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»Eine Eichenart. Die Eichenart, die das enthält, was Eure Männer brauchen. Sie hat eine gelbliche Innenrinde, aus der man einen Kräutertee brauen kann.«

»Ein Baum also. Lord Rahl, ich kann zehn unterschiedliche Stahlsorten durch einfaches Anfassen bestimmen, aber ich könnte einen Baum selbst dann nicht vom anderen unterscheiden, wenn ich ein zweites Augenpaar hätte.«

»Ihr habt doch sicher Leute, die sich mit Bäumen auskennen.«

»Richard«, sagte Nadine, »Löscheiche, so heißt sie bei uns in Kernland. Auf dem Weg hierher habe ich Wurzeln und Pflanzen gesammelt, deren Namen ich kenne, die aber von den Leuten, die mir begegnet sind, anders bezeichnet wurden. Wenn diese Soldaten Tee aus der falschen Rinde trinken, können wir bestenfalls darauf hoffen, daß es nichts schadet, aber damit wäre das Problem nicht gelöst. Der Knoblauch und die Blaubeeren sind gut für ihren Darm, vor allem brauchen sie jedoch Ersatz für die verlorene Flüssigkeit. Der Tee hilft ihnen, den Wasserverlust gering zu halten, und richtet sie gesundheitlich wieder auf.«

»Ja, ich weiß.« Er rieb sich die Augen. »General, stellt ein Kommando zusammen, ungefähr fünfhundert Wagen, sowie zusätzliche Packtiere, für den Fall, daß wir mit den Wagen nicht bis ganz vor Ort kommen. Ich weiß, wo die Bäume stehen, ich werde Euch hinaufführen.« Richard lachte still in sich hinein. »Einmal Waldführer, immer Waldführer.«

»Die Männer werden zu schätzen wissen, daß Lord Rahl um ihr Wohlergehen so besorgt ist«, sagte der General. »Jedenfalls weiß ich es zu schätzen, Lord Rahl.«

»Danke, General. Tragt alles Nötige zusammen, ich werde in Kürze bei den Ställen zu Euch stoßen. Ich möchte vor Einbruch der Dunkelheit wenigstens noch bis hinauf in die Berge gelangen. Die Pässe sind nicht der richtige Ort, um dort im Dunkeln herumzuirren. Erst recht nicht, wenn man Wagen dabei hat. Der Mond ist zwar beinahe voll, aber selbst das wird nicht genügen.«

»Wir werden marschbereit sein, bevor Ihr kommt, Lord Rahl.« Ein knapper Faustschlag auf sein Herz, dann war der General verschwunden. Richard warf Nadine ein weiteres leeres Lächeln zu. »Danke für deine Hilfe.«

Und dann lenkte er seine Aufmerksamkeit auf die rotgekleidete Mord-Sith.

6

Richard faßte Cara am Kinn und drehte ihr Gesicht, um die blutende Platzwunde auf ihrer Wange besser betrachten zu können.

»Was ist denn das?«

Als er sie losließ, sah sie zu Kahlan hinüber. »Ein Mann hat meine Annäherungsversuche zurückgewiesen.«

»Ach, ja? Vielleicht hat ihm Eure Wahl des roten Leders nicht gefallen.«

Richard blickte Kahlan an. »Was ist hier los? Sämtliche Wachen im Palast sind so nervös, daß sie sogar von mir die Losung wissen wollten, als ich hereinkam. Gruppen von Bogenschützen bewachen die Treppenhäuser, und seit dem Angriff des Lebensborns auf die Stadt habe ich nicht mehr so viel blankgezogenen Stahl gesehen.«

Seine Augen nahmen wieder diesen Raubvogelblick an. »Wer steckt unten in der Grube?«

»Ich habe Euch gewarnt«, flüsterte Cara Kahlan zu, »er findet immer alles heraus.«

Kahlan hatte Cara gebeten, Marlin nicht zu erwähnen, denn sie befürchtete, er könnte Richard auf irgendeine Weise etwas antun. Doch nachdem der Mann ausgeplaudert hatte, daß es einen zweiten gedungenen Mörder gab, hatte sich die Lage grundlegend geändert. Sie mußte Richard über die Schwester der Finsternis in Kenntnis setzen.

»Ein Meuchelmörder ist aufgetaucht, der dich umbringen will.« Kahlan deutete mit einem Nicken auf Cara. »Fräulein Wundersam hier hat ihn dazu verleitet, seine Gabe gegen sie einzusetzen, damit sie ihn gefangennehmen konnte. Wir haben ihn sicherheitshalber runter in die Grube geschafft.«

Richard sah kurz zu Cara hinüber, dann wandte er sich an Kahlan. »Fräulein Wundersam, ja? Warum hast du zugelassen, daß sie das tut?«

»Er sagte, er wolle dich töten. Cara beschloß, ihn auf ihre Weise ins Gebet zu nehmen.«

»War das wirklich nötig?« fragte er Cara. »Wir haben hier eine ganze Armee. Ein einzelner Mann kann unmöglich bis zu mir vordringen.«

