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»Aber weshalb muß er gerade jetzt den Kopf verlieren?«

»Er hat sich die Zeit nicht ausgesucht – und ich glaube, daß er sein Herz und nicht seinen Kopf verloren hat.«

»Soweit es mich betrifft, hat er beides verloren. Verfluchter Bruder Tuck. Weshalb kann er nicht wie der wirkliche Bruder Tuck sein und sich ausschließlich um seinen Wanst kümmern?«

»Wahrscheinlich stellte der wirkliche Bruder Tuck Chorknaben nach«, sagte Vanessa.

»Nun, wenn Danny nicht für mich da sein kann, muß ich halt ohne ihn weitermachen; im Augenblick würde ich den Penner am liebsten in die Staaten zurückschicken.«

»Das wirst du nicht tun«, flüsterte Vanessa. »Also halte dich nicht selbst zum Narren, Dave.«

Dave wußte, daß sie recht hatte, aber er war wütend auf Danny und schwelgte in dem Gedanken, daß er der Lieutenant war und Danny der Sergeant, und daß er ihn – falls sich die Situation zwischen ihnen verschlimmerte – verdammt noch mal nach Hause schicken würde.

Als Rajeb Patel in sein Apartment zurückkam, saß Daphne am Küchentisch.

»Möchtest du Tee?« fragte sie. Sie trug den gesteppten rosa Morgenmantel, den er so sehr haßte. Sie sah darin immer so matronenhaft aus, wenn sie sich ärgerte, und nicht viel besser, wenn sie sich nicht ärgerte. Er wagte ihr nicht zu sagen, was er von dem Morgenmantel hielt, da Daphne nicht zu den Frauen gehörte, die Kritik vertrugen.

»Warum nicht? Danke.«

Als er den dampfenden Becher in der Hand hielt, fragte er sie: »Weshalb bist du um fünf Uhr morgens schön wach?«

»Weil ich mir Sorgen um dich gemacht habe, weshalb sonst«, erwiderte sie wütend. Sie nippte an ihrem Tee, als wolle sie so schnell wie möglich fortgehen und sei verwirrt darüber, daß sie noch ein Gespräch führen mußte.

»Du machst dir Sorgen um mich?« Er grinste.

Sie funkelte ihn an. »Manchmal bist du sehr schwer von Begriff, Raj.«

Sein Lächeln erlosch. »Tut mir leid. So bin ich nun mal. Ich kann nicht jemand anderes sein. Ich kann nicht das sein, was du erwartest, Daphne, ich kann nur so sein, wie ich bin. Falls du denkst, du könntest mich verändern – vergiß es. So funktioniert das nicht. Die Menschen können einander nicht ändern. Sie können kleine Kompromisse schließen, aber sie können nicht jemand anderer sein. Du mußt diese Dinge unbeschwerter angehen, oder es funktioniert bei mir nicht. Tut mir leid, wenn es dich so sehr stört.«

Sie brach in Tränen aus. Sie liefen über ihr sommersprossiges Gesicht und tropften auf den Morgenmantel. Er stand auf und umarmte sie. Ihr Atem roch sauer und schal, aber das störte ihn nicht. Nichts Intimes störte ihn.

»Was willst du, Mädchen? Ich war Polizist, als wir uns kennenlernten. Ich will nichts anderes sein. Ich weiß nicht, wie es ist, jemand anderer zu sein. Ich würde dir nie sagen, daß du deinen Beruf aufgeben sollst, oder? Du würdest mir den Schädel einschlagen, wenn ich es täte. Ich wage noch nicht einmal, dich auf Kleinigkeiten hinzuweisen…«

Sie löste den Kopf von seiner Schulter, rotnasig und schniefend, die Wangen voller getrockneter Tränenspuren. »Was für Kleinigkeiten?« fragte sie mißtrauisch.

»Nun, Sachen, die mir auf die Nerven gehen, so wie dich auch an mir manches stört.«

»Was für Sachen?«

»Zum Beispiel dieser Morgenmantel«, platzte er heraus. »Ich hasse ihn.«

Sie schaute verwirrt an sich hinunter.

»Meine Mutter hat ihn mir vor fünf Jahren zu Weihnachten geschenkt.«

»Das ist doch egal, oder? Ich hasse ihn trotzdem. Ich würde ihn selbst dann scheußlich finden, wenn der Dalai Lama ihn gesegnet oder die drei Weisen aus dem Morgenland ihn Jesus zum Geburtstag geschenkt hätten. Ich würde ihn immer noch hassen. Du sieht damit aus, als wärst du gerade einer Seifenoper entsprungen, die im Slum spielt.«

»Ach, wirklich?« schrie sie, zog den Morgenmantel aus und warf ihn auf den Boden. »Gut, du kannst Putzlappen daraus machen, wenn du willst. Mach schon.«

