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»Wenn Ihr so denkt, könntet Ihr auch fragen, warum die Greife auftauchten. Immerhin haben sie ihn vertrieben.«

Er schüttelte den Kopf. »Jemand sah ihn und machte Meldung. Die Reiter haben nur ihre Pflicht getan.« Er überlegte. »Ich weiß, dass der Dragonmaw-Clan ziemlich verzweifelt sein soll, angeblich kämpfen sie gegen die anderen Rebellen-Clans und die Menschen in den Enklaven, aber dies ist nicht die beste Art, damit umzugehen.«

»Wer kann schon sagen, wie ein Ork denkt? Es war bestimmt ein einzelner Plünderer. Dies war nicht der erste Angriff innerhalb des Bündnisses, Mensch.«

»Nein, aber ich frage mich, ob …« Rhonin kam nicht weiter, denn plötzlich nahmen sie beide Bewegungen im Wald wahr … in allen Richtungen.

Mit geübter Leichtigkeit zog die Waldläuferin ihre Klinge aus der Scheide. Neben ihr verschwanden Rhonins Hände in den tiefen Falten seiner Robe – ohne Zweifel, um einen neuen Zauberspruch zu beginnen.

Vereesa sagte nichts, fragte sich aber, wie nützlich ihr Begleiter wohl im Nahkampf sein würde. Besser, er hielt sich zurück und ließ sie mit den Angreifern fertig werden.

Zu spät.

Sechs massige Gestalten auf Pferden brachen durch das Gebüsch und umzingelten sie. Sogar im schwindenden Sonnenlicht glänzten ihre Rüstungen hell.

Eine Lanze war auf die Brust der Elfe gerichtet. Eine weitere berührte Rhonins Brust beinahe, und zusätzlich bedrohte ihn eine von hinten.

Die Gesichtszüge ihrer Gegner waren von Visier-Helmen verdeckt, gekrönt von einem Löwenkopf. Als Waldläuferin war es Vereesa ein Rätsel, wie in solchen Rüstungen gekämpft, geschweige denn gesiegt werden konnte, doch die sechs Reiter bewegten sich in ihren Sätteln, als würden sie davon nicht sonderlich beeinträchtigt.

Ihren riesigen, grauen Kriegspferde, die ebenfalls Rüstungen trugen, schien das Extragewicht überhaupt nichts auszumachen.

Die Neuankömmlinge trugen kein Banner, und das einzige Zeugnis ihrer Identität schien das Abbild einer stilisierten, dem Himmel zugewandten Hand zu sein, die in die Brustpanzerung eingeprägt war.

Doch auch wenn Vereesa jetzt wusste, um wen es sich handelte, gab dies noch keinen Anlass zur Entwarnung. Das letzte Mal, dass sie solchen Männern begegnet war, hatten sie andere Rüstungen getragen, solche mit Hörnern am Helm und den Insignien von Lordaeron auf Brustplatte und Schild.

Und dann löste sich langsam ein siebter Reiter aus dem Wald. Er trug mehr die traditionelle Rüstung, die Vereesa erwartet hatte. Im Schatten unter dem visierlosen Helm erkannte sie ein ausdrucksstarkes, für einen Menschen altes und weises Gesicht mit einem getrimmten, ergrauenden Bart. Die Symbole von Lordaeron und dessen eigenem religiösem Orden zierten nicht nur Schild und Brustplatte, sondern auch den Helm des Mannes. Eine silberne Gürtelschnalle, die einen Löwen darstellte, hielt den Gürtel zusammen, in dem der mächtige, spitze Kriegshammer steckte, mit dem Menschen wie er zu kämpfen pflegten.

»Ein Elf,« murmelte er, als er sie musterte. »Euer starker Arm ist willkommen.« Er schien der Anführer zu sein und beäugte Rhonin misstrauisch, um dann mit offener Verachtung zu bemerken: »Und eine verdammte Seele. Lasst Eure Hände, wo wir sie sehen können, und wir werden nicht versucht sein, sie Euch abzuschneiden.«

Während Rhonin sichtbar damit kämpfte, seinen Zorn im Zaum zu halten, fühlte sich Vereesa zwischen Erleichterung und Unsicherheit hin und her gerissen.

Sie befanden sich in der Gewalt der Paladine Lordaerons – den berühmten Rittern der Silbernen Hand.

Sie trafen sich an einem Ort der Schatten, einem Ort, den nur wenige zu erreichen vermochten, selbst wenn sie von ihrer Art waren. Hier wiederholten sich beständig die Träume der Vergangenheit, bewegten sich diffuse Schatten durch den Nebel der Vergangenheit, der den Geist umwehte. Nicht einmal die beiden, die sich hier trafen, wussten, wie viel von diesem Reich in der Wirklichkeit existierte und wie viel nur in ihren Gedanken, aber sie wussten, dass sie hier nicht belauscht wurden.

