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Kahlan versorgte mehrere andere Menschen auf dieselbe Art, tupfte ihnen die schweißnassen Gesichter mit einem feuchten Lappen ab und sprach ein paar tröstliche Worte zu ihnen.

»Ihr wäret eine gute Heilerin«, sagte Nadine und blieb neben Kahlan stehen. »Ihr habt eine freundliche Art.«

»Das ist auch schon alles. Ich könnte niemanden gesund machen.«

Nadine beugte sich zu ihr vor. »Glaubt Ihr vielleicht, ich?«

Kahlan blickte sich im Saal um. »Ich verstehe, worauf Ihr hinauswollt. Aber wenigstens habt Ihr Euer Leben dem Helfen von Menschen gewidmet. Mein Leben ist der Pflicht gewidmet. Dem Kampf.«

»Wie meint Ihr das?«

»Letztendlich bin ich eine Kriegerin. Meine Pflicht besteht darin, den einen Menschen Leid zuzufügen, um die anderen zu retten. Wenn jemand wie ich mit der Arbeit fertig ist, bleibt es jemandem wie Euch überlassen, die Übriggebliebenen wieder gesund zu machen.«

Nadine trat dicht an sie heran. »Manchmal wünschte ich, eine Kriegerin zu sein, die sich für das Ende des Leidens einsetzt, damit die Heiler nicht so viele Verwundete zu versorgen hätten.«

Schließlich mußte Kahlan den Krankensaal verlassen. Sie ertrug den Gestank nicht mehr, außerdem wurde ihr schlecht vom Rauch. Nadine empfand ebenso und begleitete sie nach draußen. Die beiden ließen sich mit dem Rücken an der Wand hinabgleiten und setzten sich auf den Fußboden.

»Ich komme mir so hilflos vor«, sagte Nadine. »Wenn zu Hause jemand Kopfschmerzen hatte, dann habe ich ihm ein Mittel gegeben, und nach einer Weile ging es ihm besser. Wenn eine Frau schwanger war, dann half ich ihr, ihren Magen zu beruhigen, oder ich half ihr, das Kind zu gebären, wenn es soweit war. Stets habe ich den Menschen auf irgendeine Art helfen können.

Hier liegt die Sache anders. Ich tue nichts weiter, als Menschen zu trösten, die sterben werden, und frage mich dabei die ganze Zeit, ob ich morgen nicht selbst im Bett liege. Bei keinem von ihnen weiß ich so recht, was ich für ihn tun kann. Ich komme mir so hilflos vor. Ich sehe nur zu, wie diese Menschen sterben.«

»Ich weiß«, antwortete Kahlan leise. »Es ist bestimmt sehr viel befriedigender, einer Frau beizustehen, die ein Kind zur Welt bringt.«

Nadine blickte gedankenversunken an die gegenüberliegende Wand. »Gelegentlich sagt eine Frau zu mir, sie habe das Gefühl, es werde nie soweit kommen, alles erscheine ihr unwirklich. Sie wartet ab, weil sie weiß, daß es passieren wird, aber eigentlich glaubt sie nicht so recht daran, denn was sie darüber gehört hat, macht ihr angst. Sie fürchtet sich vor den Schmerzen. Manchmal glauben diese Frauen, alles könnte sich verändern, und eines Tages könnten sie aufwachen und wären nicht mehr schwanger.

Dann kommt das Kind. Auf einmal geraten sie in Panik. Es ist soweit. Sie haben fürchterliche Angst, daß es jetzt tatsächlich geschieht, endlich. Dann und wann schreien sie, nur aus Angst vor den Schmerzen. Dabei kann ich ihnen helfen. Ich bin bei ihnen. Ich tröste sie, daß alles gutgehen wird.

In diesem Augenblick glauben manche dann zum ersten Mal wirklich daran. Wahrscheinlich ist es ganz natürlich, sich vor einer solch einschneidenden Veränderung im Leben zu fürchten. Bis es vorbei ist, bis der Tag angebrochen ist, leiden sie fürchterlich unter dieser Angst.«

Die beiden saßen zusammen in der Stille des Flures, ruhten sich aus und horchten auf das Stöhnen aus dem Krankensaal.

»Ihr glaubt noch immer, daß Ihr Richard am Ende heiraten werden, nicht wahr, Nadine?«

Nadine sah herüber und kratzte sich an der sommersprossigen Nase, antwortete aber nicht.

