. Allein dort, wo die Bresche war, schlugen noch gewaltige Flammenwände zum Himmel und hinderten die Orks am Durchbruch. Doch dann kam Bewegung in die Reiter auf dem Hügel. Die Schwarzpelze stiegen von ihren Ponys und formierten sich in drei ungefähr gleich große Angriffsgruppen. Sharraz Garthai hatte erkannt, daß ihnen die Reittiere in dieser Lage keinen Vorteil mehr brachten, sondern lediglich den Angriff verzögerten.

Auch der Kommandant der Orks war gespannt. Er wollte die Sache zu Ende bringen, denn er wußte genau, daß ihm nicht mehr viel Zeit bleiben würde, hatte es auch nur einer der entkommenen Reiter bis zur Stadt geschafft.

Während zwei der Orkgruppen direkt zum Angriff übergingen, machte sich der dritte Trupp an zwei Wagen zu schaffen. Es hatte ganz den Anschein, als würden sie versuchen, jetzt auch die untere Linie des Karrees mit den Wagen als Rammböcken zu zerschmettern.

Darrag hatte Misira auf den Karren in seinem Rücken geschickt. Dort würde sie sicher sein, während erneut das Gefecht entbrannte. Seine Kämpfer waren fast alle verwundet. Darrag spürte, wie auch ihn immer mehr die Kräfte verließen. Gerade hatte er einem Gegner eine tiefe Schulterwunde beigebracht, doch es war gleichgültig, wie viele er tötete, immer stand wieder ein neuer Ork vor ihm.

Diesmal war es der massige Kerl, der ihn schon einmal zum Duell gefordert hatte. Der Ork stürmte los. Den Schild zum Schutz vor dem Leib und den Säbel hoch über den Kopf erhoben, wollte er Darrag in einem einzigen Ansturm von den Beinen reißen. Krachend schlugen die Schilde gegeneinander. Darrag zitterten die Knie, doch er hielt stand. Wie Hagelschläge prasselten die Hiebe des Orks auf ihn herein. Er war ein überaus gewandter Kämpfer und suchte nach einer Lücke in Darrags Deckung.

Schon blutete Darrag aus mehreren Schnittwunden an den Armen. Schweiß lief ihm in die Augen. Der Schmied blinzelte. Fast hätte ihn das den Kopf gekostet. Der Ork schlug eine Finte. Darrag riß seinen Schild hoch, doch im letzten Moment änderte der Ork die Schlagrichtung und zielte nun auf die Brust des Schmiedes. Im Reflex sprang der zur Seite, so daß die Klinge des Feindes wirkungslos über seinen Lederpanzer schrammte. Nun ging er zum Angriff über. Schlag auf Schlag verpaßte er dem Gegner. Blinde Wut brannte in Darrag. Er wollte diesen Kerl töten, und wenn es das letzte war, was er tat.

Da ertönte wieder das Horn über dem Kampf lärm. Laute Befehle in der kehligen Sprache der Orks waren zu hören. Die Angreifer wichen zurück. Zum ersten Mal seit Beginn des Kampfes hatte Darrag Gelegenheit, an der Linie seiner Streiter entlangzublicken. Der Trupp war sichtbar zusammengeschmolzen. Viele mußten sich mit dem Rücken gegen die Karren lehnen, um nicht vor Schwäche in die Knie zu gehen. Trotzdem war Darrag stolz. Keiner hätte der Bürgerwehr einen solchen Kampf zugetraut.