Выбрать главу

»Meine Gegenwart«, sagte er lachend, »wird Verzweiflung, Schrecken, Aufruhr, Gewalt und Tod zur Folge haben. Noch bevor ich mit ihnen fertig bin, werden die Menschen all diese gläubigen Narren austreiben. Die Menschen werden es tun. Ich brauche nur ihre geheimen Ängste anzusprechen.«

KAPITEL FÜNF

Lloyd reichte den beiden Amerikanern während der Fahrt Sonnenbrillen. Schließlich hielt der Wagen vor ihrem Hotel. Sie stiegen aus und starrten in Richtung der Stadt. Ohne Sonnenbrillen wären sie von dem riesigen Lichtdom geblendet worden, der über einen Quadratkilometer des Londoner Finanzdistrikts bedeckte. Es ähnelte dem Licht, das bei einer Atombombenexplosion entstand – nur, daß dieses Licht kalt und permanent war. Dave hatte die Lichtkuppel bereits im Fernsehen gesehen, aber natürlich hatte man sie mit getönten Linsen gefilmt, und die ganze Show war, obwohl immer noch spektakulär, nur gedämpft über den Bildschirm gekommen.

»Und was befindet sich, abgesehen vom Erzengel, im Inneren der Kuppel?«

»Die Bank von England, die Stock Exchange, St. Paul’s, St. Olave’s, übrigens eine sehr schöne, mittelalterliche Kirche, die Royal Exchange, der Tempel des Mithras, weitere Banken, weitere Kirchen, Versicherungsgesellschaften… selbst das Old Bailey wurde versengt. Der Londoner Tower ist dem Feuerkreis gerade noch entkommen. All diese Gebäude existierten, bevor der Erzengel kam, doch wahrscheinlich sind sie jetzt nur noch Asche.«

Dave starrte ehrfürchtig auf den weißen Dom, dessen Licht so intensiv war, daß er unmöglich hineinschauen konnte. Die Kuppel schien eine beinahe körperliche Präsenz zu besitzen; sie wirkte fest und undurchdringlich, wie eine kleine Sonnenhälfte. Dave hatte das Gefühl, daß er von der weißen Helle verschlungen, von der Dichte aufgelöst würde, wenn er hineinginge. Ein solches Licht hatte die Welt noch nie gesehen. Es war das strukturierte Licht eines Erzengels; das Licht, um das sich gewöhnliche Engel wie Motten sammelten; ein unfaßbares Licht, zuerst von Luzifer gewebt, bis dieser ehrgeizige Engel zu stolz und er aus seiner Heimat in den düsteren Abgrund gestoßen worden war, der jetzt seine Wohnstatt ist.

Und doch hatte Dave das Gefühl, als sei dieses herrliche Licht nur eine Kerzenflamme verglichen mit dem Licht seines Schöpfers.

»War schon jemand da drin?« fragte er Smith.

Der Erzdiakon lächelte. »Da drin befindet sich ein Erzengel. Die Polizei hat Barrikaden aufgebaut und Posten aufgestellt, doch immer wieder gelingt es Personen, durch den Kordon zu schlüpfen. Aber meines Wissens ist noch keiner zurückgekommen.«

»Ich meinte, offiziell.«

»Ja, natürlich. Aber es kam kein Kontakt zustande. Niemand kann sich einem solchen Geschöpf nähern. Man hielt es für das beste, allen den Zutritt zu diesem Gebiet zu verbieten, auch Politikern und Militärs.«

»Erzählen Sie uns die ganze Geschichte«, sagte Dave und schaute Lloyd eindringlich an.

»Nun«, erwiderte Lloyd, »ich will ehrlich sein: Wir haben versucht, den Leuten angst zu machen, um sie vom Lichtdom fernzuhalten. Dort findet eine wichtige Konferenz statt. Wir wollten eine bereits instabile Situation nicht dadurch verschlimmern, daß irgendein wichtigtuerischer Idiot den Erzengel aufregt; also erklärten wir der Öffentlichkeit, das Licht sei schädlich, aber das ist es nicht. Wir haben einige Teams hineingeschickt, aber sie können keinen Kontakt mit dem Wesen im Inneren herstellen. Außerdem kommen sie vollkommen verängstigt und zitternd wieder heraus. Man erreicht wenig, wenn man sich diesem Wesen direkt nähert. Wir wissen, was es möchte – ich werde später noch darauf zurückkommen.«

»Dieses Licht«, sagte Danny versunken, als sei er ganz allein, »ist reines Licht. Stell dir vor, wie du darin badest. Stell dir vor, wie es deinen Körper durchdringt, dich läutert, deinen Geist von Sünden säubert. Das ist es. Der Körper wird mit Wasser gewaschen, die Seele mit Licht – diesem Licht.«

Lloyd drehte sich langsam um und starrte den kleinen, entrückt wirkenden Mann neben sich an.

