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Langsam senkten die Orks die Bögen. »Holt euch eure Beute!« Der Zwerg wußte, daß die meisten der Krieger darauf brannten, sich die Skalps der Toten zu holen. »Kommt aber nicht zu dicht an die Mauer. Artilleristen, nehmt die Rotze auf der Mauer unter Feuer.« Das Geschütz mit der geraden Schußbahn konnte ihnen gefährlich werden. Die Schanzen waren zu weit von der Stadt entfernt, als daß sie von einem einzelnen Geschütz ernsthaft bedroht werden konnten. Doch wagten sich seine Männer aufs freie Feld, sah die Sache schon anders aus. Schon schwärmten die ersten Krieger durch den Graben auf das Schlachtfeld zu. Die Morgensonne beschien Dutzende von toten Pferden und Reitern, die in grotesker Verrenkung am Boden lagen. Dieser Ausfall war die Greifenfurter teuer zu stehen gekommen. Schon begannen die Orks, die Verwundeten niederzumachen, die auf der Walstatt liegen geblieben waren. Auch Kolon hatte sich über die Schanze hinab in den Graben rutschen lassen. Er wollte den Kopf des gelockten Offiziers.

13

Seit dem Morgen dröhnten die großen Kriegstrommeln der Orks. Kolon malte sich aus, wie den Menschen in der Stadt zumute sein mußte. Nach dem abgeschlagenen Ausfall hatte er Sharraz Garthai auf einem Speer den Kopf des getöteten Anführers der Fußtruppen gebracht.

Der Kommandant der Orks war zufrieden. Er hatte ihm erlaubt, den Angriff auf die Stadt wie abgesprochen fortzusetzen. Zunächst ließ der Zwerg darauf die Krieger aus den Schanzen vor den Stadttoren vorrükken. Gedeckt hinter hölzernen Schutzwänden näherten sich die Bogenschützen der Mauer und überschütteten die Verteidiger mit einem Hagel von Pfeilen. Unterstützt wurden sie dabei von den Aalen, den Geschützen, die schwere Speere gegen die Mauern schossen.

Jetzt zur Mittagszeit sollte die Strategie geändert werden. Unter die Aale hatte man Holzkeile getrieben, so daß sie die Geschosse nun steil in den Himmel schleuderten. Doch statt herkömmlicher Speerspitzen staken auf den Schäften kleine eiserne Körbe. Sie wurden mit öldurchtränkten Lappen gefüllt und dann in Brand gesetzt. Feurige Schweife hinter sich herziehend flogen sie in die Stadt. Schon waren die ersten Häuserdächer in Brand geraten. Die Bürger waren so abgelenkt und mußten sich entscheiden, ob sie ihre Heime retten oder die Mauern gegen die Orks verteidigen wollten.

Kolon blickte zurück. Auf den Erdhügeln standen Gamba und die Schamanen der Orks. Seit über einer Stunde waren sie mit einem komplizierten Ritual beschäftigt. Sie sollten die Geister des Windes beschwören, und langsam zeigte sich erster Erfolg. Über der Stadt zogen sich dunkle Wolken zusammen, während der Himmel rings herum sommerlich blau blieb. Überall vor der Ostmauer sammelten sich Truppen, Krieger aus Dutzenden verschiedenen Stämmen. Kämpfer in Lederrüstungen mit Helmen und Schilden, die im Nahkampf die Verteidiger niederringen sollten. Bogenschützen, die oft nur einen Lendenschurz und skalpgeschmückte Köcher an der Seite trugen.

Weiter hinten im Lager waren große Kesselpauken aufgestellt. Verletzte, die nicht mehr kämpfen konnten, schlugen dort monoton den Takt zum Untergang der Stadt. Sharraz Garthai befehligte eine kleine Einheit von Tordochai. Sie galten als die wildesten Kämpfer unter allen Stämmen der Orks. Weiter nördlich machten sich Tiertreiber bereit. Mehr als fünfzig blutgierige Kampfhunde warteten darauf, als Vorhut durch die Breschen in der Mauer getrieben zu werden. Sie zerfleischten gnadenlos alles, was nicht nach Ork roch, und würden in der Stadt für Panik sorgen. Doch zunächst trommelten die Felsen der Katapulte noch gegen die Ostmauer. Seit dem Morgengrauen währte der Beschuß, und langsam zeigten sich tiefe Risse in der Mauer. Die Brustwehr war auf weiter Strecke nur noch eine Trümmerlandschaft und bot den Verteidigern kaum noch Deckung.