»Er sagte, er habe ebenfalls die Absicht, die Mutter Konfessor zu töten.«

Richards Gesicht verfinsterte sich. »Dann will ich hoffen, daß Ihr Euch nicht von Eurer sanften Seite gezeigt habt.«

Cara lächelte. »Nein, Lord Rahl.«

»Es kommt noch schlimmer, Richard«, wandte Kahlan ein. »Er ist ein Zauberer aus dem Palast der Propheten. Er sagt, er sei zusammen mit einer Schwester der Finsternis hergekommen. Wir haben sie noch nicht entdeckt.«

»Eine Schwester der Finsternis. Großartig. Wie hast du herausgefunden, daß dieser Mann ein gedungener Mörder ist?«

»Ob du es glaubst oder nicht, er hat sich selbst gestellt. Er behauptet, Jagang habe ihn geschickt, um dich und mich zu töten. Sein Befehl lautet, sich zu stellen, sobald er den Palast der Konfessoren erreicht habe.«

»Dann sollte er uns auch nicht töten! So dumm ist Jagang nicht. Was soll diese Schwester der Finsternis hier in Aydindril tun? Hat er gesagt, daß sie auch hier sei, um uns zu töten, oder ist sie in einer anderen Absicht hergekommen?«

»Das schien Marlin nicht zu wissen«, sagte Kahlan. »Nach dem, was Cara ihm angetan hat, glaube ich ihm.«

»Wie heißt die Schwester? Wie lautet ihr Name?«

»Marlin wußte ihren Namen nicht.«

Richard nickte. »Kann sein. Wie lange war er in der Stadt, bevor er sich gestellt hat?«

»Das weiß ich nicht genau. Vermutlich ein paar Tage.«

»Warum ist er dann nicht unmittelbar nach ihrem Eintreffen in den Palast gekommen?«

»Das weiß ich ebenfalls nicht«, sagte Kahlan. »Ich habe ihn nicht … danach gefragt.«

»Wie lange war er mit der Schwester zusammen? Was haben sie während ihres Aufenthaltes hier gemacht?«

»Ich weiß es nicht.« Kahlan zögerte. »Ich glaube, ich habe einfach nicht daran gedacht, ihn danach zu fragen.«

»Nun, falls er mit ihr zusammen gekommen ist, muß sie irgend etwas mit ihm gesprochen haben. Die Verantwortung lag mit Sicherheit bei ihr. Was hat sie zu ihm gesagt?«

»Das weiß ich nicht.«

Es war der Sucher, nicht Richard, der ihr diese Fragen stellte. Kahlan glühten die Ohren, dabei hob er weder die Stimme, noch schlug er seinen bedrohlichen Ton an. »Ich habe nicht daran gedacht, ihn danach zu fragen.«

»Was taten sie in der Zeit, als sie zusammen waren? Hatte sie etwas bei sich? Hat sie etwas gekauft, irgend etwas in ihren Besitz gebracht oder mit jemandem gesprochen, der am Ende auch zu ihrer Bande gehört? Hatten sie den Auftrag, sonst noch jemanden zu ermorden?«

»Das … weiß ich … nicht.«

Richard fuhr sich durch die Haare. »Man schickt nicht einfach einen Meuchelmörder los und erklärt ihm, er solle sich den Wachen vor der Tür des Opfers stellen. Damit erreicht man bestenfalls, daß der Mörder getötet wird. Vielleicht hat Jagang den Mann noch einen anderen Auftrag ausführen lassen, bevor er den Palast betrat. Anschließend sollte Marlin hierherkommen, damit wir ihn töten und auf diese Weise jede Möglichkeit zunichte machen herauszufinden, was tatsächlich gespielt wird, bevor die Schwester der Finsternis den eigentlichen Plan durchführt. Jagang ist es mit Sicherheit vollkommen gleichgültig, wenn wir eine seiner Marionetten töten – davon hat er noch jede Menge. Außerdem bedeutet ihm ein Menschenleben nichts.«

Kahlan verdrehte verlegen die Finger hinter ihrem Rücken. Sie fühlte sich so töricht. Richards zerfurchte Stirn über den durchdringenden, grauen Augen war auch nicht gerade eine Hilfe.

»Richard, wir wußten ebensogut wie Marlin, daß hier oben eine Frau war, die darum bat, dich sprechen zu dürfen. Wir wußten nicht, wer Nadine war. Marlin kannte den Namen der Schwester nicht, aber er gab uns eine Beschreibung: jung, hübsch, langes, braunes Haar. Wir hatten Angst, Nadine könnte diese Schwester sein, hier mitten unter uns, deshalb ließen wir Marlin dort unten zurück und eilten sofort hierher, um uns um Nadine zu kümmern. Das hatte oberste Priorität: der Schwester der Finsternis das Handwerk zu legen, falls sie sich im Palast befindet. Wir werden Marlin diese Fragen später stellen. Er wird noch eine Weile bei uns bleiben.«