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Sie starrte ihn ebenfalls an. In ihren Reptilienaugen lag so etwas wie Angst – allerdings nicht um sich selbst.

»Nein!«, krächzte sie, so gut es die Klammern um ihre Kehle zuließen. »Trete zurück!«

Im gleichen Moment sagte Deathwing in triumphierendem Tonfalclass="underline" Perfekt!

Ein Lichtblitz umgab den Zauberer. Jede Faser seines Körpers zuckte, als eine monströse Macht durch ihn hindurch fuhr. Das Medaillon entfiel seinen plötzlich kraftlosen Fingern.

Als er zusammenbrach, hörte er wie Deathwing das Wort wiederholte und zu lachen begann.

Perfekt …

15

Vereesa schnappte nach Luft und stellte zu ihrer Verblüffung fest, dass dies überhaupt möglich war. Der Albtraum, lebendig begraben zu werden, verblich mit jedem gierigen Atemzug mehr. Nach und nach wurde sie ruhiger, und endlich öffnete sie ihre Augen – nur um festzustellen, dass sie einen Albtraum gegen den anderen eingetauscht hatte.

Drei Gestalten kauerten um ein winziges Feuer in der Mitte einer kleinen Höhle. Im Licht der Flammen sahen die grotesken Figuren noch fürchterlicher aus als ohnehin schon. Vereesa sah ihre Rippen durchscheinen; geflecktes, schuppiges Fleisch hing lose herab. Ihre Gesichter glichen Totenköpfen mit länglichem Kinn und schnabelartiger Nase. Am deutlichsten sah die Waldläuferin eng zusammenstehende, heimtückische Augen und scharfe Zähne.

Jeder der Drei trugen wenig mehr als einen lumpigen Lendenschurz. Neben ihnen ruhten ihre Wurfäxte, deren ausgezeichnete Treffsicherheit Vereesa ja hinlänglich kannte.

Obwohl sie versuchte, sehr still zu sein, musste doch irgendein Geräusch an die langen, spitzen Ohren gedrungen sein, denn einer ihrer Wärter blickte sofort in ihre Richtung. Eine Binde verdeckte die Reste seines linken Auges.

»Abendessen ist wach!«, zischte er.

»Eher Nachtisch«, erwiderte einer, der im Gegensatz zu den beiden anderen eine Vollglatze hatte, während ihre rasierten Schädel oben noch lange, struppige Stachelmähnen aufwiesen.

»Ganz klar Nachtisch«, grinste der Dritte, der einen zerschlissenen Schal trug, der einmal einem Angehörigen von Vereesas Rasse gehört haben musste. Er wirkte schlaksiger als die beiden anderen, und sprach, als ob er keinen Widerspruch duldete. Offenbar der Anführer.

Der Anführer eines sehr ausgehungert wirkenden Troll-Trios.

»Schlechte Ernte in letzter Zeit«, fuhr der Schalträger fort. »Aber nun Zeit für ein Fest, ja.«

Zu ihrer Rechten hörte Vereesa plötzlich etwas, das ein ganzer Schwall von Worten hätte sein können, wäre da nicht der Knebel gewesen, der ihn erstickte. Sie drehte den Kopf, soweit ihre sorgfältig geschnürten Fesseln dies erlaubten, und sah, dass auch Falstad noch am Leben war – wie lange noch, wusste sie nicht. Auch vor den Troll-Kriegen hatte sich schon hartnäckig das Gerücht gehalten, dass diese ekelerregenden Kreaturen alle Lebewesen außer der eigenen Gattung als Nahrung betrachteten. Selbst die Orks, mit denen sie verbündet waren, hielten stets ein wachsames Auge auf diese flinken, verschlagenen Teufel.

Glücklicherweise gab es seit den Troll-Kriegen und dem Kampf gegen die Horde kaum noch Angehörige ihrer verdorbenen Rasse. Vereesa hatte persönlich noch nie einen Troll gesehen, sie kannte sie nur von Bildern und aus Legenden. Es wäre ihr lieber gewesen, wenn das so geblieben wäre.

»Geduld, Geduld«, murmelte der Schalträger mit einer gespielt mitleidigen Stimme. »Du kommst zuerst dran, Zwerg! Du zuerst!«

»Können wir das nicht jetzt gleich tun, Gree?«, bettelte der einäugige Troll. »Warum nicht gleich?«

»Weil ich es sage, Shnel!« Unerwartet traf Grees harte Faust Shnel am Kinn, und er fiel um.

Der dritte Troll sprang auf die Füße und feuerte seine Kameraden an, weiterzumachen. Gree jedoch starrte ihn kalt an, bis er den glatzköpfigen Schädel zwischen die Schultern zog. Indes kroch Shnel zurück zu seinem Platz vor dem winzigen Feuer und erweckte einen überaus unterwürfigen Eindruck.

