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»Patel, Sarge. North Division. Ich habe Lieutenant Peters aus San Francisco bei mir. Er möchte sich den Erzengel einmal näher anschauen.«

»Ich kann Sie nicht hineinlassen«, sagte der Sergeant. »Das sollten Sie eigentlich wissen.«

»Ich weiß es, Sergeant«, erwiderte Dave. »War kürzlich jemand dort drin?«

»Es gibt immer wieder Verrückte, besonders wenn es um Glaubensdinge geht«, antwortete der Sergeant.

»Stimmt. Und was passiert mit ihnen? Kommen sie wieder zum Vorschein, oder was?«

»Keiner von denen ist jemals wieder aufgetaucht«, erklärte der Sergeant. »Wahrscheinlich irren sie umher, blind wie Fledermäuse – oder – nun, wer weiß?«

»Okay«, sagte Dave, während er in das intensive Licht starrte, das den Horizont erfüllte. »Mehr wollte ich nicht wissen.« Dann wandte er sich an Rajeb: »Sie können jetzt fahren, wohin Sie wollen – machen wir eine Kreuzfahrt durch die Hauptstadt. Spüren Sie eigentlich etwas – einen Kick?«

»Was meinen Sie?«

»Ich hatte angenommen, wir würden es irgendwie merken, spüren, daß etwas Mächtiges in der Nähe ist. Nun, ich finde das Licht zwar respektgebietend, aber ich fühle nichts.«

Rajeb fuhr ihn in die Gegend südlich des Flusses. Dave konzentrierte sich darauf, die Menge zu studieren, die sich in den Straßen aufhielt, fühlte sich aber der Aufgabe nicht gewachsen. Es war hoffnungslos. Wie sollten sie in einer Stadt mit so vielen Menschen jemals Manovitch finden? Oder besser gesagt: Wie sollten sie es anstellen, daß Manovitch sie fand?

Vielleicht war er als Hund oder als Ratte auf die Erde gekommen – was zu ihm passen würde –, und nicht als Mensch. Es war so frustrierend, einfach nur im Auto zu sitzen und darauf zu warten, daß Manovitch zuschlug; sich ständig umzuschauen, in der Hoffnung, daß sie ihn erkennen würden, bevor er über sie herfiel.

»Und wohin fahren wir zuerst?« fragte Dave.

»Nach Richmond«, antwortete Rajeb. »Dort gab es vor ein paar Tagen einen Aufruhr, bei dem mehrere Menschen getötet wurden. Es ist immer noch eine verdammt gefährliche Gegend. Das Seltsame ist, daß Richmond nicht zu den Slums gehört, mit heruntergekommenen Häusern und Straßen voller Arbeitslosen, sondern eher zu den guten Wohngegenden – mit Brokern, Bankern und so. Die meisten der Meuterer waren sogenannte respektable Mittelklassen-Bürger. Ein Mann sprach zu der Menge, wiegelte sie auf zu einer Art Hysterie. So wie Hitler und die Nazis im letzten Jahrhundert. Jetzt ist die Gegend eine blutige Lasterhöhle, voller Verbrecher.«

»Manovitch?«

»Klingt ganz danach, nicht wahr?«

Danny war freudig erregt und ängstlich, wie sich ein Mann, der in eine schöne Frau verliebt ist, oft fühlt, wenigstens zu Anfang der Beziehung. Wie war es möglich? dachte er. Wie konnte sich diese hinreißende junge Lady für einen kleinen, rundlichen, kahlköpfigen weißen Mann interessieren? Aber es schien so zu sein, denn sie hatten sich die ganze Nacht über geliebt, anfangs ungestüm, dann sanfter und besinnlicher, voller Zärtlichkeit und sorgsam darauf bedacht, sowohl Befriedigung zu schenken als auch befriedigt zu werden.

Ihr Körper war glatt, weich und kurvenreich. Er besaß versteckte Täler und geheime Plätze, die er noch nicht erforscht hatte. Sie erregte ihn in jeder Sekunde. Selbst jetzt, da sie durchs Zimmer ging, faszinierten ihn die Bewegungen ihrer Kleidung wie ein seltsames, wunderbares, himmlisches Phänomen.

Sie roch auch erstaunlich – nach Moschus, wie eine Löwin, die in der heißen afrikanischen Sonne unter einem Dornbusch liegt.

»Warst du jemals in Afrika?« fragte er, während sie den Schmuck einsammelte, den sie in der vergangenen Nacht abgelegt hatte.

