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»Er ging an einen Ort, den er die Enklave des Obersten Zauberers nannte. Dort hat er es gefunden.«

Kahlan fiel die Kinnlade herunter. »Er hat die Enklave des Obersten Zauberers betreten? Alleine, ohne mich? Er hätte dort nicht hineingehen dürfen! Der Ort ist viel zu gefährlich!«

»Ach, ja?« Cara verschränkte die Arme. »Ihr würdet natürlich niemals etwas so Törichtes tun und es Euch in den Kopf setzen, loszurennen und ganz alleine einen gefährlichen Ort aufzusuchen? Vielleicht solltet Ihr Lord Rahl für sein unbeherrschtes Betragen einen Tadel erteilen, wo Ihr doch so besonnen und über derart leichtfertiges Benehmen erhaben seid.«

Das Echo von Caras Stimme stand noch unangenehm lange im Raum, bevor es verklang. Kahlan hatte begriffen. Richard hatte zwar exakt das getan, um was sie ihn gebeten hatte, und war ihr nicht gefolgt, dafür hatte Cara es versucht. Obwohl sie Magie nicht ausstehen konnte, hatte sie Kahlan beschützen wollen.

»Cara«, sagte sie mit besänftigender Freundlichkeit in der Stimme, »tut mir leid, daß ich Euch hinters Licht geführt habe.«

Die Mord-Sith zuckte die Achseln, zeigte sich aber weiterhin ungerührt. »Ich bin nur eine Bewacherin. Ihr seid mir zu nichts verpflichtet.«

»Doch, das bin ich. Ihr seid nicht nur eine ›Bewacherin‹, unsere Beschützerin, sondern weit mehr als das. Ich betrachte Euch als meine Freundin. Ihr seid eine Schwester des Strafers. Ich hätte Euch in meinen Plan einweihen sollen, nur fürchtete ich, Richard wäre dann böse auf Euch geworden, weil Ihr mich nicht daran gehindert habt. Das wollte ich nicht.«

Cara schwieg. Noch immer zeigte sie keinerlei Regung. Kahlan brach das bedrückende Schweigen. »Tut mir leid, Cara. Wahrscheinlich hatte ich Angst, Ihr würdet versuchen, mich aufzuhalten. Ich habe Euch hinters Licht geführt. Ihr seid eine Schwester des Strafers. Natürlich hätte ich Euch ins Vertrauen ziehen sollen. Ich habe einen Fehler gemacht, Cara. Bitte verzeiht mir.«

Endlich ging ein Lächeln über Caras Gesicht. »Wir sind Schwestern des Strafers. Ich verzeihe Euch.«

Kahlan brachte ein dünnes Lächeln zuwege. »Was meint Ihr, ist Richard ebenso verständnisvoll wie Ihr?«

Cara gab ein amüsiertes Grunzen von sich. »Na ja, Ihr habt die besseren Möglichkeiten, ihn zu überzeugen, damit er Euch vergibt. Es ist nicht schwer, den finsteren Blick eines Mannes aufzuhellen.«

»Wenn ich bloß gute Neuigkeiten brächte, um ihn ein wenig aufzuheitern, aber leider ist das nicht der Fall.« Sie hielt in der Tür inne. »Was hat Nadine in meiner Abwesenheit angestellt?«

»Na ja, die meiste Zeit war ich hier unten und habe die Sliph bewacht, nach dem allerdings, was ich mitbekommen habe, hat sie das Personal mit Kräutern versorgt, damit die Menschen sich schützen und damit den Palast ausräuchern können. Gut, daß der Palast größtenteils aus Stein gebaut ist, sonst wäre er wahrscheinlich längst abgebrannt. Sie hat sich mit Drefan beraten und ihm geholfen, dem Personal und all den anderen zu sagen, was sie zu tun haben.

Lord Rahl bat sie, Kräuterhändler und ähnliche Leute aufzusuchen und zu überprüfen, ob es sich um ehrliche Leute handelte oder um Scharlatane, die den Menschen, die Angst um ihr Leben haben, nur das Geld aus der Tasche ziehen wollen. Augenblicklich scheinen in der Stadt schamlose Quacksalber aus dem Boden zu schießen wie frisches Gras in der warmen Sonne. Nadine erstattet Lord Rahl zwar ebenfalls Bericht, er war allerdings die meiste Zeit fort. Und da sie offenbar emsig bemüht ist, den Menschen zu helfen, waren ihre Besuche seit seiner Rückkehr kurz.«

Kahlan schlug mit der Faust gegen die Türfüllung.

»Danke, Cara.« Sie sah der anderen Frau in die blauen Augen. »Hier unten gibt es Ratten. Habt Ihr bestimmt keine Angst?«

»Es gibt Schlimmeres als Ratten.«

»Das ist allerdings wahr«, erwiderte Kahlan leise.

