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Er nickte. »Widerlich, nicht?«

»Ekelhaft. Können wir jetzt nach Hause fahren und eine Tasse Tee trinken?«

Daphne kratzte sich gedankenlos an der Leiste, ertappte sich dabei und hielt verlegen inne.

»Ich frage mich, wodurch ein Schwanz so anschwellen kann«, sagte Rajeb. »Ich habe noch nie von einer solchen Krankheit gehört; du vielleicht? Auf jeden Fall ist es keine Geschlechtskrankheit. Die lassen einen normalerweise verfaulen, oder sie töten einen. Glaubst du, es war Elephantiasis oder etwas Ähnliches? Ich habe Fälle davon in Indien gesehen. Menschenbeine, so dick wie Baumstämme. Verdammt grausig.«

»Ich möchte wirklich, wirklich nicht über übermäßig große Penisse reden, falls du nichts dagegen hast.«

»Ich weiß, was du meinst, Liebes. Morbide, nicht wahr?«

Daphne seufzte und schüttelte den Kopf. »Nein, das habe ich eigentlich nicht gemeint. Vergiß es. Es hört sich schrecklich an. Ich bin sicher, daß Lloyd Smith nicht wollte, daß man seinen Neffen tötete, obwohl er ihm das angetan hat.«

»Da irrst du dich. Er wollte es. Er rief Stan zu: ›Erschießen Sie ihn!‹ Aber er war nicht glücklich, als er feststellen mußte, daß sein Neffe zu einem Haufen Kohle verbrannt war. Er hätte ihn gern untersuchen lassen – er wollte wissen, weshalb sein Schwanz…«

»Ja, ja. Ich hatte auch einen schönen Tag. Und jetzt laß uns reingehen und Tee trinken.«

Sie waren zu Hause angelangt.

Daphne kratzte sich den Kopf, als sie aus dem Wagen stieg, und schaute gen Osten, auf die riesige Halbkugel aus Licht, die der Erzengel war. Und während sie schaute, dachte sie darüber nach, wie sehr sich das Leben seit der Ankunft des Erzengels verändert hatte, und dennoch, wie wenig. Es gab Flüsse voller Blut und Frösche; Dämonen, die frei in der Stadt herumliefen und Ödland, wo Banken und Kirchen hätten sein sollen – so vieles hatte sich geändert –, aber Minister tönten immer noch herum, Vergewaltiger vergewaltigten immer noch, und Rajeb beharrte immer noch darauf, ihr die unerquicklichen Seiten seines Berufes nahezubringen.

Vielleicht war letzteres notwendig. Möglicherweise spielte sie für ihn die Rolle des Beraters und half ihm dabei, sich von der häßlichen Seite seines Jobs zu befreien. Sie wußte nicht, ob das gesund war. Vielleicht sollte er damit zu einem richtigen Therapeuten gehen… Scheiße, ihre Leiste juckte genauso stark wie ihr Kopf, und sie kratzte beides verbissen. Hatte sie sich in Rajebs Wagen einen Floh eingefangen, der von einem Verbrecher gehüpft war?

»Hast du jemanden im Wagen zur Wache gebracht?« fragte sie.

»Ich? Nein, warum?« fragte er, während er die Stufen hochstieg.

Sie sah, wie er sich unter dem linken Arm kratzte.

»Warum machst du das?« fragte sie.

»Was?«

»Dich kratzen.«

»Ich?« fragte er. Er wirkte überrascht. »Tut mir leid, aber es ist sehr arbeiterklassenmäßig, sich zu kratzen, nich?« neckte er sie.

»Aber ich tu es doch auch, du Idiot«, brummte sie, während sie sich wie rasend kratzte.

Er schaute sie an. »Verdammt, es hat angefangen. Die dritte Plage. Läuse.«

Sie stürzten in ihre Wohnung und rissen sich die Kleider vom Leibe.

»Kannst du mal schauen, was da unten los ist?« schrie sie.

Er ging auf die Knie und untersuchte ihre Leistengegend. Nach ein oder zwei Sekunden sah er ein winziges, graues Geschöpf in ihrem Schamhaarwald umhertrippeln, emsig mit den ruchlosen Aktivitäten einer Filzlaus beschäftigt.

