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»Sie haben richtig verstanden, Stan«, sagte Danny, und klopfte ihm mit seiner nassen Hand auf die Schulter. »Stan hat recht. Die Welt ist voll von diesen verdammten Dämonen. Weshalb sollte der Erzengel diesen einen töten wollen?«

»Zerstören, nicht töten«, verbesserte ihn Petra.

»Semantik«, murmelte Danny. »Es war immer noch ein Wesen, das man hätte in Ruhe lassen können.«

»Wenn dem Erzengel die Gegenwart eines Dämons mitgeteilt wird, zerstört er ihn.«

Danny schaute Petra an. »Und wer hat sie ihm mitgeteilt? Du?«

Sie antwortete nicht, sondern starrte auf die Straße.

»Egal«, sagte Stan, der sich einer gewissen Spannung bewußt war, »das war ein richtige Feuerwerksrakete, nicht wahr? Was für ein Abgang. Bonfire*-Nacht.«

»Bonfire-Nacht?« fragte Danny.

Petra drehte sich um und schaute ihn an. Dann wischte sie sein Gesicht zärtlich mit einem kleinen, himmlisch duftenden Spitzentaschentuch ab. Es hätte Danny verrückt gemacht, wenn er mit ihr allein gewesen wäre. Er erinnerte sich an ihre schwarzseidenen Dessous, dünn und glatt, die nach dem gleichen Parfüm dufteten. Ihm fiel ein, daß er sich noch vor wenigen Stunden gewünscht hatte, in diesem Duft zu ertrinken.

»Bonfire-Nacht«, bestätigte sie. »Der fünfte November. An diesem Tag werden überall Feuerwerke gezündet und Strohpuppen als Symbole für den Mann verbrannt, der versucht hat, die Houses of Parliament in die Luft zu jagen.«

»Und seit wann gibt es diesen heidnischen Brauch schon?« fragte Danny.

»Seit dem Jahre 1605«, antwortete Petra lächelnd. »Guy Fawkes gehörte zu einer Gruppe von Verschwörern, die planten, die damalige Regierung zu vernichten – wir nennen es den Gunpowder Plot*.«

»Komm zurück, Guy Fawkes, alles ist vergeben«, sagte Danny. »Er kann jederzeit den Kongreß in die Luft jagen, in dem gerade die Republikaner sitzen.«

»Bist du Demokrat?«

»Darauf kannst du wetten. Also verbrennt ihr Briten seit vierhundert Jahren jedes Jahr die Nachbildung des armen Bastards? Schon vierhundertmal ging der Kerl in Flammen auf, nur weil er versucht hat, ein paar Politiker loszuwerden?

Verdammt, wir haben mehrere Präsidenten verloren, und niemand verbrennt ihre Mörder.«

»Ihr seid ja auch nicht solche Heiden wie wir – oder so nachtragend«, sagte Petra. »Wenn sich hier jemand mit den oberen Klassen anlegt, muß er teuer dafür bezahlen. Es kümmert niemanden, wenn du einen Bauern tötest; doch sollte jemand so unverschämt sein zu versuchen, Mitglieder des Adels zu meucheln, wird alljährlich an sein Schicksal erinnert, für den Fall, daß ein anderer Emporkömmling sein Glück versuchen möchte.«

In diesem Augenblick hielt der Wagen vor dem Hotel. Danny patschte mit nassen Schuhen durchs Foyer, bedachte den Aufzug mit einem Blick, schüttelte den Kopf und benutzte die Treppe. Als er in der Badewanne lag, kam Petra, um ihm den Rücken zu schrubben. Ihr Duft schwebte über ihm, hüllte ihn ein und entführte ihn in ein anderes Land.

KAPITEL ZEHN

Delia Marcole war in den Lasterhöhlen gewesen und stets unbeschadet wieder herausgekommen. Ihr Glaube, ihr unerschütterlicher Glaube an die Macht Gottes, hatte sie rein bleiben lassen. Sie ging jetzt auf Mitte Dreißig zu und arbeitete seit ihrem zweiunddreißigsten Lebensjahr in den von Drogen überschwemmten Innenstädten, wo sie eine charismatische Religion als Heroinersatz anbot. Sie gab den Süchtigen etwas, womit sie ihr Vertrauen in den weißen Stoff ersetzen konnten, von dem sie so abhängig waren. Es war eine schmutzige, gefährliche Arbeit, aber Delia folgte einem Ruf, und sie folgte ihm, ohne zu zagen.

