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Anns Worte, obwohl geflüstert, wurden hitzig. »Es ist unsere Pflicht, Heiden wie diesen den Respekt vor den anderen Geschöpfen des Schöpfers beizubringen.«

»Erzähl das dem Wolf oder dem Bären.«

Ihr Knurren hätte gleichermaßen vom einen wie vom anderen der beiden Raubtiere stammen können.

»Die Aufgabe von Magierinnen und Zauberern ist es, Hüter der Magie zu sein, sie zu beschützen, so wie ein Elternteil sein Kind beschützt«, dozierte Zedd. »Die Entscheidung, welches eine Daseinsberechtigung hat, welches des Lebens würdig ist, steht uns nicht zu.

Im Gegensatz dazu hält Jagang die Magie insgesamt für gefährlich und glaubt, man sollte uns zum Wohl aller vernichten. Du scheinst es mit dem Kaiser zu halten.«

»Schlägst du etwa nicht nach einer Biene, wenn sie dich sticht?«

»Ich habe nicht gesagt, daß wir uns nicht verteidigen sollen.«

»Wieso habt ihr euch dann nicht verteidigt und diese Bedrohungen ausgeschaltet? Im Krieg mit Darken Rahls Vater, Panis Rahl, wurdest du von deinem eigenen Volk der Wind des Todes genannt. Damals wußtest du noch, wie man eine Bedrohung ausmerzt.«

»Ich habe getan, was ich tun mußte, um Unschuldige zu beschützen, die ansonsten abgeschlachtet worden wären – die bereits abgeschlachtet wurden. Gegen Jagang werde ich dasselbe tun, falls es notwendig wird. Die Nangtong rechtfertigen nicht, daß man sie ausrottet. Sie wollen niemanden durch Mord, Folter und Versklavung beherrschen. Aus ihren Vorstellungen ergibt sich nur dann ein Unheil, wenn wir so unvorsichtig sind, uns ungebeten einzumischen.«

»Sie sind gefährlich. Ihr hättet niemals zulassen dürfen, daß die Gefährdung durch sie weiterbesteht.«

Er hob belehrend den Zeigefinger. »Und warum hast du Nathan nicht getötet, um die Bedrohung, die er darstellt, zu beseitigen?«

»Willst du Nathan etwa mit Leuten auf die gleiche Stufe stellen, die ihren heidnischen Vorstellungen Menschen opfern? Eins kann ich dir sagen, wenn ich den Kerl noch einmal in die Finger bekomme, dann bringe ich ihn auf den rechten Weg!«

»Gut. Allerdings ist jetzt nicht der richtige Zeitpunkt, um über Theologie zu diskutieren.« Zedd strich sein welliges Haar nach hinten. »Solltest du den Nangtong deine Glaubensgrundsätze nicht näherbringen wollen, schlage ich vor, daß wir uns an meine halten und uns aus ihren Jagdgründen entfernen.«

Ann seufzte. »Vielleicht hast du in dem einen oder anderen Punkt nicht ganz unrecht. Wenigstens hattet ihr gute Absichten.«

Mit einer scheuchenden Bewegung gab sie ihm zu verstehen, er solle endlich weitergehen. Zedd folgte der gewundenen Schlucht und versuchte, nicht in den träge dahinfließenden Wasserlauf zu treten, der sich durch sie hindurchschlängelte.

Die Schlucht führte nach Südwesten. Er wußte, daß sie sie von der Heimat der Nangtong wegführte. Außerdem hoffte er, sie werde ihnen auf ihrer Flucht Deckung geben. Die Nangtong besaßen Speere und Pfeile.

Als der Mond durch die Wolken brach, streckte Zedd eine Hand aus, damit Ann stehenblieb, und hockte sich hin, um kurz, solange es genügend Licht gab, die Umgebung abzusuchen. Bis auf die acht bis zehn Fuß hohen Uferböschungen und die beinahe kahlen Hügel dahinter erkannte er wenig. Auf den fernen Bergen standen vereinzelte Baumgruppen.

Weiter vorne in dem flachen Tal verschwand der Bach in einem Dickicht. Zedd drehte sich zu Ann um und teilte ihr mit, die beste Chance hätten sie, wenn sie sich im Gestrüpp zwischen den Bäumen versteckten. Die Nangtong würden dort wahrscheinlich eine Falle vermuten und sich von einer solchen Stelle fernhalten.

Der Mond war immer noch zu sehen. Hinten konnte er ihr perfektes Spurenpaar im Matsch erkennen. Er hatte bisher nicht an ihre Spuren gedacht und zeigte sie ihr nun. Mit dem Daumen gab sie ihm zu verstehen, daß sie die schlammige Wasserrinne verlassen sollten.

Zwei dünne Schreie in der Ferne zerrissen die Stille.

»Die Pferde«, zischte er.

Die Schreie brachen unvermittelt ab. Man hatte den Tieren die Kehle durchgeschnitten.

