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Der Legat selbst war kleiner als seine Frauen und erheblich älter. Sah man von seinen runden schwarzen Augen ab, wirkte er eher wie ein vornehmer, ein wenig zur Untersetztheit neigender Beamter. Über einem Kranz aus weißem Haar glänzte ein kahler Schädel. Der war mit irgendeinem Fett eingerieben worden, das ihm Glanz verleihen sollte.

Sein Gewand war denen seiner Frauen ähnlich, wenn auch aus einem goldenen Stoff, der mit Reihen glänzender, aufgenähter Objekte besetzt war. An jedem seiner Finger trug er wenigstens einen Ring. Von weitem ließen ihn all die glänzenden Gegenstände wohlhabend erscheinen. Aus der Nähe wirkte er eher wie ein verrückter Bettler, der sich durch einen Abfallhaufen gewühlt hatte, um wertlosen Tand daraus hervorzukramen, den normale Menschen weggeworfen hatten.

Die Augen des Legaten Rishi waren rot gerändert und wirkten übermüdet. Er trug ein idiotisches Grinsen im Gesicht und hielt sich nur schwankend aufrecht. Kahlan sah ihn nicht oft, aber so hatte sie ihn nicht in Erinnerung.

Die sechs Schwestern stellten sich in einer Reihe vor ihm auf. Stolz warfen sie sich in die Brust.

»Unser ist der Mond«, sagte eine der sechs.

»Unser ist der Mond«, erwiderte Kahlan die traditionelle Begrüßung unter Frauen. Ihre nachlassenden Bauchkrämpfe erinnerten sie daran, daß diese Formel mehr als eine Bedeutung hatte.

Die übrigen erwiderten den Gruß. Ihre Art, mit ihren großen schwarzen Augen zu blinzeln, bereitete Kahlan eine Gänsehaut. Nach der offiziellen Begrüßung teilten die sechs sich in zwei Dreiergruppen auf und traten zu beiden Seiten ihres Ehemannes zurück.

Der Legat hob eine Hand wie ein König, der eine Menschenmenge grüßt. Er grinste blödsinnig. Kahlan fand sein eigenartiges Betragen verwunderlich, war aber keineswegs sicher, ob es auch für einen Andolier seltsam war.

»Unser ist die Sonne«, nuschelte er.

»Unser ist die Sonne«, antwortete Kahlan, er jedoch ignorierte sie, als seine Aufmerksamkeit von etwas in ihrem Rücken abgelenkt wurde.

Kahlan drehte sich um und sah, wie Richard, das Gesicht glühend vor Wut, mit großen Schritten durch den Saal geeilt kam.

»Wie war das mit dem Mond?« fragte Richard, als er Kahlan erreicht hatte.

Sie ergriff seine Hand. »Richard«, warnte sie ihn, »das ist Legat Rishi mit seinen Frauen. Sie sind Andolier. Ich habe ihnen gerade ihren traditionellen Gruß entboten, das ist alles.«

Seine Gesichtszüge entspannten sich. »Oh, verstehe. Als sie etwas vom Mond erwähnten, dachte ich –«

Plötzlich wich das Blut aus Richards Gesicht.

»Andolier«, sagte er leise zu sich selbst. »Zauberer Ricker hat etwas mit den Andoliern angestellt…« Er schien sich in einem Wust aus Gedanken zu verlieren.

»Unser ist die Sonne«, meinte Legat Rishi, noch immer grinsend. »Den Frauen gehört der Mond. Ein Mann und eine Frau teilen sich die Sonne, nicht den Mond.«

Richard strich sich über die Stirn. Er schien ganz von seiner Erinnerung oder Verwirrung in Anspruch genommen. Kahlan drückte seine Hand in der Hoffnung, er werde die Warnung verstehen und ihr die Sache überlassen. Sie wandte sich wieder dem Legaten zu.

»Legat Rishi, ich möchte, daß Ihr –«

»Unser Ehemann hat etwas getrunken, was ihn glücklich gemacht hat«, warf eine der Ehefrauen ein, als sei dies eine faszinierende Neuigkeit. »Er hat ein paar seiner Beutestücke gegen dieses Getränk eingetauscht.« Ihr Gesichtsausdruck nahm einen verlegenen Zug an. »Dadurch ist er auch sehr langsam geworden, sonst wären wir schon eher hier gewesen.«

»Danke, daß Ihr mir dies mitteilt«, meinte Kahlan. Man mußte einem Andolier stets für jede Information danken, die er über sich selbst preisgab. Informationen über sich selbst, auf diese Weise gewährt, galten als Geschenk.

