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»Nein«, sagte sie und ging weiter.

Der junge Mann packte sie am Arm. »Geh nicht. Hör zu – ich gebe dir zehntausend, zwanzigtausend Pfund; was immer du verlangst.«

»Laß mich los.«

»Sieh dich um«, sagte der Mann. »Schau dir die Häuser an – siehst du das Gebäude dort drüben? Du kannst es haben. Ich kann es dir schenken. Du brauchst nur zu tun, um was ich dich gebeten habe. Laß mich dich ficken, dort drüben, im Dunkeln. Keiner wird es sehen…«

»Nur dein Fotograf.«

Er schüttelte den Kopf, sein blondes Haar fiel ihm in die Stirn.

»Kein Fotograf. Nur wir beide. Ich weiß, was du denkst. Ja, ich versuche, dich zu bestechen, aber es ist für mich. Niemand sonst wird davon erfahren. Es bleibt mein Geheimnis.«

Sie versuchte, seine starken Finger von ihrem Arm zu lösen, und fragte sich, ob sie schreien sollte. Aber sie wußte instinktiv, daß er sie töten würde, falls sie versuchte, andere auf sich aufmerksam zu machen. Sie spürte es tief in ihrem Inneren, sie sah es in seinen Augen. Er würde sie ohne Gewissensbisse töten, so wie man eine Fliege mit der Fliegenklatsche erschlägt. Hinter diesen Augen gab es kein Mitleid, keine Gnade.

»Versuch nicht, wegzulaufen«, sagte er. »Das wäre nicht gut für dich.«

»Ich weiß. Du willst mir weh tun. Dann töte mich«, sagte sie trotzig. »Ich bin bereit zu sterben.«

Er starrte sie an, ließ ihren Arm los und lachte. »Du hast recht, du bist bereit. Nun, ich pflege den Leuten nicht das zu geben, wonach sie verlangen. Ich nehme ihnen das, was sie wollen und gebe ihnen das, was sie nicht wollen – und ich werde dir nicht dabei helfen, eine Märtyrerin zu werden. Hau ab, verschwinde. Und nimm deine Tugend und dein Licht mit dir – sie machen mich krank; sie drehen mir den Magen um.«

Obwohl sie immer noch ein wenig Angst vor ihm hatte, war sie entschlossen, herauszufinden, weshalb er gerade sie ausgesucht hatte. »Was wirst du jetzt tun?« fragte sie. »Soll ich für dich beten?«

»Für mich beten?« fragte der junge Mann angewidert. »Ich werde mir jetzt jemand anderen wie dich suchen und sie, oder ihn, dazu überreden, mir meinen Wunsch zu erfüllen. Ich muß meine Batterien aufladen.« Er lachte. »Du verstehst mich nicht, oder, du dumme Gans? Du hältst mich für pervers.«

Er ging die Straße hinab, und Delia wußte, daß sie ihm auf wunderbare Weise entkommen war. Sie war um Haaresbreite dem Tod entronnen. Er hatte sie aus einer Laune heraus am Leben gelassen. Die Kraft in seinen Fingern sagte ihr, daß er ihren Schädel wie einen faulen Apfel hätte zerquetschen können, wenn er gewollt hätte. Es war ein Wunder, für das sie Gott dankte. Sie ging schnell weiter.

Sie verstand ihn, selbst wenn sie eine › dumme Gans‹ war – sie wußte, wonach der junge Mann suchte. Er gehörte zu den gottlosen Geschöpfen der Nacht; zu Satans Brut. Ihm war es nicht darum gegangen, seinen sexuellen Appetit an ihr zu stillen, es ging um Macht. Nicht um die Macht, die er über sie hatte, sondern um die Macht des Bösen, die durch das Verderben der Guten erzeugt wird. Sie war nur ein Symbol für ihn, eine der Ikonen der Tugend, die er entweihen wollte, um seine Potenz, seine nekromantische Macht zu vermehren.

Sie wußte, daß er sie getötet hätte, sobald es ihm gelungen wäre, sie zu verderben; ihre Tugend und Güte zu besudeln.

Sie eilte weiter, sich des Klangs ihrer Schritte auf dem Pflaster bewußt.

KAPITEL ELF

Die tägliche Einsatzbesprechung fand in der Jasmine-Suite statt, einem Hotelzimmer, das für die Gruppe reserviert worden war. Alle waren anwesend, sogar die beiden Fahrer, Stan Gates und Rajeb Patel. Danny erzählte die Geschichte des Dämons, der an diesem Nachmittag explodiert war.

