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Er würde springen müssen. Unter diesen Bedingungen wäre ein Zauber zu riskant gewesen. Rhonin musste sich auf seine körperliche Geschicklichkeit verlassen – was ihm nicht wirklich gefiel.

Das Luftschiff drehte sich ohne Vorwarnung, und er schlug hart gegen die Felswand. Rhonin keuchte und konnte sich kaum noch festhalten. Er musste die Leiter verlassen, bevor ein weiterer Aufprall dafür sorgte, dass er das Bewusstsein verlor und als Folge in die Tiefe stürzte.

Der Zauberer berechnete den Abstand zum Vorsprung. Die Leiter schwang gefährlich hin und her. Rhonin wartete, bis die Leiter das nächste Mal in Richtung der Höhle schwang – und sprang.

Mit einem schmerzerfüllten Keuchen prallte er auf den Boden. Seine Füße verloren den Halt. Auf den Knien kroch der Zauberer vorwärts und schaffte es endlich, sich stöhnend hochzuziehen. Als er wieder atmen konnte, drehte er sich auf den Rücken.

Voyd und Nullyn hatten anscheinend gerade erst gemerkt, dass sie ihren unerwünschten Passagier endlich los waren. Das Luftschiff zog langsam ab, die Strickleiter baumelte immer noch herab.

Plötzlich schoss Rhonins Hand nach oben. Der Zeigefinger wies auf das Vehikel.

Er öffnete seinen Mund, um zu schreien, weil er wusste, was geschehen würde. »Neiiin!«

Die gleichen Worte, die er zum Entzünden seiner Flamme benutzt hatte, brachen erneut aus seinem Mund hervor, aber dieses Mal war es nicht der Zauberer, der sie sprach.

Ein Strom puren Feuers, größer als alles, was der junge Zauberer je beschworen hatte, schoss hervor – direkt auf das Schiff und die ahnungslosen Goblins zu.

Die Flammen umschlossen das Schiff. Rhonin hörte Schreie.

Das Luftschiff explodierte, als das Feuer den Öltank erreichte.

Als ein paar verkohlte Überreste aus dem Himmel fielen, sank auch endlich Rhonins Arm herab.

Tief Atem holend, presste Rhonin hervor: »Das … hättest du nicht tun dürfen!«

Der Wind wird die Geräusche der Explosion übertünchen, antwortete eine kalte Stimme. Und die Wrackteile fallen in ein tiefes, selten benutztes Tal. Außerdem sind die Orks daran gewöhnt, dass sich Goblins während ihrer Experimente selbst in die Luft jagen. Du brauchst nicht zu fürchten, entdeckt zu werden … mein Freund.

Rhonin war die eigene Sicherheit augenblicklich völlig egal, ihm ging es um das Leben der beiden Goblins, das Deathwing ausgelöscht hatte.

Den Tod im Kampf zu finden, war eine Sache, Bestrafungen, wie der Drache sie gerade durchgeführt hatte, eine völlig andere.

Du tätest besser daran, dich tiefer in die Höhle zu begeben, fuhr der Drache fort. Die hier draußen tobenden Elemente bekommen dir nicht.

Rhonin war keineswegs besänftigt, dennoch gehorchte er. Er hatte kein Verlangen danach, von dem immer mehr auffrischenden Wind über die Kante geweht zu werden. Und letztlich hatte der Drache ihn an sein Ziel gebracht, das er – dessen konnte er sicher sein – aus eigener Kraft kaum erreicht hätte. Tief im Inneren hatte der junge Magier die ganze Zeit über geglaubt, sterben zu müssen. Nun hatte er vielleicht doch noch eine Chance …

In diesem Moment ertönte ein gewaltiges Brüllen, das Rhonin sofort einem jungen, kräftigen Drachen zuordnete.

Drachen und Orks. Beides erwartete ihn in der Tiefe des Berges – ihn, einen einzelnen Magier.

Das rief Rhonin auch ins Bewusstsein zurück, dass er immer noch sterben konnte, genau wie er es die ganze Zeit befürchtet hatte …

Dieser Mensch war stark. Stärker als erwartet.

