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»Shota behauptete, wir hätten noch nicht die letzte Nachricht von den Winden erhalten. Wir würden noch eine weitere erhalten, die den Mond betrifft.«

»Die den Mond betrifft? Wieso das?«

»Das weiß ich nicht. Wie für die Seelen schien das ›wie‹ für sie nicht von Bedeutung zu sein. Sie sagte allerdings, diese Nachricht des Mondes werde die ›folgerichtige Vereinigung‹ sein, ja, so nannte sie es. Wir dürften sie weder ignorieren noch verhindern.«

»Ach, sieh an. Und hat sie auch gesagt, warum genau?«

»Unsere Zukunft – die Zukunft all dieser unschuldigen Menschen – hänge von diesem Ereignis ab, meinte sie. Es sei die einzige Chance, unsere Pflicht zu erfüllen und all diesen Unschuldigen das Leben zu retten, die darauf angewiesen sind, wenn wir etwas tun, was sie nicht können.«

Richard drehte sich zu ihr um. Es war, als ginge der Tod höchstpersönlich auf sie los. Er hatte diesen Blick in den Augen, wie Drefan. Wie Darken Rahl.

»Sie hat dir noch mehr erzählt, mit dem du nicht rausrücken willst. Was?« knurrte er.

Es war nicht Richard, der hier sprach, sondern der Sucher. In diesem Augenblick wurde ihr bewußt, weshalb ein Sucher so gefürchtet war: Er war sich selbst Gesetz. Diese grauen Augen blickten glatt durch sie hindurch.

»Richard«, erwiderte sie leise, »bitte frag nicht weiter nach.«

Sein wutentbrannter Blick brannte sich in ihre Seele. Sie spürte, wie ihr heiße Tränen übers Gesicht liefen.

»Shota hat in die Zukunft gesehen«, hörte Kahlan sich weitersprechen, obwohl sie hatte schweigen wollen. »Sie sah, daß du eine andere heiraten wirst. Sie benutzte ihren Einfluß, damit es jemand ist, den du kennst.« Unter seinem zornigen Blick war es ihr unmöglich, stumm zu bleiben. »Wen ich heiraten soll, konnte sie nicht beeinflussen. Ich werde ebenfalls heiraten. Aber du wirst nicht mein Gemahl sein.«

Richard stand einen Augenblick lang da wie erstarrt, wie ein Unwetter, das sich brodelnd zusammenbraut. Er riß sich den Waffengurt über den Kopf und schleuderte ihn mitsamt der Scheide, die das Schwert enthielt, auf einen Stuhl.

»Was tust du, Richard?«

Und dann war er in Bewegung. Er stürzte zur Tür. Kahlan trat ihm in den Weg. Es war, als stellte man sich vor einen tobenden Berg.

»Was hast du vor, Richard?«

Er packte sie an der Hüfte und stellte sie zur Seite, als sei sie nicht schwerer als ein Kind.

»Ich werde sie umbringen.«

Kahlan schlang ihm von hinten die Arme um die Hüften und zerrte an ihm, damit er stehenblieb. Sie hätte ebensogut eine Mücke sein können, so wenig hielt ihn das auf. Er ließ sein Schwert zurück, weil er mit der Magie des Schwertes der Wahrheit in der Sliph nicht reisen konnte.

»Richard! Richard, bitte, bleib stehen! Wenn du mich liebst, dann bleib stehen!«

Er blieb stehen und sah sie zornerfüllt an. Seine Stimme war wie ein Donnerschlag.

»Was denn noch?«

»Hältst du mich für dumm, Richard?«

»Natürlich nicht.«

»Glaubst du denn, ich wolle einen anderen heiraten?«

»Nein.«

»Dann höre mich an, Richard. Shota hat erzählt, sie habe die Zukunft gesehen. Sie erfindet die Zukunft nicht, sie hat sie bloß gesehen. Sie hat mir dies alles erzählt, damit es uns vielleicht hilft.«

»Ich bin Shotas Hilfe mehr als leid. Ich will nichts mehr davon wissen. Sie hat sich eine Frechheit zuviel herausgenommen. Es wird ihre letzte sein.«

»Wir müssen überlegen, was wir tun sollen, Richard. Vor allem müssen wir diese Pest bekämpfen. Du hast die kranken, sterbenden Kinder gesehen. Die Seele von Chandalens Großvater hat mir zahllose andere tote Kinder gezeigt – und viele weitere Tote. Das hält die Zukunft bereit, wenn du es dir nicht anders überlegst. Willst du, daß diese Kinder und ihre Eltern sterben, nur weil du keine Lust hast, deinen Verstand zu gebrauchen?«

Seine Faust umklammerte die Verzierung irgendeiner eleganten Halskette. Ihr fiel auf, daß sie den Schmuck noch nie bemerkt hatte.

Obwohl er sein Schwert nicht trug, wurde er von dessen Magie getrieben. Er war ein Hexenkessel tödlichen Zorns. Der Tod funkelte in seinen Augen.

