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»Scheißjacke«, schimpfte er, als er fiel.

Das waren seine letzten Worte, bevor er im klebrigen, blutigen Strom versank und dicke Blutklumpen schluckte. Er trat um sich und kam wieder an die Oberfläche, wo er feststellte, daß das warme Wasser ihn trug. Es war schrecklich. Er hoffte, daß es sich tatsächlich um Tierblut handelte, was schon schlimm genug war, aber sich in menschlichem Blut zu suhlen – das wäre undenkbar. Dennoch dachte er daran.

»O Gott!« schrie er. »Holt mich hier raus.«

Er schluckte erneut Blut, als er auf den Bauch rollte. Er trieb auf dem Strom. Dann fühlte er etwas Hartes und Scharfes an seinem Hemdkragen. Er wäre fast erstickt, als er über den Rand eines Bootes gezerrt wurde. Hände griffen nach ihm und packten seinen schlüpfrigen Körper, um ihn an Bord des Flußpolizeibootes zu hieven.

»In Ordnung, wir haben Sie«, sagte ein Mann. »Sind Sie okay? Irgendwelche Verletzungen?«

Walter setzte sich hustend auf und schaute an sich hinunter: er war von Kopf bis Fuß mit Blut bedeckt.

»Wie zum Teufel soll ich das wissen?« fragte er.

»Ich nehme an, sie alle kennen die Geschichte von Moses und dem Auszug aus Ägypten«, sagte Petra. »Wir haben es hier mit einem Nachahmer zu tun. Manovitch zeigt uns seine Macht.«

»Die zehn Plagen aus dem alten Ägypten!« sagte Mutter Teresa.

»Von denen uns noch neun bevorstehen«, fuhr Bruder Tuck fort.

Von Oxford bis zu The Nore war die Themse dick und rot. An ihrer Quelle in den Cotswold Hills, nahe Cirencester, führte sie noch kristallklares Wasser, aber irgendwo in der Gegend von Oxford veränderte sich ihre Farbe und Konsistenz, und sie verwandelte sich in eine Flüssigkeit, die nicht nur an Blut erinnerte, sondern auch sämtliche chemischen Bestandteile von Blut aufwies.

In London waren all die kleinen Nebenflüsse, von denen die meisten unterirdisch verliefen, voller Blut. Die Serpentine, alle Springbrunnen, nicht nur die auf dem Trafalgar Square, sämtliche Teiche, Seen, Bäche, Kanäle und Rinnsteine waren voller Blut; die Flüssigkeit, die aus Hähnen und Toiletten strömte, alles, alles war Blut, überall war Blut. Es verklebte die Leitungen, verstopfte die Kanalisation, tötete die Karpfen in den Marmorbecken der Reichen. Es füllte die Swimmingpools und die Wasserbehälter auf den Dächern und wurde von den Bewässerungsgeräten in Parks und Gärten verspritzt. London ertrank in Blut. Die einzigen, die der Plage entkamen, weil sie über eine gesonderte Wasserquelle verfügten, waren die Mitglieder der Konferenz.

»In der amtlichen Verlautbarung heißt es, daß eine ungewöhnlich rasch strömende Themse einen bislang unbekannten, aus roter Erde bestehenden Wall mitgerissen habe, der sich mit ihr vermischte.«

»Haben die Berater des Pharao nicht anfangs das gleiche gesagt?« fragte Dave sauer.

»Es ist nur eine amtliche Verlautbarung«, sagte Lloyd. »Keiner glaubt daran. Die Leute brauchen etwas, worüber sie reden können, während sie an den Tankwagen vor der Stadt Schlange stehen, um Wasser zu bekommen.«

»Kann man wirklich ganz London mit Wasser versorgen?«

»Wir benutzen Los Angeles als Modell. Wissen Sie noch, wie Terroristen dort vor drei Jahren die Wasserreservoirs vergiftet haben? Wenn Los Angeles Wasser von außerhalb heranschaffen konnte, weshalb nicht auch London? Wir glauben übrigens auch nicht, daß es lange dauert.«

»Und woher stammt das Blut?« fragte Dave.

Der Erzdiakon fuhr zusammen. »In Oxford ist die Themse voller Menschen… menschlicher Überreste. Das Blut ist menschlichen Ursprungs. Auch in den Reservoirs treiben Menschen. Das Blut sieht echt aus, aber…«

»Aber was?« fragte Danny, dem übel wurde, als ihm einfiel, daß er mitten in der Nacht Wasser getrunken hatte, ohne das Licht anzuknipsen.

