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»Keine Ahnung. Ihr werdet Euch etwas einfallen lassen müssen.«

»Wir werden uns bis zu Eurer Rückkehr um Richard kümmern«, sagte Cara. »Mögen die Guten Seelen mit Euch sein.«

»Sagt ihm, ich liebe ihn!« rief sie noch, als der Silberarm der Sliph sie vom Mauerrand holte.

Ihre Stimme hallte noch von den Steinmauern wider, als Kahlan in die quecksilbrige Gischt gestürzt wurde. Keuchend sog sie die Sliph in sich hinein und betete zu den Guten Seelen, sie möchten ihr dabei helfen, das Buch zu finden. Unter wahnsinnigen Mühen durchschwamm sie, was zuvor stets ein Gefühl reinster Wonne gewesen war.

Jetzt war da nur noch finsteres Grauen.

65

Ann beugte sich zu ihm vor. »Das ist deine Schuld, weißt du das?«

Zedd, der mit ihr auf dem Fußboden mitten im Zimmer hockte, blickte kurz zu ihr hinüber. »Den kostbaren Spiegel hast du zerbrochen.«

»Das war ein Unfall«, beharrte Ann. »Dafür hast du ihren Reliquienschrein kaputtgemacht.«

»Ich habe lediglich versucht, das Ding sauberzukriegen. Woher sollte ich ahnen, daß es gleich Feuer fängt? Sie hätten es eben nicht überall mit diesen getrockneten Blumen behängen sollen. Dafür hast du den Beerenwein über das beste Kleid der Frau des Häuptlings geschüttet.«

Ann reckte die Nase in den Himmel. »Der Krug war zu voll. Und gefüllt hast du ihn. Obendrein hast du seinen kostbaren Messergriff zerbrochen. Einen Wassenwurzelknoten wie diesen wird er nie wieder finden. Verständlich, daß er ziemlich aufgebracht war.«

Zedd machte ein verächtliches Geräusch. »Was weiß ich denn vom Messerschleifen? Ich bin Zauberer, kein Schmied.«

»Das würde dann auch den Zwischenfall mit dem Pferd des Ältesten erklären.«

»Dafür können sie mir die Schuld nicht in die Schuhe schieben. Ich habe das Gatter nicht aufgelassen. Zumindest bin ich ziemlich sicher, daß ich es nicht aufgelassen habe. Außerdem gibt es bestimmt ein ähnlich schnelles Pferd, das er sich kaufen kann. Leisten kann er es sich. Was ich gerne wissen würde, ist, wie du es geschafft hast, das Haar seiner Ehefrau Nummer drei so grün zu färben?«

Ann verschränkte trotzig die Arme. »Also, das war ein Versehen.

Ich dachte, die Kräuter würden ihr Haar angenehm duftig machen. Es sollte eine Überraschung sein. Der kostbare Kaninchenfellkopfschmuck des Ältesten dagegen – das war kein Versehen. Das war reine Dösigkeit. Du hättest früher danach sehen sollen, statt ihn unbeaufsichtigt über dem Feuer hängen zu lassen. Der Kopfschmuck war ein Kunstwerk, mit all den Tausenden Glasperlen. Ein so hübscher Kopfschmuck wird sich nicht leicht ersetzen lassen.«

Zedd zuckte die Achseln. »Wir haben nicht behauptet, bei der Hausarbeit besonders geschickt zu sein. Davon war nie die Rede.«

»Das stimmt allerdings. Das haben wir nicht. Es ist nicht unsere Schuld, daß sie bei uns nicht auf ihre Kosten kommen. Hätten sie uns gefragt, hätten wir ihnen das vorher sagen können.«

»Ganz bestimmt sogar.«

Ann unterbrach die Stille mit einem Räuspern. »Was, glaubst du, werden sie mit uns machen?«

Die beiden saßen Rücken an Rücken, mit einem derben Strick zusammengebunden, während die Unterredung auf der anderen Seite des Raumes sich hinzog. Sie trugen noch immer die Armbänder, die sie daran hinderten, von ihrer Magie Gebrauch zu machen.

Zedd sah zur anderen Seite des Raumes hinüber, wo man hitzig miteinander diskutierte. Der kahlköpfige Älteste, seine Ehefrau Nummer eins, mehrere einflußreiche Mitglieder der Si-Doak-Gemeinde, die Anspruch auf die Dienste der Sklaven erhoben hatten, sowie der Schamane des Stammes beschwerten sich allesamt beim jeweils anderen über den Ärger, den sie gehabt hatten. Alles verstand Zedd nicht, aber es genügte, um der Beratung folgen zu können.

»Sie haben beschlossen, ihren Verlust abzuschreiben und sich von ihren Haussklaven zu trennen«, flüsterte Zedd Ann zu.

»Und was geschieht jetzt?« erkundigte sich Ann, als das Geschnatter schließlich geendet hatte. »Was haben sie beschlossen? Werden sie uns laufenlassen?«

Alle Augen auf der anderen Seite des Raumes richteten sich auf die Gefangenen. Zedd gab einen warnenden Ton in Anns Richtung von sich.

