Выбрать главу

»So ging es uns allen, Malygos.«

»Aber er lebt! ER LEBT!«

Der jähe Wutausbruch des Drachen ließ die Höhle erzittern. Eisspeere fuhren in den verschneiten Boden und erzeugten weitere Beben, die Krasus ins Stolpern brachten.

»Ja, er lebt, Malygos, er lebt trotz Eurer großen Opfer.«

Der grotesk verformte Leviathan studierte ihn eingehend. »Ich verlor viel … zu viel. Doch Ihr, der Ihr Euch Krasus nennt und einst selbst die Gestalt eines Drachen hattet, Ihr habt ebenso alles verloren.«

Bilder seiner geliebten Königin huschten durch Krasus' Gedächtnis. Bilder aus den Tagen mit Alexstrasza … Er war ihr zweiter Gemahl gewesen – doch, was seine Loyalität und Liebe anging, so hatte er stets den ersten Rang bei ihr eingenommen.

Der Zauberer schüttelte den Kopf und verdrängte die schmerzhaften Erinnerungen. Die Sehnsucht, wieder durch die Lüfte zu streifen, musste unterdrückt bleiben. Bis sich die Dinge änderten, hatte er seine menschliche Gestalt zu wahren, musste er Krasus bleiben – nicht der rote Drache Korialstrasz.

»Ja … auch ich verlor viel«, erwiderte Krasus schließlich, als er sich wieder gefasst hatte. »Aber ich hoffe, etwas zurückzugewinnen … etwas für uns alle.«

»Wie?«

»Ich werde Alexstrasza befreien.«

Malygos verfiel in ein irrsinniges Gelächter. Er brüllte laut und lange, weit länger, als es schlichter Wahnsinn erklärt hätte. Er lachte voller Hohn über die Hoffnung und die Bestrebungen des Zauberers.

»Das wäre natürlich ein Triumph für Euch – vorausgesetzt Ihr könntet das Unmögliche bewerkstelligen! Doch was habe ich davon? Was bietet ihr mir, Winzling?«

»Ihr wisst, für welche Kraft sie steht? Dann wisst Ihr auch, was sie für Euch tun könnte.«

Das Lachen verstummte. Malygos zögerte, wollte eindeutig nicht daran glauben und tat es dennoch in seiner Verzweiflung. »Sie könnte nicht … oder könnte sie …?«

»Ich glaube, es wäre möglich. Ich bin von der Existenz dieser Möglichkeit jedenfalls soweit überzeugt, dass ich glaube, es wäre einen Versuch für Euch wert. Davon abgesehen, welche Zukunft erwartet Euch sonst?«

Die drachenhaften Züge wurden ausgeprägter, und Malygos wuchs zu atemberaubender Größe, bis er Krasus um das Fünf-, Zehn-, nein, Zwanzigfache überragte. Nahezu alle Spuren des grausigen Mischwesens, als das er Krasus zuvor erschienen war, verschwanden. Ein Drache thronte vor dem Besucher, ein Drache, wie er seit den Tagen, die noch vor dem ersten Auftauchen der Menschen lagen, nicht mehr gesehen worden war.

Mit der Rückkehr zu seiner Ursprungsgestalt schienen aber auch einige der Bedenken Malygos' zurückzukehren, denn er stellte die eine Frage, die Krasus sowohl befürchtet, als auch erwartet hatte: »Die Orks … Wie kann es sein, dass die Orks sie gefangen halten? Das habe ich mich immer wieder gefragt, gefragt, gefragt …«

»Ihr wisst, dass es nur einen einzigen Weg gibt, sie als Gefangene zu halten, mein Freund.«

Der Drache zog seinen silbern glänzenden Kopf zurück und fauchte. »Die Dämonenseele? Diese unwürdigen Kreaturen besitzen die Dämonenseele? Hast du mir deshalb diese jämmerliche Kopie gezeigt?«

»Ja, Malygos, sie haben die Dämonenseele, und obwohl ich nicht annehme, dass sie sich völlig bewusst sind, was sich in ihrem Besitz befindet, so wissen sie doch genug, um Alexstrasza damit im Zaum zu halten … doch das ist nicht einmal das Schlimmste.«

»Nicht das Schlimmste?«

Krasus wusste, dass er den alten Leviathan fast so weit zur Vernunft gebracht hatte, dass dieser bereit war, bei der Rettung der Drachenkönigin Hilfe zu leisten. Doch was er Malygos als nächstes zu erzählen hatte, mochte all diese Fortschritte wieder zunichte machen. Aber es führte kein Weg daran vorbei: Der Drache, der sich als einer der Zauberer der Kirin Tor getarnt hatte, musste – nicht zuletzt um seiner geliebten Königin willen – seinem potentiellen Verbündeten die Wahrheit sagen. »Ich glaube, dass Deathwing mittlerweile weiß, was ich vorhabe … und er wird sich durch nichts aufhalten lassen, bis beide, die verfluchte Scheibe und Alexstrasza, sein sind.«

10

Zum zweiten Mal in den letzten paar Tagen erwachte Rhonin unter Bäumen. Diesmal jedoch begrüßte ihn, sehr zu seiner Enttäuschung, nicht Vereesa. Stattdessen erwachte er unter einem dämmernden Abendhimmel und in völliger Stille. Keine Vögel waren im Geäst zu hören, keine Tiere bewegten sich durch das Dickicht.