»Was Shota sagt, interessiert mich nicht. Ich werde Nadine nicht heiraten. Ich werde auch nicht tatenlos danebenstehen, wenn du –«

»Das weiß ich doch«, sagte sie leise. »Ich weiß, wie du dich fühlst, Richard. Wie, glaubst du, geht es mir dabei? Aber gebrauche deinen Verstand. Auf diese Weise läßt sich das, was Shota sagt, nicht ändern. Du hast immer behauptet, die Zukunft sei noch nicht entschieden, und wir dürften uns nicht nach Shotas Worten richten. Du hast immer darauf beharrt, wir dürften dem, was sie sagt, keinen Glauben schenken und uns in unserem Handeln nicht davon leiten lassen.«

In seinen Augen funkelte tödliche Wut. »Du glaubst ihr also.«

Kahlan holte Luft, um sich zu beruhigen, um ihre Fassung wiederzuerringen. »Ich glaube ihr, daß sie die Zukunft gesehen hat. Weißt du noch, wie sie sagte, ich würde dich mit meiner Kraft berühren, Richard? Sieh doch, was daraus geworden ist. Sie hatte recht, aber es führte nicht zu dem katastrophalen Ereignis, das ich befürchtet hatte. Das war es, was uns zusammengebracht und unsere Liebe erst möglich gemacht hat.«

»Wie kann etwas Gutes dabei herauskommen, wenn ich eine andere heirate?«

Mit einem Schlag wurde Kahlan bewußt, um was es hierbei wirklich ging: Er war eifersüchtig. Nie zuvor hatte sie ihn so eifersüchtig gesehen.

»Ich würde lügen, wenn ich behauptete, es zu wissen.« Kahlan packte ihn an seinen breiten Schultern. »Ich liebe dich, Richard, und das ist die Wahrheit. Ich könnte niemals einen anderen lieben. Du glaubst mir doch, nicht wahr? Ich vertraue darauf, daß du mich liebst, und ich weiß, daß du Nadine nicht liebst. Glaubst du etwa nicht an mich? Vertraust du mir nicht?«

Er beruhigte sich sichtlich. »Natürlich glaube ich dir. Ich vertraue dir.« Verzweiflung trat an die Stelle des Zorns in seinen Augen. Er ließ das Amulett in seiner Faust los. »Aber –«

»Kein Aber. Wir lieben uns. Was immer geschieht, wir müssen aneinander glauben, sonst sind wir verloren.«

Endlich zog er sie in seine Arme. Sie wußte, was ihn quälte. Sie fühlte das gleiche. Doch ihre Qual war schlimmer, denn sie war überzeugt, daß Shotas Weissagung keinen Ausweg zuließ.

Kahlan nahm das eigenartige Amulett in die Hand, das um seinen Hals hing. In der Mitte, eingefaßt von einem dichten Geflecht aus goldenen und silbernen Bändern, befand sich ein tränenförmiger Rubin von der Größe ihres Fingernagels.

»Was ist das, Richard? Wo hast du das her?«

Er nahm ihr den goldenen und silbernen Gegenstand aus der Hand und betrachtete ihn. »Es ist ein Symbol wie die anderen, die ich trage. Ich habe es in der Burg der Zauberer gefunden.«

»In der Enklave des Obersten Zauberers?«

»Ja. Es war Teil seiner Amtstracht. Anders als die anderen Gegenstände hat man es jedoch in seiner Enklave zurückgelassen. Der Mann, der es trug, war zu Kolos Zeit Oberster Zauberer. Sein Name war Baraccus.«

»Cara erzählte mir, du hättest die Aufzeichnungen über die Verhandlung gefunden. Wie hat es dort drinnen ausgesehen?«

Richard sah starren Blicks ins Leere. »Es war … wunderschön. Ich wollte gar nicht mehr weg.«

»Hast du aus dem Buch schon etwas in Erfahrung gebracht?«

»Nein. Es ist auf Hoch-D'Haran. Berdine arbeitet an Kolos Tagebuch, und ich werde mir dieses vornehmen. Ich hatte nur etwa eine Stunde Zeit, um mit der Übersetzung zu beginnen. Sehr weit bin ich noch nicht gekommen, ich war zu besorgt um dich, um an etwas anderes zu denken.«

Kahlan berührte das Amulett, das um seinen Hals hing. »Weißt du, wofür dieses Symbol steht?«

»Ja. Der Rubin soll einen Blutstropfen symbolisieren. Es handelt sich um die symbolische Darstellung des Weges des Ersten Edikts.«

»Des Ersten Edikts?«

Seine Stimme bekam etwas Abweisendes, so als spräche er mehr zu sich selbst als zu ihr.

»Es bedeutet nur eins, und damit alles: schneiden. Wenn du dich auf einen Kampf eingelassen hast, dann schneide. Alles andere wird zweitrangig. Schneide. Das ist deine Pflicht, dein Ziel, dein Hunger. Es gibt keine wichtigere Regel, keine Pflicht, die wichtiger wäre als diese eine. Schneide.«