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»Der Wind macht Jagd auf mich? Also, irgend etwas fällt ihr immer ein.«

Nadine wich seinem Blick aus. »Und was wird jetzt aus uns …?«

»Nadine, es gibt kein ›uns‹.« Sein Ton nahm wieder seine alte Schärfe an. »Ausgerechnet du solltest das eigentlich wissen.«

Sie reckte empört ihr Kinn nach vorn. »Ich weiß gar nicht, wovon du sprichst.«

Er betrachtete sie lange, so als überlege er, ob er ihr noch mehr erklären sollte, was er aber dann nicht tat. »Ganz wie du willst, Nadine.«

Zum ersten Mal empfand Kahlan so etwas wie Verlegenheit. Was immer dieser Wortwechsel zu bedeuten hatte, sie kam sich wie ein Eindringling vor, weil sie dabei zuhörte. Auch Richard wirkte betreten. »Tut mir leid, Nadine, doch ich muß mich um andere Angelegenheiten kümmern. Wenn du für deine Heimkehr Hilfe brauchst, werde ich sehen, was ich tun kann. Was immer du brauchst – Pferde oder Proviant, was auch immer. Erzähle allen in Kernland, daß es mir gut geht, und bestelle allen meine besten Grüße.«

Er wandte sich an den wartenden Ulic. »Ist General Kerson hier?«

»Jawohl, Lord Rahl.«

Richard trat einen Schritt auf die Tür zu. »Dann werde ich ihn wohl am besten mal fragen, was er auf dem Herzen hat.«

General Kerson trat sofort ein, als er seinen Namen hörte. Er hatte unmittelbar vor der Tür gewartet. Ergrauend, doch muskulös und austrainiert und einen Kopf kleiner als Richard, bot er in seiner Uniform aus gewienertem Leder eine beeindruckende Erscheinung. Auf seinen Oberarmen befanden sich die Narben seines Ranges, deren leuchtend weiße Furchen durch die kurzen Ärmel seines Kettenhemdes schimmerten.

Er schlug sich zum Salut die Faust vor die Brust. »Lord Rahl, ich muß Euch sprechen.«

»Also gut, bitte.«

Der General zögerte. »Ich meine, unter vier Augen, Lord Rahl.«

Richard war offensichtlich nicht bei Laune, die Zeit mit diesem Mann zu vertrödeln. »Hier gibt es keine Spione. Sprecht.«

»Es geht um die Männer, Lord Rahl. Viele von ihnen sind krank.«

»Krank? Was fehlt ihnen?«

»Nun ja, Lord Rahl, sie … das heißt…«

Richards Stirn legte sich in Falten. »Redet schon.«

»Lord Rahl,« – General Kerson ließ den Blick über die Frauen wandern, dann räusperte er sich – »über die Hälfte meiner Armee ist, nun, dienstuntauglich. Die Männer sind aufgrund von Durchfall völlig entkräftet.«

Richards Stirn entspannte sich. »Oh. Das tut mir leid. Hoffentlich geht es ihnen bald wieder besser. Das ist wirklich eine schlimme Sache.«

»Und in der Armee durchaus nichts Ungewöhnliches. In diesem Ausmaß allerdings schon. Und weil es so weit verbreitet ist, muß etwas unternommen werden.«

»Nun, dann sorgt dafür, daß sie reichlich zu trinken bekommen. Haltet mich auf dem laufenden. Berichtet mir, wie es ihnen geht.«

»Es muß etwas geschehen, Lord Rahl. Sofort. Dieser Zustand ist untragbar.«

»Es ist doch nicht so, als hätten sie Fleckenfieber, General.«

General Kerson verschränkte die Hände hinter dem Rücken und atmete tief durch. »Lord Rahl. Bevor er nach Süden zog, erklärte General Reibisch uns, Ihr wolltet, daß wir Offiziere Euch offen sagen, was wir für wichtig erachten. Er sagte, Ihr hättet ihm mitgeteilt, wenn Euch nicht gefiele, was wir zu sagen hätten, könntet Ihr durchaus zornig werden, würdet uns aber nicht dafür bestrafen, daß wir unsere Ansicht äußern. Er meinte, Ihr wolltet deshalb unsere Meinung hören, weil wir im Umgang mit den Soldaten und im Befehligen einer Armee erfahrener seien als Ihr.«

Richard fuhr sich mit der Hand über den Mund. »Ihr habt recht, General. Also, was ist an der Sache so ungeheuer wichtig?«

»Ich bin einer der Helden des Aufstandes in der Provinz Shinavont, Lord Rahl. Das liegt in D'Hara. Ich war damals Leutnant. Wir waren fünfhundert, und durch einen Zufall stießen wir auf die siebentausend Mann starke Truppe der Aufständischen, die in einem lichten Waldstück ihr Lager aufgeschlagen hatten. Wir griffen im ersten Licht des Tages an und hatten den Aufstand niedergeschlagen, bevor sich der Abend senkte. Bei Sonnenuntergang gab es keine Aufständischen aus Shinavont mehr.«

