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Sie haßte ihn. Sie war mit einem Mann verheiratet, den sie haßte.

Cara hatte es ebenso gespürt, wie Kahlan es jetzt spürte. Doch die Mord-Sith hatte nicht so kindisch reagiert, war nicht so töricht gewesen. Kahlan ließ Drefans Hand freies Spiel.

Es ging darum, Menschenleben zu retten. Sie mußte all die unschuldigen Menschen vor der Pest bewahren, die Jagang ihnen geschickt hatte. Ohne sie konnte ihr Volk nicht gerettet werden. Es war ihre Pflicht.

Plötzlich erhob sich Drefan. Seine dunkle Gestalt schien über ihr zu schweben. Seine Knie drückten sachte gegen ihren Schenkel, drängten sie, die Beine zu öffnen. Gleich war es vorbei, redete sie sich ein, als er auch sein zweites Knie zwischen ihre Schenkel schob.

Seine mächtige Gestalt senkte sich auf sie herab. Er war kräftig gebaut, genauso kräftig wie Richard. Sie befürchtete, er könnte sie zerdrücken, aber dazu kam es nicht. Er stützte sich auf den Ellenbogen ab, um ihr nicht weh zu tun. Dabei versuchte er zärtlich zu sein, und sie erschwerte es ihm nur. Er mußte es tun, und sie mußte ihn gewähren lassen.

Kahlan verzog das Gesicht. Sie war noch nicht soweit. Sie hielt den Atem an. Es war zu spät, um noch nicht soweit zu sein. Drefan war da. Sie biß sich auf die Unterlippe und zuckte zusammen.

Sie kam sich so hilflos vor wie nie zuvor in ihrem Leben. Sie war mit Drefan verheiratet, nicht mit Richard, und Drefan, nicht Richard, war es, der sie nahm. Alles war verloren.

Die Augen fest geschlossen, preßte Kahlan die Fäuste an ihre Schultern, als er in sie eindrang. Die Tränen liefern ihr aus den Augenwinkeln. Ihre Nase verstopfte, während sie still vor sich hin weinte, und sie mußte den Mund öffnen, um zu atmen. Gern hätte sie vor Seelenqualen laut aufgeschrien, statt dessen mußte sie sich daran erinnern, weiter Luft zu schöpfen.

Es dauerte länger, als sie gehofft, aber nicht so lange, wie sie befürchtet hatte.

Endlich fertig, wälzte Drefan sich von ihr herunter auf den Rücken. Er hatte seine Pflicht getan, es aber offenbar nicht genossen. Irgendwie war sie erleichtert, weil es ihm kein Vergnügen bereitet hatte. Er lag dort und kam wieder zu Atem, als sie endlich erleichtert Luft holte. Es war vorbei.

Sie redete sich ein, es sei gar nicht so schlimm gewesen. Eigentlich war es nichts. Sie hatte kaum etwas gespürt. Sie hatte sich törichterweise angestellt, und siehe da, schon war es vorüber. So schlimm, wie sie befürchtet hatte, war es nicht gewesen. Eigentlich war es nichts.

Und doch war es das. Sie spürte etwas. Sie kam sich besudelt vor.

Drefan streckte die Hand aus. Seine Finger wischten ihr zärtlich, voller Mitgefühl, eine Träne von der Wange. Sie stieß seine Hand fort. Sie wollte sein Mitgefühl nicht. Sie wollte nicht, daß er sie berührte. Sie hatte nicht eingewilligt, daß er sie anfassen durfte, sondern nur in den Vollzug der Ehe. Zärtlichkeiten gehörten nicht dazu.

Sie erinnerte sich daran, wie sie mit Richard zusammengewesen war. Sie erinnerte sich an ihr glühendes Verlangen nach ihm. Sie erinnerte sich an ihre Schreie reiner Wonne.

Wieso war das hier so anders?

Weil sie Drefan nicht liebte, deswegen. Tatsächlich wurde ihr allmählich bewußt, daß sie ihn verabscheute. Er hatte etwas an sich, das sie nicht mochte, und es war mehr als nur die Erinnerung an seine Hand auf Caras Körper. Er hatte etwas Tückisches an sich, etwas Verschlagenes. Zuvor war ihr das nicht so deutlich aufgefallen, jetzt aber erkannte sie die Tücke in seinen blauen Augen.

Kahlan fragte sich verwundert, wie sie darauf kam. Er hatte eben ihre Ehe vollzogen und war dabei so behutsam wie nur irgend möglich vorgegangen. Er hätte leicht alles tun können, was er wollte, ihre Kraft war weggeschlossen. Sie hätte ihn nicht daran hindern können. Und doch hatte er versucht, mitfühlend und verständnisvoll zu sein.

Trotzdem kam es ihr erstaunlich vor, daß es so anders sein konnte als damals mit Richard. Sie gäbe alles, fast alles, darum, diese Wonne noch einmal zu erleben. Sie sehnte sich nach der Erfüllung, nach der Befriedigung. Nach der Sättigung ihrer Lust.