Angeblich.

Beide waren hochgewachsen und schlank, ihre Gesichter mit Schleiern verhüllt.

Bei dem Einen handelte es sich um den Zauberer, den Rhonin als Krasus kannte; der andere wirkte, sah man davon ab, dass seine Robe grünlicher schimmerte als die graue von Krasus, wie dessen Zwilling. Nur wenn gesprochen wurde, wurde deutlich, dass der andere im Gegensatz zum Berater der Kirin Tor eindeutig männlichen Geschlechts war.

»Ich weiß nicht einmal, warum ich hergekommen bin«, sagte er zu Krasus.

»Weil Ihr es musstet. Es war notwendig.«

Der andere stieß ein hörbares Zischen aus. »Das mag stimmen, doch jetzt, wo ich da bin, kann ich gehen, wann immer ich es will.«

Krasus hob eine schmale, behandschuhte Hand. »Hört mich wenigstens an.«

»Aus welchem Grund? Damit Ihr wiederholen könnt, was Ihr schon so oft vorgebracht habt?«

»Sodass, was ich zu sagen habe, endlich einmal in Euch einsinkt!« Krasus' unerwartet heftige Reaktion überraschte sie beide.

Sein Begleiter schüttelte den Kopf. »Ihr wart zu lange bei ihnen. Eure Abwehr lässt nach, magisch und persönlich. Es wird Zeit, dass Ihr diese hoffnungslose Sache aufgebt … so, wie wir es taten.«

»Ich glaube nicht, dass es hoffnungslos ist.« Zum ersten Mal war in der Stimme eine deutliche Färbung zu hören, eine Stimme, die viel tiefer war, als irgendeines der Mitglieder des Rates der Kirin Tor es je für möglich gehalten hätte. »Das kann ich nicht, solange sie gefangen ist.«

»Es ist verständlich, was sie für Euch bedeutet, Korialstrasz – uns aber bedeutet sie nichts als die Erinnerung an die Vergangenheit.«

»Wenn diese Zeit vorbei ist, warum steht Ihr und die Euren noch auf Euren Posten?«, entgegnete Krasus ruhig; er hatte seine Gefühle wieder unter Kontrolle.

»Weil wir unsere letzten Jahre in Frieden und Ruhe leben wollen …«

»Grund genug, mir in dieser Sache beizustehen.«

Wieder zischte der andere. »Korialstrasz, werdet Ihr Euch je in das Unvermeidliche fügen? Euer Plan überrascht uns nicht, dafür kennen wir Euch zu gut. Wir haben Eure kleine Marionette auf ihrer erfolglosen Mission gesehen – glaubt Ihr, sie könnte sie je erfüllen?«

Krasus wartete einen Moment, bevor er antwortete. »Er hat das Potenzial … doch er ist nicht alles, was ich aufzubieten habe. Nein, ich denke, er wird versagen. Aber sein Opfer wird mir bei meinem endgültigen Erfolg helfen … und wenn Ihr auf meiner Seite wärt, wäre dieser Erfolg noch sicherer.«

»Ich hatte Recht.« Krasus' Begleiter klang schwer enttäuscht. »Das gleiche Gerede. Das gleiche Betteln. Ich bin nur wegen der Verbindung gekommen, die einmal stark zwischen uns war, doch ich erkenne, ich hätte es nicht tun sollen – nicht einmal das. Ihr habt keinen Rückhalt, keine Macht. Es gibt nur noch Euch, und Ihr müsst Euch in den Schatten verbergen …«, er wies auf die Nebel, von denen sie umgeben waren, »… an Orten wie diesen, statt Eure wahre Gestalt zu zeigen.«

»Ich tue, was ich tun muss. Wie steht es mit Euch?« Krasus' Stimme wurde wieder schneidend. »Für welchen Zweck lebt Ihr, mein alter Freund?«

Die andere Gestalt fuhr bei diesem Seitenhieb auf, drehte sich dann aber um, trat ein paar Schritte auf den wabernden Nebel zu, hielt inne und blickte zurück. Krasus' Begleiter klang resigniert. »Ich wünsche Euch nur das Beste, Korialstrasz, das tue ich wirklich. Ich … wir glauben einfach nicht, dass man die Vergangenheit zurückholen kann. Diese Tage sind vorbei, und wir mit ihnen.«

»Das ist also Eure Wahl.« Sie verabschiedeten sich fast schon, doch bevor sie gingen, rief Krasus plötzlich: »Eine Bitte noch, bevor Ihr zu den anderen zurückkehrt.«

»Und welche wäre das?«

Die Gestalt des Magiers schien sich in ihrer Gesamtheit zu verdunkeln, und er fauchte: »Nennt mich nie wieder bei diesem Namen. Nie wieder. Er darf nicht ausgesprochen werden, nicht einmal hier.«

»Niemand könnte je …«