»Ich glaube, wir hätten unsere Arbeiten vielleicht mit ein wenig mehr Sorgfalt verrichten sollen«, flüsterte Zedd ihr über die Schulter zu. »Offensichtlich stecken wir in ziemlich ernsthaften Schwierigkeiten.«

»Wieso denn, was können sie schon groß machen?« meinte Ann spöttisch. »Uns wieder zu den Nangtong bringen und ihre Decken zurückverlangen?«

Zedd schüttelte den Kopf, als die Si Doak sich erhoben. Die Halsketten des Schamanen klickten leise aneinander. Der Älteste stieß mit seinem Stab auf den Boden.

»Ich wünschte, das täten sie. Sie wollen ihre Kosten vollständig ersetzt bekommen, und dazu einen Teil ihres Schadens. Sie werden uns auf eine Reise schicken.

Soeben haben sie entschieden, daß sie den besten Preis für uns bekommen, wenn sie uns an Kannibalen verkaufen.«

Anns Kopf schwenkte herum. »An Kannibalen?«

»Das jedenfalls waren ihre Worte. Kannibalen.«

»Du hast es geschafft, dir deinen Halsring abzunehmen, Zedd. Kannst du diese gottverdammten Armbänder nicht von unseren Handgelenken herunterkriegen? Ich glaube, jetzt wäre der geeignete Augenblick dafür.«

»Ich fürchte, wir werden sie noch tragen, wenn wir im Kochtopf enden.«

Zedd beobachtete, wie ein erzürnter Ältester und ein aufs äußerste erregter Schamane auf sie zukamen.

»Es war mir eine Freude, Ann. Aber ich fürchte, mit der Freude ist es jetzt vorbei.«

Verna legte Warren einen Arm um die Hüfte und versuchte ihn zu stützen, während er sich stolpernd fortbewegte. Sie ging hinter Clarissa, die wiederum Walsh und Bollesdun folgte. Janet begab sich flugs auf Warrens andere Seite und legte sich seinen Arm über die Schulter.

»Hier? Seid Ihr ganz sicher?« meinte Verna leise zu Walsh. »Nathan wollte, daß wir ihn hier im Hagenwald treffen?«

»Ja«, sagte Walsh über die Schulter nach hinten.

»Mir hat er denselben Namen genannt«, setzte Clarissa hinzu.

Verna seufzte verärgert. Typisch Nathan, daß er sie zwang, den Hagenwald zu betreten. Der Ort war ihr alles andere als geheuer, selbst wenn Richard ihn von den Mriswiths gesäubert haben sollte. Verna hatte Nathan immer schon im Verdacht gehabt, auf gefährliche Weise verrückt zu sein, und daß er sie hier treffen wollte, schien dies nur zu bestätigen.

Moosfäden hingen herab wie durchsichtige Fetzen eines Leichentuchs. Wurzeln ließen die Gesellschaft stolpern, während sie sich durch die Dunkelheit tastete. Mit der warmen, feuchten Luft wehten üble Gerüche heran. Verna war noch nie so tief in den Hagenwald vorgedrungen – und das aus gutem Grund.

»Wie geht es dir, Warren?« erkundigte sie sich leise.

»Großartig«, murmelte er mit matter Stimme.

»Es wird nicht mehr lange dauern, Warren. Nicht mehr lange. Noch ein kleines Stück, dann ist es vorbei. Nathan wird dir helfen.«

»Nathan«, murmelte er kaum hörbar. »Muß ihn warnen.«

Sie stießen auf einen wuchtigen Felsklotz, der sichtlich von Menschenhand geschaffen war – er war rechteckig. Fast vollständig war er unter ineinander verflochtenen Ranken und knorrigen Wurzeln verborgen. Weitere Steine, die im Mondschein weißen Knochen ähnelten, ragten aus der dichten Vegetation. Sie sahen die schartigen Überreste einer Mauer, dazu Säulen, die wie das Gerippe eines Ungeheuers wirkten.

Durch das Unterholz drang Licht. Dem Flackern nach zu urteilen, stammte es von einem Lagerfeuer. Walsh und Bollesdun bogen für die anderen das Geäst zur Seite. Das Feuer war in einem Kreis aus Steinen auf dem steinernen Fußboden einer alten Ruine angelegt worden. Dahinter konnte Verna die runde Ummauerung eines großen Brunnens oder eines brunnenähnlichen Bauwerks erkennen. Sie hatte nicht gewußt, daß ein solcher Ort im Hagenwald versteckt lag, doch so selten, wie jemand den Hagenwald betrat, konnte das kaum überraschen.

Nathan, der sich gekleidet hatte wie ein reicher Adliger, erhob sich, um sie zu begrüßen. Er war groß und wirkte furchterregend, insbesondere ohne den Rada'Han an seinem Hals. Als er alle erkennen konnte, setzte er sein selbstzufriedenes Grinsen auf. Walsh und Bollesdun lachten munter und bekamen einen freundschaftlichen Klaps auf den Rücken.