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Nachdem man ihnen das Gras um die Handgelenke gewickelt hatte, zogen die Nangtong ihre Waffen zurück, hoben ihren Teil der Decken auf, sammelten ihre beiden Ziegen ein und machten sich rasch aus dem Staub.

Der Älteste, der mit dem Kaninchenfell auf dem Kopf, beugte sich zu Zedd vor und sprach. Als Zedd die Stirn runzelte und die Achseln zuckte, griff der Mann zu einer Zeichensprache, die er sich anscheinend eben erst ausgedacht hatte. Er deutete Arbeiten an, die zu erledigen seien, und die Zeit, indem er die Jahreszeiten darstellte: Er grub in der Erde und tat, als pflanze er etwas, er mimte die Hitze des Sommers und den winterlichen Frost. Viel verstand Zedd nicht, aber es genügte.

Er wandte sich zu Ann. »Ich glaube, diese Knaben hier haben uns aus der Todesstrafe freigekauft. Wir müssen ihnen für einen Zeitraum von etwa zwei Jahren als Sklaven dienen, um ihnen ihre Kosten zu erstatten, plus einen kleinen Gewinn für ihre Bemühungen.«

»Man hat uns als Sklaven verkauft?«

»Sieht ganz so aus. Aber nur für ein paar Jahre. Eigentlich ziemlich großzügig von ihnen, wenn man bedenkt, was die Nangtong mit uns vorhatten.«

»Vielleicht können wir uns freikaufen?«

»Für die Si Doak ist dies eine an die Person gebundene Schuld, die nur durch den persönlichen Dienst als Sklave beglichen werden kann. In ihren Augen haben sie uns das Leben zurückgegeben, also müssen wir einen Teil dieses Lebens dazu verwenden, ihnen unsere Dankbarkeit zu zeigen. Und hinter ihnen sauberzumachen.«

»Saubermachen? Sollen wir etwa Fußböden schrubben, um unsere Schuld zu tilgen?«

»Vermutlich wollen sie, daß wir kochen, Lasten herumschleppen, säen, uns um die Tiere kümmern und so weiter.«

Wie um zu bestätigen, was Zedd ihr gerade erklärt hatte, gingen die Si Doak daran, die Riemen zu lösen, mit denen ihre Wasserschläuche an ihren Köpfen befestigt waren, und reichten diese Ann und Zedd.

»Was soll das?« fragte Ann ihn.

Zedd zog eine Braue hoch. »Sie wollen, daß wir ihr Wasser tragen.«

Drei weitere der Si Doak kamen mit den restlichen Decken, teilten sie auf und gaben sie ihren neuen Trägern.

»Willst du mir etwa erzählen«, knurrte Ann, »der Oberste Zauberer der Midlands und die Prälatin der Schwestern des Lichts seien für den Preis von ein paar Decken und zwei Ziegen in die Sklaverei verkauft worden?«

Von hinten angestoßen, taumelte Zedd hinter den aufbrechenden Si Doak her.

»Ich weiß genau, was du meinst«, sagte er über seine Schulter. »Zum ersten Mal, soweit ich weiß, haben die Si Doak draufgezahlt.«

Er stolperte und ließ die Hälfte seiner aus Wasserschläuchen bestehenden Ladung fallen. Als er das Gleichgewicht wiederfand, trat er auf einen drauf, der in einem dornigen Beerenstrauch hängengeblieben war. Während er sich bückte, um die Schläuche aufzuheben, kippte der Stapel Decken in die schlammige Pfütze, die ein geplatzter Wasserschlauch hinterlassen hatte. Er stemmte ein Knie auf die Erde, um sein Gleichgewicht wiederzufinden, und sammelte die herumliegenden Schläuche ein. Dabei zerdrückte er mit dem Knie die Beeren unter der Decke.

»Hoppla.« Er winkte den Si Doak entschuldigend zu. »Tut mir leid.«

Die Si Doak sprangen aufgeregt umher und verlangten, er solle alles augenblicklich aufheben. Der Mann, dessen Wasserschlauch von einem Dornenbusch aufgerissen worden war, zeigte verärgert auf sein beschädigtes Eigentum und forderte wild schnatternd Schadenersatz.

»Ich habe gesagt, es tut mir leid«, protestierte Zedd, obwohl er ihn nicht verstand. Er bückte sich, um die nassen Decken aufzuheben. Eine hielt er in die Höhe, breitete sie zwischen seinen Armen auseinander und untersuchte sie.

