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Er ging noch einmal zurück. An der Ecke Drury Lane parkten zwei Krankenwagen und vier Polizeiwagen. Stan ging neugierig darauf zu.

Er zeigte einem der Beamten seinen Dienstausweis und fragte: »Was ist passiert? Ein Unfall?«

»Ein Unfall?« schnaubte der Polizist, dessen Gesicht einen kranken Grünschimmer aufwies. »Nein, kein Unfall, Sarge. Sieht wie ein Banden-Mord aus. Die beiden hier wurden totgeprügelt, und da hinten auf der Straße liegt jemand, der wie ein Kohlehaufen aussieht.«

»Gibt es Zeugen?«

»Ja, einen alten Kauz, einen Penner, der sagte, ein einziger Kerl hätte alle drei ins Jenseits befördert. Muß ein Profi gewesen sein. Muß man schon, wenn man es mit dreien aufnimmt und dann noch gewinnt, oder? Verfluchte Fliegen«, sagte der Constable und wedelte mit der Hand vor dem Gesicht herum. »Bei dem Anblick kann einem ganz schön übel werden, nicht wahr?«

»Nun, viel Glück – gibt es eine Täterbeschreibung?«

»Wir versuchen gerade, etwas aus dem Alten herauszubringen, aber sein Hirn ist geschrumpft. Ich glaube, er hat Paraffin getrunken.«

Stan schaute dem Constable über die Schulter und sah den Penner, der ihm bereits früher aufgefallen war, mit zwei Polizisten in einem Polizeiauto sitzen, die versuchten, ihn jetzt, wo er im Warmen saß, wachzuhalten. Ein Polizist bedrängte ihn mit Kaffee, der andere wirkte gereizt.

»Sieht nicht so aus, als wären sie sehr weit gekommen«, sagte Stan, während er dachte: Eigentlich müßte auch ich Zeuge der Tat sein. Aber ich kann mich nicht mehr daran erinnern.

»Genau«, erwiderte der Constable. »Der alte Säufer würde nicht einmal seine eigene Großmutter wiedererkennen…«

Stan verließ den Schauplatz und kam an einer anderen kleinen Gruppe vorbei, die um den verkohlten Leichnam des dritten Opfers herumstand. Das alles war sehr seltsam. Es sah ganz nach Manovitch aus, aber der lebte nicht mehr. Stan war trotz der Fliegenplage überzeugt, daß der Unhold vernichtet worden war. Er, Stan Gates, hatte Manovitch persönlich in Flammen aufgehen lassen, und er war stolz darauf. Der Erzdiakon Smith hatte zwei erfolgreiche Cops aus den Staaten kommen lassen, um Manovitch zu fangen, aber Sergeant Gates hatte die Herausforderung angenommen und ihn vernichtet. Das lag ihnen im Magen. Nachdem sie das ganze Geld ausgegeben hatten, war es ein hiesiger Polizist, der den Bastard schließlich erwischt hatte. Peters verstand das. Weshalb begriff Smith es nicht?

»Ihr verdammtes Problem ist, daß sie mich nicht zu würdigen wissen«, murmelte Stan, während er weiterging.

Er nickte. »Ich bin ein guter Cop, einer der besten. Ich mache meine Arbeit, und ich mache sie gut. Punkt. Aus. Ich habe Manovitch vernichtet. Sie werden sich daran gewöhnen und mir den mir zustehenden Lohn geben müssen. Ich habe Manovitch für immer in die Hölle geschickt.«

Die Sirene im Hintergrund schien seine Worte Lügen zu strafen.

KAPITEL DREIUNDZWANZIG

Danny konnte den Boden der sternförmigen Kammer gerade noch mit den Zehenspitzen berühren.

Ein trübes, graues Licht fiel durch das kreuzförmige Fenster in der Nähe des Deckengewölbes. Ein Licht, das die Bezeichnung Tageslicht nicht verdiente. Die Art von Licht, die in vernachlässigte Gebäude kriecht. Es offenbarte nur kalte Steine von ähnlicher Farbe wie es selbst. Die graugrüne Kröte, die im Fensterspalt hockte, war ebenfalls unbeeindruckt von diesem nichtswürdigen Licht, das zu fade war, um die Staubteilchen in ihrem Strahl zu erleuchten, zu schwer und zu feucht, um etwas anderes zu tun, als bleiern auf die Fliesen zu fallen.

Rostige Ketten führten durch Löcher in Dannys Händen und waren mit zwei großen Eisenringen verbunden, die hoch über seinem Kopf an der Steinmauer befestigt waren. Danny hing mit dem Gesicht zur Wand, flach gegen die feuchte, mit Algen und Pilzen übersäte Steinmauer gepreßt. Er war bereits von Spinnen untersucht worden, und eine Ratte hatte seine Hoden blutig genagt. Der Schmerz in seinen Händen – anfangs schier unerträglich – war jetzt nur noch lange, endlose dumpfe Qual.

