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Richard legte zwei Finger an die Lippen und pfiff. Raina stürzte an der Spitze eines großen Kontingents schwerbewaffneter d'Haranischer Soldaten ins Zimmer. Zwei von ihnen entzündeten zusätzliche Lampen.

Richard hakte seine Daumen in seinen Gürtel, trat neben Kahlan und sah zu, wie die Soldaten den Mann auf die Beine hievten.

»Du hattest recht«, sagte sie. »Er hat Nadine überfallen, um die Wachen von mir abzuziehen. Die ganze Zeit hatte er es auf mich abgesehen.«

Eine Weile hatte sie geglaubt, er hätte den Verstand, verloren. Sein Auftritt hatte alle überzeugt, sogar Tristan.

»Danke, daß du mir vertraut hast«, sagte Richard leise.

Als er ihr anfangs seinen Plan erklärte, war Kahlan der Ansicht gewesen, er beschuldigte Tristan wegen des früheren Vorfalls. Sie hatte es nicht deutlich zum Ausdruck gebracht, sich aber gefragt, ob Richard nicht bloß aus Eifersucht handelte.

Jetzt hatte er schon zum zweiten Mal Eifersucht gezeigt, seit sie ihm von Shotas Worten berichtet hatte – etwas, das sie eigentlich gar nicht von ihm kannte. Er hatte keinen Grund, eifersüchtig zu sein, doch Shotas Worte hatten ihre Wirkung auf seinen Verstand nicht verfehlt und seinen Zweifel geweckt. Jedesmal, wenn sie Nadine ansah, verstand Kahlan, wie er sich fühlte. Jedesmal, wenn sie Nadine auch nur in seiner Nähe stehen sah, spürte Kahlan, wie die Eifersucht mit heißen Krallen ihr Innerstes zerriß.

Shota und die Ahnenseele hatten ihr die Wahrheit gesagt. Sie war sich darüber im klaren, daß sie Richard nicht bekommen würde. Verstandesmäßig versuchte sie, dies in rationale Gedanken zu fassen, sich einzureden, es werde sich schon eine Lösung finden, daß sie zusammen sein würden, in ihrem Herzen wußte sie es dennoch besser. Richard würde Nadine heiraten. Und Kahlan einen anderen Mann.

Richard sträubte sich, das zu glauben. Wenigstens behauptete er das. Sie hatte ihre Zweifel.

Vor ihrem inneren Auge sah sie Clive Anderson, der tot auf seinem Stuhl saß, seine tote Frau in den Armen. Was war eine unglückliche Ehe verglichen mit der Tragödie, die über die Familie Anderson und so viele andere gekommen war? War es das nicht wert, diesen Preis zu zahlen, wenn dadurch diesem entsetzlichen Leiden und Sterben ein Ende gesetzt würde?

Nadine stahl sich an Richards andere Seite. »Ich wäre jetzt tot, ob du nun die Wachen von Kahlan abgezogen hättest oder nicht. Danke, Richard. Wie du den Pfeil direkt vor meinem Gesicht abgefangen hast, so etwas habe ich noch nicht erlebt.«

Richard zog sie kurz an ihrem Arm zu sich heran. »Du hast dich oft genug bedankt, Nadine. Für mich hättest du dasselbe getan.«

Wieder spürte Kahlan die heißen Krallen der Eifersucht. Sie unterdrückte das Gefühl. Es war, wie Shota gesagt hatte: Wenn sie ihn liebte, sollte ihm wenigstens der kleine Trost bleiben – daß es jemand war. den er kannte.

»Und wenn er mich getötet hätte? Ich meine, wenn er nichts weiter gewollt hat, als daß die Wachen von Kahlan abgezogen werden, was wäre passiert, wenn er mich getötet hätte? Was hätte ihm das genützt?«

»Er weiß, daß ich die Gabe habe, und darauf hat er sich verlassen. Hätte er dich versehentlich getötet, hätte es vielleicht trotzdem geklappt. Oder er hätte etwas Ähnliches bei Drefan vortäuschen und uns in unserem Glauben bestärken können, Heiler seien das Ziel und nicht Kahlan.«

»Warum hat er Kahlan dann nicht einfach mit einem Pfeil getötet?«

Richard verfolgte den einseitigen Kampf auf der anderen Seite des Betts. »Weil es ihm Vergnügen bereitet, mit diesem Messer zuzustechen. Er wollte das Gefühl genießen, sie zu töten.«

Seine Worte ließen Kahlan frösteln. Sie kannte Tristan. Gut möglich, daß Richard recht hatte. Tristan hätte seinen Spaß daran gehabt.

Die Soldaten bogen Tristan die Arme auf den Rücken und rissen ihn auf die Beine. Er wehrte sich noch immer nach Kräften, war aber hoffnungslos unterlegen. Als das Zimmer sich mit Soldaten füllte, wurden weitere Lampen angezündet.