Er griff gierig nach dem beleidigenden Kleidungsstück, das er sofort mit einer Schere bearbeiten wollte, aber sie war schneller. »Wenn ich es mir recht überlege, möchte ich ihn weitertragen, und das werde ich auch, verdammt noch mal.«

»Scheiße – ich war so nahe dran«, murmelte er. Dann sagte er: »Verdammt, es ist doch nur ein Morgenmantel.«

Er schnappte ihn sich, rannte zum Fenster, öffnete es und warf den Mantel hinaus. »Geschafft. Jetzt siehst du wie Aschenbrödel aus und nicht wie eine von ihren verfluchten häßlichen Schwestern.«

Daphne starrte ihn an. Sie wußte nicht, ob sie wütend oder entsetzt sein sollte. Plötzlich prustete sie los. »Du blöder Hund«, schrie sie, »du dämlicher Idiot.«

Rajeb, der sich stets so schnell beruhigte wie er sich aufregte, lachte laut. »Stimmt. Wir sind wie Kinder, die sich um ein bescheuertes Spielzeug balgen. Komm.« Er ging zu ihr. Sie trug jetzt nur noch ein ausgeschnittenes T-Shirt – eines von der langen Sorte, die sie als Nachthemd benutzte. Vorn darauf war ein Bild von Bugs Bunny, der eine Möhre kaute und fragte: »Is was, Doc?«

Rajeb küßte sie bedächtig, roch den Schlaf, der noch in ihr steckte, und sie schmolz dahin. Ihre Düfte erregten ihn. Sie besaß tausend Gerüche, von denen keiner wie der andere war, einige schwach, andere stark, und fast jeder von ihnen machte ihn an. Er preßte sich an sie, und die Berührung ihres warmen Körpers löste eine Erektion aus. Dann griff er nach unten und zog ihr das T-Shirt über den Kopf, enthüllte ihren wohlgeformten Körper, zwickte sie in das kleine Babyspeckröllchen an ihrer Taille, mit dem er sie so gern aufzog. Er beugte sich vor, küßte ihre Brustwarzen und erfreute sich wieder einmal an der Geographie ihres Körpers, an den Sommersprossen, die wie Sternbilder über die Hänge ihres Busens verstreut waren. Dies war ein Land, das nur er erforschen durfte, und dieses Privileg erregte ihn.

Er liebte ihre Konturen, die mit Fehlern behafteten wie die glatten, reinen Hautpartien. Das kleine Muttermal hier, die winzige Narbe dort, all das hatte er entdeckt. Er kannte ihren Körper besser als seinen eigenen. Er kannte jeden Spalt, jedes Tal, jeden Hügel. Er kannte den dunklen Wald, in dem sich unaussprechliche Freuden verbargen. Er kannte die tiefen, faltigen, schlüpfrigen Orte, wo sich Freuden in Ekstasen verwandelten, wo für kurze Zeit Phantasien Wirklichkeit wurden. Er wußte, wo die Orchidee wuchs, deren versteckte Blüten ihm gehörten, deren Blätter er mit sanften, zarten Fingern erforschte.

»Einen Moment«, flüsterte sie in sein Ohr, »mein Hintern tut weh, er stößt gegen den Tischrand.«

Ihm wurde klar, daß er sie zu kräftig gegen den Tisch drückte, und er ließ sie frei. Sie ging zum Bett, warf sich auf die Laken und wälzte sich auf dem Rücken, das T-Shirt immer noch bis in die Achselhöhlen hoch gerollt, die sie sich aus Prinzip nicht rasierte. Bei diesem Anblick schoß ihm, wie immer, ein Blitz des Verlangens durch die Lenden, bis er vor Lust fast außer sich war.

»Komm schon.« Sie lächelte, während er sich aus seinen Sachen kämpfte. »Beeil dich, ich halte es nicht mehr aus.«

Schließlich war die Rüstung abgelegt und der Ritter nackt. Er warf sich neben sie. Sie preßte ihn mit dem Rücken auf die Matratze und ließ sich langsam, mit gespreizten Beinen, auf ihm nieder. »Ich weiß nicht, wer wen aufspießt«, murmelte sie, »aber es gefällt mir. Ich komme mir wie eine tropische Frucht vor, warm und feucht.«

Sie wußte, daß ihre Worte seine Erregung steigerten.

»O Gott«, flüsterte er und schloß die Augen, als sie ihre Brüste über sein Gesicht senkte. »Wie schön du bist…«

Sie bewegten sich in einem intuitiven, instinktiven Rhythmus, dem Rhythmus der Natur.

Glücklicherweise gelangten beide zum Höhepunkt, bevor das Telefon läutete.

»Hier Patel«, brummte er in sein Handy. »Was ist?«

»Ich wollte mich nur bedanken«, sagte Dave Peters am anderen Ende. »Sie haben Ihre Sache heute nacht hervorragend gemacht.«