Danny war nackt und zitterte in der Kälte, die in den Steinen eingeschlossen zu sein schien. Er hatte seit einer Ewigkeit nichts mehr gegessen. Um seinen Durst zu löschen, hatte er das faulige Wasser abgeleckt, das die Wand hinablief. Es hatte einen brutalen Vergewaltigungsversuch gegeben. Aber Danny war während des Angriffs in Ohnmacht gefallen, und der Akt war nicht zu Ende geführt worden. Wahrscheinlich wollte Manovitch, daß Danny hellwach war, wenn er ihn demütigte und quälte.

Danny wußte, daß er sich in ernsthaften Schwierigkeiten befand. Für die Ketten, die ihn hielten, hatte Manovitch keine Schlüssel benutzt; er hatte mit seinen enorm starken Fingern zwei Kettenglieder verbogen. Man würde Schneidewerkzeuge brauchen, um ihn zu befreien.

»Stan Gates«, murmelte Danny. »Stan Gates ist Manovitch. Scheiße, verdammte Scheiße. O Jesus«, er weinte vor Verzweiflung und Angst. »Hilf mir, Herr. Bitte hilf mir, Herr«, betete er. »Laß mich nicht so sterben, bitte.« Er stand durch den Mangel an Nahrung, die Kälte, den Schock und den Schmerz kurz vor einem Delirium. Danny versuchte sich zu erinnern, was geschehen war. Die Erinnerung tauchte in verschwommenen grauen und schwarzen Bruchstücken wieder auf. Sie war wie ein sehr alter film noir, der in seinem Kopf ablief.

Stan Gates hatte ihn nach Heathrow fahren sollen, aber sie waren nie dort angekommen. Er hatte auf dem Weg dorthin angehalten und gesagt: »Ich glaube, wir haben eine Reifenpanne.« Und als Danny die Tür öffnete, um sich den Schaden anzusehen, hatte ihn etwas im Nacken getroffen, worauf ihm schwarz vor Augen wurde.

Er kam im kalten Wasser wieder zu sich. Zuerst dachte er wegen der fast senkrechten Steinwände, sie befänden sich im Wallgraben eines schrecklichen alten Ortes wie dem Haus von Usher. Doch trotz seines angeschlagenen Zustandes erkannte Danny die Lichter auf dem Fluß und am Ufer, die an ihm vorbeiglitten.

Jemand – Stan Gates? – schwamm mit ihm im Fluß. An den Gebäuden erkannte er, daß es die Themse war. Danny erinnerte sich daran, die Laternen auf der Tower Bridge erkannt zu haben, als sie sich darauf zubewegten und sich durch die Strömungen schlängelten. Stumpfnasige Lastkähne schwammen an ihm vorbei, aber die Kreatur, die ihn hielt, zollte dem Verkehr auf dem Fluß keine Aufmerksamkeit. Wahrscheinlich konnten die Kahnführer ihn in der Dunkelheit nicht sehen. Er war wie ein widerliches amphibisches Monster aus den Tiefen aufgetaucht, um nach Beute Ausschau zu halten, während er durchs Wasser glitt.

Einmal versuchte Danny, gegen seinen Widersacher anzukämpfen, bis er entdeckte, daß er mit einem Seil gefesselt war. Er hörte auf sich zu wehren, um zu verhindern, daß sein Fänger ihn freigab und ertrinken ließ.

Nach einer langen, kalten Zeit im Wasser hielt der Schwimmer auf das Ufer zu. Nachdem sie Stein berührt hatten, glitten sie an einer Wand entlang – wie Flußeidechsen, die der Strömung folgten –, bis sie zu einem Loch in der Mauer kamen. Im Inneren eines tiefen, glitschigen Torbogens befand sich ein Eisentor. Stan riß es mit einer Hand auf, wobei das verrostete Vorhängeschloß zersprang. Danny erinnerte sich an Unkraut, das über ihn geglitten war wie tote, grüne Zungen. Dann betraten sie einen dunklen Korridor, wo Danny wieder ohnmächtig wurde.

Er erwachte in der Morgendämmerung, nackt auf den kalten Steinplatten liegend. Stan saß mit gespreizten Beinen auf seinem Brustkorb, das Gesicht zu einer Grimasse verzerrt. Die koboldartigen Augen funkelten triumphierend.

»Einen von euch habe ich schon mal«, sagte er.

Die Knie gegen Dannys Ellbogen gepreßt, nahm Manovitch abwechselnd Dannys Hände und durchbohrte sie mit Fingern, deren Nägel wie Stacheln waren. Danny schrie, und Manovitch lachte.