»Rasieren«, rief er und stand auf. »Wir müssen uns rasieren.«

»Aber ich werde mir nicht den Kopf rasieren«, schrie Daphne gequält. »Ich möchte nicht mit einer Glatze herumlaufen.«

»Dann müssen wir uns ein Mittel gegen Läuse holen. Geh zur Apotheke und hol was.«

»Geh du.«

Er blieb unentschlossen stehen. Sie rief: »Weshalb reden wir eigentlich drumherum? Alle werden Läuse haben. Geh, solange die Apotheke noch einen Vorrat hat.« Sie kratzte sich den Kopf wie eine Wahnsinnige. »Um Himmels willen, beeil dich.«

Rajeb zog sich an und stürzte davon. Daphne sehnte sich verzweifelt nach einer Dusche, aber sie wußte, daß sie erst die Behandlung über sich ergehen lassen mußte, worin auch immer diese bestand. Sie hoffte, es wäre nicht dieses purpurfarbene Zeug, das sie auf den Köpfen einiger Kinder entdeckt hatte. Es war so auffällig. »Oh, Gott«, stöhnte sie. »Ich hasse das alles.«

Dann ging sie zum Bücherregal und holte den betreffenden Band des Konversationslexikons heraus. »Pediculus humanus capitis, Pediculus humanus corporis, Phthirus pubis«, las sie laut. »Die drei Läusearten, die den menschlichen Körper heimsuchen. Oh, Scheiße, ich hoffe, Rajeb bringt ein Mittel mit, das bei allen dreien wirkt. Ich halte es nicht mehr aus.«

Auf dem Weg zur Apotheke kam Rajeb an weiteren Menschen vorbei, die sich kratzten. Offenbar brachten die Läuse am stärksten die verwöhnten, anspruchsvollen Menschen aus der Fassung; und jene mit einem obsessiven Wesen litten am meisten. Rajeb sah einen Mann, der über und über von Läusen bedeckt war. Sie liefen über sein Gesicht, die Handrücken, den Hals. Ein Polizist schaute entsetzt zu, wie ein Geschäftsmann sich mit seinen langen Nägeln zu kratzen begann, um den Juckreiz loszuwerden. Kratzspuren erschienen auf seinem Gesicht, Blut rann ihm von den Backenknochen ins Hemd.

»Aaahhh«, schrie er, während er sich immer fieberhafter kratzte. »Ich kann es nicht ertragen, ich kann es nicht ertragen. Bastarde. Bastarde.«

Er riß sich das Hemd auf und kratzte sich die Haut von der Brust.

»Um Himmels willen, Mann«, sagte Rajeb, »Sie werden verbluten.«

Aber seine Worte trafen auf taube Ohren. Der Mann wollte nur eins: von den Läusen befreit werden. Seine Nägel tropften von Blut. Er rieb sich Rücken und Brust an einer rauhen Wand, und schabte sich so noch mehr Haut ab. Schließlich stürzte er, immer noch schreiend, eine Seitenstraße hinunter.

Aber das war nur der erste Fall von Selbstverstümmelung, den Rajeb sehen sollte. Als er in der Apotheke angelangt war, quälten ihn die Läuse unerträglich, aber er besaß genügend Disziplin, um sich nicht zu kratzen.

Als er aus der Apotheke trat, stieg gerade eine gutgekleidete Frau mit angewiderter Miene aus einem Wagen. Sie hätte Model für die Vogue sein können, wäre ihr Gesicht nicht so verzerrt gewesen. Den Tüten nach zu urteilen, die aus dem Wagen fielen, schien sie einen Einkaufsbummel durch die eleganten West End-Läden gemacht zu haben. Sie stolperte ein Paar Schritte, kratzte sich und holte mit einem Ausdruck äußersten Abscheus etwas aus ihrer Handtasche. Rajeb erkannte eine Flasche Feuerzeugbenzin.

Sie goß den Inhalt über sich und zog ein goldenes Feuerzeug aus der Tasche.

Rajeb lief schreiend zu ihr: »Nein!«

Doch bevor er sie erreichen konnte, brannte sie bereits lichterloh. Sie rannte davon; der Wind entfachte die Flammen. Auch sie schrie, sehr hoch, sehr schrill, wie eine Ratte, die unter Schmerzen starb. Am Ende der Straße geriet sie unter einen Truck, dessen Fahrer wahnsinnig geworden war, und wurde barmherzig unter seinen Rädern zermalmt.

Rajeb lief die ganze Strecke bis nach Hause. Er hoffte, daß Daphne sich noch nicht in diesem Stadium befand.

Daphne war gerade dabei, sich die Haut blutig zu kratzen, als er mit Flaschen voller Flüssigkeit, Pudern und Tabletten beladen zurückkam, die über den Blutkreislauf wirkten und den Lebenszyklus der Läuse unterbrachen. Sie schluckten die Tabletten sofort, da sie wußten, daß es Tage, vielleicht sogar Wochen dauern würde, ehe sie eine Wirkung zeitigten.

Einer behandelte den Körper des anderen mit Tinkturen und Pudern; ein außergewöhnlicher, vollständiger Kahlschlag. Als sie damit fertig waren, fühlte sich Daphne ein wenig besser. Während sie zu ihrem Kleiderschrank ging, um sich etwas Frisches anzuziehen, verstreute sie das weiße Puder gleich einem Schneesturm in der Wohnung. Sie öffnete den Schrank, nahm eine weiße Bluse heraus und kreischte, als sie die unzähligen Läuseeier entdeckte. Sie feuerte die Bluse in die Ecke.