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»Was meinst du, mein kleiner Spielgefährte?«

Marlins Augen füllten sich mit Tränen. »Ich weiß nicht, Herrin Cara. Ich weiß es nicht. Er hat es mir nicht gesagt. Ich schwöre.« Das Beben ging von seinem Kinn auf seine Stimme über. »Aber es wäre möglich. Es stimmt, was die Mutter Konfessor sagt. Es ist ihm gleich, ob wir bei der Ausführung unserer Befehle getötet werden. Unser Leben bedeutet ihm wenig.«

Cara drehte sich zu Kahlan. »Und weiter?«

Kahlan schüttelte den Kopf. »Im Augenblick fällt mir nichts weiter ein. Ich denke, das alles könnte einen Sinn ergeben. Wir werden nachher wiederkommen, wenn ich darüber nachgedacht habe. Vielleicht fallen mir noch ein paar weitere Fragen ein, die Klarheit in die Angelegenheit bringen.«

Cara richtete den Strafer auf sein Gesicht. »Du bleibst genau hier stehen, auf diesem Fleck, und zwar, bis wir zurückkommen. Ob das in zwei Stunden oder in zwei Tagen geschieht, ist unerheblich. Wenn du dich hinsetzt oder außer deinen Fußsohlen irgendein anderer Teil von dir den Boden berührt, wirst du hier ganz alleine mit den Schmerzen sein, die es mit sich bringt, wenn man sich meinen Wünschen widersetzt. Kapiert?«

Er blinzelte, als ihm ein Schweißtropfen ins Auge lief. »Ja, Herrin Cara.«

»Glaubt Ihr, es ist wirklich nötig, Cara, daß –«

»Ja. Ich weiß, was ich tue. Laßt mich nur machen. Ihr habt mich selbst darauf gebracht, was auf dem Spiel steht und daß wir keine Risiken eingehen dürfen.«

Kahlan gab nach. »Also gut.«

Sie ergriff eine Sprosse über ihrem Kopf und begann, die Leiter hinaufzuklettern. Auf der zweiten Sprosse hielt sie inne und sah sich um. Stirnrunzelnd stieg sie wieder hinunter.

»Marlin, bist du alleine nach Aydindril gekommen?«

»Nein, Mutter Konfessor.«

Cara packte den Kragen seiner Uniformjacke. »Was? Du bist zusammen mit anderen hergekommen?«

»Ja, Herrin Cara.«

»Mit wie vielen?«

»Mit einer anderen, Herrin Cara. Sie war eine Schwester der Finsternis.«

Kahlan packte ihn ebenfalls an der Jacke. »Wie war ihr Name?«

Von den beiden Frauen eingeschüchtert, versuchte er, ein Stück zurückzuweichen, aber ihr Griff an seiner Uniformjacke ließ das nicht zu. »Ich kenne ihren Namen nicht«, jammerte er. »Ich schwöre.«

»Sie war eine Schwester der Finsternis aus dem Palast, wo du nahezu ein Jahrhundert gelebt hast, und du kennst ihren Namen nicht?« fuhr Kahlan ihn an.

Marlin fuhr sich abermals mit der Zunge über die Lippen. Sein Blick wanderte zwischen den Frauen hin und her. »Es gab Hunderte von Schwestern im Palast der Propheten. Und Regeln. Man hatte uns Lehrer zugeteilt. Es gab Orte, an die wir nicht gingen, und Schwestern, mit denen wir nie in Kontakt kamen, zum Beispiel jene, die die Verwaltungsarbeit machten. Ich kannte sie nicht alle, das schwöre ich. Ihr bin ich schon einmal im Palast begegnet, aber ihren Namen wußte ich nicht, und sie hat ihn mir auch nicht verraten.«

»Wo ist sie jetzt?«

Marlin zitterte vor Entsetzen. »Ich habe keine Ahnung! Seit Tagen habe ich sie nicht gesehen, seit ich in die Stadt gekommen bin.«

Kahlan biß die Zähne aufeinander. »Wie sah sie aus?«

Marlins Blick zuckte zwischen den beiden Frauen hin und her. »Ich weiß es nicht. Ich weiß nicht, wie ich sie beschreiben soll. Eine junge Frau. Ich glaube, daß sie erst seit kurzem keine Novizin mehr ist. Sie sah jung aus, so wie Ihr, Mutter Konfessor. Hübsch. Ich fand sie hübsch. Sie hatte langes Haar. Langes, braunes Haar.«

Kahlan und Cara sahen sich an. »Nadine«, entfuhr es ihnen wie aus einem Mund.

4

»Herrin Cara?« rief Marlin von unten.

Cara drehte sich um. Sie hielt sich mit einer Hand fest, eine Sprosse unter Kahlan. In der anderen trug sie die Fackel. »Was ist!«

»Wie soll ich schlafen, Herrin Cara? Angenommen, Ihr kommt heute abend nicht zurück und ich muß stehen, wie soll ich dann schlafen?«

»Schlafen? Das interessiert mich nicht. Ich sagte doch schon – du mußt auf den Füßen stehen, genau auf dieser Stelle. Bewegst du dich, setzt du dich oder legst du dich hin, wird es dir sehr leid tun. Du wirst mit den Schmerzen ganz allein sein. Kapiert?«

»Ja, Herrin Cara«, erwiderte die schwache Stimme aus der Dunkelheit.

