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Cara betrachtete die roten Marmorsäulen, die die Bögen unter der Empore rings um den gesamten ovalen Raum stützten. Sie lächelte fröhlich.

»Das ist ein ganz anderer Ort als der, an den uns Lord Rahl geschleppt hat«, sagte Cara stirnrunzelnd. »Die Lampen. Das war Magie. Hier gibt es Magie. Ihr habt gesagt, Ihr würdet uns von Magie fernhalten.«

»Ich sagte, ich würde Euch von gefährlicher Magie fernhalten. Die Lampen sind auch eine Art Schild, nur umgekehrt. Statt die Menschen fernzuhalten, heißen sie sie willkommen und helfen ihnen einzutreten. Sie sind ein Willkommensschild. Es handelt sich um eine freundliche Form der Magie, Cara.«

»Freundlich. Na klar.«

»Kommt, wir sind nicht zum Vergnügen hier. Wir haben eine Aufgabe zu erledigen.«

Kahlan führte sie durch die eleganten, warmen Korridore in die Bibliotheken, und zwar nicht auf dem furchteinflößenden Weg, den sie mit Richard gegangen waren. Sie stießen nur auf drei Schilde. Kahlans Magie erlaubte ihr, sie zu passieren, und indem sie Caras und Berdines Hand ergriff, war es möglich, auch sie hindurchzubringen, wenn sich die beiden auch über ein unangenehmes Kribbeln beklagten.

Diese Schilde schützten keine gefährlichen Bereiche und waren daher schwächer als andere in der Burg. Es gab Schilde, die Kahlan nicht passieren konnte, zum Beispiel jene, durch die Richard sie auf dem Weg hinunter zur Sliph geführt hatte. Kahlan war allerdings überzeugt, daß es auch andere Wege nach unten geben müsse. Richard hatte Schilde passiert, die ihres Wissens nach noch kein Zauberer passiert hatte.

Sie kamen an eine Kreuzung, wo ein Gang aus hellrosa Stein nach beiden Richtungen abzweigte. An bestimmten Stellen weitete sich der Gang zu großzügigen Räumen, wo gepolsterte Bänke standen, auf denen man sich unterhalten oder lesen konnte. In jedem dieser großen Vorzimmer gab es eine Doppeltür, hinter der sich eine Bibliothek verbarg.

»Hier war ich schon einmal«, äußerte sich Berdine. »Ich erinnere mich genau.«

»Ja, Richard hat Euch hergebracht, allerdings auf einem anderen Weg.«

Kahlan ging weiter bis zum achten Lesesaal und trat durch die Doppeltür in die dortige Bibliothek. Mit Hilfe ihrer Laterne zündete sie die Hauptlampe an, und wie zuvor flammten alle anderen auf, rissen den Raum aus seiner völligen Dunkelheit und erweckten ihn zum Leben. Die Böden bestanden aus poliertem Eichenholz, die Wände waren mit dem gleichen honigfarbenen Holz getäfelt. Tagsüber tauchten verglaste Fenster an der gegenüberliegenden Wand den Raum in helles Licht und gewährten einen herrlichen Blick auf Aydindril. Jetzt sah Kahlan wegen des Schneefalls nur die Lichter der Stadt unten.

Sie schlenderte durch den Mittelgang zwischen den Lesetischen und Reihen über Reihen mit Büchern hindurch und suchte nach dem einen Buch, an das sie sich erinnerte. Allein in diesem Raum befanden sich einhundertfünfundvierzig Reihen mit Büchern. Es gab bequeme Sessel, in die man sich zum Lesen setzen konnte, heute abend jedoch würden sie Tische brauchen, um die Bücher auszubreiten.

»Das ist also die Bibliothek«, meinte Cara. »In D'Hara, im Palast des Volkes, gibt es viel größere Bibliotheken als diese hier.«

»Dies ist nur einer von sechsundzwanzig ebensolchen Sälen. Ich kann bestenfalls ahnen, wie viele tausend Bücher sich hier in der Burg der Zauberer befinden«, sagte Kahlan.

»Wie sollen wir dann die finden, die wir suchen?« fragte Berdine.

»Das dürfte nicht so schwer sein, wie es klingt. Die Bibliotheken können ein verwirrender Irrgarten sein, wenn man etwas Bestimmtes sucht. Ich kannte einen Zauberer, der sein ganzes Leben lang immer wieder nach einer bestimmten Information suchte, die sich seines Wissens in dieser Bibliothek befand. Er hat sie nie gefunden.«

»Und wie sollen wir sie finden?«

»Es gibt Bücher, die sich so sehr auf ein bestimmtes Gebiet beschränken, daß sie zusammen aufbewahrt werden. Bücher über Sprachen zum Beispiel. Ich kann Euch zu sämtlichen Büchern über jede einzelne Sprache führen, weil es darin nicht um Magie geht. Deswegen stehen sie alle am selben Ort. Wie die Bücher über Magie und Prophezeiungen angeordnet sind – wenn überhaupt –, weiß ich nicht.

