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Petra schaute ihn an und sagte: »Gates war schon verloren, als Manovitch von ihm Besitz ergriff, von seinem Körper und seiner Seele. Wenn Stans ewiger Geist stark ist, wird ihn die tote Seele, die ihn besitzt, nicht verderben. Aber sein Erdenleben ist zu Ende. Selbst wenn wir Manovitch nicht erwischen sollten, wird Stan sterben, sobald die tote Seele ihn verläßt.«

Dave boxte sich in die Handfläche. »Jetzt wissen wir endlich, wen wir jagen müssen! Jetzt können wir Rundschreiben mit seiner Beschreibung verschicken. Wir werden den Bastard fertigmachen und in die Hölle zurückschicken, wo er hingehört.«

»Wir – das heißt, der Erzengel – möchte Manovitch nicht wieder in der Hölle haben. Er möchte ihn hier haben, wo er vernichtet werden kann«, sagte Petra.

»Der Erzengel kann mögen, was er will«, sagte Dave mit zusammengekniffenen Augen. »Ich sehe die Sache so: Wenn wir Manovitch los sind, sind wir auch den Erzengel los. Das hier ist nicht Armageddon, sondern das Land der Lebenden. Ihr könnt eure Kämpfe zu eurer Zeit, an eurem Platz austragen.«

»Eines Tages werden auch Sie darin verwickelt sein.«

»Aber bis dahin pfeife ich drauf«, erwiderte Dave.

Der Towerführer kam über die Wiese gerannt. »Jesus«, stieß er hervor, »Sie müssen sofort kommen. Ich habe jemanden gefunden. Er ist in einem bedauernswerten Zustand. Sie werden es nicht glauben. Er hat sich in einer Ecke versteckt.«

»Danny«, sagte Dave, und dann: »Kommen Sie.«

Er folgte dem besorgten Mann, der ihm erklärte: »Ich habe einen Krankenwagen gerufen. Aber ich weiß nicht…«

Sie fanden ein Geschöpf, leichter als ein Kind, eine dreckige, nackte Kreatur, die in der schmutzigen Ecke einer anderen Zelle hockte, wohin sie wahrscheinlich gekrochen war. Der ›bedauernswerte Zustand‹, von dem der Towerführer gesprochen hatte, erwies sich als maßlose Untertreibung. Der Mann stand an der Schwelle des Todes. Er war ausgemergelt und krank und in einer fürchterlichen Verfassung.

Dave schaute auf ihn und sah ein Opfer des Holocaust. Er sah einen Mann, der in eine Welt hinübergegangen war, die von geistig Gesunden nicht betreten werden konnte. Er sah ein zerbrechliches, abgemagertes Wesen, von Entzündungen übersät, dessen hervorstehende Knochen die durchsichtige Haut zu sprengen drohten, dessen wild starrende Augen aus dem totenschädelgleichen Kopf traten, dessen Gesicht von offenen Wunden und Hautkrankheiten entstellt war. Die Kreatur dort auf dem Boden stank nach faulendem Fleisch und nach Schmutz. Sie war ein übelriechender Sack voller Angst und Tod. Dave kämpfte, um ein Würgen zu unterdrücken, aber vergebens. Das konnte unmöglich Danny sein.

»Das ist nicht Danny«, sagte er mit schriller Stimme. »Ich sage Ihnen, das hier ist nicht Danny.«

»Würden Sie bitte draußen warten?« sagte Petra zu Dave.

»Das kann nicht sein«, sagte Dave. »Ich glaube nicht, daß das Danny ist – Danny ist nicht…«

Die Kreatur auf dem Boden krächzte: »Dave? Bist du’s, Dave? O Gott, ich bin blind, Dave, ich bin blind.«

Dave lief es kalt den Rücken herunter. Er zitterte vor Angst. »Ist er es wirklich?« flüsterte er.

Wie konnte diese Kreatur Danny Spitz sein – der lustige Bruder Tuck? Wie war das möglich? Dort auf dem Boden lag nichts außer Knochen und Haaren, die darauf warteten, eingesammelt und in ein Grab geworfen zu werden. Dave konnte immer noch nicht glauben, daß es Danny war.

Die krächzende Stimme meldete sich ein zweites Mal. »Ich habe ihn hereingelegt, Dave, ich bin abgehauen. Ich habe mich durch meine Hände gegessen.«

Danny zeigte ihnen seine Handflächen, wie ein kleiner Junge, der etwas enthüllt, das er sich ohne Einwilligung genommen hatte. Danny hatte sich wie ein wildes, in einer Schlingenfalle gefangenes Tier durch seine Hand genagt, hatte so lange an seinem Fleisch gekaut, bis er seine Hände von den Ketten befreien konnte, die ihn festhielten. Dann war er fortgekrochen, um an einem anderen Ort in Frieden zu sterben.

