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Nachdem man die Pferde festgebunden hatte, geleiteten der Legat und Cara die Bräute und Bräutigame in einen zerfallenen, kreisrunden Gartenpavillon, der aus gebogenen Steinbänken auf der einen Seite und abgebrochenen Säulen auf der anderen bestand. Der Aufsatz, der die Säulen überspannte, fehlte größtenteils und verband nur noch vier der zehn steinernen Säulen miteinander.

In der Ferne konnte Kahlan noch immer den messerscharfen Rand des Abgrunds und das schwarze Band der Berge dahinter erkennen. Irgendwo dort draußen befand sich der Tempel der Winde.

Sie wurde angewiesen, neben Drefan auf einer gebogenen Steinbank Platz zu nehmen, und Richard, zwei Bänke weiter, sagte man, er solle sich neben Nadine setzen. Kahlan schaute kurz hinüber und sah, daß Richard ihren Blick erwiderte. Doch dann beugte Drefan sich vor und versperrte ihr die Sicht auf Richard. Sie richtete ihre Aufmerksamkeit auf den Legaten und Cara, die vor ihnen standen. Die sechs Schwestern hatten sich hinter ihrem Ehemann aufgestellt.

»Wir haben uns hier versammelt«, hoben der Legat und Cara wie aus einem Munde an, »um Richard Rahl und Nadine Brighton zu vermählen und um Kahlan Amnell und Drefan Rahl zu vermählen. Dies ist die allerhöchste feierliche Zeremonie, sie verknüpft die ernstesten Versprechen und verbindet die Ehegefährten für ein ganzes Leben. Diese Hochzeit wird von den Seelen selbst gebilligt und bezeugt.«

Kahlan starrte auf das Unkraut, das aus den Ritzen in dem auseinanderfallenden Gemäuer hervorsproß, und hörte den Worten über Ergebenheit, Treue und Pflicht nur mit halbem Ohr zu. Es war so warm und schwül, daß sie kaum Luft bekam. Das weiße Kleid der Mutter Konfessor klebte ihr am Rücken. Schweiß rann ihr zwischen den Brüsten herab.

Sie hob den Kopf, als Drefan begann, sie mit der Hand unter ihrem Arm hochzuziehen. »Was? Was ist?«

»Es ist soweit«, sagte er. »Komm.«

Und dann stand sie vor dem Legaten und Cara, neben sich Drefan und drei der Frauen des Legaten auf der anderen Seite als Trauzeugen. Sie schaute an Drefan vorbei und sah Richard neben Nadine stehen, wobei die anderen drei Andolierinnen als deren Trauzeugen auftraten. Nadine hatte ein Lächeln aufgesetzt.

»Wenn jemand etwas gegen die Vermählung dieser Menschen einzuwenden hat, dann soll er sich jetzt zu Wort melden, denn einmal vollzogen, kann der Bund der Ehe nicht wieder gelöst werden.«

»Ich habe etwas einzuwenden«, sagte Richard.

»Und das wäre?« fragte der Legat.

»Die Winde haben gesagt, dies müsse aus freiem Willen geschehen. Das ist nicht der Fall. Man zwingt uns dazu. Man erzählt uns, Menschen würden sterben, wenn wir uns weigern. Ich tue dies nicht aus freiem Willen. Ich tue dies ausschließlich aus dem einen Grund, weil ich Menschenleben retten will.«

»Willst du versuchen, das Leben der Menschen zu retten, die sterben würden, wenn man der Magie, die aus dem Tempel der Winde gestohlen wurde, nicht Einhalt gebietet?« fragte der Legat.

»Natürlich will ich das.«

»Diese Heirat ist Teil dieses Versuches. Stehst du es nicht bis zum Ende durch, werden sie sterben. Du willst sie retten. Soweit es die daran beteiligten Seelen betrifft, gilt das als dein freier Wille.

Solltest du deine Einwilligung zurückziehen, muß dies jetzt geschehen, noch vor dem Gelübde. Danach kannst du deine Meinung nicht mehr ändern.«

Eine bedrückende Stille hing in der Luft.

Kahlan stürzte hilflos in tintenschwarze Tiefen. Das alles ging viel zu schnell. Zu schnell, um durchatmen zu können.

»Wenn ich mich dazu bereit erklären soll, dann möchte ich mit Richard sprechen. Und zwar vorher«, sagte Kahlan. »Allein.«

Der Legat und Cara schauten sie einen Augenblick lang an. »Beeilt euch«, sagten sie wie aus einem Mund. »Es bleibt nicht mehr viel Zeit. Der Mond geht jeden Moment auf.«

Die beiden entfernten sich weit genug aus dem Kreis, bis Kahlan einigermaßen sicher sein konnte, daß man sie nicht hörte. Sie stellte sich dicht vor ihn und sah ihn an.

Richard sollte sie beide davor bewahren. Er mußte sie retten. Er mußte irgend etwas unternehmen, jetzt sofort, sonst wäre es zu spät.