»Verdammt! Das waren gute Pferde. Hast du etwas, um dich zu verteidigen?«

Ann ließ ihr Handgelenk vorschnellen und brachte einen Dacra zum Vorschein. »Das hier. Seine Magie wird nicht funktionieren, aber erdolchen kann ich sie damit trotzdem noch. Und was hast du?«

Zedd lächelte schicksalsergeben. »Meine honigsüße Zunge.«

»Vielleicht sollten wir uns trennen, bevor mich deine Waffe das Leben kostet.«

Zedd zuckte die Achseln. »Ich werde dir keinen Vorwurf machen, wenn du dich alleine durchschlagen willst. Wir haben eine wichtige Aufgabe zu erledigen. Vielleicht wäre es besser, wenn wir uns trennen, damit wenigstens einer von uns durchkommt.«

Sie lächelte. »Du möchtest doch bloß den ganzen Spaß für dich allein haben. Wir kommen schon durch. Immerhin sind wir ein gutes Stück von den Pferden entfernt. Bleiben wir zusammen.«

Zedd drückte ihre Schulter. »Vielleicht opfern sie ja nur Jungfrauen.«

»Aber ich will nicht alleine sterben.«

Der Zauberer lachte leise in sich hinein, während er weiterging und vorn nach einer Stelle suchte, wo er sie nach oben und aus der kleinen Schlucht hinausführen konnte. Schließlich entdeckte er einen Einschnitt in der Uferböschung. Die Wurzeln des knorrigen Gestrüpps hingen herab wie Haare und boten genug Halt. Der Mond verschwand hinter einer mächtigen Wolke. In der undurchdringlichen Finsternis kletterten sie langsam hinauf und ertasteten sich den Weg blind mit den Händen.

Zedd hörte ein paar Käfer summen und in der Ferne den klagenden Ruf eines Kojoten. Davon abgesehen war die Nacht ruhig und still. Mit ein wenig Glück waren die Nangtong damit beschäftigt, Zedds und Anns Sachen bei den Pferden zu durchstöbern.

Zedd erreichte den oberen Rand, drehte sich um und half Ann herauf. »Bleib auf Händen und Knien. Wir werden robben oder wenigstens geduckt weitergehen.«

Ann gab leise ihre Zustimmung kund. Dann marschierten sie los, fort von dem kleinen Wasserlauf. Hell und leuchtend kam der Mond hinter einer Wolke hervor.

Unmittelbar vor ihnen standen die Nangtong in einem Halbkreis und verstellten ihnen den Weg.

Es mochten vielleicht zwanzig sein. Zedd vermutete weitere in der Nähe. Die Jagdtrupps der Nangtong waren gewöhnlich größer.

Klein und fast nackt, waren sie mit nichts weiter als einem Riemen mit einer Art Tasche daran bekleidet, in der ihre Männlichkeit steckte. Um den Hals trugen sie Halsketten aus menschlichen Fingerknochen. Die Köpfe waren kahlgeschoren. Sie besaßen sehnige Arme und Beine und vorstehende Bäuche.

Die Nangtong waren am ganzen Körper mit weißer Asche beschmiert. Der Bereich um die Augen war schwarz bemalt, was ihnen das Aussehen lebender Totenköpfe verlieh.

Zedd und Ann sahen zu den Speeren hinauf, deren mit Zacken versehene Stahlspitzen im Mondlicht blitzten. Einer der Männer rief schnatternd einen Befehl. Zedd konnte die Worte nicht verstehen, hatte jedoch eine recht klare Vorstellung davon, was gemeint war.

»Laß den Dacra stecken«, flüsterte er Ann zu. »Es sind zu viele. Sie würden uns auf der Stelle umbringen. Wir haben nur eine Chance, wenn wir am Leben bleiben und uns etwas einfallen lassen.«

Er beobachtete, wie sie die Waffe zurück in den Ärmel schob.

Zedd schaute grinsend zu der Wand aus grimmigen Gesichtern hoch. »Weiß einer von euch vielleicht, wo wir die Jocopo finden können?«

Ein Speer stieß nach ihm und bedeutete ihm aufzustehen. Er und Ann gehorchten widerstrebend. Die Männer, die Zedd nicht einmal bis zur Schulter reichten, jedoch ungefähr so groß wie Ann waren, scharten sich um sie und schnatterten plötzlich alle auf einmal los. Männer schubsten und knufften sie.

Man riß ihnen die Arme nach hinten und band ihnen die Handgelenke fest zusammen.

»Erinnere mich bei Gelegenheit noch einmal daran«, meinte Ann zu ihm, »wie klug es war, diesen Heiden ihre rückständigen Bräuche zu lassen.«

»Na ja, ein Konfessor erzählte mir einmal, sie seien recht gute Köche. Vielleicht bekommen wir eine neuartige Köstlichkeit vorgesetzt.«