Nach einer Weile wurde Drefans Atem immer gleichmäßiger. Kahlan lag da, in der Dunkelheit, neben ihm, neben ihrem neuen Gemahl, und wartete. Wieso war der Tempel der Winde nicht gekommen? Sie hatte ihren Teil getan.

Vielleicht Richard nicht. Kahlan fragte sich, ob er das überhaupt konnte. Sie brauchte schließlich nur dazuliegen. Richard mußte erregt werden. Wie konnte das geschehen, dort drüben, wo er doch wußte, daß sein Bruder hier war und die Frau, die Richard liebte, seinem Willen unterwarf?

Kahlan hatte Richards Blick gesehen, diese wilde Eifersucht, als sie nur erwähnte, was Shota gesagt hatte – daß sie einen anderen heiraten würde. Noch nie hatte sie seine Augen so blitzen gesehen, und seinerzeit hatte es keinen echten Grund dafür gegeben. Ganz anders jetzt.

Nein, Nadine würde schon dafür sorgen, daß Richard tat, was er tun mußte. Wenn Kahlan auf eins zuversichtlich baute, dann Nadines Wunsch, diese Ehe zu vollziehen.

Nadine war eine wunderhübsche Frau. Sie glühte geradezu vor Begeisterung. Wie konnte Richard nicht erregt sein? Er wußte, ihm blieb keine andere Wahl. Er hatte keinerlei Grund, sich ihrem Drängen zu widersetzen. Vielleicht sah Richard es als Rache an seinem Bruder Michael, der Nadine genommen hatte. Vielleicht würde er es auf diese Weise überstehen.

Kahlan wußte, daß Nadine den glücklichsten Augenblick ihres Lebens erlebte. Für die andere erfüllte sich ein Traum.

Und für Kahlan ein Alptraum.

Der dunkle Himmel, den sie so eben durch die Fenster ahnen konnte, schien zu brodeln, wie schon den ganzen Tag und die ganze Nacht über. Die Luft war nach wie vor vollkommen still und schwül. Das Unwetter wollte nicht losbrechen. Es drohte damit, schien aber noch zu zögern.

Kahlan legte ihr Handgelenk auf die Stirn, ruhte sich aus und wartete. Ihre Beine schmerzten, und sie merkte, es lag daran, daß sie die Knie zusammenpreßte. Sie erlaubte ihren Beinen, sich zu entspannen. Drefan hatte seine Pflicht getan. Er war fertig. Es war vorbei. Sie durfte sich entspannen.

Sie schloß die Augen, als sie Nadines fernes Lachen hörte, das durch die Nachtluft herüberwehte. Die Frau stand zu ihrem Wort. Mußte Richard sie unbedingt zum Lachen bringen? Reichte es nicht, wenn er einfach nur seine Pflicht tat? Nein, Richard würde Nadine nicht zum Lachen bringen. Nadine lachte über Kahlan.

Die Nacht zog sich endlos hin. Wo blieb der Tempel der Winde? Drefan unternahm keinen Versuch, sie noch einmal anzufassen, und dafür war sie ihm dankbar. Er lag da, auf dem Rücken, und wartete gemeinsam mit ihr.

Keine Stunde, die verstrich, brachte irgendeine Änderung. Von Zeit zu Zeit nickte Kahlan ein. Nadines heiseres Lachen riß sie mit einem Ruck wieder aus dem Schlaf.

Sie hätte Richard ohrfeigen mögen. Wie lange wollte er noch so weitermachen? Er hätte Nadine mittlerweile dreimal haben können. Hatte er vielleicht sogar. Vielleicht versuchte er es immer weiter, solange der Tempel der Winde nicht kam. Nadine hatte ihren Spaß daran. Kahlan spürte, daß ihre Wangen glühten.

Drefan lag schweigend neben ihr. Die Winde hatten ihnen zu sprechen verboten. Nadines Gelächter zählte vermutlich nicht, sie gebrauchte keine Worte. Es war auch so deutlich genug.

Kahlan seufzte. Früher oder später würden die Winde kommen. Sie alle hatten getan, was verlangt wurde.

Aber hatte sie das wirklich?

Was hatte Cara gleich gesagt?

Du mußt deinen Teil dabei übernehmen – dich hingeben und es genießen.

Drefan hatte es genossen. Er war befriedigt worden. Nadine genoß es ganz bestimmt. Richard sicher auch.

Kahlan nicht. Sie hatte es nicht ›genossen‹.

Sie verwarf den Gedanken. Es mußte an etwas anderem liegen. Vielleicht warteten die Winde nur, bis Nadine endlich genug hatte. Das würde zum Tempel der Winde passen, dazu, wie er die Schraube der Schmerzen für Richard und Kahlan immer fester angezogen und sie hatte leiden lassen.

Während die Nacht sich dahinschleppte und sie sich Caras Bemerkung über das Genießen in Erinnerung rief, mußte Kahlan daran denken, wie sie mit Richard an jenem Ort zwischen den Welten gewesen war. Sie hatte dieselbe Art Wonne erfahren, die auch andere Frauen spürten – den Genuß und die Hingabe nicht nur in der Liebe, sondern auch bei der Lust.