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»Ich weiß.« Er stützte sich auf den Tisch und stand auf, dann wandte er sich an Drefan und Nadine. »Hat einer von euch beiden ein Mittel, das beim Einschlafen hilft? Ich habe es versucht … in letzter Zeit liege ich einfach nur da. Meine Gedanken kommen einfach nicht zur Ruhe.«

»Eine Feng-San-Dissonanz«, verkündete Drefan sofort. »So, wie du die Grenzen der Belastbarkeit deines Körpers überschreitest, hast du dir das selbst zuzuschreiben. Unser Leistungsvermögen ist begrenzt, und wenn man –«

»Drefan«, schnitt ihm Richard mit freundlicher Stimme mitten im Satz das Wort ab, »ich weiß, was du meinst, aber ich tue, was ich tun muß. Das wirst du sicher verstehen. Jagang versucht, uns alle ins Grab zu bringen. Es nützt mir nichts, wenn ich munter bin wie ein Eichhörnchen im Frühling, wenn die Folge davon ist, daß wir am Ende alle tot sind.«

Drefan stöhnte. »Natürlich. Aber davon wirst du nicht kräftiger.«

»Ich werde also später versuchen, ein guter Junge zu sein. Was kann ich also tun, um heute nacht zu schlafen?«

»Meditieren«, erklärte Drefan. »Das wird deine Energieströme beruhigen und sie wieder in Einklang bringen.«

Richard rieb sich die Stirn. »Hunderttausende von Menschen laufen Gefahr zu sterben, Drefan, weil Jagang die ganze Welt unter seine Knute bringen will. Er hat uns bewiesen, daß seine Entschlossenheit keine Grenzen kennt.

Er fängt mit dem Morden bei den Kindern an.« Richards Knöchel wurden weiß, als er die Hände zu Fäusten ballte. »Nur, um mir eine Botschaft zu schicken! Hilflose Kinder!

Dieser Kerl hat kein Gewissen. Er will mir zeigen, wozu er bereit ist, um zu gewinnen. Um mich zur Aufgabe zu zwingen! Er glaubt, ich werde daran zerbrechen!«

Im Gegensatz zu seinen Knöcheln hatte sich Richards Gesicht dunkelrot verfärbt. »Da täuscht er sich. Niemals werde ich unser Volk einem solchen Tyrannen überlassen. Niemals! Ich werde tun, was immer ich muß, um diese Seuche aufzuhalten! Das schwöre ich!«

Das Zimmer hallte von der plötzlichen Stille wider. So wütend hatte Kahlan Richard noch nie gesehen. Wenn ihm die tödliche Raserei des Schwertes der Wahrheit in den Augen stand, lag das Ziel seines Zorns gewöhnlich auf der Hand. Der Zorn wurde durch eine greifbare Bedrohung ausgelöst und richtete sich gegen diese.

Hier handelte es sich um die hilflose Wut auf einen unsichtbaren Feind. Hier gab es keine Bedrohung, die er mit den Händen greifen konnte. Er hatte keine Möglichkeit, sie unmittelbar zu bekämpfen. Kahlan sah ihm an den Augen an, daß dieser Zorn nicht der Magie des Schwertes entsprang. Dies war ausschließlich Richards eigene Wut.

Schließlich entspannte sich seine Miene. Er holte tief Luft und fuhr sich mit der Hand übers Gesicht. Auch seine Stimme bekam er wieder unter Kontrolle.

»Wenn ich versuche zu meditieren, sehe ich in Gedanken doch nur wieder die kranken und toten Kinder vor mir. Ich ertrage es nicht, so etwas im Schlaf zu sehen. Ich brauche Schlaf und keine Träume.«

»Du willst schlafen, ohne zu träumen? Dir machen Träume zu schaffen?«

»Alpträume. Ich habe sie auch den ganzen Tag über, wenn ich wach bin, nur sind sie dann Wirklichkeit. Der Traumwandler hat keinen Zugang zu meinen Träumen, trotzdem hat er eine Möglichkeit gefunden, mir Alpträume zu bereiten. Bitte, Gütige Seelen, gönnt mir wenigstens im Schlaf ein wenig Frieden.«

»Ein sicheres Anzeichen für die Feng-San-Meridian-Dissonanz«, bestätigte Drefan sich noch einmal selbst. »Du bist offenbar ein schwieriger Patient, wenn auch die Ursache offensichtlich ist.«

Er schob den Knochenstift aus der ledernen Schlaufe und öffnete die Klappe einer der Taschen an seinem Gürtel. Er zog einige Lederbeutel heraus. Einen davon stopfte er wieder zurück. »Nein, das nimmt die Schmerzen, nützt aber nicht viel, um einzuschlafen.« Er schnupperte an einem anderen. »Nein, davon würdest du dich übergeben.« Er suchte in seinen anderen Sachen und schloß schließlich die Klappe über den Taschen. »Etwas so Einfaches habe ich leider nicht dabei. Ich habe nur sehr seltene Arzneien mitgenommen.«

Richard seufzte. »Trotzdem, danke, daß du nachgesehen hast.«

Drefan wandte sich an Nadine. Sie war ganz verhaltener Eifer, preßte in gebändigter Freude die Lippen aufeinander, während die anderen miteinander sprachen.