Als Kahlan oben ankam, nahm sie Cara die Fackel ab und erlöste die Mord-Sith, so daß sie beide Hände zum Klettern benutzen konnte. Kahlan reichte die Fackel Unterkommandant Collins, der erleichtert wirkte.

»Collins, ich möchte, daß ihr alle hier unten bleibt. Haltet die Tür verschlossen und steigt nicht dort runter – aus welchem Grund auch immer. Laßt niemanden auch nur einen Blick hineinwerfen.«

»In Ordnung, Mutter Konfessor.« Unterkommandant Collins zögerte. »Dann besteht also Gefahr?«

Kahlan verstand seine Besorgnis. »Nein. Cara hat seine Kraft unter Kontrolle. Er ist nicht fähig, seine Magie zu benutzen.«

Sie musterte die Soldaten, die den dunklen, schmutzigen Gang verstopften. Es mußten fast einhundert sein.

»Ich weiß nicht, ob wir bis heute abend noch einmal zurückkommen«, erklärte sie dem Unterkommandanten. »Schafft den Rest Eurer Leute herunter. Teilt sie in Gruppen ein. Sie sollen sich in Schichten ablösen, damit sich zu jedem Zeitpunkt genug Männer hier unten befinden. Schließt sämtliche Türen. Stellt Bogenschützen an den Ausgängen auf.«

»Hattet Ihr nicht gesagt, es gäbe keinen Grund zur Sorge und er könne seine Magie nicht einsetzen?«

Kahlan lächelte. »Wollt Ihr Euch vor Cara verantworten, wenn sich jemand hereinschleicht und den ihr anvertrauten Gefangenen in ihrer Abwesenheit vor Eurer Nase befreit?«

Er kratzte sich die Bartstoppeln und warf einen Blick auf Cara. »Verstehe, Mutter Konfessor. Wir werden dafür sorgen, daß sich niemand der Tür nähern kann.«

»Ihr traut mir noch immer nicht?« fragte Cara, als sie außer Hörweite der Soldaten waren.

Kahlan lächelte sie freundlich an. »Mein Vater war König Wyborn. Er war ein großer Krieger. Er brachte mir bei, daß man Gefangene nicht gut genug bewachen kann.«

Cara zuckte die Achseln, derweil sie an einer flackernden Fackel vorbeikamen. »Von mir aus. Ich fühle mich dadurch nicht gekränkt. Aber ich habe seine Magie. Er ist hilflos.«

»Mir ist immer noch nicht klar, wie Ihr Euch vor Magie fürchten und dabei eine solche Macht über sie haben könnt.«

»Wie schon gesagt, nur dann, wenn er uns ausdrücklich damit angreift.«

»Und wie übernehmt Ihr die Kontrolle über sie? Wie unterwerft Ihr sie Eurem Kommando?«

Cara ließ den Strafer am Ende der Kette um ihr Handgelenk kreisen, während sie weitergingen. »Das weiß ich selbst nicht. Wir tun es einfach. Meister Rahl ist zu einem Teil persönlich an der Ausbildung der Mord-Sith beteiligt. In dieser Phase wird uns diese Fähigkeit beigebracht. Es handelt sich nicht um Magie, die aus uns heraus entsteht, sondern vermutlich wird sie nur auf uns übertragen.«

Kahlan schüttelte den Kopf. »Und trotzdem wißt Ihr nicht wirklich, was Ihr tut. Dennoch funktioniert es.«

An einer Ecke hakte Cara ihre Fingerspitzen in das eiserne Geländer, schwang herum und folgte Kahlan die steinernen Stufen hinauf. »Man muß nicht wissen, was man tut, damit Magie funktioniert.«

»Wie meint Ihr das?«

»Nun, Lord Rahl erzählte uns, daß ein Kind Magie sei: die Magie der Schöpfung. Man muß nicht wissen, was man tut, um ein Kind zu zeugen.

Einmal erzählte mir dieses Mädchen, ein sehr naives Mädchen von vielleicht vierzehn Sommern, eine Tochter von Dienstboten im Palast des Volkes in D'Hara, Darken Rahl – oder Vater Rahl, wie er sich gerne nennen ließ – habe ihr eine Rosenknospe geschenkt und die sei in ihrer Hand erblüht, als sie sie anlächelte. Sie sagte, auf diese Weise sei sie zu einem Kind gekommen – durch seine Magie.«

Cara lachte freudlos. »Sie glaubte wirklich, sie sei auf diese Weise schwanger geworden. Sie kam nie auf die Idee, es läge daran, daß sie die Beine für ihn breit gemacht hatte. Seht Ihr? Sie hat etwas Magisches getan, einen Sohn bekommen, und das, ohne zu wissen, wie sie es in Wirklichkeit gemacht hatte.«