Kahlan richtete ihre Aufmerksamkeit wieder auf den Legaten. »Legat Rishi, ich möchte, daß Ihr eine wichtige Nachricht für mich übermittelt.«

»Tut mir leid«, meinte der Legat. »Wir können keine Nachricht für Euch überbringen.«

Kahlan war sprachlos. Sie hatte noch nie gehört, daß sich ein Andolier weigerte, eine Botschaft zu übermitteln.

»Aber warum nicht?«

Eine der sechs Frauen beugte sich zu Kahlan. »Weil wir bereits eine Nachricht von großer Wichtigkeit mit uns führen.«

»Tatsächlich?«

Sie schlossen ihre großen schwarzen Augen einmal bis zur Hälfte. »Ja. Es ist die allergrößte Ehre. Unser Gatte übermittelt eine Nachricht des Mondes.«

»Er tut was?« fragte Richard kaum vernehmbar, während sein Kopf hochschoß.

»Der Mond schickt eine Nachricht von den Winden«, erklärte der Legat in seinem betrunkenen Nuscheln.

Kahlan hatte das Gefühl, als bleibe die Welt stehen.

»Wir wären schon eher hier gewesen, aber unser Gatte mußte oft haltmachen, um den Trank des Glücks zu trinken.«

Kahlan spürte, wie sie vor Angst am ganzen Körper eine Gänsehaut bekam.

»Schon eher hier gewesen?« wiederholte Richard. »Ihr habt Euch betrunken, während all diese Menschen elendig ums Leben kamen?« Seine Stimme hallte wie ein Donnerschlag von den Wänden wider. »Raina ist gestorben, weil Ihr unterwegs wart, um Euch zu betrinken!«

Richard explodierte zu einer kaum erkennbaren Bewegung. Seine Faust traf den Legaten Rishi mit solcher Wucht, daß der Mann nach hinten über den Tisch kippte.

»Die Menschen krepieren, und Ihr lauft draußen herum und laßt Euch vollaufen!« brüllte Richard und setzte über den Tisch hinweg.

»Richard, nicht!« schrie Kahlan. »Er besitzt Magie!«

Kahlan sah ein rotes Etwas von der Seite heranschießen. Cara warf sich aus vollem Lauf über den Tisch und stieß Richard der Länge nach zu Boden.

Legat Rishi war außer sich, als er sich erhob. Blutiger Schaum bedeckte seinen Mund und baumelte in Fäden von seinem Kinn.

Ein flackerndes, loderndes Licht und Wellen hin und her zuckender Finsternis schossen strahlengleich an seinen Armen empor und sammelten sich auf seiner Brust, während er sich aufrappelte. Er sammelte seine magischen Kräfte, bereitete sich darauf vor, sie gegen Richard freizusetzen. Richard griff nach seinem Schwert.

Cara versetzte Richard abermals einen Stoß, warf sich dann wieder auf den Legaten und verpaßte ihm einen Schlag mit dem Handrücken auf seinen blutverschmierten Mund. Der Legat wirbelte herum und richtete seinen Zorn gegen sie.

Mit katzenhafter Behendigkeit schoß Cara an ihm vorbei, verpaßte ihm einen weiteren Schlag und lenkte seine Aufmerksamkeit von Richard ab. Jetzt folgte der Legat ihr.

Er hatte seine magischen Kräfte bereits gesammelt und setzte sie gegen sie frei.

Es gab einen dumpfen Schlag in der Luft, die im selben Augenblick in Schwingungen zu geraten schien.

Der Legat ging mit einem schmerzhaften Ächzen zu Boden. Cara war über ihm, bevor er auf dem Boden aufschlug. Sie preßte ihm den Strafer an den Hals.

»Du gehörst jetzt mir«, sagte sie voller Hohn, als er gequält den Mund aufsperrte. »Deine Magie gehört jetzt mir!«

»Cara!« gellte Kahlan. »Bring ihn nicht um!«

Die sechs Schwestern kauerten sich zu einem zitternden Häuflein zusammen und schlangen vor lauter Angst die Arme umeinander. Kahlan legte die Hand schützend auf die verängstigten Frauen und beruhigte sie, ihnen werde nichts geschehen.

»Tut ihm nicht weh, Cara«, sagte Kahlan. »Er ist im Besitz einer Nachricht vom Tempel der Winde.«

Cara hob den Kopf, einen verstörten Blick in den Augen.

»Ich weiß. Sie kam über die Magie zu ihm. Seine Magie gehört jetzt mir. Die Nachricht, die er bei sich trägt, ist in seine Magie eingebunden.«

Richard schob sein Schwert in die Scheide zurück. »Soll das heißen, Ihr kennt die Nachricht?«