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»Drefan!«

Sein Kopf fuhr herum. »Willst du mir jetzt endlich verraten, wo Richard steckt?«

Kahlan fiel eine Bemerkung Nathans ein. Wenn du Richard retten willst, mußt du Richards Bruder etwas anbieten, was er wirklich will. Vielleicht konnte sie Cara damit retten.

»Richard? Was habe ich mit Richard zu schaffen? Du weißt doch ganz genau, daß ich dich will!«

Er lächelte ein wissendes, zufriedenes Lächeln. »Bald, mein Liebling. Noch ein kurzes Weilchen. Du wirst es abwarten können.«

Er wandte sich wieder Cara zu.

»Nein, Drefan! Ich kann nicht länger warten. Ich brauche dich jetzt. Ich will dich jetzt. Ich halte es nicht länger aus. Ich kann mir nichts mehr vormachen. Ich brauche dich.«

»Ich sagte –«

»Genau wie deine Mutter.« Bei ihren Worten erstarrte er. »Ich brauche dich, wie deine Hure von einer Mutter deinen Vater gebraucht hat.«

Seine Miene verfinsterte sich. Wie ein gereizter Bulle drehte er sich zu ihr herum, die stechenden Augen auf sie geheftet. »Was soll das heißen?«

»Du weißt sehr gut, was das heißt. Ich brauche das: daß man mich nimmt, genau wie dein Vater deine Mutter genommen hat. Ich will, daß du mich genauso nimmst. Nur du kannst mich befriedigen. Mach es. Mach es jetzt. Bitte.«

Er erhob sich, riesenhaft und beeindruckend. Seine Muskeln spannten und entspannten sich. Er zog die Brauen herunter und funkelte sie grimmig wütend mit seinem Rahl-Blick an.

»Wußte ich's doch«, hauchte er. »Ich wußte es. Am Ende würdest du deinen dreckigen Perversionen nachgeben.«

Er zögerte, drehte sich zu Cara um.

»Ja, ganz recht, Drefan. Du hast immer recht. Du bist klüger als ich. Du hattest die ganze Zeit recht. Ich kann dich nicht länger hinters Licht führen. Gib mir, was ich will. Gib mir, was ich brauche. Bitte Drefan, ich flehe dich an. Ich brauche dich.«

Der Ausdruck auf seinem Gesicht war beängstigend. Der schiere Wahnsinn. Hätte sie im Gestein versinken können, sie hätte es getan.

Drefan ließ das Messer langsam aus dem Gürtel gleiten, während er sich mit der Zunge die Lippen benetzte. Er kam auf sie zu.

Sie hätte sich nicht träumen lassen, wie wirkungsvoll ihre Worte gewesen waren. Von plötzlicher Panik ergriffen, ruckelte Kahlan an dem Stöpsel. Drefans Gesicht, seine ganze Körperhaltung, veränderte sich. Er verwandelte sich in ein wutschäumendes Ungeheuer, das im Begriff stand, über sie herzufallen. Auf bestialische Weise kniff er die Augen zusammen vor primitivem Ekel und vor Haß auf sie.

Kahlan unterdrückte das plötzliche Entsetzen, das ihr in die Kehle stieg. Gütige Seelen, was hatte sie bloß angerichtet? Sie scharrte mit den Füßen über den Boden und drückte sich rücklings zurück. Doch sie kauerte bereits an der Wand.

Wie sollte sie das Pulver nur in sein Gesicht schleudern?

Gütige Seelen, was mache ich bloß?

Kahlan zerrte mit aller Kraft an dem Stöpsel. Er löste sich mit einem leisen Ploppen. Drefan hockte sich neben ihr auf ein Knie.

»Sag mir, wie sehr du willst, daß ich dich befriedige.«

»Ja! Ich will dich. Jetzt. Gib mir die Freuden, die nur du mir geben kannst.«

Er hob das Messer und beugte sich über sie.

Kahlan warf sich ihm entgegen, verdrehte den Körper, wälzte sich so schwungvoll wie möglich herum und schleuderte ihm das ganze Horn mit Pulver ins Gesicht. Dann blieb sie mit dem Gesicht auf den Steinen liegen.

In dieser Haltung konnte sie nichts erkennen. Sie wußte nicht, ob sie ihn verfehlt hatte, ob das ölhaltige Pulver verschüttet worden war, ob sie das Horn in die richtige Richtung gedreht hatte, ob er nahe genug gewesen war. Sie hielt den Atem an und machte sich innerlich auf den Stoß des Messers gefaßt, stellte sich vor, wie er kam, wußte, daß er kommen würde. Fast spürte sie, wie die scharfe Klinge in sie drang. Sie kämpfte gegen das panikartige Gefühl an, nicht zu wissen, wo genau er sie treffen würde.

Drefan taumelte zurück. Sie reckte den Kopf herum und sah, wie er sich krümmte, nach Luft schnappte und schließlich auf den Rücken stürzte.

