Выбрать главу

Kahlan schaute zu Drefan auf. Sie fragte sich, was er gelobt hatte.

»Ich gelobe zu tun, was immer erforderlich ist, um die Pest zu beenden.«

»Ja oder nein?«

Kahlan ließ einen verärgerten Seufzer heraus. »Ist es das, was man von mir verlangt, um die Magie, die den Winden entwendet wurde, daran zu hindern, Menschen zu töten?«

»So ist es.«

Sie legte das Gelübde in Gedanken ab, aber für Richard, nicht für Drefan. Sie würde die Worte dieses Schwures laut für Drefan sprechen, aber ihr Herz würde immer Richard gehören. Kahlan ballte die Fäuste. »In diesem Falle, ja. Ich gelobe zu tun, was erforderlich ist, um die Pest aufzuhalten. Ich gelobe kein Jota mehr als das, was man von mir verlangt – und keinen Atemzug länger.«

»Dann seid ihr vor den Seelen und kraft der Seelen von nun an Mann und Frau.«

Plötzlich krümmte Kahlan sich vor Schmerzen. Es war, als hätte man ihr die Eingeweide zerrissen. Sie versuchte, Luft zu holen. Es ging nicht. Sie sah bunte Ringe vor ihren aufgerissenen Augen.

Drefan legte ihr den Arm um die Hüfte. »Was ist? Kahlan, was ist los?«

Ihre Beine gaben nach, aber er hielt sie aufrecht.

»Das sind die Seelen«, war die gemeinsame Stimme von dem Legaten und Cara zu vernehmen, »sie haben ihre Kraft gebunden. Sie wird in dieser Ehe leben wie jede andere mit einem Mann verheiratete Frau. Ihre Kraft hätte sie dabei nur behindert.«

»Das könnt Ihr nicht machen!« kreischte Richard. »Sie wird schutzlos sein! Ihr dürft sie nicht ihrer Kraft berauben!«

»Man hat sie nicht der Kraft beraubt, sondern sie verschlossen, damit sie für die Dauer des Gelübdes, das sie für ihren Gatten Drefan Rahl geleistet hat, keinen Gebrauch von ihr machen kann. Es ist vollbracht«, sprachen die beiden gemeinsam. »Und nun lege das Gelübde ab, oder du verlierst die Chance, den Winden zu helfen.«

Kahlan starrte zu Boden. Sie spürte den Sog der Leere, spürte die Leere zwischen ihrem Verstand und ihrer Kraft, während sie lauschte, wie Richard ähnliche Worte vorgesprochen wurden. Seine Antwort entging ihr, aber er mußte das gesagt haben, was verlangt wurde, denn der Legat verkündete feierlich, er und Nadine seien von nun an Mann und Frau.

Als Preis für den Pfad hatte man ihr nicht nur die Liebe genommen, sondern auch ihre Konfessorenkraft. Das plötzliche und tiefgreifende Gefühl des Verlustes umwölkte ihren Verstand mit einer Finsternis, die dunkler war als die soeben heraufziehende Nacht.

Drefan ergriff ihren Arm. »Hier, setz dich besser hin. Als Heiler sehe ich selbst bei diesem Licht, daß es dir nicht gutgeht.«

Kahlan ließ sich von ihm zu einer Bank führen und beim Hinsetzen helfen.

»Deiner Frau wird es bald wieder bessergehen«, meinte der Legat. Er blickte hinauf in den brodelnden Himmel. »Richard Rahl, Drefan Rahl, folgt mir.«

»Wohin gehen wir?« wollte Richard wissen.

»Wir bereiten euch darauf vor, die Ehe zu vollziehen.«

Kahlan hob unwillkürlich den Kopf. Trotz der Dunkelheit konnte sie erkennen, daß Richard kurz davor stand, jeden Augenblick vor Wut zu explodieren. Er hatte seine Hand bereits am Schwert.

Drefan streichelte Kahlan mitfühlend über den Rücken. »Bald geht es dir wieder gut. Es wird sich alles finden. Sei unbesorgt, ich werde mich wie versprochen um dich kümmern.«

»Danke, Drefan«, brachte sie trotz ihrer Seelenqual hervor.

Drefan verließ sie und schlenderte zu Richard hinüber. Er packte Richards Arm, beugte sich vor und sprach leise auf ihn ein. Kahlan sah, wie Richard sich mit beiden Händen die Haare raufte und gelegentlich nickte. Was immer Drefan sagte, es schien ihn zu besänftigen.

Nachdem die beiden gegangen waren, drehten sich der Legat und Cara zu Nadine und Kahlan um. »Ihr beide wartet hier.«

Kahlan hockte zusammengesunken auf der steinernen Bank, während Richard und Drefan in der Dunkelheit zum Abgrund geführt wurden, zu den beiden Gebäuden rechts und links jener Straße, die am Abgrund unvermittelt endete. Inzwischen war es so dunkel geworden, daß Kahlan Nadines Gesicht kaum noch erkennen konnte, als diese sich neben ihr auf der Steinbank niederließ. Die sechs Schwestern waren zu den Pferden zurückgegangen und blickten, an ihren Fingern nuckelnd, in den Himmel.