Ein Blitz zuckte aus den finsteren Wolken und ging auf die Stadt nieder. So stellte sich Kolon den Untergang Deres, seiner Welt, vor. Ein apokalyptischer Sturm, Feuer und eine gewaltige Schlacht. Er schwenkte die Streitaxt über dem Kopf. Jetzt würde er sein Geheimnis enthüllen und die Menschen ins Verderben locken. Alle Sklaven waren hinter die Erdhügel gebracht und unter der Aufsicht peitschenschwingender Orks in Ketten vor die großen Belagerungstürme gespannt worden. Langsam setzten sich die riesigen, hölzernen Gebilde mit ihren massigen Scheibenrädern in Bewegung. Auf den Plattformen der Türme hatte er Gerüste mit Speeren aufstellen lassen, so daß es auf Entfernung so aussehen mußte, als stünden sie voller Krieger. Unendlich langsam umrundeten die hölzernen Riesen die Hügel. Dann wurden sie über drei große Rampen gezogen, die der Zwerg in der Verschanzung des Hauptlagers angelegt hatte. Schritt für Schritt näherten sich die Türme der Mauer, während das Heer angriffsbereit verharrte. In vorderster Linie standen Dutzende fahrbare Sturmwände bereit. Sie sollten den Bogenschützen Dekkung bieten, die den ersten Angriff zu führen hatten und die größten Verluste erleiden würden. Kolon schnallte sich den Schild über den Arm und schritt zu seiner Einheit. Auch er würde im Kampf in vorderster Linie dabei sein.

Während die Schamanen dunkle Gewitterwolken über der Stadt zusammenzogen, konzentrierte sich Gamba auf den mächtigen Festungsturm, der die Mitte der östlichen Stadtmauer sicherte. Hier würden zweifellos die fünf Magier stehen. Sie waren die einzigen, die die Macht hatten, die vorrückenden Belagerungstürme aufzuhalten. Er kannte diese arroganten Akademiezauberer gut. Sie machten aus der Magie eine Wissenschaft, lernten aus Büchern, ohne je zu begreifen, welches mächtige Band zwischen den astralen Kräften und der Natur bestand. Sie waren vorausberechenbar. Gamba war sich völlig sicher, daß sie in die Falle gehen würden, die er ihnen gemeinsam mit Kolon gestellt hatte. Wieder konzentrierte er sich auf die Gewitterwolken und spürte das unruhige Knistern der gewaltigen Kraft, die sich in ihnen ballte. Hinter den Zinnen des Festungsturms meinte er, die weißen Roben der Magier zu erkennen. Obwohl es hier bei den Hügeln im Lager der Orks heller Tag war, verschlechterten die Gewitterwolken und die dichten Rauchschwaden von den Bränden die Sicht in der Stadt.

Noch waren die Belagerungstürme mehr als hundert Schritt von der Stadt entfernt. Noch mußte er warten. Die Magier sollten sich verausgaben! Kurz blickte der Druide zu den Bogenschützen, die um ihn herum auf dem Hügel kauerten. Sie warteten nur auf sein Zeichen. Jetzt war es soweit. Der vorderste Belagerungsturm war weniger als hundert Schritt von der Mauer entfernt. Gamba meinte, regelrecht zu fühlen, wie die ungebundenen astralen Kräfte der Natur ringsum durch die Vorbereitung eines mächtigen Zaubers aus dem Gleichgewicht gerieten. Dann löste sich von den Zinnen des Festungsturms ein gewaltiger Flammenstrahl, der heller als die Sonne war, und traf auf den vorderen Holzturm. Für einen Augenblick schwankte er unter dem Aufprall hin und her und trotzte der sengenden Hitze der Flammen. Dann siegte das Feuer, und binnen eines Atemzuges stand die Maschine von den mannshohen hölzernen Rädern bis zur Plattform in Brand. In Panik versuchten die Sklaven, von ihren Ketten freizukommen. Glühende Balken des auseinaderbrechenden Turms prasselten auf sie herab, während ihre Aufseher die Fesseln lösten. Für die, die dicht an der Flammensäule gestanden hatten, kam jede Hilfe zu spät. Die ungeheure Hitze hatte sie getötet.

Von den Mauern Greifenfurts war ein vielstimmiges »Hurra!« zu hören. Gamba grinste böse. Ein weiterer Flammenstrahl löste sich vom Festungsturm, um den nächsten Belagerungsturm zu vernichten. Bis zu seinem Hügel konnte der Druide das Schreien der sterbenden Sklaven hören. Es roch nach verbranntem Fleisch. Die Truppen der Orks standen weiterhin abwartend vor dem Lager. Ihre Anführer hatten ihnen erklärt, was zu erwarten war, und so beobachteten sie schweigend die MachtDemonstration der Magier.

Der letzte noch verbliebene Belagerungsturm hatte seine Bewegung eingestellt. Die Sklaven versuchten, sich von ihren Ketten loszureißen. Die Peitschen der Orks knallten, rissen Fleisch in blutige Striemen. Dann wurde auch dieser Turm zum Fraß der Flammen. Drei großen Fackeln glichen die mächtigen Belagerungsmaschinen.