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Dave ließ sich nicht dazu provozieren, es ihm mit gleicher Münze heimzuzahlen. Er würde diesem Teufel nicht den Gefallen tun, ihn wissen zu lassen, daß er nicht an die Möglichkeit gedacht hatte, selbst in Besitz genommen zu werden. Er hatte nur daran gedacht, daß Manovitch ihn töten wollte, und sich vorgestellt, wie er ihn folterte, und dann: Auf Wiedersehen, Welt. Aber wenn der Körper, in dem sich Manovitch augenblicklich aufhielt, starb, wäre dieser von seinen spirituellen Verwicklungen befreit und vielleicht in der Lage, von einem Körper zum anderen zu springen.

Ein gespenstischer, erschreckender Gedanke. Manovitch konnte seinen Körper in Besitz nehmen und wie eine Marionette benutzen.

Plötzlich roch es sehr stark nach Benzin. Die Dunkelheit um ihn herum war von geschäftiger Aktivität erfüllt.

Manovitch hatte das Stroh erreicht. Er schaute nicht nach unten. Wahrscheinlich erwartete er keinen Angriff von dort, sondern von oben oder von den Seiten.

Plötzlich erklang ein lautes Klack, gefolgt von dem dumpferen Geräusch von Metallkiefern, die sich in Fleisch und Knochen bohrten.

Manovitch stöhnte auf, als er den Schmerz spürte, der durch Gates’ Körper schoß. Er war auf eine stählerne Menschenfalle getreten, deren Zähne sich in sein rechtes Bein gegraben hatten. Die Wadenmuskeln waren gerissen, der Knochen gebrochen. Manovitch griff nach unten und stemmte die Falle auf. Blut spritzte aus der aufgerissenen Arterie über das Stroh.

»Es ist noch nicht vorbei, Peters.« Manovitch fuhr mit den Händen über die Wade. Der Knochen wuchs wieder zusammen, die Wunde schloß sich.

Das Hubschraubergeräusch kam näher; seine Scheinwerfer warfen einen gelben Schein.

»Nichts wird mich jetzt noch aufhalten!« schrie Manovitch. »Nichts!« Er war nur noch ungefähr drei Meter von Peters entfernt und entschlossen, sich auf ihn zu stürzen.

Der Hubschrauber war jetzt über ihm und stürzte plötzlich aus der Dunkelheit auf ihn zu. An seiner Unterseite hing ein flexibler Rahmen mit einem großen Schleppnetz. Dave versuchte beiseite zu springen, aber er wurde von den Füßen gefegt und fiel ins Netz. Dann stieg der Hubschrauber wieder in die Höhe.

»Nicht mich!« schrie Dave. »Ich bin der falsche!«

Manovitch griff nach dem Netz und versuchte den Rahmen zu packen, begierig, seine Beute nicht davonfliegen zu lassen. Eine zweite Menschenfalle schloß sich um das andere Bein. Er erwischte das Schleppnetz, klammerte sich an den Rahmen und wurde ein kurzes Stück hochgezogen, bis sich die Ankerkette der Falle spannte.

Manovitch fiel krachend auf den Lastkahn zurück, wo sich eine dritte Menschenfalle wie das Maul eines entschlossenen Metallhaies um seinen linken Arm schloß.

Unter dem Hubschrauber hing Dave zusammengekrümmt wie ein Fisch in den Maschen des geschlossenen Netzes, das im von den Rotoren erzeugten Wind leicht hin und her schaukelte, während der Hubschrauber vom Lastkahn abdrehte. Dave sah, wie eine brennende Fackel gleich einem Funken von der Albert Bridge in die Themse fiel.

Binnen Sekunden stand die Themse unterhalb der Brücke in Flammen. Eine drei bis vier Meter hohe Flammenwand bahnte sich ihren Weg von der Albert Bridge zur Chelsea Bridge. Sie schien auf ihrem Weg Kräfte zu sammeln und folgte brüllend dem Flußlauf.

In den wenigen Sekunden, während derer das Inferno in einer Flammenflut durch seinen natürlichen Kanal stürzte, gelang es Manovitch erneut, die Fußangel aufzustemmen. Als er seine Hand zurückzog, verlor er zwei Finger.

Gerade als der Hubschrauber das Ufer erreichte, schoß die Flammenwand brüllend an Dave vorbei und versengte seine Haare und Augenbrauen.

