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Die Frage erwischte Kahlan in einem unbedachten Augenblick, sie erholte sich jedoch schnell. Beiläufig zuckte sie mit einer Schulter. »Ja, um ehrlich zu sein, das habe ich.«

Shota sah von ihrem Tee auf. »Das ist gelogen.«

Erfreut über den haßerfüllten Unterton in Shotas Stimme, zog Kahlan eine Braue hoch. »Es ist die Wahrheit. Die Nachricht gefällt Euch nicht, also nehmt Ihr sie dem Überbringer übel?«

Shota kniff die Augen zusammen. Ihr Blick heftete sich auf Kahlan, als nähme sie mit einem Pfeil Maß und spannte ihren Bogen.

»Wo, Mutter Konfessor? Wo habt Ihr ihm beigewohnt?«

»Wo? Was macht das für einen Unterschied? Habt Ihr die Hexerei jetzt an den Nagel gehängt, und interessiert Ihr Euch nur noch für Tratsch? Ich habe bei ihm geschlafen … auf besagte Weise, und das ist die Wahrheit, ob sie Euch nun gefällt oder nicht. Ich bin keine Jungfrau mehr. Ich war mit Richard zusammen, das allein zählt.«

Shotas Augen funkelten gefährlich. »Wo?« wiederholte sie.

Ihr Ton war so bedrohlich, daß Kahlan vergaß, daß sie vor der Hexe keine Angst zu haben brauchte.

»An einem Ort zwischen den Welten«, antwortete Kahlan, der es plötzlich peinlich war, über die Einzelheiten zu sprechen. »Die Guten Seelen … haben uns dorthin gebracht«, stammelte sie. »Die Guten Seelen … wollten, daß wir uns vereinen.«

»Verstehe.« Shotas Blick wurde kalt. Ihr dünnes Lächeln kehrte zurück. »Ich fürchte, das zählt nicht.«

»Zählt nicht! Was im Namen alles Guten soll das heißen? Ich war mit ihm zusammen. Das allein zählt. Ihr seid nur verärgert, weil es die Wahrheit ist.«

»Die Wahrheit? Ihr wart nicht in dieser Welt mit ihm vereint, mein Kind. Dies ist die Welt, in der wir leben. Ihr wart mit ihm nicht hier zusammen, wo es zählt. In dieser Welt seid Ihr noch immer Jungfrau.«

»Das ist absurd.«

Shota zuckte die Achseln. »Ihr könnt darüber denken, wie Ihr wollt. Mir genügt, daß Ihr noch nicht mit ihm zusammen wart.«

Kahlan verschränkte trotzig die Arme. »Diese Welt oder eine andere, das ist völlig egal. Ich war mit ihm vereint.«

Shotas glatte Stirn kräuselte sich vor mühsam unterdrückter Heiterkeit. »Und wenn Ihr mit ihm an diesem Ort zwischen den Welten zusammen wart, wo die Guten Seelen Euch hingeführt haben, wieso dann nicht auch in dieser Welt? Schließlich seid Ihr hier doch keine Jungfrau mehr, wie Ihr behauptet.«

Kahlan senkte verlegen den Blick. »Na ja, ich … wir … hielten es für das beste zu warten, bis wir getraut sind, das ist alles.«

Shotas leise triumphierendes Lachen wehte in der Morgenluft davon. »Seht Ihr? Ihr wißt, daß ich die Wahrheit spreche.« Sie hielt die Teetasse zwischen den Fingerspitzen beider Hände und nippte daran, und nach jedem Schluck entfuhr ihr ein weiteres irres Kichern.

Kahlan kochte vor Wut, denn sie hatte das Gefühl, das Wortgefecht verloren zu haben. Sie versuchte, sich einen Anschein von Selbstsicherheit zu geben, indem sie sich zurücklehnte und ihrerseits einen Schluck Tee trank.

»Wenn Ihr Euch mit pedantischen Haarspaltereien täuschen wollt, nur zu. Ich weiß, was wir getan haben«, entgegnete Kahlan. »Ich wüßte ohnehin nicht, was Euch das angeht.«

Shota hob den Kopf. »Ihr wißt sehr wohl, was mich das angeht, Mutter Konfessor. Jeder Konfessor bringt einen Konfessor zur Welt. Wenn Ihr sein Kind bekommt, wird es ein Junge sein. Ich habe Euch beiden erklärt, daß Ihr das nicht vergessen dürft, bevor Ihr Euch vereint. Die Lust trübt die Gedanken an die möglichen Folgen.

Von Eurer Seite aus würde der Junge ein Konfessor werden. Von Richards Seite würde er die Gabe mitbekommen. Eine so gefährliche Mischung gab es noch nie.«

Kahlan versuchte ihr Entsetzen über die Weissagung hinter einem geduldigen, vernünftigen Ton zu verbergen, der ebenso ihr selbst galt wie Shota.

