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»Mein Haare!« kreischte eine der Kellnerinnen. »Sie sind in meinen Haaren!«

»Regen Sie sich nicht auf«, sagte die Managerin. »Wenn Sie Ihre Kappe richtig aufgesetzt hätten, wäre das nicht passiert.«

Die Kakerlaken waren schlimmer als Läuse und Fliegen, die ekelhaft, aber klein gewesen waren. Mit einem einzigen Schlag hatte man einen ganzen Haufen von ihnen töten können, während man auf eine Gruppe Kakerlaken mit schwankenden Antennen, die glänzenden Rückenschilde aneinandergedrückt, einschlagen konnte, ohne auch nur eine einzige zu treffen. Man konnte mit einem Besen zwischen sie fahren, und sie würden sich im Bruchteil einer Sekunde in die entferntesten Zimmerecken verziehen. Man könnte sich eine von ihnen herauspicken, wie ein jagender Gepard sich ein krankes Kalb heraussucht und bis zu dessen Tod bei ihm bleibt, ohne sich ablenken zu lassen, und am Ende würde man dennoch mit leeren Händen dastehen. Es hatte den Anschein, als könnten Kakerlaken sich fast mit Lichtgeschwindigkeit bewegen, hierhin und dorthin trippeln und so jeden Versuch vereiteln, sie zu erschlagen.

Es sah so aus, als könnte man sie nur zufällig töten: man erschlug eine Kakerlake, indem man auf eine andere zielte.

Natürlich gab es verschiedene Fallen und Pulver, deren Hersteller verkündeten, man könne damit den Kakerlaken erfolgreich den Garaus machen. Die Cheops-Falle war die beliebteste. Sie bestand aus einem pyramidenförmigen Pappkarton mit klebrigem Boden, auf den die Kakerlake mit dem Duft von etwas Eßbaren gelockt wurde – obwohl Kakerlaken alles fraßen, von Pferdeäpfeln bis Mauersteinen –, um dann wie die Fliege auf dem Fliegenpapier kleben zu bleiben. Die Cheops-Falle war in Grenzen erfolgreich, aber der Unmasse von Kakerlaken, die sich in London breitmachten, war weder mit Fallen noch mit Pulver beizukommen.

Es war die bislang schlimmste Plage. Die Kakerlaken übertrafen sogar noch die Beulen und erteilten den Londonern eine Lehre. Wäre eine gefangene Nation zur Hand gewesen, die man hätte freilassen können, würde man dem Pharao eine Petition geschickt haben mit der Bitte: »Laß diese Menschen ziehen!« Aber es gab keine hebräischen Sklaven, denen man die Tore öffnen konnte.

Danny lag bereits seit zwölf Stunden im Inneren der Kuppel zu Füßen des Erzengels und war noch nicht aus dem Licht aufgetaucht. Petra erklärte Dave, sie könnten nicht erwarten, daß der Erzengel sofort handelte – er würde sorgsam abwägen, ob er einen sterbenden Menschen sein Bett nehmen und gehen lassen solle. Wunder gehörten nicht ins Fach eines Krieger-Erzengels, der zur Erde gesandt worden war, um die Vernichtung eines schrecklichen Unholds zu beaufsichtigen. Der Erzengel hatte andere Prioritäten. Aber wenn das Leben eines elenden Cops für die Gesamtstrategie des Erzengels von Nutzen war – oder wenigstens kein Hindernis darstellte –, würde man Danny vielleicht sagen, er solle aufstehen und gehen.

Dave mußte sich in Geduld üben.

»Petra hat mir erklärt, es sei unmöglich, Sergeant Gates zu retten; er sei im Grunde bereits tot«, sagte Lloyd. »Falls wir Manovitch nicht erwischen, wird der Teufel schließlich Gates’ Körper töten, um zu entkommen und zur Hölle oder auf die Schlachtfelder Armageddons zurückzukehren. Glauben Sie mir, wir werden ihn finden. Jeder verfügbare Polizist ist damit beschäftigt, die Stadt zu durchkämmen, und wir haben einen dichten Sicherheitsring um London gelegt. Er kann sich nirgendwo verstecken. Diesmal kriegen wir ihn.«

Als Lloyd einen Schluck Kaffee nahm, bemerkte er, daß etwas in der Tasse herumschwamm: eine große, fette Kakerlake, deren Beine sich noch bewegten. Er schüttelte sich und schob die Tasse samt Untertasse beiseite.

Rajeb Patel beobachtete Lloyd mit angespanntem Gesicht. »Da gibt es einiges, was ich nicht verstehe. Wenn wir ihn erwischt haben, müssen wir doch kein Haus in Brand setzen, nur um ihn zu verbrennen?«

»Laut Petra muß er in heiligem Feuer verbrennen«, antwortete Lloyd.

