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Ich glaube nicht, daß die Epidemie bei der kalten Witterung in dieser Jahreszeit um sich greifen kann. Zumindest das verspricht Hoffnung.«

Die Männer seufzten ein wenig erleichtert. Nicht so Kahlan.

»Und noch etwas«, sagte Richard, einem nach dem anderen in die Augen blickend. »Wir sind D'Haraner. Wir sind Ehrenmänner. Unsere Soldaten werden dementsprechend auftreten. Ich will nicht, daß einer von uns die Bedrohung beschönigt und den Menschen erzählt, es bestehe keine Gefahr. Aber ich will auch nicht, daß jemand die Menschen absichtlich in Panik versetzt. Alle werden auch so schon verängstigt genug sein.

Außerdem seid Ihr Soldaten. Dies ist nicht weniger eine Schlacht als die Abwehr des Angriffs irgendeines anderen Feindes auf unser Volk. Dies ist Teil Eurer Aufgabe.

Einige der Männer werden in der Stadt zurückbleiben und helfen müssen. Möglicherweise brauchen wir bewaffnete Männer, um einen Aufruhr zu unterdrücken. Sollte es wie während des roten Mondes zu Tumulten kommen, möchte ich, daß diese augenblicklich beigelegt werden. Geht dabei vor, wie es die Lage erfordert, doch nicht härter. Vergeßt nicht, die Menschen in dieser Stadt sind Teil unseres Volkes – wir sind ihre Beschützer, nicht ihre Bewacher.

Weiterhin werden wir Männer brauchen, die beim Ausheben von Gräbern helfen. Ich glaube nicht, daß wir all die Toten verbrennen können, wenn die Seuche erst unter der Bevölkerung wütet.«

»Wie viele Opfer können Eurer Meinung nach den Tod finden, Lord Rahl?« wollte einer der Offiziere wissen.

»Tausende«, antwortete Drefan. »Zehntausende.« Er musterte sie alle eindringlich aus seinen blauen Augen. »Wenn es richtig schlimm wird, auch mehr. Ich habe gelesen, daß eine Pestepidemie innerhalb von drei Monaten fast jeden dritten Bewohner einer Stadt von nahezu einer halben Million Menschen das Leben kostete.«

Ein Offizier hinten pfiff leise.

»Noch etwas«, sagte Richard. »Einige Menschen werden in Panik ausbrechen. Sie werden aus Aydindril fliehen wollen, um sich vor der Gefahr in Sicherheit zu bringen. Die meisten dagegen werden bleiben wollen, nicht nur, weil sie kein anderes Zuhause kennen, sondern weil ihr ganzes Leben hier verwurzelt ist.

Wir dürfen nicht zulassen, daß Menschen aus Aydindril fliehen und die Seuche in andere Orte in den Midlands oder gar nach D'Hara verschleppen. Sie muß auf diese Stadt beschränkt werden. Wenn die Menschen in die umliegenden Berge fliehen oder sich von ihren Nachbarn fernhalten wollen, die sich angesteckt haben, dann müssen wir Verständnis für ihre Ängste aufbringen.

Sie sollen die Erlaubnis erhalten, hinaus aufs Land zu fliehen, wenn sie wollen, aber sie müssen in der Gegend bleiben. Unsere Soldaten sollen die Stadt und das umliegende Land mit einem Ring umgeben und sämtliche Wege von und nach Aydindril kontrollieren. Alle müssen innerhalb dieses Ringes bleiben.

Jeder, der flieht, könnte sich, ohne es zu wissen, mit der Seuche angesteckt haben und dadurch die Menschen an anderen Orten in Lebensgefahr bringen. Um dies zu verhindern, soll als letzter Ausweg auch Gewalt angewendet werden. Bitte bedenkt, daß diese Menschen nicht in böser Absicht handeln, sondern lediglich Angst um ihr Leben und das ihrer Familien haben.

Wer aus der Stadt flieht, um die Seuche abzuwarten, wird bald keine Lebensmittel mehr haben und dem Hunger erliegen. Erinnert die Menschen daran, Vorräte mitzunehmen, da sie auf dem Land wahrscheinlich nichts zu essen finden werden. Sie werden nicht weniger tot sein, wenn sie Hungers sterben und nicht an der Pest. Erinnert sie daran. Plünderungen von Bauernhöfen werden nicht geduldet. Einen gesetzlosen Zustand werden wir nicht zulassen.

Ich denke, das ist ungefähr alles, was ich zu sagen habe. Noch Fragen?«

»Werdet Ihr heute abend aufbrechen, meine Königin, oder am Morgen?« fragte General Baldwin. »Und wo werdet Ihr unterkommen?«

»Richard und ich werden Aydindril nicht verlassen«, antwortete Kahlan.

