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Die Imperiale Ordnung hat Abgesandte in den Königlichen Palast in Sandilar geschickt. Es hieß, wir hätten die Wahl, uns ihnen entweder anzuschließen oder zu sterben. Javas Kadar, unser Sterndeuter, trug mir auf, am Himmel nach einem Zeichen Ausschau zu halten.

Als die roten Monde kamen und die Pest begann, wußte ich, was sie gemeint hatten. Ich sollte die Mutter Konfessor töten und mich auf diese Weise mit der Imperialen Ordnung gut stellen, damit sie nicht auch uns die Pest schickt. Das alles war nichts weiter als der Versuch, mein Volk vor großer Not zu bewahren.«

Richards Augen wandten sich zu Kahlan. »Wie weit ist es bis nach Sandilar?«

»Ein Monat, hin und zurück. Vielleicht ein paar Tage weniger.«

Richard blickte wieder zum General. »Stellt eine Gruppe von Offizieren zusammen, die das Kommando über die jaranischen Streitkräfte und die Hauptstadt übernehmen. Sie sollen Tristans Kopf der königlichen Familie überbringen und ihnen mitteilen, daß man ihn wegen versuchten Mordes an der Mutter Konfessor hingerichtet hat.

Die Offiziere sollen die Kapitulation Jaras an D'Hara unter den bereits erwähnten friedlichen Bedingungen anbieten. Bis dorthin und zurück dauert es einen Monat. Der König soll persönlich mit den Kapitulationsdokumenten hierherkommen. Ich erwarte ihn und die d'Haranischen Wachen, die ihn begleiten, morgen in einem Monat zurück.

Erklärt dem König, wenn er nicht kapituliert und unsere Männer nicht wohlbehalten zurückkehren, werde ich persönlich an der Spitze einer Armee in Sandilar einmarschieren und jedes einzelne Mitglied der königlichen Familie enthaupten lassen. Wir werden Jara und die Hauptstadt erobern. Das wird keine freundliche Besetzung werden.«

General Kerson schlug sich mit der Faust über dem Herzen auf den Kettenpanzer. »Es wird geschehen, wie Ihr befehlt, Lord Rahl.«

»Richard«, sagte Kahlan leise, »und wenn es stimmt, was er sagt – daß er diese Frauen nicht getötet hat? Ich könnte ihn mit meiner Konfessorenkraft berühren, dann wüßten wir es ganz genau.«

»Nein! Ich lasse nicht zu, daß du ihn berührst oder dir anhörst, was er diesen Frauen angetan hat. Er ist ein Ungeheuer.«

»Aber wenn er die Wahrheit spricht? Was ist, wenn er diese Frauen nicht getötet hat?«

Richards Faust packte das Amulett auf seiner Brust. »Ich lasse ihn nicht für den Mord an diesen Frauen hinrichten. Er hat versucht, dich zu ermorden. Ich habe es mit eigenen Augen bezeugt. Was mich anbelangt, ist die Absicht dasselbe wie die Tat. Er wird dafür denselben Preis bezahlen, den er für die ausgeführte Tat bezahlt hätte.«

Richard richtete einen kalten, finster-durchdringenden Blick auf die Soldaten. »Allein vergangene Nacht sind dreihundert Menschen an der Pest gestorben. Dieser Verbrecher hat sich auf die Seite der Heuchler geschlagen, die sie ausgelöst haben. Die Männer sollen gleich morgen früh nach Jara aufbrechen. Außerdem will ich, daß sein Kopf sie begleitet. Ihr habt Eure Befehle gehört. Und jetzt schafft ihn raus.«

52

Als sie sah, daß Drefan ihr entgegenkam, stellte Kahlan den Korb mit den sauberen Verbänden und Lappen ab. Drefan hatte noch immer ein Schwert umgeschnallt, obwohl Richard dies lediglich als Teil des Täuschungsmanövers angeordnet hatte, mit dem er Tristan davon überzeugen wollte, daß sein Plan funktionierte. Vielleicht war es gar keine so schlechte Idee. Einige Menschen begannen, eine Abneigung gegen Heiler zu entwickeln, weil sich diese offen gegen die Tränke und Heilmittel aussprachen, die in den Straßen feilgeboten wurden.

Sie strich ihr Haar zurück. »Wie geht es ihnen?«

Drefan blickte seufzend nach hinten in den Flur. »Einer ist gestern abend gestorben. Den meisten geht es schlechter. Heute haben wir sechs neue Fälle bekommen.«

»Gütige Seelen«, sagte sie leise. »Was soll nur aus uns werden?«

Drefan hob ihr Kinn an. »Wir werden es schon überstehen.«

Kahlan nickte. »Drefan, wenn so viele Dienstboten erkranken und so viele bereits gestorben sind, was nützt dann eigentlich dieser höllische Rauch?«

»Gegen die Pest hilft der Rauch nicht.«

Kahlan sah ihn fassungslos an. »Wieso müssen wir dann damit weitermachen?«

Drefan lächelte traurig. »Die Leute glauben, er schränkt die Ausbreitung der Seuche ein. Sie fühlen sich besser, weil wir etwas unternehmen, außerdem gibt es ihnen Hoffnung. Hören wir damit auf, werden sie denken, es besteht keine Hoffnung mehr.«

»Und? Besteht denn noch Hoffnung?«

»Das weiß ich nicht«, erwiderte er leise.