»Aber Petra sagt auch, daß Dämonen mit gewöhnlichem Feuer vernichtet werden können«, wandte Rajeb ein, »daß das heilige Feuer zwar schneller und besser sei, aber jedes andere Feuer es auch tun würde.«

»Nun, wenn ein Sterblicher stirbt, stirbt er manchmal bei einem Brand«, erklärte Petra. »Doch die Seele des Sterblichen wird bei einem solchen Brand nicht vernichtet, sonst könnten die Seelen von Brandopfern nicht in die Hölle oder den Himmel kommen, sondern wären auf ewig vernichtet. Das wäre nicht recht, da oft unschuldige Menschen verbrannt werden. Doch sobald eine Seele zur Hölle geschickt wurde, kann sie durch heiliges Feuer vernichtet werden. Sie wird zu einer toten Seele und für übernatürliche Mächte angreifbar, entweder auf den Schlachtfeldern von Armageddon oder hier unten auf der Erde…«

»Aber Dämonen…«, unterbrach Rajeb sie.

»Darauf komme ich jetzt zu sprechen«, sagte Petra. »Dämonen können auf Erden von jeder Art Feuer vernichtet werden, weil es gänzlich andere Wesen sind. Ein Dämon ist ein gefallener Engel. Er wurde als übernatürliches Wesen erschaffen, und beim Sturz zur Erde verwandelt sich sein Geist in Fleisch. Ein Dämon ist ein Dämon, nicht mehr und nicht weniger. Verbrennt man sein Fleisch, so verbrennt man den ganzen Dämon, mit Geist und allem. Während eine tote Seele – oder ein Teufel, wenn Sie so wollen – den Körper eines anderen besitzt. Er ist immer noch Geist. Und dieser böse Geist muß durch heiliges Feuer vernichtet werden.«

Rajeb nickte grimmig. »Und unsere Spezialwaffen sollen funktionieren, weil sie von einem Erzbischof gesegnet wurden?«

»Wir glauben, ja«, sagte Lloyd. Er wirkte ein wenig verlegen, »aber natürlich können wir nicht absolut sicher sein.«

»Scheiße. Sie glauben, daß sie funktionieren«, sagte Dave.

»Es scheint plausibel, daß die Kirche ebensogut heiliges Feuer herstellen kann, wie sie Weihwasser herstellt, durch einen Segen – oder?«

Dave warf Petra Blicke zu. Sie zuckte mit den Schultern. »Ich bin nicht allwissend – und der Erzengel auch nicht. Auch wir können nur mutmaßen.«

Dave gelang es, eine Kakerlake mit dem Löffel zu erlegen. »Beruhigen wir uns erst einmal ein wenig und schauen wir, was uns für Möglichkeiten bleiben. Also, wir können aus naheliegenden Gründen keine geweihten Kerzen mit uns herumtragen, in der Hoffnung, damit Manovitchs Kleider in Brand zu setzen. Die Kirche selbst stellt keine Waffen her. Mönche oder Nonnen produzieren zwar bestimmte Dinge, aber keine Waffen. Es gibt keine Kreuzritterschwerter oder Lanzen, die hier wirkungsvoll wären. Wir müssen eine weltliche Waffe nehmen und versuchen, sie in eine heilige zu verwandeln. Und wir werden erst wissen, ob sie funktioniert, wenn wir sie ausprobieren.«

Rajeb, dessen Gesicht gramzerfurcht war, lehnte sich zurück. »Das reicht mir nicht. Wir müssen sicher sein, daß der Bastard wirklich in Flammen aufgeht, daß er vernichtet wird. Ich möchte ihn auslöschen.«

Lloyd, der die Gefühle des jungen Mannes nachempfinden konnte, sagte: »Das ist alles gut und schön, Rajeb, aber was schlagen Sie vor?«

Rajeb holte tief Luft. »Nun, Manovitch glaubt, er habe Danny Spitz erledigt. Damit bleibt nur noch Dave übrig, oder? Er ist der Köder.«

»Köder – für was?« fragte Lloyd geduldig, in dem Wissen, daß alle Augen auf den jungen Polizisten gerichtet waren.

»Die Falle. Auf dem Gelände des alten Battersea-Kraftwerkes ist ein neues Gebäude hochgezogen worden. Und wissen Sie, was für eins? Ein Krematorium. Es verfügt über die größte Feuerbestattungsanlage Großbritanniens.«

»Ich glaube, wir alle wissen, worauf Rajeb hinauswill«, sagte Dave. »Wir müssen sicherstellen, daß Manovitchs Seele vernichtet wird. Die Revolver tun es vielleicht, aber die Verbrennungsanlage wird es garantiert bringen. Sie hat eine direkte Verbindung zum Glauben. In diesem Krematorium wurden heilige Worte gesprochen, heilige Handlungen vorgenommen. Nicht schlecht.«