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Ein Polizist rief ihm von seinem Fahrzeug aus zu: »Constable Patel und Erzdiakon Smith haben soeben den Friedhof verlassen. Manovitch wurde bereits zweimal gesichtet.«

Dave rückte die Sonnenbrille zurecht, warf einen letzten, langen Blick auf das Licht, drehte sich um und ging zum Wagen. »Wo?«

»Südlich des Flusses«, sagte der Polizist. »Er ist zu Fuß und geht in Richtung Battersea. Sie haben in den Straßen verlauten lassen, daß Sie bereit sind, Manovitch im Krematorium zu treffen.«

»Stimmt«, sagte Dave und sprang in den Wagen.

Der junge Polizist fuhr ihn zum Fluß und über die Chelsea Bridge.

Am Ufer der Themse und auf dem Fluß selbst war es ruhig. Man hatte das ganze Gebiet evakuiert und die flußabwärts und flußaufwärts fahrenden Schiffe angehalten, damit sie Battersea nicht passierten. Zwischen der Albert und der Vauxhall Bridge waren Straßensperren errichtet worden, und die Grosvenor Bridge war für den Zugverkehr gesperrt. Nur ein alter, von zwei Polizeibooten flankierter Lastkahn befand sich noch dort.

Entlang der Strecke waren in regelmäßigen Abständen Soldaten stationiert, und die Polizei wartete neben ihren Fahrzeugen. Nur der Wagen, in dem Dave saß, bewegte sich. Gespannte Erwartung machte sich breit. Männer und Frauen waren auf der Hut. Gelegentlich schauten sie in Richtung des Erzengels.

Diejenigen unter ihnen, die einen guten Platz ergattert hatten, waren glücklich und ängstlich zugleich.

Während sie langsam über die Brücke fuhren, betrachtete Dave den Himmel und staunte über das britische Wetter. Gestern noch war es warm und wolkenlos gewesen, und heute morgen hatte es geregnet. Jetzt war es stürmisch, mit einer kalten Unterströmung. Verrücktes Wetter, dachte er, es ändert sich von Minute zu Minute. »Der Fluß sieht heute seltsam aus«, sagte er, als er auf die Themse hinabschaute, die heute so ruhig wie sonst nie war.

»Das liegt an den Schiffen«, sagte der Fahrer. »Es gibt keinen Flußverkehr, der das Wasser aufwühlt.«

»Genau«, sagte Dave. »Das muß es sein.«

Als sie auf der Brückenmitte angelangt waren, kam Lloyd Smith’ Road Rover aus der entgegengesetzten Richtung auf sie zu. Die beiden Fahrzeuge trafen sich auf halbem Weg. Lloyd stieg aus, flankiert von vier stämmigen Polizisten.

Dave kletterte ebenfalls aus dem Wagen und ging zu ihm. »Was ist los?« fragte er.

»Der Plan hat sich geändert«, sagte Lloyd gutgelaunt.

»Sie hätten sich mit mir beraten sollen.« Dave war frustriert und gekränkt. »Und wie sieht der neue Plan aus?«

Lloyd legte den Arm um Daves Schulter und führte ihn zum Brückenrand.

»Wir werden Sie zu dem Lastkahn in der Mitte des Flusses bringen. Wissen Sie, unser erster Plan, Manovitch in einem Verbrennungsofen einzuäschern, würde nicht funktionieren. Er ist sehr gefahrvoll und zu kompliziert; zu riskant. Der neue Plan ist um einiges sicherer.«

»Schießen Sie los.«

»Nun, wie ich bereits sagte, man bringt Sie an Bord eines Lastkahns. Und wenn Manovitch versucht, zu Ihnen zu gelangen, werden wir ihn mit einem Netz einfangen.«

»Mit einem Netz?«

»Ja, ein Hubschrauber steht in Bereitschaft – nun, eigentlich zwei. Wenn es soweit ist, werden wir herabstoßen und ihn schnappen. Danach können wir mit ihm tun, was immer wir wollen. Wir errichten einen Scheiterhaufen und lassen ihn hineinfallen. Oder wir übergeben ihn dem Erzengel. Egal. Diesmal wird er uns nicht entgehen.«

Dave war nicht sicher, ob der neue Plan funktionieren würde. Er klang genauso kompliziert wie der Versuch, Manovitch in einen der Verbrennungsöfen zu locken.

