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Prestor strahlte, vermutlich glaubte er, er würde bald sein winziges Reich zurückerhalten. Terenas würde dem Jungen seinen kleinen Traum lassen. Wenn der Herrscher über Lordaeron ihn als den neuen König von Alterac ausrief, würde Prestors Gesichtsausdruck noch viel erheiternder sein. Es geschah nicht jeden Tag, dass man zum König gekrönt wurde … es sei denn, natürlich, man erbte diese Position.

Terenas' Ehrengast grüßte ihn ehrerbietig und zog sich mit einer graziösen Verbeugung aus dem königlichen Gemach zurück. Der alte Mann runzelte die Stirn, nachdem Prestor gegangen war, es kam ihm vor, als ob weder die seidenen Vorhänge, die goldenen Lüster, noch der reinweiße Marmorfußboden das Gemach zu erhellen vermochten, nun, da der junge Adlige es verlassen hatte. Lord Prestor war ohne Zweifel aus einem anderen Holz geschnitzt als die verhassten Höflinge, die in Scharen zum Palast strömten. Hier war ein Mann, an den jeder glauben konnte, dem man in allen Dingen zu vertrauen und Respekt entgegenzubringen vermochte. Terenas wünschte, sein eigener Sohn wäre ein wenig mehr wie Prestor gewesen.

Der König rieb sein bärtiges Kinn. Ja, er war der perfekte Kandidat, um die Ehre seines Landes wiederherzustellen und gleichzeitig die Harmonie zwischen den Mitgliedern des Bündnisses wiederherzustellen. Neues, starkes Blut …

Terenas musste an Valia, seine Tochter, denken. Sie war noch ein Kind, würde aber sicherlich bald zur Schönheit erblühen. Vielleicht konnte eines Tages, wenn alles gut ging, die Freundschaft und das Bündnis zwischen ihm und Prestor durch eine Hochzeit gefestigt werden. Nun, er würde zu seinen Beratern gehen und ihnen seine königliche Meinung mitteilen. Terenas war sicher, dass sie ihm zustimmen würden. Er hatte noch niemanden getroffen, der den jungen Adligen nicht mochte.

König Prestor von Alterac. Terenas versuchte, sich das Gesicht seines Freundes vorzustellen, wenn dieser das wahre Ausmaß seiner Belohnung erfuhr …

»Ihr habt den Schatten eines Lächelns auf dem Gesicht – ist jemand eines schrecklichen, grausamen, blutrünstigen Todes gestorben, Euer Giftigkeit?«

»Spar dir deine Witze, Kryll«, entgegnete Lord Prestor, als er die große eiserne Tür hinter sich schloss. Über ihm, in der Villa, die sein Gastgeber ihm zur Verfügung gestellt hatte, standen von Prestor eigens ausgesuchte Diener Wache, um sicher zu stellen, dass keine ungebetenen Besucher auftauchten. Ihr Herr hatte zu tun, und wenn auch niemand der Diener genau wusste, was in den unterirdischen Räumen vor sich ging, wussten sie doch, dass sie ihr Leben verwirkt hätten, würde er gestört werden.

Prestor erwartete keine Störungen und wusste, dass die Lakaien ihm bis in den Tod gehorchen würden. Der Zauber, der auf ihnen lag, eine Variante des Zaubers, der den König und seinen Hof dazu gebracht hatte, den gut aussehenden Flüchtling so sehr zu bewundern, erlaubte kein eigenständiges Denken. Er hatte ihm im Laufe der Zeit den letzten Schliff verliehen.

»Meine demütigste Entschuldigung, oh Prinz der Doppelzüngigkeit!«, krächzte die kleine drahtige Gestalt vor ihm. Der Ton in seiner Stimme klang irgendwie unmenschlich, voller Bosheit und Irrsinn. Kein Wunder, denn Prestors Gefährte war ein Goblin.

Sein Kopf reichte gerade bis an die Gürtelschnalle des Adligen, doch das kleine smaragdgrüne Geschöpf war alles andere als schwach oder dumm. Das verrückte Grinsen entblößte extrem scharfe, lange Zähne und eine blutrote, fast gegabelte Zunge. Seine schmalen, gelben Augen ohne sichtbare Pupillen funkelten vor Fröhlichkeit, aber es war eher die Art von Fröhlichkeit, die aufkam, wenn man Fliegen die Flügel oder Vierbeinern die Gliedmaßen ausriss. Aus seinem Nacken spross stumpf braunes Fell, das nach vorne über den Kopf wuchs und in einem wilden Kamm über der gedrungenen Stirn der scheußlichen Kreatur endete.

»Immerhin, es gibt Grund zum Feiern.« Das Gewölbe war einmal der Vorratskeller gewesen. Damals hatte die Kühle der Erde Regale voller Wein stets perfekt temperiert. Heutzutage jedoch fühlte sich der große Raum dank Krylls Einwirkungen an, als läge er im Inneren eines tosenden Vulkans.