Im Schein des Feuers sah Dave, wie Manovitch unbeholfen aufstand und unsicher auf seinen verletzten Beinen stehen blieb. Der Teufel schrie vor unbändiger Wut, als ihn der Feuersturm einschloß. Er schien das Feuer einzuatmen. Seine Schreie vermischten sich mit den brüllenden Flammen, die ihn verschlangen. Er brannte minutenlang mit einer gasiggrünen, hellen Flamme. Dann fiel seine vom Feuer verkohlte Gestalt auf das Deck des Lastkahns, der lichterloh brannte.

Aber er stand wieder auf, so als weigere er sich, von den Flammen verzehrt zu werden.

Die Feuerwand setzte ihren Weg fort, raste unter weiteren Brücken hindurch, bevor sie schließlich in der Nähe der Tower Bridge erlosch, weil ihr das Benzin ausgegangen war, das in den Fluß gepumpt worden war.

Als die Seile verbrannten, entfernte sich der brennende Lastkahn von seinem. Liegeplatz und trieb langsam die dunkle Themse hinab, wobei er ein unheimliches Licht übers Wasser warf.

Die feurige Gestalt Stan Gates’ stand mit Manovitchs gefangener Seele immer noch brennend an Deck: eine Seele, die sichtbar zutage trat, in Form zischender Flammen, die ihm aus Mund, Nase, Augenhöhlen und zwischen den Rippen hindurch drangen.

Endlich hatten die Flammen Manovitch verzehrt.

Der verkohlte Leichnam des Widersachers stürzte ins Flammenmeer und versank.

Als der brennende Kahn die Tower Bridge erreicht hatte, schwand die Dunkelheit.

Dave kletterte aus dem schützenden Netz und dankte der Hubschrauberbesatzung. Auch Rajeb Patel schüttelte ihm die Hand.

»Gut gemacht«, sagte er.

»Hatten Sie etwas damit zu tun?« fragte Dave.

»Ja. Ich habe die Fackel ins Wasser geworfen«, antwortete Rajeb. »Heiliges Feuer, von den Kerzen einer nahe gelegenen Kirche geborgt.«

»Ah.« Dave lächelte. »Also so ist es abgelaufen.«

»Es ging um Sekunden«, sagte Rajeb. »Wir konnten das Benzin erst in den Fluß pumpen, nachdem Manovitch den Kahn erreicht hatte, sonst hätte er etwas geahnt.«

Lloyd Smith erschien als nächster auf der Bildfläche, und wieder wurde Daves Hand energisch geschüttelt. »Gut gemacht, Mann, gut gemacht. Wir haben ihn erwischt. Wir haben den stinkenden Bastard erwischt. Der Erzengel ist zwar noch nicht abgereist, aber ich bin sicher, daß er die Erde bald verlassen wird.«

Dave lächelte. »Sie werden Erzbischof sein, bevor Sie es wissen.«

»Pah«, sagte Lloyd nicht sehr überzeugend. »Von mir aus können die ihren Erzbischof behalten.«

KAPITEL SECHSUNDDREISSIG

Während die Gruppe beieinander stand und man sich gegenseitig gratulierte, kletterte eine Gestalt ungesehen über die Kaimauer und stolperte auf sie zu, schlüpfrig vor Öl, Wasser und Asche. Eine häßliche Erscheinung: ein schwärzlicher Körper, bis zur Unkenntlichkeit verkohlt. Sie hatte Höhlen, wo ihre Augen gewesen waren, ein Loch anstelle der Nase, verbrannte Lippen, eine scheußliche Grimasse als Mund. Sie wirkte wie eine Bestie aus Vulkangestein, einem dunklen Lavagrab entstiegen. Die Umrisse eine groteske Kopie einer menschlichen Form.

Die Gestalt bewegte sich instinktiv auf ihre Opfer zu. Reine Rachegelüste mußten sie motivieren, mit Energie versorgen: ein glühender, intensiver Haß, der seine eigene Kraft besaß. In dieser Kreatur gab es kein atmendes Leben mehr – nichts dergleichen hätte das Inferno auf der Themse überleben können –, aber einen Haß, so heiß, daß der Körper nicht fallen, nicht zu Boden gehen wollte, zur Erde, wo er hingehörte.

Seine Beute war Dave Peters. Die schwarzen Finger, verkrusteten Klauen ähnlich, waren bereits vor Erwartung gekrümmt, die Hände dem Polizisten aus San Francisco entgegengestreckt, bereit, seinen Hals zu umklammern.

»Vorsicht!« schrie Rajeb Patel, der die Kreatur als erster erblickte.

Alle drehten sich um und starrten erschreckt auf die Gestalt.