»Und was geschieht, wenn er das Netz zerreißt?«

»Das ist unmöglich«, sagte Lloyd. »Es besteht aus Stahl und besitzt eine extrem hohe Zugfestigkeit. Er kann es nicht zerreißen.«

Dave schüttelte langsam den Kopf und starrte auf die Themse hinab, auf der gerade ein Lastkahn zur Flußmitte geschleppt wurde, vermutlich, um dort vor Anker zu gehen. »So etwas habe ich in Variationen bereits ein dutzendmal gehört. Und jedesmal hat es sich als falsch erwiesen. Was geschieht, wenn ich mich weigere und am Originalplan festhalte?«

»Tut mir leid. Ihnen bleibt keine andere Wahl«, sagte Lloyd. »Sie sind unser Köder, und ich bin bereit, nötigenfalls Gewalt anzuwenden. Aber ich hoffe, es ist nicht nötig. Es wäre mir lieber, Sie würden freiwillig mitmachen.«

Dave betrachtete die vier Polizisten und kam zu dem Schluß, daß er zwei von ihnen ausschalten könnte, bevor die beiden übrigen ihn überwältigten.

»Okay«, sagte er. »Sie haben mich.«

»Sehr klug, Dave. Ich bin froh über Ihre Bereitschaft, zu kooperieren. Bei diesem Plan kann kaum etwas schiefgehen.«

»Auch das habe ich schon einmal gehört.«

Dave und Lloyd stiegen in Lloyds Wagen. Man brachte Dave zu einer Anlegestelle und von dort zum Lastkahn, der jetzt in der Flußmitte verankert war.

»Haben Sie Ihren Revolver dabei?« fragte Lloyd.

»Ja. Aber ich möchte von Ihnen die Versicherung, daß ich ihn nicht brauchen werde.«

»Keine Angst. Sie werden ihn nicht brauchen. Wir schnappen ihn uns, bevor er Sie erreicht hat. Sehen Sie das Stroh dort?«

Dave bemerkte, daß ein großer Bereich in der Mitte des Kahns mit Stroh bedeckt war. Es wirkte ganz natürlich, mit den Sackleinenstücken und dem lose herumliegenden Seil; so, als hätte man auf dem Kahn Vieh transportiert. Dave kniff nachdenklich die Augen zusammen. »Gut.«

»Sie müssen Manovitch dorthin locken, ohne den Bereich zu betreten. Unter dem Stroh sind Fußangeln versteckt.«

»Okay.«

»Es sollte keine große Mühe machen«, sagte Lloyd.

»Weshalb klingt das in meinen Ohren so wenig überzeugend?« fragte Dave.

Lloyd zuckte die Achseln. »Viel Glück.«

»Ja.«

Das Polizeiboot gab ein kehliges Röhren von sich, dann fuhr es davon. Dave blieb zurück; eine einsame Gestalt, die auf ihren Widersacher wartete. Wirbelndes Grau umgab ihn. In den am Themseufer gelegenen Gebäuden richteten Pressefotografen ihre Kameras auf ihn, waren Zoomlinsen bereit, den letzten Kampf einzufangen. Im Osten brannte das stete Licht, dessen Urheber ebenfalls wartete. Zu seinen Füßen lag ein Mann, der bereit war, aufzuerstehen.

Auf der Albert Bridge ein wenig weiter flußabwärts stand eine weitere einsame Gestalt: Rajeb Patel. Auch er wartete. Rachegedanken erfüllten sein Herz.

KAPITEL VIERUNDDREISSIG

An diesem Morgen waren schwere Schauer über der Stadt niedergegangen und hatten die Kakerlaken in die Gullys geschwemmt, was Manovitch schade fand. Die Tiere hatten die Menschen in Trab gehalten und von den Gedanken an Teufelsverfolgungen abgelenkt. Jetzt waren die schwarzbraunen Käfer wieder dort, wo sie hingehörten, in den Kloaken.

Manovitch wußte, daß man ihn zum Fluß trieb. Er hätte sich jederzeit umwenden und seinen Treibern stellen können, die versuchten, ihn wie einen Leoparden ins offene Gelände zu scheuchen. Aber sein Instinkt riet ihm zu gehen, wohin sie ihn trieben, denn er wußte, daß Peters dort auf ihn wartete. Er würde seinen Körper in Stücke reißen.

Der bedauernswerte Überrest des ursprünglichen Stan Gates führte Manovitch über die Dachfirste in Richtung Battersea-Krematorium. Dabei stellte Manovitch fest, daß die Straßen unter ihm menschenleer waren. Ab und zu entdeckte er einen Mann oder eine Frau, die ihn aus einer ihrer Meinung nach sicheren Entfernung beobachteten. Über ihm brummte ein Hubschrauber, vermutlich ebenfalls zu seiner Beobachtung. Hin und wieder fuhr ein Wagen durch die Gegend.

Manovitch lächelte angesichts dieser albernen Possen. Er wußte, daß er jederzeit Gates’ Körper töten und der Erde entfliehen konnte. Dazu brauchte er sich nur von einem Dach zu stürzen. Offensichtlich hofften sie, ihn verbrennen zu können. Aber zuerst einmal mußten sie ihn fangen. Klar, sie könnten versuchen, ihn zu vernichten, seine Seele mit ihren Feuerwaffen in Gates’ Körper einzusperren. Aber Manovitch war nicht sicher, ob die Spezialwaffen seinen Geist vernichten konnten.