»Ich frage das nicht, weil – weil ich Euch Vorwürfe machen will oder so. Ich meinte nur, na ja, wie Ihr gesagt habt, vielleicht endet Ihr in einem der Betten dort. Ich dachte … es kann genausogut mich treffen. Ich könnte mich ebenfalls mit der Pest anstecken.«

Nadine sah sie an. »Nein, Ihr nicht. Sagt so etwas nicht. Ihr werdet Euch nicht anstecken.«

Kahlan fuhr mit dem Daumennagel an einer Ritze zwischen den Dielenbrettern entlang. »Aber es könnte sein. Ich dachte nur, wenn es geschähe, was würde dann aus Richard? Er wäre auf sich allein gestellt.«

»Was redet Ihr da?«

Kahlan blickte Nadine in die sanften braunen Augen. »Wenn Ihr am Ende aus irgendeinem Grund diejenige wärt, die bei ihm ist, und nicht ich, dann würdet Ihr ihn doch gut behandeln, oder? Ihr würdet ihn doch immer gut behandeln, nicht wahr?«

Nadine schluckte. »Natürlich würde ich das.«

»Es ist mir ernst, Nadine. Zur Zeit geschieht so viel. Ich will sicher sein können, daß Ihr ihm niemals weh tun würdet.«

»Das würde ich niemals tun.«

»Ihr habt ihm bereits einmal weh getan.«

Nadine wandte sich ab und kratzte sich an der Schulter. »Das war etwas anderes. Ich habe versucht, ihn für mich zu gewinnen. Da hätte ich alles getan, damit er bei mir bleibt. Das habe ich Euch doch schon erklärt.«

»Ich weiß.« Kahlan spielte an einem kleinen Stein herum, der in einer Ritze des Fußbodens klemmte. »Aber angenommen, es passiert etwas, und es stellt sich heraus, daß Ihr diejenige seid, die … die ihn heiraten wird, dann will ich sicher sein, daß ihr ihm so etwas nie wieder antut.

Ich möchte aus Eurem Mund hören, daß Ihr Richard nie wieder verletzen werdet. Niemals.«

Nadine sah Kahlan kurz in den Augen, dann blickte sie rasch zur Seite.

»Wenn ich Richard bekäme, dann würde ich ihn zum glücklichsten Mann auf der Welt machen. Ich würde mich um ihn bemühen, wie sich noch keine Frau um einen Mann bemüht hat. Ich würde ihn mehr lieben als – also, ich würde alles tun, um ihn glücklich zu sehen.«

Kahlan spürte den vertrauten, nagenden Schmerz in ihrem Innern. »Schwört Ihr, daß das die Wahrheit ist?«

»Ja.«

Kahlan wandte den Blick ab und wischte sich die Tränen aus den Augen. »Danke, Nadine. Das war es, was ich wissen wollte.«

»Warum stellt Ihr solche Fragen?«

Kahlan räusperte sich. »Wie gesagt mache ich mir Sorgen, ich könnte ebenfalls die Pest bekommen. Sollte mir irgend etwas zustoßen, könnte ich es leichter ertragen, wenn ich wüßte, daß jemand sich um Richard kümmert.«

»Soviel ich weiß, kümmert Richard sich meist um sich selbst. Wißt Ihr, daß der Mann besser kochen kann als ich?«

Kahlan mußte lachen, und Nadine fiel mit ein.

»Ist es nicht so?« meinte Kahlan. »Was Richard anbelangt, kann eine Frau höchstens darauf hoffen, ihn auf seinem Weg zu begleiten.«

»Lord Rahl!«

Richard drehte sich um und sah, daß General Kerson nach ihm rief. Er ließ Kahlans Hand los. Cara kam abrupt hinter der Mutter Konfessor zum Stehen.

»Ja, was ist, General?«

Der General blieb, einen Brief schwenkend, stehen, ihm folgten ein staubüberzogener, erschöpft wirkender Soldat und seine übliche Eskorte.

»Eine Nachricht von General Reibisch und seiner Armee im Süden.« Der General deutete mit dem Daumen nach hinten. »Grissom hier ist eben erst eingetroffen.«

Richard sah kurz zu dem jungen Soldaten hinüber, der immer noch keuchte und um Atem rang. Er roch nach Pferd. Richard überlegte, daß auch er viel lieber wie ein Pferd riechen und draußen herumstreifen würde, als Tag für Tag in einem winzigen Zimmer zu hocken und diesen unsinnigen Bericht über eine Verhandlung und eine Hinrichtung zu übersetzen. Dann würde er sich vermutlich anders fühlen.

Er erbrach das Siegel und öffnete den Brief. Nachdem er ihn durchgelesen hatte, reichte er ihn an Kahlan weiter.

»Sieh dir das an.« Während Kahlan die Nachricht las, wandte er sich an den Boten. »Wie steht es um eure Armee im Süden?«

»Als ich sie verließ, sehr gut, Lord Rahl«, antwortete Grissom. »Die Schwestern des Lichts haben uns eingeholt, wie Ihr es ihnen befohlen habt. Sie befinden sich alle bei uns. Wir erwarten Eure Befehle.«

Im Brief stand im großen und ganzen das gleiche. Nachdem Kahlan ihn gelesen hatte, nahm Richard ihn und gab ihn General Kerson. Der kratzte sich müßig das graue Haar, während er die Botschaft las. Schließlich sah er auf.