Dave zuckte zusammen; die Geschichte erinnerte ihn an den Brand, bei dem seine Frau und sein Kind ums Leben gekommen waren. Obwohl er Vanessa liebte, waren die Wunden, die ihm vor sechs Jahren geschlagen worden waren, immer noch nicht ganz verheilt. Ein Feuer in einem Kaufhaus bedeutete für ihn die Wiederkehr eines alten Alptraums.

»… dann weiß ich nur noch, daß Petra im Eingang stand«, schloß Danny.

»Haben Sie den Dämon gesehen?« fragte Lloyd Petra.

»Ich habe ihn zuerst bemerkt – gerade als er erkannte, was ich bin…«

»Was Sie sind?« fragte Lloyd mit gerunzelter Stirn.

»Ja, daß ich in Verbindung zum Erzengel stehe. Der Dämon hat gefühlt, daß ich da war, und ich wußte, wer er war – ich kann es spüren. Ich wußte, daß er ein Dämon war. Dann lief er fort, und Danny setzte ihm nach. Ich folgte ein wenig später.«

Lloyd wandte sich an Stan Gates. »Und was ist mit Ihnen, Sergeant?«

Stan fühlte sich sichtlich unwohl bei all dem Gerede über das Übernatürliche. Er sah aus, als würde er es vorziehen, wirkliche Verbrecher zu jagen – richtige Menschen, die nicht in einem weißen Feuer explodierten. Stan Gates fuhr gern in einem schnellen Wagen mit kreischenden Sirenen umher, sicher, daß der Mann, den er verfolgte, aus Fleisch und Blut bestand. Er rutschte so heftig auf seinem Stuhl hin und her, daß dieser protestierend quietschte; das Geräusch machte Lloyd nervös.

»Nun?« fragte er, schärfer als beabsichtigt.

»Ich, eh, ich habe das Opfer gesehen – langer, schwarzer Mantel, schmieriges, am Kopf anliegendes Haar, seltsam aussehende Augen. Er stand auf dem Bürgersteig und starrte uns an, als hätte er jemanden erkannt. Damals nahm ich an, er sei unser Mann, daß die Anwesenheit von Sergeant Spitz ihn aufgescheucht hätte, aber die junge Lady hier belehrte mich eines Besseren. Ich bin nicht ausgestiegen – ich hatte die Anweisung, im Wagen zu bleiben –, und habe deshalb die, äh, Verbrennung, nicht gesehen.«

»Sind Sie auch vollkommen sicher, daß es sich nicht um Manovitch handelte?« fragte Lloyd Petra.

»Vollkommen. Genauso, wie ich sicher bin, daß das Opfer kein Sterblicher war.«

Dave unterbrach sie. »Gibt es einen Grund zu bezweifeln, daß Petra mit dem Erzengel in Verbindung steht? Ich möchte nur sicher sein, daß sie kein falsches Medium ist, das versucht, sich einen Namen zu machen.«

Danny stellte sich schützend vor Petra. »Hey…«

»Nein. Hör zu, Bruder Tuck, wir alle wissen, daß dich diese geheimnisvolle junge Frau bei den Eiern hat, aber das heißt noch lange nicht, daß sie ehrlich ist. Sie könnte sich sogar selbst zum Narren halten. Wir haben keinen Beweis, oder?«

»Jetzt hör mal gut zu, Mutter Teresa«, sagte Danny. »Hab nur ein kleines bißchen Vertrauen und werde deinem Spitznamen gerecht.«

»Gentlemen, Gentlemen«, sagte Lloyd. »Bitte, regen Sie sich nicht auf. Ich persönlich bin davon überzeugt, daß Petra die Macht besitzt, die sie zu haben vorgibt, aber natürlich hat Lieutenant Peters das Recht zu zweifeln. Lassen sie uns jetzt einen Blick auf die gegenwärtige Situation werfen. Wir haben einerseits eine verderbte und unbarmherzige tote Seele in einem der Stadtteile, die – soweit wir wissen – bereits mehrere Menschen getötet hat, aber bis jetzt im verborgenen blieb. Auf der anderen Seite haben wir den Erzengel – die zweite Stufe aus dem dritten Kreis der Engel. Engel werden in neun Ränge eingeteilt: Im ersten Rang befinden sich die Seraphim, die Cherubim und die Throne; im zweiten die Herrschaften, die Tugenden und die Mächte, und im dritten die Fürstentümer, die Erzengel und die Engel. Aber was geschieht, wenn der Erzengel versagt? Vielleicht wird ein Höherrangiger zur Erde geschickt – möglicherweise jemand aus dem obersten Rang. Was geschieht, wenn ein Seraphim kommt, um Manovitch zu zerstören?«