Kahlan waren all die Menschen in ihrem Schlafzimmer unangenehm. Vermutlich deshalb, weil die Gemächer der Mutter Konfessor stets ein privates Heiligtum gewesen waren. Ein Ort der Zurückgezogenheit.

In dieses Heiligtum war ein Mann eingedrungen. Ein Mann, der sich mit der Absicht trug, sie zu erdolchen.

»Was hat das eigentlich alles zu bedeuten?« brüllte Tristan.

»Oh, wir wollten bloß sehen, wie ein Kerl ein mit Werg ausgestopftes Nachthemd absticht«, erwiderte Richard.

General Kerson untersuchte den Gefangenen, um sich davon zu überzeugen, daß Berdine ihm alle Waffen abgenommen hatte. Als er zufrieden war, wandte er sich zu Richard.

»Was soll mit ihm geschehen, Lord Rahl?«

»Enthauptet ihn.«

Kahlan drehte sich schockiert um. »Das kannst du nicht tun, Richard.«

»Du hast mit eigenen Augen gesehen, was er getan hat. Er befand sich in dem Glauben, dich umzubringen.«

»Aber er hat es nicht getan. Er hat nur auf mein Bett eingestochen. Die Seelen machen einen Unterschied zwischen Absicht und Tat.«

»Er hat auch versucht, Nadine zu töten.«

»Ich habe nichts dergleichen getan!« brüllte Tristan. »Das war ich nicht – ich habe den Palast heute abend überhaupt nicht verlassen!«

Richard sah Tristan mit einem kalten Funkeln in den Augen an. »Ihr habt weiße Haare an den Knien. Weiße Ziegenhaare. Ihr habt hinter dem Zaun gekniet, als Ihr mit der Armbrust gezielt habt, und dabei sind die Ziegenhaare an Eurer Hose hängengeblieben.«

Kahlan blickte nach unten und sah, daß Richard recht hatte.

»Ihr seid wahnsinnig! Das habe ich niemals getan!«

»Richard«, sagte Kahlan, »Nadine hat er ebenfalls nicht getötet. Er hat es vielleicht versucht, aber getan hat er es nicht. Du kannst ihn nicht für die Absicht hinrichten.«

Richard ballte die Faust um das Amulett auf seiner Brust, das Amulett, das den Tanz mit dem Tod repräsentierte. Kein Erbarmen.

Der General löste den Blick von Kahlan und richtete ihn auf Richard. »Lord Rahl?«

»Richard«, drängte Kahlan, »das darfst du nicht tun.«

Richard sah Tristan wütend funkelnd an. »Er hat diese Frauen umgebracht. Er hat sie mit seinem prächtigen Messer aufgeschlitzt. Es gefällt Euch, Menschen aufzuschlitzen, nicht wahr, Tristan?«

»Was redet Ihr da? Ich habe niemanden getötet – außer im Krieg!«

»Nein«, sagte Richard, »und Ihr habt auch nicht versucht, Kahlan umzubringen. Und Ihr habt nicht versucht, Nadine zu töten, und an Eurer Hose kleben auch keine weißen Ziegenhaare.«

Tristans von Panik erfüllte braune Augen richteten sich auf Kahlan. »Mutter Konfessor, ich habe Euch nicht getötet, und ich habe sie nicht getötet. Ich habe niemanden getötet. Ihr dürft nicht zulassen, daß er es so weit kommen läßt.«

Kahlan erinnerte sich, was man sich hinter vorgehaltener Hand über Tristan erzählte, an die Gerüchte, er bevorzuge, wenn er in den Kampf zog, das Messer gegenüber dem Schwert, weil er ein sadistisches Vergnügen daran finde, Menschen aufzuschlitzen.

Die Frauen waren aus sadistischem Vergnügen getötet worden.

»Was habt Ihr mir erzählt, Tristan? Daß Ihr oft auf das Zaubermittel Geld zurückgreifen müßt, wenn Euch nach weiblicher Gesellschaft zumute ist? Und daß Ihr, falls Ihr die Regeln brecht, erwartet, einer Bestrafung unserer Wahl unterzogen zu werden?«

»Wie wäre es mit einer Gerichtsverhandlung? Ich habe niemanden ermordet. Absicht ist nicht dasselbe wie die Tat!«

»Und was war Eure Absicht, Tristan?« fragte Richard. »Warum wolltet Ihr Kahlan umbringen?«

»Jedenfalls nicht aus eigenem Antrieb. Es ging nicht ums Vergnügen, wie Ihr denkt. Ich wollte nur Menschenleben retten.«

Richard zog erstaunt eine Braue hoch. »Töten, um Menschenleben zu retten?«

»Ihr habt doch auch schon Menschen getötet. Ihr tut es nicht aus Freude am Töten, sondern um das Leben Unschuldiger zu retten. Das ist alles, dessen ich mich schuldig gemacht habe – des Versuchs, das Leben Unschuldiger zu retten.