Delia fürchtete sich nicht sonderlich davor, verletzt oder getötet zu werden. Menschen vor ihren eigenen Fehlern zu retten war für sie wichtiger als ihr Leben. Einige nannten sie eine Heilige, aber sie war bescheiden genug, das von sich zu weisen; es war ihr peinlich. Sie war bedroht worden, verprügelt, mit Messern verletzt, man hatte ihr Säure ins Gesicht gespritzt, aber sie gab immer noch nicht auf und machte mit dem weiter, von dem sie fühlte, daß Gott es von ihr wollte – den Hilflosen zu helfen. Sie gehörte zu jenen, die sich vollkommen ihren Mitmenschen geweiht haben, und sie widmete sich ihnen mit einem strahlenden Geist, voller Liebe und Licht.

Es war Mitternacht. Delia war gerade aus einem Haus in einer zwielichtigen, halbdunklen Straße südlich des Flusses gekommen. Mehrere Straßenlaternen waren hier zerstört worden. Sie wußte, daß sie verfolgt wurde.

Das Geräusch ihrer Schritte half ihr, sich zu beruhigen. Es war ein tröstliches Geräusch. Sie betete, während sie weiterging; sprach mit dem Einen, der, da war sie sicher, stets zuhörte. Am Ende der Straße – als sie ihre Nerven gestählt hatte – wandte sie sich um, um ihrem Verfolger ins Gesicht zu schauen. Es war ein junger, gutaussehender Mann, der stehenblieb und sie in dem bleichen, gelbsüchtigen Licht der letzten Straßenlaterne anstarrte. Er lächelte sie an, doch sein Lächeln beruhigte sie nicht. Delia war schon zu lange darin geübt, gute von bösen Menschen zu unterscheiden, um nicht zu spüren, daß sie es hier mit einem bösartigen Menschen zu tun hatte.

Sie hütete sich davor, ihrem Verfolger Fragen zu stellen, da er die Fragen benutzen würde, um sie einzuschüchtern. Statt dessen sagte sie nur: »Geh fort.«

»Wohin?« fragte der junge Mann mit einem schmierigen Grinsen. »Mit dir?«

»Ich habe kein Geld«, sagte Delia vorsichtig. »Nimm das.«

Sie warf ihre Handtasche nach ihm. Er fing sie geschickt auf und warf sie spielerisch zurück.

»Das brauche ich nicht.«

Sie begann zu ahnen, was er wollte. Sie stärkte sich innerlich, richtete sich zu ihrer vollen Größe auf und funkelte ihn an.

Er grinste. »Genau«, sagte er. »Aber ich werde dich nicht mit Gewalt nehmen; ich werde dich nicht vergewaltigen.«

Sie zitterte. »Was dann?«

Er zog ein Päckchen Geldscheine aus der Manteltasche.

»Hier sind fünftausend Pfund. Sie gehören dir, wenn du dich von mir zwischen dem Müll in diesem Garten ficken läßt. Fünftausend. Mit fünftausend Pfund könntest du eine Menge anfangen – einen Haufen Junkies davor retten, sich zu Tode zu fixen.«

Sie starrte verwirrt auf das Geld. Weshalb wollte er gerade sie? Sie war nicht besonders attraktiv. Ihre Kritiker bezeichneten sie als schlampig. Sie war leicht übergewichtig und hatte keine besonders gute Figur, und ihr Gesicht war schon vor dem Säureangriff, bei dem es Schrunden und Narben davongetragen hatte, nicht hübsch gewesen. Und weshalb wollte er sie zwischen dem Abfall nehmen, der aus einer umgekippten Mülltonne stammte? Sie hatte schon von vielen Perversionen gehört, aber es war das erste Mal, daß sie mit einer derart seltsamen konfrontiert wurde.

»Ich verstehe nicht«, sagte sie.

Er lehnte sich an den Laternenpfahl und schaute sie an. »Du hast keine Angst, nicht wahr? Das ist gut. Nun, mach dir keine Gedanken darum, weshalb ich es so will.«

Es gab etwas, das sie wissen wollte. Sie reckte das Kinn und stellte die Frage, die – wie sie ahnte – der Schlüssel zu seinen Motiven war. »Was ist, wenn ich einverstanden bin, aber kein Geld haben will?«

Er runzelte die Stirn. »Nein, ich muß dich bezahlen.«

Sie entspannte sich ein wenig. Jetzt verstand sie, was hier vor sich ging. Jemand versuchte, sie in der Falle der Prostitution zu fangen. Irgendein Dealer der Gegend, der sie loswerden wollte, weil sie dabei war, seinen Drogenhandel zu ruinieren. Jemand, der sie vernichten wollte, indem er von einem Reporter der Regenbogenpresse ein Bild schießen ließ, das zeigte, wie sie sich in der Öffentlichkeit mitten im Müll für Geld bumsen ließ. Nun, da hatte er sich in den Finger geschnitten.