Für Lord Prestor fühlte er sich an wie Heimat.

»Feiern, oh Meister der Täuschung?«, kicherte Kryll. Er kicherte oft, vor allem, wenn Bösartigkeiten bevorstanden. Die beiden größten Leidenschaften der grünhäutigen Kreatur waren das Experiment und die Zerstörung – und wann immer möglich, verband er beides miteinander. Aus diesem Grund war die hintere Hälfte des Raumes mit Werkbänken, Flaschen, Pudern, seltsamen Mechanismen und makabren Gegenständen angefüllt, die der Goblin gesammelt hatte.

»Ja, feiern, Kryll.« Prestors stechende Ebenholzaugen fixierten den Goblin, der sein Lächeln und sein komisches Gehabe plötzlich fallen ließ. »Du würdest doch gerne bei den Feierlichkeiten dabei sein, nicht wahr?«

»Ja … Herr.«

Der uniformierte Adlige hielt inne, um die erstickend heiße Luft einzuatmen. Ein Ausdruck von Erleichterung lag auf seinen Zügen. »Oh, wie ich das vermisse …« Seine Gesichtszüge verhärteten sich. »Aber ich muss warten. Man geht nur, wenn es notwendig ist, richtig, Kryll?«

»Wie Ihr wünscht, Herr.«

Erneut zierte ein bösartiges Lächeln Prestors Gesicht. »Du stehst vermutlich gerade vor dem künftigen König von Alterac. Das solltest du wissen.«

Der Goblin neigte seinen hageren, aber muskulösen Körper dem Boden entgegen. »Preiset Ihre königliche Majestät, König –«

Ein Quietschen ließ beide nach rechts blicken. Ein kleinerer Goblin schob sich hinter einem Metallgitter, das einen alten Ventilationsschacht abdeckte, hervor. Nervös verließ das kleine Wesen die Öffnung und lief zu Kryll. Der Neuankömmling zeigte einen bösartig amüsierten Gesichtsausdruck, der unter Prestors intensivem Blick jedoch rasch verschwand.

Der zweite Goblin flüsterte etwas in Krylls großes spitzes Ohr. Kryll fauchte und entließ die andere Kreatur mit einer knappen Handbewegung. Der Neuankömmling verschwand durch das offene Gitter.

»Was ist los?« Die Worte des Aristokraten klangen zwar ruhig und sanft, verlangten jedoch deutlich nach einer sofortigen Antwort des Goblins.

»Oh, Eure Großmütigkeit«, begann Kryll und zeigte wieder das irre Lächeln auf seinem Bestiengesicht, »das Glück ist an diesem Tag mit Euch. Vielleicht solltet Ihr über eine Wette nachdenken, denn die Sterne scheinen auf Euer –«

»Was ist los?«

»Jemand … jemand versucht Alexstrasza zu befreien.«

Prestor stierte ihn an. Er starrte so lange und mit solcher Intensität, dass Kryll unter seinem Blick zu vergehen glaubte. Sicherlich, dachte der Goblin, würde nun der Tod zu ihm kommen. Dabei gab es noch so viele Experimente, die er versuchen wollte und so viele Sprengstoffe, die er noch nicht getestet hatte …

Im gleichen Moment brach der große, schwarze Adlige vor ihm in ein tiefes, dunkles und nicht ganz natürlich klingendes Gelächter aus.

»Perfekt!« Lord Prestor gelang es, dieses Wort zwischen seinen Heiterkeitsausbrüchen hervorzustoßen. Er streckte seine Arme aus, als wolle er die Luft selbst einfangen. Seine Finger erschienen viel zu lang, fast schon wie Klauen. »So perfekt!«

Er setzte sein Gelächter fort, und der Goblin lehnte sich zurück. Er betrachtete den seltsamen Anblick und schüttelte leicht den Kopf.

»Und da behauptet man, ich sei verrückt«, murmelte er leise.

3

Die Welt wurde zu Feuer.

Vereesa fluchte, als sie und der Magier unter dem Inferno, das der feuerrote Drache spie, zusammenbrachen. Wenn Rhonin sich nicht verspätet hätte, wäre das nie passiert. Sie würden jetzt in Hasic sein, und sie hätte sich schon von ihm getrennt. Nun war es eher wahrscheinlich, dass sie beide ihr Leben einbüßten …

Sie hatte gewusst, dass die Orks von Khaz Modan immer noch gelegentlich Drachen entsandten, um die sonst so friedlichen Länder ihrer Feinde zu terrorisieren, aber warum hatten ihr Gefährte und sie das Pech, von einem solchen aufgespürt zu werden? Es gab heutzutage weniger Drachen, und die Reiche des Lordaeron waren zahlreich.