Einmal mehr in die Maske von Lord Prestor gehüllt, dachte Deathwing über die Spielfigur nach, die er auf das Brett gestellt hatte. Sich des Zauberers zu bemächtigen, den die Kirin Tor auf diese eigentlich absurde Mission geschickt hatten, schien das einfachste der Welt gewesen zu sein. Er würde ihre Narretei in einen Triumph verwandeln – aber es würde sein Triumph sein. Rhonin würde das für ihn bewerkstelligen, aber nicht auf die Weise, die der Sterbliche erwartete …

Doch der Zauberer brachte mehr Widerstandskraft auf, als Deathwing es für möglich gehalten hätte. Dieser Mensch hier besaß einen starken Willen. Es war gut, dass er im Zuge der Ereignisse umkommen würde; ein zu starker Wille brachte starke Zauberer hervor – wie Medivh. Nur einen Namen unter den Menschen hatte der schwarze Leviathan je respektiert, und das war der von Medivh. Er war verrückt gewesen wie ein Goblin – und genauso unberechenbar. Darüber hinaus hatte er eine unglaubliche Kraft besessen. Nicht einmal Deathwing hätte sich freiwillig mit ihm gemessen.

Aber Medivh war tot – und der ebenholzfarbene Leviathan nahm an, dass dies die Wahrheit war, trotz anders lautender Gerüchte, die kürzlich aufgetaucht waren. Kein anderer Zauberer konnte sich an Stärke mit dem Verrückten messen – und keiner würde es je schaffen, sich zu vergleichbarer Stärke zu entwickeln, wenn es nach Deathwing ging.

Doch wenn Rhonin ihm schon nicht blindlings gehorchte – wie die Könige des Bündnisses es taten –, dann folgte er Deathwings Weisungen dennoch, weil er wusste, dass der Drache ihn auf Schritt und Tritt beobachtete. Er hatte an den beiden bedeutungslosen Goblins ein Exempel statuiert. Vielleicht hatten sie ihren Passagier nur erschrecken wollen, aber Deathwing erlaubte keine Abweichungen von seinen Befehlen. Er hatte Kryll ausdrücklich angewiesen, dass er ein Paar aussuchen sollte, das seinen Auftrag ohne Unfug ausführte. Sobald der oberste Goblin die Angelegenheit, mit der er persönlich betraut worden war, erledigt hatte, würde Deathwing mit ihm über seine Wahl sprechen müssen, und dann würde der schwarze Drachen nicht sehr wohlwollend mit seinem Diener verfahren …

»Du selbst versagst besser nicht, kleine Kröte«, fauchte er. »Oder deine Brüder auf dem Luftschiff können sich glücklich für das schätzen, was ihnen widerfuhr – verglichen mit dem, was dich erwartet!«

Dann ließ er jeden Gedanken an den Goblin fallen. Lord Prestor hatte eine wichtige Verabredung mit König Terenas; es ging um Prinzessin Calia.

Deathwing war in die prächtigste Robe gekleidet, die sich ein Adliger in diesem Land nur leisten konnte und bewunderte sich in einem der hohen Spiegel seines Schlosses. Ja, hier stand ein zukünftiger König. Besäßen Menschen auch nur einen Bruchteil der Würde und Kraft, die ihm eigen war, hätte der Drache vielleicht sogar daran gedacht sie zu schonen. Wie auch immer, was hier seinen Blick erwiderte, versinnbildlichte für Deathwing eine Perfektion, die Menschen niemals erreichen würden. Er tat ihnen einen Gefallen, wenn er ihr elendes Dasein beendete.

»Sssehr bald«, flüsterte er sich ein eigenes Versprechen zu, »sssehr bald.«

Seine Kutsche brachte ihn bis an den Palast heran, wo die Wachen salutierten und ihm Einlass gewährten. Ein Diener wartete in der Eingangshalle auf Deathwing und entschuldigte sich dafür, dass der König nicht persönlich anwesend war, um ihn zu begrüßen. In seiner Rolle als junger Adliger, der nur den Frieden für alle anstrebte, gab der Drache vor, davon unbekümmert zu sein und ließ sich lächelnd zum Gemach geleiten, in dem ihn Terenas auf ihn zu warten bat. Er war nicht überrascht, dass der König es nicht geschafft hatte, pünktlich vorstellig zu werden, immerhin musste er seiner jungen Tochter erklären, welche Zukunft er für sie vorgesehen hatte.

Nun, da aller Widerstand gegen seine Krönung aus dem Weg geräumt und die Thronbesteigung nur noch ein paar Tage entfernt war, glaubte Deathwing, dass dies ein krönender Abschluss für seine Pläne sein würde. Wie anders hätte er seine Macht noch weiter ausbauen können, als durch die Heirat mit der Tochter eines der mächtigsten Könige im Reich, wobei nicht jeder dieser Könige eine heiratsfähige Tochter sein eigen nannte …