»Richard, uns bleibt keine Zeit mehr. Hast du irgendeine Idee? Fällt dir etwas ein, wie wir dem ein Ende bereiten können? Irgendein Weg, wie wir diese Menschen retten können, ohne dies tun zu müssen?«

Richard stand dicht bei ihr und war doch Welten entfernt. »Tut mir leid. Ich weiß keine andere Lösung. Verzeih mir«, sagte er leise. »Ich habe dich enttäuscht.«

Sie schüttelte den Kopf. »Nein, das hast du nicht. Denke das niemals, Richard. Ich werde es auch nicht tun. Die Seelen haben uns die Möglichkeit verwehrt zu gewinnen. Es ist ihr Wille, und sie haben uns in ein Dilemma geführt.

Aber wenn wir bis zum Schluß durchhalten, wird wenigstens auch Jagang nicht den Sieg davontragen. Das ist viel wichtiger. Wie viele Liebende wie wir können durch unser Opfer ihr Leben leben, ihr Glück finden und Kinder haben?«

Richard lächelte so rührend, daß es ihr Herz zum Schmelzen brachte. »Das ist ein Grund, weshalb ich dich so sehr liebe: deine Leidenschaft. Selbst wenn ich dich nie wiedersehe, habe ich mit dir zusammen das wahre Glück erlebt. Die wahre Liebe. Wie viele Menschen bekommen auch nur diesen kleinen Vorgeschmack davon?«

Kahlan schluckte. »Wenn wir es tun, Richard, dann müssen wir unserem Gelübde treu bleiben, nicht wahr? Wir können nicht … manchmal … trotzdem Zusammensein, oder?«

Sein bebendes Kinn und seine Augen, die sich mit Tränen füllten, sagten mehr als Worte.

Sie wollten sich gerade in die Arme fallen, als Cara zur Stelle war und sich zwischen sie stellte.

»Es ist soweit. Wie lauten deine Wünsche?«

»Ich habe eine ganze Menge«, erwiderte Richard giftig. »Welchen wollt Ihr hören?«

»Die Winde möchten wissen, ob ihr es tun werdet oder nicht.«

»Wir werden es tun«, knurrte Richard. »Aber die Seelen sollten sich darüber im klaren sein, daß ich mich rächen werde.«

»Die Winde tun lediglich das einzige, was sie tun können, um dem Sterben, das durch das aus ihnen Entwendete ausgelöst wurde, ein Ende zu machen«, sagte Cara, plötzlich voller Mitgefühl, aber immer noch auf jene unheimliche Art, die Kahlan verriet, daß es nicht Cara war, die hier sprach, sondern die Stimme der Winde. »Sie handeln nicht aus Böswilligkeit.«

»Ein weiser Mann erklärte mir einmal, tot sei tot, auf welche Weise, sei ganz gleichgültig«, erwiderte Richard.

Trotzig faßte er Kahlans Hand und ging mit ihr zum steinernen Rund zurück, wo sie ihre Plätze neben ihren Erwählten einnahmen.

Kahlan hatte ihre Konfessorenmiene aufgesetzt, als sie neben Drefan stand. Ihr tat Richard leid. Man hatte ihm in seiner Kindheit nicht beigebracht, seine Gefühle, seine Sehnsüchte, seine Wünsche der Pflicht unterzuordnen. Sie hatte ein Leben lang Zeit gehabt, sich auf diese letzte Tortur vorzubereiten. Er hatte ein Leben lang Zeit gehabt, sich auf etwas vollkommen anderes vorzubereiten, in der Erwartung, er werde sein Glück finden. Kahlan hatte die Wärme dieser Flamme nur kurz gespürt.

Ganz bewußt überhörte sie die Worte, die erst zu Nadine und dann zu Drefan gesprochen wurden, Worte von Treue und Hingabe dem Lebensgefährten gegenüber. Statt dessen konzentrierte sie ihre Gedanken auf Richard, in der Hoffnung, ihm ein wenig Kraft zu spenden, in der Hoffnung, er werde dies überstehen, damit sie die Erkrankten retten und die Pest aufhalten konnten. Richard mußte nach wie vor in den Tempel der Winde gelangen. Er brauchte Kraft.

Bald würde die Zeremonie vorüber sein, und sie würden wieder nach Aydindril aufbrechen. Was immer geschah, nicht mehr lange, und sie befand sich wieder auf dem Weg dorthin, wo sie aufgewachsen war, in dem Leben voller Pflichten, für das sie geboren war.

»Ja oder nein?« fragte der Legat.

Kahlan sah auf. »Was?«

Er sah kurz zu den bedrohlichen Wolken hoch und holte hastig Luft. »Gelobst du, diesen Mann zu ehren, ihm als Herrscher deines Heims zu gehorchen, ihn zu umsorgen in guten wie in schlechten Zeiten und ihm in diesem Leben eine treue Frau zu sein, bis daß der Tod euch scheidet?«