»Hast du schon den Bericht von gestern abend gehört?«

Er nickte. »Während der letzten Wochen ist die Zahl der Toten weiter gestiegen. Gestern nacht lag sie bei über sechshundert.«

Kahlan wandte mutlos den Blick ab. »Wenn wir nur etwas tun könnten.«

Shota hatte ihr erklärt, es werde sich ein Weg auftun. Die Ahnenseele hatte ihr das gleiche gesagt. Sie konnte den Gedanken nicht ertragen, Richard zu verlieren, aber ebensowenig wurde sie mit all den sterbenden Menschen fertig.

»Nun«, meinte Drefan, »ich werde jetzt meine Runde durch die Stadt machen.«

Kahlan ergriff seinen Unterarm. Er erschrak, eine Reaktion, die sie als Konfessor gewöhnt war. Sie zog ihre Hand zurück. »Ich weiß, du kannst sie nicht aufhalten, trotzdem möchte ich dir für deine Hilfe danken. Den Lebenden gibt es schon Hoffnung, wenn du nur mit ihnen sprichst.«

»Worte sind das beste Hilfsmittel eines Heilers. Oft können wir ohnehin nicht mehr tun. Die meisten glauben, Heiler zu sein bedeutet, daß man Menschen gesund macht. Das geschieht eigentlich nur selten. Vor langer Zeit habe ich gelernt, Heiler zu sein bedeutet, daß man sich mit Schmerz und Leid abfinden muß.«

»Wie geht es Richard? Hast du ihn heute morgen schon gesehen?«

»Er befindet sich in seinem Arbeitszimmer. Er sah gut aus. Ich habe ihn überredet, ein wenig zu schlafen.«

»Gut. Er konnte etwas Ruhe gebrauchen.«

Drefan blickte sie aus seinen blauen Augen prüfend an. »Er hat bei dem Mann, der versucht hat, dich zu töten, getan, was er tun mußte, aber ich weiß, daß es ihm bei aller Entschlossenheit fürchterlich schwergefallen ist. Richard nimmt den Tod eines Mannes nicht auf die leichte Schulter, selbst wenn der ihn mehr als verdient hat.«

»Ja«, sagte Kahlan. »Das Todesurteil gegen diesen Mann belastet ihn sehr. Auch ich war schon gezwungen, den Tod von Menschen anzuordnen. In Friedenszeiten hat man den Luxus der Ordnung, in einem Krieg aber ist man gezwungen zu handeln. Zögern bedeutet den Tod.«

»Hast du das Richard erklärt?«

Kahlan lächelte. »Natürlich. Er weiß, daß er getan hat, was er tun mußte, und daß wir alle, die ihm nahestehen, Verständnis für seine Entscheidung haben. Ich hätte an seiner Stelle ebenso gehandelt, und das habe ich ihm auch gesagt.«

»Hoffentlich finde ich eines Tages eine Frau, die nur halb so stark ist wie du.« Drefan lächelte. »Von deiner Schönheit ganz zu schweigen. Wie auch immer, ich muß los.«

Kahlan sah ihm nach, als er ging. Seine Hose war nach wie vor zu eng. Bei dem Gedanken errötete sie und ging wieder an ihre Arbeit.

Nadine hielt sich im Krankensaal auf und versorgte die Menschen, die in zwei Bettenreihen lagen. In der Krankenstation standen zwanzig Betten, und alle waren belegt. Weitere Menschen lagen auf Decken auf dem Fußboden. In anderen Zimmern lagerten noch mehr Kranke.

»Danke«, sagte Nadine, als Kahlan die sauberen Sachen abstellte, die sie mitgebracht hatte. Sie war damit beschäftigt, Kräuter in Kannen zu füllen und Tee zuzubereiten. Andere Frauen, die die Kranken versorgten, wechselten Laken, säuberten und verbanden offene Geschwüre oder brachten den Patienten Tee.

Nadine zog ein Tuch aus dem Korb, tauchte es in ein Becken mit Wasser, wrang es aus und legte es einer stöhnenden Frau auf die Stirn. Sie berührte die Kranke an der Schulter.

»Hier, meine Liebe. Ist es besser so?«

Die Frau brachte nur ein schwaches Lächeln und ein Nicken zustande.