»Die Kräuter, die Ihr Yonicks Mutter gegeben habt, wären für Richard nicht stark genug«, sagte Drefan zu ihr. »Habt Ihr keinen Hopfen?«

»Sicher«, antwortete sie ruhig, aber sichtlich erfreut, daß sie endlich gefragt wurde. »Natürlich als Tinktur.«

»Ausgezeichnet«, sagte Drefan. Er gab Richard einen Klaps auf den Rücken. »Meditieren kannst du ein anderes Mal. Heute abend wirst du im Nu schlafen. Nadine wird dir ein Mittelchen zubereiten. Ich werde mich jetzt mit den Dienstboten besprechen gehen und ihnen meine Empfehlungen geben.«

»Vergiß nicht zu meditieren«, brummte Richard, als Drefan hinausging.

Berdine blieb noch und las im Tagebuch, während Nadine, Cara, Raina, Ulic, Egan und Kahlan Richard in sein Zimmer folgten, das ganz in der Nähe lag. Ulic und Egan bezogen draußen auf dem Gang Posten. Die übrigen betraten zusammen mit Richard das Zimmer.

Drinnen warf er sein goldenes Cape über einen Stuhl. Er zog den Waffengurt über den Kopf und legte das Schwert der Wahrheit darauf. Erschöpft streifte er den goldbesetzten Waffenrock über den Kopf und zog das Hemd aus, so daß er in einem schwarzen, ärmellosen Unterhemd dastand.

Nadine sah aus den Augenwinkeln zu und zählte dabei leise jeden Tropfen mit, den sie in ein Glas Wasser träufelte.

Richard ließ sich auf die Bettkante fallen. »Cara, würdet Ihr mir bitte die Stiefel ausziehen?«

Cara verdrehte die Augen. »Sehe ich aus wie ein Kammerdiener?«

Als Richard sie daraufhin anlächelte, ging sie in die Hocke und machte sich an die Arbeit.

Er stützte sich hinten auf seine Ellenbogen. »Sagt Berdine, ich möchte, daß sie nach weiteren Hinweisen auf diesen Berg der Vier Winde sucht. Sie soll sehen, was sie sonst noch darüber herausfinden kann.«

Cara schaute von seinen Füßen hoch. »Welch brillanter Einfall«, sagte sie mit geheuchelter Begeisterung. »Ich wette, darauf wäre sie allein nie gekommen, allwissender und weiser Meister.«

»Schon gut, schon gut. Ich werde offensichtlich nicht gebraucht. Wie steht es dort drüben mit meinem magischen Trank?«

»Soeben fertig geworden«, antwortete Nadine gut gelaunt.

Ächzend streifte Cara seinen anderen Stiefel ab. »Knöpft die Hosen auf, dann ziehe ich Euch die auch noch aus.«

Richard sah sie erbost an. »Das schaffe ich schon, danke.«

Cara lächelte in sich hinein, als er sich vom Bett herunterwälzte und zu Nadine ging. Sie reichte ihm das Glas Wasser mit der Hopfentinktur. Zusätzlich hatte sie noch etwas anderes ins Wasser gegeben.

»Trink nicht alles auf einmal. Ich habe fünfzig Tropfen hineingegeben. Wahrscheinlich ist das weit mehr, als du brauchst, aber ich wollte dir ein wenig mehr dalassen. Jetzt etwa ein Drittel, und wenn du dann nachts aufwachst, kannst du noch ein oder zwei Schlucke nehmen. Ich habe ein wenig Schädeldach und Baldrian beigegeben, damit du tief und traumlos schläfst.«

Richard stürzte die Hälfte hinunter. Er verzog das Gesicht. »Das Zeug schmeckt so widerlich, daß es mich entweder betäubt oder umbringt.«

Nadine lächelte ihn an. »Du wirst schlafen, Richard. Ganz bestimmt. Wenn du zu früh aufwachst, trinkst du einfach noch ein wenig.«

»Danke.« Er setzte sich auf die Bettkante und sah von einer Frau zur anderen. »Ich schaffe das mit meinen Hosen.«

Cara verdrehte die Augen und begab sich, Nadine vor sich herschiebend, zur Tür. Kahlan gab ihm einen Kuß auf die Wange.

»Geh ins Bett. Ich komme noch einmal, decke dich zu und gebe dir einen Gutenachtkuß, sobald ich mich um die Wachen gekümmert habe.«

Raina folgte Kahlan nach draußen und schloß die Tür. Nadine wartete und wippte auf den Fersen.