»Du meine Güte. Sieh dir das an. Den Flecken kriegen wir nie wieder raus.«

46

»Der Ritt war anstrengend, Lord Rahl«, befand Berdine. »Ich denke, Ihr müßt Euch ausruhen. Wir sollten umkehren. Damit Ihr Euch ausruhen könnt, meine ich.«

Die massive Umwallung, die im weichen Licht der untergehenden Sonne lag, breitete sich vor den dreien wie eine breite Straße aus. Er wollte die Burg der Zauberer vor dem Dunkelwerden wieder verlassen haben. Nicht, daß das Tageslicht ihn vor gefährlicher Magie bewahrt hätte, aber irgendwie war ihm nach Einbruch der Dunkelheit in der Burg noch unheimlicher.

Raina beugte sich vor, um etwas zu sagen. »Das war deine Idee, Berdine.«

»Meine Idee? Ich habe dergleichen niemals vorgeschlagen!«

»Seid still, alle beide«, knurrte Richard.

Er dachte über das Gefühl der Magie nach, die seine Haut jucken ließ. Sie hatten ungefähr die halbe Strecke bis zur Privatenklave des Obersten Zauberers über die lange Umwallung zurückgelegt, als die deutlich spürbare, leichte Berührung der Magie auf seiner Haut zu kribbeln begann. Die beiden Mord-Sith hatten augenblicklich angehalten.

Kahlan hatte ihm von diesem Ort, der Privatenklave des Obersten Zauberers, erzählt. Sie sei früher hier auf die Mauer gestiegen, weil man von hier einen wundervollen Blick auf Aydindril hatte. Und tatsächlich, den hatte man, aber es gab hier auch die Magie mächtiger Schilde. Diese hielten jeden Eindringling von diesem kleinen Winkel der Burg der Zauberer fern.

Kahlan hatte ihm berichtet, während ihres ganzen Lebens habe kein einziger Zauberer die Kraft besessen, diese Schilde zu passieren. Viele hatten es versucht, waren aber gescheitert. Die Zauberer, die in der Burg wohnten und arbeiteten, als Kahlan heranwuchs, besaßen einfach nicht die nötige Magie, um diesen Teil zu betreten. Zedd war der Oberste Zauberer, und seit jener Zeit vor Kahlans und Richards Geburt, als er die Midlands verlassen hatte, hatte kein Mensch die Enklave des Obersten Zauberers mehr betreten.

Kahlan hatte gemeint, diese Schilde sonderten um so mehr Energie ab, je näher man ihnen komme, bis einem die Haare zu Berge stünden und man kaum noch atmen könne. Sie hatte hinzugefügt, wenn man selbst nicht genug Magie besäße, mochte es bereits tödlich wirken, den Schilden überhaupt nur zu nahe zu kommen. Richard hatte nicht die Absicht, ihre Warnungen in den Wind zu schlagen, dennoch mußte er unbedingt dort hinein.

Kahlan hatte weiterhin erklärt, man müsse seine Hand auf das kalte Metall neben der Tür legen, wozu kein ihr bekannter Zauberer je imstande gewesen sei. Richard war im Palast der Propheten auf ähnliche Schilde gestoßen, die man durch Berühren einer Metallplatte passieren konnte; soweit er wußte, war keines davon in der Lage gewesen, jemanden zu töten. Er hatte diese Schilde und auch andere in der Burg der Zauberer passieren können, für die eine Magie erforderlich war, die nur er besaß, also schloß er daraus, er sollte ebenfalls in der Lage sein, diesen zu passieren. Er mußte dort hinein.

Berdine rieb sich, durch das Kribbeln der Magie beunruhigt, die Arme. »Seid Ihr auch ganz bestimmt nicht müde? Ihr seid den ganzen langen Weg geritten.«

»So hart war der Ritt auch wieder nicht«, erwiderte Richard. »Ich bin nicht müde.«

Er war zu besorgt, um Rast zu machen. Denn er hatte geglaubt, Kahlan sei längst zurück. Ja, er war sicher gewesen, sie bei seiner Rückkehr von Berg Kymermosst zu Hause anzutreffen. Sie hätte längst zurück sein sollen.

Doch das war sie nicht.

Er würde nur bis zum Morgen warten.

»Ich bin immer noch der Meinung, wir sollten es nicht wagen«, maulte Berdine. »Wie geht es Eurem Fuß? Ihr solltet gar nicht auf den Beinen sein.«

Endlich sah Richard sie an. Sie drängte sich an seine linke Seite. Raina drängte sich an seine rechte. Beide hatten ihren Strafer in der Hand.

»Meinem Fuß geht es sehr gut, danke.« Er bewegte seinen Körper hin und her, um sie zu zwingen, ein wenig von ihm abzurücken, damit er ein wenig Platz zum Atmen bekam. »Ich brauche nur eine von Euch. Es bedeutet keinen Gesichtsverlust, wenn Ihr hierbleiben wollt. Raina kann mich begleiten, wenn Ihr nicht wollt.«