»Tut mir leid. Das mit Eurer Magie, meine ich. Ich hatte keine Ahnung, daß sie Euch das antun würden. Vermutlich seid Ihr jetzt wie jede andere Frau.«

»Vermutlich.«

»Kahlan«, sagte Nadine, »ich will Euch nicht anlügen und Euch erzählen, es täte mir leid, daß ich es bin, die Richard geheiratet hat, aber ich verspreche Euch, ich werde alles tun, um ihn glücklich zu machen.«

»Ihr begreift es einfach nicht, Nadine, hab ich recht? Ihr könnt zu ihm so nett sein, wie Ihr wollt, oder auch so mies, es ist vollkommen gleichgültig. Bei den Qualen, die er jetzt leidet, könntet Ihr so mies sein, wie Ihr wollt, es wäre nichts weiter als ein Bienenstich nach einer Enthauptung.«

Nadine entfuhr ein verlegenes Kichern. »Na ja, gegen einen Bienenstich wüßte ich einen Umschlag. Richard wird schon sehen. Ich werde –«

»Ihr habt mir bereits versprochen, daß Ihr nett zu ihm sein werdet, Nadine. Ich weiß das zu schätzen, aber im Augenblick bin ich nicht in der Stimmung, mir in allen Einzelheiten anzuhören, wie nett genau.«

»Natürlich. Das verstehe ich.« Nadine stocherte im Mauerwerk der Bank herum. »So hatte ich mir meine Hochzeit nicht vorgestellt.«

»Ich mir auch nicht.«

»Vielleicht wird wenigstens alles übrige so, wie ich es mir vorgestellt habe.« Ihr Ton wurde kalt und rachsüchtig. »Ihr habt dafür gesorgt, daß ich mir wie eine Närrin vorgekommen bin, weil ich Richard wollte, weil ich glaubte, ich könnte ihn vielleicht für mich gewinnen. Ihr habt mir die Freude an meinem Hochzeitstag verdorben, aber die Freude an allem anderen werdet Ihr mir nicht nehmen.«

»Das tut mir leid, Nadine. Wenn Ihr glaubt, ich hätte –«

»Jetzt gehört er mir, und ich habe die Absicht, ihm zu zeigen, wie eine Frau einem Mann das Leben versüßen kann. Er wird schon sehen. Er wird sehen, daß ich ihm eine ebenso gute Frau sein kann wie Ihr. Ihr glaubt das vielleicht nicht, aber ich kann es.«

Nadine beugte sich zu ihr herüber. »Ich werde Richard den Kopf verdrehen, noch bevor die Nacht vorüber ist. Dann werden wir ja wissen, wer die bessere ist und wie sehr er Euch vermißt. Hört genau hin, während Ihr mit Richards Bruder daliegt, damit Euch meine Schreie der Lust nicht entgehen. Die Schreie jener Lust, die Richard mir bereitet. Nicht Euch – mir!«

Nadine stapfte davon und blieb aufgebracht mit verschränkten Armen stehen. Kahlan verbarg ihr Gesicht in den Händen. Die Seelen gaben sich nicht damit zufrieden, sie zu vernichten, sie mußten auch noch das Messer in der Wunde drehen.

Cara und der Legat kamen zurück. »Es wird Zeit«, sagten sie wie aus einem Mund.

Kahlan erhob sich unbeholfen und wartete, daß man ihr erklärte, was sie als nächstes zu tun hatte. Der Legat wandte sich Cara zu.

»Das Unwetter wird bald losbrechen.« Der Legat sah mit zusammengekniffenen Augen hinauf in den schwarzen Himmel. »Meine Frauen und ich müssen diesen Berg verlassen.« Er packte Caras Arm. »Die Winde sprechen ebenso zu Euch wie zu mir. Könnt Ihr den Rest allein erledigen?«

»Ja. Es ist fast vollbracht. Ich kann es zu Ende bringen«, meinte Cara. »Die Winde werden die Nachricht ebensogut durch mich wie durch Euch weitergeben.«

Er verschwand ohne ein weiteres Wort in der Dunkelheit.

Caras kräftige Finger schlossen sich um Kahlans Arm. »Komm mit«, sagte sie in der eiskalten Stimme der Winde.

Kahlan sperrte sich. »Cara, bitte, ich kann nicht.«

»Du kannst und du wirst, oder die Chance geht vorbei, und die Pest wütet weiter.«

Kahlan riß sich los. »Nein, Ihr versteht nicht. Ich kann nicht. Ich habe meine Tage des Mondbluts. Es ist noch nicht vorbei. Ich kann … das nicht tun. Nicht jetzt.«

Caras wütend funkelnde Augen kamen näher. »Das wird dich nicht daran hindern, die Ehe zu vollziehen. Du wirst es tun, oder alle Hoffnung, die Pest aufzuhalten, ist dahin. Noch ist es nicht vorbei. Du mußt deinen Teil dabei übernehmen – dich hingeben und es genießen. Es muß jetzt geschehen. Heute abend. Oder wäre es dir lieber, wenn das Sterben ungehindert weitergeht?«