»Wie bitte?« murmelte er.

»Kümmern Sie sich nicht um ihn«, sagte Dave, »er ist ein frommer Narr.«

»Bin ich nicht«, brummte Danny. »Ich bin nur… nun, du kennst meine Sünde, Dave.«

»Du stellst dir also vor, es jede Nacht mit einer Hure zu treiben, danach in dein Apartment zurückzugehen, in heiligem Licht zu duschen und alles ist wieder in Ordnung, oder? Du könntest dein Curry essen, ohne dein Unterhemd zu bekleckern? Willst du das damit sagen?«

»Ja«, murmelte Danny.

Dave schüttelte den Kopf. »Du wirst dich nie ändern, Danny. Und was ist mit den Frauen; verdienen sie nicht auch, geläutert zu werden?«

»Sie könnten mit mir duschen«, antwortete Danny. »Ich dusche gern mit Frauen.«

Plötzlich schien es Lloyd, als hätte die Regierung einen Fehler gemacht, als sie Dave und Danny nach London geholt hatte. Das hier waren bestimmt Nachtclub-Komiker und nicht zwei ernsthafte Polizisten, auf deren Hilfe er bauen konnte.

Dave fing seinen Blick auf.

»Lassen Sie sich dadurch nicht täuschen«, sagte er, »wir kennen unseren Job. Auf diese Weise bauen wir Streß ab.«

»Verstehe«, sagte Lloyd, nicht sehr überzeugt. »Sollen wir hineingehen?«

Beim Betreten der Hotellobby nahmen sie die Sonnenbrillen ab. Nachdem sie sich an der Rezeption angemeldet hatten, gingen sie zur Bar. Lloyd bestellte Drinks und führte sie dann zu einem Tisch, an dem eine Frau saß.

Die Frau war von einer bestürzenden Schönheit; einer Schönheit, wie sie keiner von ihnen jemals gesehen hatte. Danny blieb abrupt stehen und starrte sie an. Dave zischte ihm zu: »Mach den Mund zu, Dannyboy, du sabberst.«

Danny schaffte es, weiterzugehen. Er stolperte zum Tisch und ließ sich auf eine Stuhl fallen, ohne den Blick von der Lady lösen zu können, die ihm gegenüber saß. Lloyd stellte sie vor. Danny schnappte den Namen Petra auf. Einen Augenblick lang hielt er einen weiche, seidige Hand in der seinen, dann mußte er sie loslassen.

Die Drinks wurden gebracht: er nahm automatisch sein Glas und hielt es in der Hand, bis Lloyd »auf unser aller Wohl« sagte. Er hatte sich einen Haig Dimple Scotch Whisky bestellt, sonst für ihn ein Höchstgenuß, aber diesmal schmeckte er nicht einen Tropfen. Erst als die Flüssigkeit in seinem Magen brannte, wurde ihm klar, daß er das ganze Glas mit einem Schluck geleert hatte. So wie es aussah, trank Petra Mineralwasser.

»Ich habe heute abend die zwei schönsten Dinge auf der Welt gesehen«, sagte Danny heiser, »und eines davon sehe ich immer noch.«

Petra sprach ihn zum ersten Mal direkt an. Ihre Stimme war so sanft und glatt wie ihre Hand und ließ seine Eingeweide kribbeln. Sie vermittelte ihm das gleiche Gefühl, das er immer dann empfand, wenn er am Rand eines hohen Felsens stand und auf eine Stelle hinabschaute, die ihn einlud zu springen.

»Schönheit ist oberflächlich«, sagte sie. »Sie dürfen sich davon nicht beeindrucken lassen.«

»Darf ich nicht?« sagte Danny; die Worte klangen sperrig. »Woher kommen Sie? Aus der Karibik?«

»Ich komme von hier.« Sie lächelte, nippte an ihrem Mineralwasser und schaute ihn mit großen braunen Augen an. »Aus Großbritannien. Ich bin Britin, hier geboren und aufgewachsen, trotz meiner Hautfarbe.«

»Klar, Entschuldigung. Ich kann mir vorstellen, daß Sie die Nase voll haben von Menschen, die Ihnen diese Frage stellen. Schön dumm, eh?«

»Fragen ist natürlich, aber es verletzt eine Menge Westinder der zweiten Generation.«

»Darauf möchte ich wetten«, sagte Danny, und versuchte, aus seinem leeren Glas zu trinken.

»Hey, Danny, wir sind auch noch hier«, meldete sich Dave von der anderen Seite des Tisches. »Erstick nicht, du Angeber, ich brauche dich noch.«