Eine düstere Vorahnung überkam den Zauberer. Vorsichtig hob er den Kopf und blickte sich um. Rhonin sah nicht viel mehr als Bäume und Buschwerk. Auf jeden Fall keinen Drachen, insbesondere keinen von der Größe und Heimtücke eines …

»Ah, du bist endlich erwacht …«

Deathwing?

Rhonin schaute nach links – eine Richtung, die er eigentlich bereits überprüft hatte – und beobachtete voller Unbehagen, wie sich ein Teil der länger werdenden Schatten um ihn herum bewegte und zu einer verhüllten Gestalt zusammenfügte, zu jemandem, den er kannte.

»Krasus?«, murmelte er, doch einen Moment später war ihm klar, dass dies nicht sein gesichtsloser Gönner sein konnte. Was sich vor ihm bewegte, trug die Schatten mit Stolz, lebte als Teil von ihnen.

Nein, sein erster Eindruck hatte ihn nicht getäuscht. Deathwing. Der Umriss mochte menschlich aussehen, aber dahinter konnte, sofern es Drachen möglich war andere Gestalt anzunehmen, nur das schwarze Ungeheuer höchstpersönlich stecken.

Ein Gesicht erschien unter der Kapuze – ein gutaussehender Mann mit dunklen, falkenhaften Zügen. Das Gesicht eines Edlen … zumindest vordergründig. »Geht es dir gut?«

»Dank Euch.«

Die Winkel des schmalen Munds zogen sich in der Andeutung eines Lächelns leicht nach oben. »Du weiß also, wer ich bin, Mensch?«

»Ihr seid … Ihr seid Deathwing, der Zerstörer.«

Die Schatten um die Gestalt herum gerieten in Bewegung, verblassten ein wenig. Das Gesicht, das beinahe als das eines Menschen, beinahe als das eines Elfen durchgegangen wäre, gewann an Kontur. Die Mundwinkel zogen sich etwas weiter in die Höhe. »Einer meiner zahllosen Titel, Magier, und so passend oder unpassend wie jeder andere.« Er legte den Kopf schief. »Ich wusste, dass du eine gute Wahl bist. Du scheinst nicht einmal überrascht, dass ich dir auf diese Weise erscheine.«

»Eure Stimme ist die selbe. Ich könnte sie nie vergessen.«

»Dann bist du scharfsinniger als die meisten, mein sterblicher Freund. Es gibt einige, die würden mich selbst dann nicht erkennen, wenn ich mich vor ihren Augen verwandelte.« Die Gestalt feixte. »Wenn du einen Beweis wünschst, könnte ich ihn jetzt erbringen …«

»Habt Dank – aber, nein.« Die letzten Reste des Tages begannen hinter Rhonins unheilvollem Retter zu verblassen. Er fragte sich, wie lange er ohne Bewusstsein gewesen war – und wohin ihn Deathwing gebracht hatte. Am meisten jedoch beschäftigte ihn die Frage, wieso er noch am Leben war.

»Was wollt Ihr von mir?«

»Ich will nichts von dir, Zauberer Rhonin. Vielmehr wünsche ich, dir bei deiner Aufgabe zu helfen.«

»Meiner Aufgabe?« Niemand außer Krasus und dem Inneren Rat wusste von seiner Mission, und Rhonin hatte sich bereits zu fragen begonnen, ob überhaupt alle Mitglieder der Kirin Tor eingeweiht waren. Zaubermeister konnten sehr geheimnisvoll sein und ihre eigenen geheimen Pläne über alles andere stellen. Ganz gewiss aber hätte das Wesen in seiner momentanen Gesellschaft nichts darüber wissen dürfen.

»Oh ja, Rhonin, deine Aufgabe.« Deathwings Lächeln wuchs plötzlich in eine Breite, die nichts Menschliches mehr an sich hatte, und die Zähne, die dieses Lächeln enthüllte, waren scharf und spitz. »Die große Drachenkönigin zu befreien, die wunderbare Alexstrasza!«

Unsicher, wie der Leviathan vom Inhalt seines Auftrags hatte erfahren können, aber nicht im geringsten zweifelnd, dass Deathwing der Letzte war, der ihn kennen sollte, handelte Rhonin instinktiv. Deathwing verachtete alles Leben, und das schloss auch Drachen ein, die nicht von seiner eigenen Art waren. Es gab keine Geschichte aus vergangenen Tagen, die Sympathien zwischen dem riesigen Untier und der roten Königin auch nur angedeutet hätte.