»Sehr beeindruckend, General.«

General Kerson zuckte die Achseln. »Genaugenommen nicht. Fast alle ihrer Soldaten hatten die Hosen heruntergelassen. Habt Ihr jemals versucht, mit Darmkrämpfen zu kämpfen?«

Richard gab zu, nein, daß er das nicht hatte. »Alle nannten uns Helden. Aber man muß kein Held sein, um einem Mann den Schädel zu spalten, wenn er vom Durchfall so benommen ist, daß er kaum den Kopf heben kann. Ich war nicht stolz auf das, was wir getan hatten. Es war unsere Pflicht, und wir haben den Aufstand niedergeschlagen und zweifellos jenes größere Blutvergießen verhindert, das gefolgt wäre, wenn ihre Truppen genesen und uns entkommen wären. Keiner kann sagen, was sie getan hätten, wie viele noch den Tod gefunden hätten.

Doch soweit kam es ja nicht. Wir metzelten sie nieder, weil sie unter Ruhr litten und sich nicht auf den Beinen halten konnten.« Er machte eine ausladende Armbewegung, mit der er das umliegende Land zu umfassen schien. »Unsere Armee ist unvollzählig, da General Reibisch nach Süden aufgebrochen ist. Der Rest ist nicht einsatzfähig. Irgend etwas muß geschehen. Falls uns in dieser Situation ein entsprechend starker Feind angreift, bekommen wir Probleme. Wir könnten Aydindril verlieren.

Ich wäre Euch dankbar, wenn Ihr eine Lösung wüßtet, wie sich die Lage verbessern ließe.«

»Warum kommt Ihr damit zu mir? Habt Ihr keine Heiler?«

»Die Heiler, die wir haben, behandeln Wunden, die durch Stahl hervorgerufen werden. Wir sind zu einigen der Kräuterhändler und Heiler hier in Aydindril gegangen, aber die waren nicht annähernd in der Lage, so viele Menschen zu versorgen.« Er zuckte die Achseln. »Ihr seid Lord Rahl. Ich dachte, Ihr wüßtet vielleicht, was zu tun ist.«

»Ihr habt recht. Die Kräuterhändler haben sicher keine Arzneien in diesen Mengen vorrätig.« Richard faßte sich ans Kinn und dachte nach. »Knoblauch hilft, vorausgesetzt, man ißt genug davon. Blaubeeren wären ebenfalls hilfreich. Sorgt dafür, daß die Männer reichlich Knoblauch essen und ergänzt ihn mit Blaubeeren. Die müßten in der Gegend in ausreichender Menge wachsen.«

Der General beugte sich vor und runzelte zweifelnd die Stirn. »Knoblauch und Blaubeeren. Ist das Euer Ernst?«

»Mein Großvater hat mich über Kräuter und ihre Verwendung unterrichtet. Glaubt mir, General, es wird helfen. Dazu müssen die Männer reichlich Tannintee aus der Rinde der Löscheiche trinken. Knoblauch, Blaubeeren und Löscheichentee sollten Abhilfe schaffen.« Richard blickte über die Schulter. »Hab' ich recht, Nadine?«

Sie nickte. »Es wird genügen, aber einfacher wäre es, wenn du ihnen zusätzlich Pulver aus gemahlenem Wiesenknöterich geben würdest.«

»Daran habe ich auch schon gedacht, zu dieser Jahreszeit werden wir jedoch keinen Wiesenknöterich finden, und die Kräuterhändler haben bestimmt nicht annähernd genug davon vorrätig.«

»In pulverisiertem Zustand braucht man nicht so viel davon, außerdem würde es am besten helfen«, meinte Nadine. »Um wieviel Männer geht es, General?«

»Dem letzten Bericht zufolge handelt es sich um etwa fünfzigtausend Mann«, sagte der General. »Und jetzt? Wer weiß.«

Nadine zog verblüfft die Augenbrauen hoch, als sie die Zahl hörte. »So viel Wiesenknöterich habe ich in meinem ganzen Leben noch nicht gesehen. Die Männer würden alt werden, bevor man ausreichend gesammelt hätte. Dann hat Richard recht: Knoblauch, Blaubeeren und Löscheichentee. Beinwelltee würde auch funktionieren, aber diese Mengen wird niemand auf Lager haben. Löscheichentee ist Eure beste Wahl, aber er ist schwer zu finden. Wenn keine Löscheichen verfügbar sind, wäre Pfeilholz besser als nichts.«

»Nein«, wandte Richard ein. »Oben auf den hochgelegenen Bergrücken im Nordosten habe ich Löscheichen gesehen.«

General Kerson kratzte sich am Stoppelbart. »Was ist Löscheiche?«