»Ihr seid eine Hexe mit großen Fähigkeiten, Shota, und zugegeben, vielleicht wißt Ihr, ob es ein Junge wird, aber Ihr könnt unmöglich wissen, daß er werden würde wie die meisten männlichen Konfessoren, die in der Vergangenheit geboren wurden. Nicht alle waren so. Ihr habt praktisch selbst zugegeben, nicht zu wissen, ob es so kommen wird. Ihr seid nicht der Schöpfer. Ihr könnt unmöglich wissen, was er zu tun beschließt – wenn er überhaupt beschließt, uns ein Kind zu schenken.«

»In diesem Punkt brauche ich die Zukunft gar nicht zu kennen. Fast alle männlichen Konfessoren waren gewissenlose Bestien. Meine Mutter lebte in jenen düsteren Zeiten, die durch einen männlichen Konfessor heraufbeschworen wurden. Ihr würdet die Welt nicht nur mit einem männlichen Konfessor strafen, sondern noch dazu mit einem, der die Gabe besitzt. Welch verheerende Umwälzung das zur Folge hätte, könnt Ihr Euch überhaupt nicht vorstellen.

Aus eben diesem Grund dürfen Konfessoren ihre Gefährten nicht lieben. Bringen sie ein männliches Kind zur Welt, müssen sie ihren Gatten bitten, das Kind zu töten. Ihr liebt Richard. Das würdet Ihr niemals von ihm verlangen. Ich habe Euch gewarnt. Ich habe die Kraft zu tun, was Ihr niemals könntet. Zudem habe ich Euch auch erklärt, daß ich das nicht persönlich meine.«

»Ihr redet über die ferne Zukunft, als habe sie sich bereits ereignet. So ist das aber nicht«, meinte Kahlan. »Die Geschehnisse entwickeln sich nicht immer so, wie Ihr behauptet. Allein Richard habt Ihr zu verdanken, daß Ihr überhaupt noch lebt. Ihr habt gesagt, gelänge es Richard und mir, den Schleier zu schließen und dadurch Euch und alle anderen vor dem Hüter zu bewahren, dann wärt Ihr uns beiden ewig dankbar.«

»Das bin ich auch.«

Kahlan beugte sich vor. »Ihr wollt Eure Dankbarkeit beweisen, indem Ihr droht, mein Kind zu töten, sollte ich eins bekommen, und versucht, mich gar umzubringen, wenn ich Euch um Hilfe bitte?«

Shotas Brauen zuckten. »Ich habe nicht versucht, Euch umzubringen.«

»Ihr schickt Samuel dort hinauf, damit er mich überfällt, und dann habt Ihr die Frechheit, mich dafür zurechtzuweisen, daß ich bereit bin, mich zu verteidigen? Dieses kleine Ungeheuer hat mich zu Boden geworfen und ist über mich hergefallen. Hätte ich keine Waffe gehabt, wer weiß, was er mir angetan hätte. Ist das Eure Dankbarkeit? Er sagte, wenn Ihr mit mir fertig seid, würdet Ihr ihm erlauben, mich zu verspeisen. Und ich soll an Euren guten Willen glauben? Ihr wagt es, mir Dankbarkeit vorzugaukeln?«

Shotas Blick wanderte zu den Bäumen hinüber. »Samuel!« Sie setzte ihre Teetasse ab. »Samuel! Komm sofort her!«

Die gedrungene Gestalt hüpfte durch das Gras zwischen den Bäumen herbei, wobei er die Knöchel seiner Finger zu Hilfe nahm. Er rannte zu Shota und rieb seinen Kopf an ihren Beinen.

»Herrin«, schnurrte er.

»Samuel, was habe ich dir über die Mutter Konfessor erzählt?«

»Die Herrin hat Samuel gesagt, er soll zu ihr gehen.«

Sie sah Kahlan in die Augen. »Und was habe ich dir noch aufgetragen?«

»Er soll sie herbringen.«

»Samuel«, sagte sie mit bebender Stimme.

»Die Herrin hat gesagt, er soll ihr nichts tun.«

»Du bist über mich hergefallen!« warf Kahlan ein. »Du hast mich zu Boden gerissen und dich auf mich geworfen! Du hast gesagt, du würdest mich fressen, wenn deine Herrin mit mir fertig wäre.«

»Ist das wahr, Samuel?«

»Samuel hat der hübschen Lady nichts getan«, brummte Samuel.

»Stimmt das, was sie sagt? Hast du sie angegriffen?«

Samuel fauchte Kahlan an. Shota verpaßte ihm mit der Faust eine Kopfnuß. Er wich erschrocken zurück und klammerte sich an ihr Bein.

»Was habe ich dir aufgetragen, Samuel? Wie lauteten meine Anweisungen?«

»Samuel muß die Mutter Konfessor hierherbringen. Samuel darf die Mutter Konfessor nicht anfassen. Samuel darf der Mutter Konfessor nichts tun. Samuel darf der Mutter Konfessor nicht drohen.«

Shota trommelte mit den Fingern auf den Tisch. »Und, hast du mir gehorcht, Samuel?«

Samuel versteckte seinen Kopf unter dem Saum ihres Kleides.

»Samuel, beantworte sofort meine Frage. Stimmt das, was die Mutter Konfessor sagt?«