»Was? Aber Ihr müßt fort«, drängte General Baldwin beharrlich. »Bitte, Ihr müßt beide fort von hier. Wir brauchen Euch als unsere Führer.«

»Wir haben erst erfahren, womit wir es zu tun hatten, als es schon zu spät war«, erwiderte Kahlan. »Möglicherweise sind wir bereits mit der Seuche in Berührung gekommen.«

»Wir halten das nicht für wahrscheinlich«, versuchte Richard ihre Ängste zu beschwichtigen. »Ich muß jedoch hierbleiben und herausfinden, ob es eine Magie gibt, die diese Seuche unterbinden kann. Ich werde zur Burg der Zauberer hinaufsteigen. Oben in den Bergen nützen wir keinem, und mir entgeht womöglich eine Gelegenheit, eine Lösung zu finden. Wir werden hierbleiben.

Drefan ist Hohepriester der Heiler der Raug'Moss aus D'Hara. Die Mutter Konfessor und ich könnten sich nicht in besseren Händen befinden. Er und Nadine werden ebenfalls hierbleiben und erforschen, wie man den Menschen ihre Lage erleichtern kann.«

Während die Männer weitere Fragen stellten und das Problem mit den Vorräten besprachen, trat Kahlan ans Fenster und betrachtete den Schnee und den Wind, die mit dem Frühlingswetter aufkamen. Richard redete zu seinen Männern wie ein Heerführer am Vorabend einer Schlacht, um sie für den bevorstehenden Kampf zu wappnen. Wie in jeder Schlacht würde der Tod reiche Beute davontragen.

Drefans Überzeugung zum Trotz, daß die Seuche in diesem kalten Wetter nicht in voller Stärke wüten werde, war Kahlan gewiß, dies treffe in diesem Fall nicht zu.

Dies war keine gewöhnliche Seuche. Diese Seuche war durch Magie ausgelöst worden, von einem Mann, der sie alle tot sehen wollte.

Ja'La dh Jin hatte Jagang es unten in der Grube genannt – Spiel des Lebens. Jagang war außer sich darüber, daß Richard den Ball gegen einen leichteren ausgewechselt hatte, damit alle Kinder Freude an dem Spiel haben konnten und nicht bloß die stärksten, die brutalsten. Bei diesen Kindern hatte Jagang mit dem Morden begonnen. Das war kein Zufall, das war eine Botschaft.

Das Spiel des Lebens.

Dies würde Jagangs Welt werden, wenn er gewann, eine Welt, in der die Barbarei herrschte.

33

Während der nächsten Stunde stellten die Männer Fragen, zumeist an Drefan gerichtet. Die beiden Generäle machten Richard Vorschläge, die das Kommando und die Logistik betrafen. Weitere Möglichkeiten wurden kurz besprochen, Pläne geschmiedet, Offizieren Pflichten übertragen. Die Armee sollte sich noch vor der Nacht in Marsch setzen. Es gab eine Menge Soldaten des Lebensborns aus dem Schoß der Kirche darunter, die sich ergeben hatten, und obwohl sie seitdem Richard die Treue geschworen hatten, hielt man es nach wie vor für klug, auch diese Männer aufzuteilen und mit jeder Einheit einige mitzuschicken, anstatt sie zusammenzulassen. Richard war mit dem Vorschlag einverstanden.

Als endlich alle gegangen waren, um sich an die Arbeit zu machen, ließ Richard sich auf seinen Stuhl sinken. Er hatte sich weit von seiner Existenz als Waldführer entfernt.

Kahlan war stolz auf ihn.

Sie öffnete den Mund, um ihm das zu sagen, doch Nadine kam ihr zuvor.

Richard murmelte ein tonloses »Danke«.

Zögernd legte Nadine ihm die Fingerspitzen hinten auf die Schulter. »Richard … für mich warst du immer … ich weiß nicht … einfach Richard. Ein Junge von zu Hause. Ein Waldführer.

Ich glaube, heute, und vor allem heute abend, mit all den wichtigen Männern, habe ich dich zum ersten Mal in einem anderen Licht gesehen. Du bist tatsächlich dieser Lord Rahl.«

Richard stützte seine Ellenbogen vor sich auf den Tisch und vergrub das Gesicht in seinen Händen. »Ich glaube, ich wäre lieber am Grund dieses Abhangs, verschüttet zusammen mit dem Tempel der Winde.«

»Red keinen Unsinn«, sagte sie leise.

Kahlan stellte sich neben ihn und nahm eine bedrohliche Haltung ein. Nadine schwebte davon.

»Richard«, sagte sie, »du mußt ein wenig schlafen. Jetzt. Du hast es versprochen. Wir brauchen dich stark. Wenn du nicht ein bißchen schläfst –«