Kahlan warf sich herum und begann, auf Cara zuzurutschen. Sie wollte einen Bogen um Drefan machen, hatte aber nicht viel Platz zum Manövrieren. Seine blind tastende Hand erwischte sie am Knöchel. Sie trat nach ihm aus.

Seine Finger schlossen sich noch fester um ihren Knöchel. Mit seinem kraftvollen Arm zog er sie heran. Nach Luft japsend, schlug er mit seiner anderen Hand wild um sich, um seine Umgebung zu ertasten. Er war blind.

Kahlan sah gelbes Pulver auf seiner Wange und an seinem Hals. Sie hatte es ihm nicht, wie erhofft, in die Augen schleudern können. Sie hatte nicht unmittelbar seinen Mund oder seine Nase getroffen. Bloß seitlich ins Gesicht. Das meiste hatte ihn verfehlt. Sie hatte keine Ahnung, wie lange es ihn behindern würde, lange vermutlich aber nicht.

Gütige Seelen, macht, daß es reicht.

Das Horn lag hinter ihm. Sie kam nicht dran.

Er riß an ihrem Bein. Sie machte sich sein Gezerre zunutze und trat mit voller Wucht, so fest sie konnte, nach seinem Gesicht. Sie erwischte ihn am Ohr und riß es ihm halb vom Kopf. Brüllend ließ er ihren Knöchel los.

Verzweifelt versuchte Kahlan seinen tastenden Fingern zu entkommen. Es gelang ihr, aus seiner Reichweite zu fliehen. Sie stieß gegen Cara, setzte sich auf und schob sich auf die Frau zu.

»Haltet durch, Cara. Bitte, haltet durch. Ich bin da. Ich werde sie von Euch runterholen. Ich schwöre, ich hole sie von Euch runter.«

»Mama, bitte«, winselte Cara. »Es tut so weh … So weh. Es tut so weh.«

Kahlan zog die Füße unter ihren Körper, um sich weit genug aufrichten zu können. Sie verdrehte den Hals, blickte über die Schulter und versuchte zu erkennen, was sie gerade tat. Sie bekam die Kette zu fassen. Dabei verbrannte sie sich die Finger und zuckte zurück. Sie zwang sich, die Kette ein zweites Mal anzufassen. Zitternd, sich windend, zerrend, riß sie an dem eisernen Knoten.

Mit ihren verbrannten Fingern spürte sie, wie ein Glied verrutschte und die Kette sich allmählich löste. Sie riskierte einen schnellen Blick. Drefan rang immer noch um Atem, hatte aber seine Beine ausgestreckt. Die Arme hatte er seitlich an den Körper gelegt. Was hatte er nur vor?

Kahlan spürte, wie ein Kettenglied nachgab. Sie ruckelte die Kette hin und her, um den Knoten zu lockern, um ihm mehr Raum zu geben, damit er sich lösen konnte. Sie zog daran, weigerte sich loszulassen, obwohl das heiße Metall ihr die Finger verschmorte.

Drefans Atem ging wieder gleichmäßiger. Er lag vollkommen still da. Was tat er nur?

Kahlan stieß einen Freudenschrei aus, als die Kette rasselnd am Topf herunterglitt. Den Rücken Cara zugewandt, hakte Kahlan ihre Finger unter den Rand des brühend heißen Topfes, zerrte ihn hin und her und schleuderte ihn von Cara herunter.

Blutverschmierte Ratten purzelten übereinander, fielen zappelnd zu Boden und rannten sofort davon.

Kahlan weinte fast vor Freude. »Ich habe es geschafft, Cara. Ich habe sie runtergeholt.«

Cara wälzte den Kopf von einer Seite auf die andere. Ihre Augen waren verdreht. Sie stieß ein unverständliches Gemurmel hervor. Als Kahlan über ihre Schulter schaute und Cara ansah, mußte sie den Blick abwenden, sonst hätte sie sich übergeben.

Sie rutschte hoch zu Caras Händen. Unter Aufbietung aller Kräfte zerrte sie an einem der Knoten, doch die hatten sich durch Caras Gezerre unfaßbar fest zusammengezogen. Kahlan konnte sie kein Stück bewegen. Sie konnte sie nicht lösen. Sie mußte sie auseinanderschneiden.

Drefans Messer lag neben ihm auf dem Fußboden. Er lag da, vollkommen reglos. Sie mußte sich beeilen. Sie mußte das Messer holen und Caras Fesseln durchtrennen. Und auch ihre eigenen. Bevor er wieder zu sich kam.

Kahlan stemmte die Fersen in den Boden und schob sich auf das Messer zu. Sie drehte sich um und tastete mit den Fingern danach.

Drefan richtete sich auf und packte sie. Er hielt sie an der Hüfte fest und hob sie in die Höhe, als hätte sie kein Gewicht. Dabei fuchtelte er ihr mit dem Messer vor dem Gesicht herum.