Sie schaute hoch und lächelte: »Nein, ich wurde hier geboren, in Großbritannien.«

»Ja, ich glaube, das hast du mir bereits gesagt. Ich bin manchmal recht dumm. Es ist, es ist nur die Art, wie du dich bewegst, wie du dich in den Hüften wiegst – ich weiß nicht. Ich nehme an, es liegt daran, daß ich dich für wunderschön halte.«

Sie runzelte die Stirn. »Bitte leg keinen so großen Wert auf das Aussehen«, sagte sie. »Es ist der unwichtigste Aspekt an mir.«

»Ja, ja, ich weiß«, log er, und hätte sich am liebsten in den Hintern getreten, weil er den gleichen Fehler zum zweiten Mal gemacht hatte, »aber es gehört zu dir, oder? Ich kann es nicht ignorieren.«

»Ich wünschte, du würdest es.«

»Okay, okay, ich versuche mir vorzustellen, du seist häßlich.«

Sie kam zu ihm, umarmte ihn und küßte ihn leidenschaftlich. Dann schaute sie ihn an. Ihr Gesicht war so nahe, daß er nur ihre großen, braunen Augen sehen konnte.

»Hey«, sagte er heiser, »wir haben noch ein wenig Arbeit vor uns, oder?«

»Ja«, antwortete sie, und umarmte ihn ein letztes Mal.

Dann gingen sie ins Foyer, wo bereits der Fahrer ihres Wagens wartete, Stan Gates, Sergeant der Metropolitan Police Force.

»Morgen, Sergeant«, sagte Stan.

»Schon gut«, sagte Danny. »Wohin fahren wir?«

»In die Gegend südlich des Flusses. Ich werde einfach durch die Straßen fahren, um Ihnen ein Gefühl für das Viertel zu vermitteln.«

»Okay, dann los.«

»Hast du deinen Revolver dabei?« fragte Petra.

»Was?« fragte Danny, für einen Moment erschrocken, dann sagte er: »Oh, ja, alles klar.« Er klopfte auf sein Schulterholster.

»Dann komm«, sagte sie und spazierte zur Drehtür.

Sie überquerten die Waterloo Bridge und fuhren in südwestliche Richtung. An jeder Ecke, jeder Ampel, erwartete Danny den Angriff seines alten Feindes. Aber natürlich würde es nicht so einfach werden. Manovitch versteckte sich unter den Millionen Menschen dieser Stadt, und es wäre ein Wunder, wenn es ihm gelänge, ihn aus der Menge herauszupicken. Sie mußten darauf warten, daß er seinen Zug machte – aber bis es soweit war, hatten sie als Cops das Gefühl, auch etwas tun zu müssen.

Nach vier Stunden fuhr Stan über die Oxford Street zu ihrem Ausgangspunkt zurück. Während sie an einer Ampel warteten, tauchte plötzlich ein junger Mann neben dem Wagen auf und schaute Danny in die Augen. Dannys Hand schloß sich um den Revolverkolben.

Doch der Junge flüsterte: »Möchten Sie gefälschte Uhren, Kamerad? Cartier? Longlines? Rolex?«

»Nein, danke«, sagte Danny. »Die kann ich auch in New York kriegen.«

»Und was ist mit unanständiger Software?«

»Verschwinde, bevor ich dich verhafte«, sagte Danny.

Sie starteten und ließen den Jungen enttäuscht und verärgert zurück.

Sie fuhren immer noch über die Oxford Street und studierten die Menschen in der Menge. Danny war klar, daß Manovitch nicht wie Manovitch aussehen würde, aber er hoffte, daß seine Intuition ihm half. Möglicherweise würde er seinen alten Feind an einer vertrauten Angewohnheit erkennen, seinem Gang, einem Tick, an etwas, von dem selbst Manovitch nicht wußte, daß er es hatte.

»Es ist mir egal, wie Manovitch jetzt aussieht«, erklärte er Petra. »Ich bin sicher, daß ich ihn erkennen werde, wenn ich ihn sehe.«

Als sie am Bendy-Yellow-Laden vorbeikamen, rief Petra: »Da!«

Danny folgte ihrem ausgestreckten Arm. Ein glatthaariger junger Mann starrte ihren Wagen an. Er war dunkel und wunderschön auf eine Art, die Danny bekannt vorkam. Ganz in Schwarz gekleidet, mit einem Satinmantel, der ihm bis zu den Fersen reichte, wirkte er exotisch und unter all den Menschen fehl am Platz. In den Augen des Mannes funkelte das Böse: Er wirkte, als sei er gerade einem Renaissance-Gemälde entsprungen. Doch mehr als alles andere interessierte Danny die Haltung des jungen Mannes: Er sah aus, als würde er gleich davonstürzen, wie eine erschreckte Katze.

»Ich sehe ihn«, sagte Danny.

In diesem Moment lief der junge Mann in Richtung Tottenham Court Road, dann eine Seitenstraße hinab. Es war klar, daß sie ihm wegen des dichten Verkehrs nicht mit dem Wagen verfolgen konnten. Danny sprang aus dem Wagen und spurtete mit der Waffe in der Hand los.