»Außer daß niemand vermißt wird. Bei einer solchen Unmenge von Toten hätte es ein Massaker, ein schreckliches Gemetzel, ein Blutbad geben müssen. Doch die Polizei erklärt, im Laufe der Nacht seien nur die üblichen zwei oder drei Morde zu verzeichnen gewesen, und diese Leichen sind identifiziert worden.«

»Es handelt sich um Nekromantie«, bemerkte Petra. »Manovitch ist es irgendwie gelungen, genügend Kraft zu erzeugen, um diese Leichen aus dem Nirgendwo erscheinen zu lassen. Satan hat ihn mit seinem Blut versorgt.«

»Dann sind sie nicht real«, sagte Danny erleichtert.

»Natürlich sind sie real«, erwiderte Petra. »Sie sind hier, oder etwa nicht? Es ist immer noch Blut in deinem Glas.«

»Es wird Tote geben«, murmelte Lloyd. »Krankheiten…«

Menschen hatten Lloyd durchs Telefon angeschrien – sehr wichtige Personen –, und ihm erklärt, daß er bald Resultate liefern sollte, ansonsten… Er wußte nicht genau, was dieses ›ansonsten‹ bedeutete, aber ihm mißfiel der Klang des Wortes.

»Wir scheinen auf der Stelle zu treten«, sagte er gereizt. »Hat jemand eine Idee? Weshalb schluckt Manovitch den Köder nicht, Petra? Hat er Angst vor uns? Was glauben Sie?«

Petra schüttelte den Kopf. »Er hat keine Angst vor uns, sondern vor dem Erzengel. Er wird versuchen, im verborgenen zu bleiben und hofft auf eine Gelegenheit, Dave und Danny zu erwischen. Rache ist für ihn zweitrangig. Wir können nur hoffen, daß er eine Chance erblickt und sie wahrnimmt.«

»Aber«, wandte der frustrierte Lloyd ein, »wir haben überall bekanntgemacht, daß die beiden hier sind, sogar im Fernsehen.«

»Vielleicht lebt er in einem Loch, irgendwo in der Gosse, ohne Fernseher, ohne Radio. Er ist ein Teufel, eine tote Seele, an die abscheulichen Zustände in der Hölle, an unbeschreiblichen Schmutz und Elend gewöhnt, und jedes Loch, in dem er jetzt lebt, muß ihm wie das Paradies vorkommen. Er hält sich bestimmt nicht in einem luxuriösen Hotel mit Fernseher in jedem Zimmer auf.«

»Und was ist mit den Zeitungen? Die findet man sogar in Mülleimern.«

»Haben Sie schon einmal daran gedacht, daß er vielleicht nicht lesen kann? In der Hölle schrumpft nicht nur der Geist, sondern auch der Intellekt. Sein Geist hat sich in ein wildes, verdrehtes Ding verwandelt, den Geist einer Bestie der Dunkelheit, die all ihr früheres Wissen verloren hat. Seine Verschlagenheit mag sich verzehnfacht haben – er ist ein Krieger und ein Jäger –, aber was die Bildung anbelangt, ist er wahrscheinlich ein Schwachkopf.«

»Falls er ungebildet ist, kann man ihn kaum noch als Gegner bezeichnen«, erklärte Lloyd, der in bezug auf Bildung ein wenig snobistisch war, hatte er doch in Harrow studiert.

»Sagen Sie das mal Attila, dem Hunnen«, brummte Dave.

Lloyd verstand den Hinweis.

»Wenn er in dunklen Ecken lauert, werden wir ihn nur zufällig antreffen. Es wäre schön, wenn er ungeduldig würde und wieder dahin verschwände, wo er hergekommen ist.«

Petra wirkte schockiert. »Das wäre katastrophal«, sagte sie. »Er mag zwar hier unten dumm sein, aber auf dem spirituellen Schlachtfeld stellt Manovitch eine schreckliche Macht dar. Wenn die Engel auf den Schlachtfeldern von Armageddon bezwungen werden, wird Gott verlieren und das Böse die Welt regieren.«

»Ich dachte, das könne nicht passieren«, sagte Danny, »wenigstens nicht auf Dauer. Ich dachte, am Ende muß das Böse verlieren.«

»Das stimmt, am Ende wird Gott triumphieren. Aber möchtest du die nächsten zehn Millionen Jahre unter der Herrschaft Satans und seiner Scharen leben? Du mußt an die unzähligen Generationen von Menschen denken, die nach dir kommen, nicht nur an dich. Wir müssen Manovitch hier unten festhalten, hier, wo er verletzlich ist, so weh es auch tun mag.«