Dave fühlte sich schwach und krank. Was war das für ein Geist, der einen Mann in diesem Zustand am Leben hielt? Dave schwindelte bei dem Gedanken an das, was er gehört hatte, an das, was er hier und jetzt sah.

Kurze Zeit später traf Lloyd Smith ein, zusammen mit der Polizei und einem Krankenwagen. Danny wurde ins Krankenhaus gefahren. Lloyd überbrachte Dave die schlechte Nachricht.

»Sie können nichts mehr für ihn tun«, sagte er. »Es ist schon zu weit fortgeschritten. Wahrscheinlich wird er an Nierenversagen sterben, falls sein Herz die Nacht durchhält. Tut mir leid, Dave.« Er legte die Hand auf Daves Schulter.

»Er wird an einen Ort kommen, wo es ihm gutgeht…« sagte Petra.

Daves Kopf schoß hoch. Er schnappte: »Ich möchte nicht, daß er an einen Ort kommt, wo es ihm gutgeht; ich will, daß er hier bleibt. Er ist noch jung. Er hat noch viele Jahre vor sich.«

»Er ist sein ganzes Leben lang unglücklich gewesen«, sagte Petra leise.

»Lieber unglücklich und lebendig als tot und glücklich. Ich brauche ihn«, sagte Dave.

Petra zuckte mit den Schultern. »Wir werden alles in unserer Macht Stehende tun, alles, um ihn hier zu halten.« Dann ging sie.

Dave wußte nicht, was sie damit sagen wollte, aber es war das Hoffnungsvollste, was er bis jetzt gehört hatte.

»Was, was können wir tun?« fragte er.

KAPITEL EINUNDDREISSIG

Lloyd Smith war zufrieden mit der Welt und positiv gestimmt.

Zum ersten Mal in seinem Leben hatte er sich von einer Frau in seinem Alter angezogen gefühlt, und es schien das Richtige zu sein. Der andere Grund zur Freude hatte mit seiner Position als Erzdiakon zu tun: Er war von einer zuverlässigen Quelle darüber informiert worden, daß die Konferenz der Glaubensführer kurz vor einem erfolgreichen Abschluß stand.

Dann betrat ein gequält aussehender Dave Peters die Jasmine Suite, und Lloyds Herz sank.

»Ich brauche Ihre Hilfe«, sagte Dave. Er machte einen erschöpften, kränklichen Eindruck, eine Folge des Schlafmangels. »Ich brauche Ihre Autorität, um Danny zu helfen.«

Lloyd überdachte rasch die in Frage kommenden Möglichkeiten. Was würde er verlangen? Die besten Ärzte der Welt? Einen barmherzigen Flug in die USA, weil Peters möglicherweise der Meinung war, die Ärzte dort seien besser? Ein Wunder? Dieses eine Mal beschloß Lloyd, gegen seine politische Schulung zu handeln und ein klares Versprechen abzugeben, ohne jede Einschränkung.

»Ich werde tun, was ich kann«, sagte er.

»Ich möchte, daß Sie uns ins Territorium des Erzengels bringen«, sagte Dave bestimmt. »Ich muß hinter die Barrieren.«

Lloyd richtete sich auf. »Der Premierminister persönlich hat angeordnet…«

»Ich weiß, was der verdammte Premierminister angeordnet hat«, schrie Dave. »Ich möchte, daß Sie Ihre Beziehungen spielen lassen und sie dazu bringen, mir grünes Licht zu geben. Was ist der Erzengel? Ein Nationalgeheimnis? Eine potentielle Waffe, die man gegen die Mächte des Bösen richten kann? Was glauben diese Leute, tun zu können? Denken sie wirklich, sie könnten sich seine Kraft nutzbar machen?«

Lloyd nickte. »Etwas in der Art. Sie wissen doch, wie diese Leute sind. Es gibt einige, die betrachten den Erzengel als etwas, das man erfolgreich ausbeuten kann – besonders das Militär.«

»Gott verfluche ihre Augen«, brüllte Dave. »Ich hoffe, sie verrotten. Ich weiß, wer das Böse auf dieser Welt ist. Können Sie es für mich tun oder wenigstens versuchen? Ich möchte Danny in die Kuppel bringen. Es ist seine einzige Chance. Ich möchte ihn dem Erzengel in den Schoß legen und sagen: ›Das ist deine Sache. Mach sie gut.‹«