48

Es war spät, und in der Dunkelheit erkannten die Menschen auf der Straße sie nicht. Da sie ohne ihre übliche Eskorte unterwegs war, hatte niemand Grund, ein zweites Mal hinzuschauen und anzunehmen, es handele sich um die Mutter Konfessor, die sich unter sie mischte. Das war auch gut so. Es gab Leute, die der Mutter Konfessor Übles wollten. Meist hielten sich die Menschen zu ihr und allen anderen auf Distanz, weil sie hofften, sich dadurch die Pest vom Leib zu halten.

Wie Cara erzählt hatte, wimmelte es von betrügerischen Straßenhändlern, die Arzneien verkauften, mit denen man angeblich die Pest abwenden oder seine Lieben, die bereits von der Krankheit befallen waren, heilen konnte. Andere schlenderten mit von Schulterriemen gehaltenen Tabletts durch die Straßen, auf denen säuberlich geordnet Amulette lagen, die magisch gegen die Pest wirkten. Kahlan erinnerte sich, vor nicht allzu langer Zeit gesehen zu haben, wie dieselben Leute eben diese Amulette als Magie verkauft hatten, mit deren Hilfe man einen Gatten oder eine Gattin finden oder eine untreue Gemahlin verzaubern konnte. Alte Frauen mit kleinen zweirädrigen Karren oder einfachen Verkaufsständen aus Holz verkauften geschnitzte, mit einem Bann versehene Plaketten, die man sich über die Tür des Hauses hängte, als sichere Methode, die verhinderte, daß die Pest Einlaß in besagtes Haus fand. Selbst die Händler für Fleisch und Gemüse verkündeten lauthals die stärkenden Eigenschaften ihrer Waren sowie deren Bedeutung für den Erhalt lange währender Gesundheit – selbstverständlich nur bei regelmäßigem Verzehr.

Kahlan hätte Soldaten ausgesandt, um diesen Schwindlern das Handwerk zu legen, aber derartige Eingriffe würden die Kunden wahrscheinlich als gegen sich gerichtete Maßnahme auffassen. Versuchte sie, die Armee einzusetzen, um solch törichte Praktiken zu unterbinden, würden die verzweifelten Menschen bald Geschichten über die Mächtigen zurechtspinnen, die die Heilmittel angeblich verbieten wollten, damit die anständigen, arbeitenden Leute an der Pest erkrankten. Allem gesunden Menschenverstand und gegenteiligen Beweisen zum Trotz waren viele davon überzeugt, daß die Mächtigen ständig Pläne ersannen, um Unheil über sie zu bringen. Wenn sie nur wüßten, wie die Wirklichkeit aussah.

Unterband Kahlan den Verkauf dieser Dinge, würden die ›Heilmittel‹ heimlich verkauft werden – zu einem höheren Preis. Ganz gleich, wie unhaltbar die Versprechungen dieser Heilmittel waren, an ihrer angeblichen Wirksamkeit wurde nicht gezweifelt.

Das Erste Gesetz der Magie: Die Menschen glaubten jede Lüge, entweder, weil sie glauben wollten, daß sie wahr sei, oder weil sie befürchteten, sie könnte es sein. Diese Menschen waren verzweifelt, und ihre Verzweiflung würde noch wachsen. Viele wollten mit aller Gewalt an irgend etwas glauben.

Kahlan versuchte sich vorzustellen, was sie tun würde, wenn Richard die Pest befiele. Würde sie in ihrer Verzweiflung Hoffnung auf derartige Roßtäuscherei setzen und gegen alle Vernunft darauf hoffen, dergleichen könnte ihn retten? Manchmal blieb den Menschen nichts weiter als die Hoffnung. So unbegründet sie auch war, Kahlan durfte sie ihnen nicht nehmen. Hoffnung war alles, was sie hatten, alles, woran sie sich noch festhalten konnten.

Es war an Kahlan und Richard, diesen Menschen zu helfen.

Als sie auf der Suche nach Richard durch den vertrauten Prunk des Palastes der Konfessoren lief, blieb Kahlan an der offenstehenden Doppeltür eines großen Saales stehen, der für offizielle Empfänge benutzt wurde. Der Saal war in einem beruhigenden Blau gestrichen, dunkelblaue Gardinen hingen von den hohen, schmalen Fenstern. Der Fußboden aus Granit wies ein Sonnenaufgangsmuster aus dunklerem und hellerem Stein auf, das sich strahlenförmig von der Mitte ausbreitete. Lampen auf Tischen aus Kirschholz an den Längsseiten des Raumes tauchten diesen in ein weiches Licht. Auf den Beistelltischen, auf denen manchmal kleine Speisen für die Gäste angerichtet wurden, stand jetzt eine stattliche Anzahl von Kerzen.

Drefans Stimme hatte Kahlans Aufmerksamkeit erregt. Rechts, vor dem Tisch mit den Kerzen, sprach er zu vielleicht fünfzig oder sechzig Personen. Diese hockten mit übereinandergeschlagenen Beinen vor ihm auf dem Fußboden und lauschten gespannt seinen Ausführungen darüber, wie man die Gesundheit stärkte und dem Körper dadurch seine Kraft bewahrte, daß man in Verbindung mit dem inneren Selbst blieb.