»Ich bin Führer!« Gree schlug eine knochige, krallenbewehrte Hand gegen seine Brust. »Ja, Shnel?«

»Ja, Gree! Ja!«

»Ja, Vorsh?«

Das haarlose Monster beugte den Kopf wieder und wieder. »Ja, oh ja, Gree! Du bist Führer! Du bist Führer!«

Wie auch bei Elfen, Zwergen und Menschen gab es bei den Trollen verschiedene Arten. Einige wenige verwendeten eine gehobene Sprache wie die Elfen – sogar wenn sie gerade dabei waren, jemandem den Kopf abzuschlagen. Andere waren eher wie Wilde, vor allem die, die sich in den Höhlen und unterirdischen Reichen aufhielten. Doch Vereesa bezweifelte, dass es irgendeine niedrigere Form von Trollen gab als die drei simplen Kreaturen, die Falstad und sie gefangen hatten – und das war noch das mildeste Urteil, das sie über sie fällte.

Das Trio vertiefte sich wieder in ein geflüstertes Gespräch am Feuer.

Vereesa spähte zu dem Zwerg, der ihren Blick erwiderte. Sie hob eine Augenbraue, doch zur Antwort schüttelte er den Kopf. Nein, trotz seiner erstaunlichen Kraft konnte er die engen Fesseln nicht sprengen. Auch sie schüttelte den Kopf. Wie barbarisch die Trolle auch sein mochten, im Knüpfen waren sie wahre Meister.

Vereesa versuchte, sich nicht davon einschüchtern zu lassen, und blickte sich weiter in ihrer Umgebung um – so viel sie davon im Dunkeln erblicken konnte. Sie schienen sich in der Mitte eines roh gehauenen Tunnels zu befinden, den die Trolle vermutlich selbst gegraben hatten. Vereesa sah die langen, krallenbestückten Finger vor sich, die vorzüglich dafür geeignet waren, sich durch Erde und Gestein zu wühlen. Diese Trolle hatten sich gut an ihren Lebensraum angepasst.

Obwohl die Elfe das Ergebnis schon kannte, versuchte sie, ein lose baumelndes Ende der Fessel zu finden. So vorsichtig sie konnte, drehte sie sich um und scheuerte sich die Handgelenke wund, doch alle Anstrengung half nichts.

Ein schreckliches Lachen verriet ihr, dass die Trolle wohl ihren Versuch bemerkt hatten.

»Nachtisch ist lebhaft«, bemerkte Gree. »Wird Spaß machen.«

»Wo sind die anderen?«, beschwerte sich Shnel. »Sollten schon hier sein!«

Der Anführer nickte und fügte hinzu: »Hulg weiß, was passiert, wenn er nicht gehorcht! Vielleicht ist er …« Plötzlich ergriff er seine Wurfaxt. »Zwerge!«

Die Axt flog kreiselnd durch den Tunnel, ganz dicht an Vereesas Kopf vorbei. Einen Moment später ertönte ein gutturaler Schrei. Aus dem Tunnel brachen kurze, stämmige Gestalten hervor, die Schlachtrufe schrien und kurze Äxte und Schwerter schwangen.

Gree zog eine andere Axt hervor, die wohl dem Nahkampf diente. Shnel und Vorsh, Letzterer kauernd, ließen Wurfäxte fliegen. Die Elfe sah, wie ein gedrungener Angreifer unter Shnels Waffe fiel, doch Vorshs Axt ging weit daneben. Dann folgten die Trolle dem Beispiel ihres Anführers und griffen zu stärkeren, größeren Äxten, während ihre Angreifer sie umzingelten.

Vereesa zählte mehr als ein halbes Dutzend Zwerge, jeder in abgewetzte Pelze und rostige Rüstungen gehüllt. Ihre Helme waren rund, passten genau und wiesen keinerlei Hörner oder sonstige unnötigen Zierrat auf. Wie Falstad trugen die meisten Bärte, wenn ihre auch kürzer und besser getrimmt wirkten. Die Zwerge handhabten ihre Äxte und Schwerter mit geübter Präzision. Die Trolle wurden immer mehr zusammengedrängt. Es war Shnel, der zuerst fiel, das einäugige Monster sah den Krieger nicht, der auf seiner blinden Seite auftauchte. Vorsh bellte eine Warnung, doch sie kam zu spät. Shnel führte einen wilden Hieb nach seinem neuen Gegner, verfehlte ihn jedoch. Der Zwerg trieb sein Schwert in die Eingeweide des schlaksigen Trolls.

Gree war der wildeste Kämpfer. Er landete einen guten Hieb, der einen Zwerg zurücktaumeln ließ, und schlug einem anderen fast den Kopf ab. Als seine Axt jedoch mit der längeren, stabilen Axt eines Gegners kollidierte, zerbrach sie. In seiner Verzweiflung ergriff er die Waffe des Zwerges oben am Griff und versuchte, sie der Hand des kleineren Kämpfers zu entwinden. Die scharf geschliffene Klinge einer anderen Axt traf den Anführer der Trolle in den Rücken.