Jedenfalls ist diese Bibliothek der Ort, an dem bestimmte Aufzeichnungen, wie zum Beispiel die Aufzeichnungen über die hier abgehaltenen Gerichtsverhandlungen, aufbewahrt werden. Ich habe sie nicht gelesen, aber man hat mich darin unterrichtet.«

Kahlan machte kehrt und führte sie zwischen zwei Regalreihen hindurch. Kurz vor der Mitte des nahezu fünfzig Fuß langen Mittelganges blieb sie stehen.

»Hier sind sie. An der Schrift auf den Buchrücken kann ich erkennen, daß sie in verschiedenen Sprachen abgefaßt sind. Da ich außer Hoch-D'Haran alle Sprachen kenne, werde ich mir die in den anderen Sprachen vornehmen. Cara, Ihr untersucht die in Eurer Sprache, und Berdine, Ihr übernehmt die auf Hoch-D'Haran.«

Die drei begannen, Bücher aus den Regalen auszuwählen, sie zu den Tischen hinüberzutragen und auf drei Stapel aufzuteilen. Es waren nicht so viele, wie Kahlan befürchtet hatte. Berdine hatte nur sieben Bücher, Cara fünfzehn und Kahlan elf in unterschiedlichen Sprachen. Für Berdine würde es recht mühselig werden, das Hoch-D'Haran zu übersetzen, aber Kahlan beherrschte die anderen Sprachen fließend und würde Cara mit ihrem Stapel helfen können, sobald sie mit ihrem eigenen fertig war.

Während Kahlan mit der Arbeit begann, stellte sie rasch fest, daß es einfacher werden würde, als sie anfangs gedacht hatte. Jede Gerichtsverhandlung begann mit einer Erklärung über die Art des Verbrechens, was es erleichterte, diejenigen auszusondern, die mit dem Tempel der Winde nichts zu tun hatten.

Die Anschuldigungen reichten von Entwenden eines Andenkens von geringem Wert bis hin zu Mord. Eine Magierin wurde beschuldigt, einen Betörungsbann ausgesprochen zu haben, wurde jedoch freigesprochen. Ein Junge von zwölf Jahren wurde beschuldigt, einen Streit vom Zaun gebrochen zu haben, in dessen Verlauf ein anderer Junge sich den Arm gebrochen hatte. Weil der Angreifer Magie eingesetzt hatte, um die Verletzung herbeizuführen, bestand die Strafe in der Aussetzung seiner Ausbildung für die Dauer eines Jahres. Ein Zauberer wurde zum dritten Mal wegen Trunkenheit angeklagt, nachdem die vorhergegangenen Strafen nicht zur Besserung seines aggressiven Verhaltens geführt hatten. Er wurde für schuldig befunden und zum Tode verurteilt. Die Strafe wurde zwei Tage darauf vollstreckt, als er wieder nüchtern war.

Es war üblich, daß man betrunkenen Zauberern keine Gnade entgegenbrachte, sondern sie als die Gefahr betrachtete, die sie tatsächlich darstellten, denn im berauschten Zustand waren sie imstande, vielfältig Verletzungen und Tod herbeizuführen. Kahlan selbst hatte nur ein einziges Mal erlebt, wie Zauberer sich bis zum Vollrausch betrunken hatten.

Die Aufzeichnungen über die Verhandlungen waren faszinierend, doch der ernste Zweck ihres Hierseins zwang Kahlan, die Bücher bei der Suche nach Hinweisen auf den Tempel der Winde oder einer Mannschaft, die eines Verbrechens beschuldigt wurde, lediglich zu überfliegen. Die anderen beiden kamen ebenfalls gut voran. Eine Stunde später hatte Kahlan alle elf Bücher in den anderen Sprachen durchgesehen, Berdine hatte nur noch drei übrig und Cara sechs.

»Irgendwas gefunden?« fragte Kahlan.

Cara zog eine Augenbraue hoch. »Ich habe gerade einen Bericht über einen Zauberer gefunden, der auf dem Markt in der Stentorstraße gerne sein Gewand vor Frauen hochhob und ihnen befahl, ›die Schlange zu küssen‹. Ich wußte gar nicht, daß Zauberer in solche Schwierigkeiten geraten können.«

»Es sind Menschen, genau wie wir anderen.«

»Nein, das sind sie nicht. Sie besitzen Magie«, widersprach Cara.

»Die besitze ich auch. Habt Ihr etwas gefunden, Berdine?«

»Nein, nichts, wonach ich gesucht hätte. Nur ganz gewöhnliche Verbrechen.«

Kahlan wollte schon nach einem der Bücher greifen, die Cara noch nicht durchgearbeitet hatte, aber dann zögerte sie.

»Berdine, Ihr wart doch unten in dem Raum mit der Sliph.«