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Marsden Taboor fuhr sich nach Worten suchend mit der Hand über die Schläfe.

»Lord Rahl, ich fürchte, Euer Bruder ist … einer Selbsttäuschung erlegen. Wenn er Euch tatsächlich erzählt hat, er sei der Hohepriester der Raug'Moss, dann hat er Euch aus Gründen getäuscht, die vorzustellen mir angst macht.

Seine Mutter ließ ihn bei uns zurück, als er noch ein kleiner Junge war. Wir zogen ihn auf, denn wir wußten, was sein Vater mit ihm machen würde, sollte er dahinterkommen, daß er einen Sohn ohne die Gabe hat. Drefan konnte recht gefährlich werden. Nachdem wir das erkannt hatten, hielten wir ihn innerhalb unserer Gemeinschaft unter Verschluß, um zu verhindern, daß er jemanden verletzte.

Er hatte eine Begabung für das Heilen, und wir hofften, er würde noch Frieden mit sich finden. Über das Heilen, so hofften wir weiter, würde er seinen Wert aus eigenem Recht beweisen.

Vor einer Weile verschwand er dann. Mehrere unserer Heiler wurden tot aufgefunden. Sie waren auf eine höchst unangenehme Art ums Leben gekommen: Jemand hatte sie zu Tode gefoltert. Seitdem sind wir auf der Suche nach Drefan. Wir waren an verschiedenen Orten, wo er in Erscheinung getreten war, und entdeckten dort Frauen, die auf ähnliche Weise massakriert worden waren.

Drefan hatte Frauen gegenüber eine recht abstoßende Einstellung. Schon sein Vater neigte Frauen gegenüber nicht gerade zur Freundlichkeit. Es ist ihm zwar gelungen, seinem Vater körperlich zu entkommen, geistig jedoch nicht.

Ich hoffe, er hat hier niemandem Schaden zugefügt.«

Richard schwieg eine Weile, bevor er sich dazu äußerte.

»Wir hatten eine Pestepidemie. Eine fürchterliche Epidemie. Tausende von Menschen haben den Tod erlitten. Drefan hat, die noblen Ideale der Raug'Moss ehrend, selbstlos alles getan, um den Erkrankten zu helfen. Er hat sein Wissen weitergegeben und auf diese Weise möglicherweise verhindert, daß noch mehr Menschen starben.

Mein Bruder hat auf seine Art zur Eindämmung der Seuche beigetragen und ist dabei ums Leben gekommen.«

Marsden Taboor faltete die Hände wieder vor dem Körper und musterte Richard eingehend. »So jedenfalls möchtet Ihr ihn in Erinnerung behalten?«

»Er war mein Bruder. Ich habe es teilweise ihm zu verdanken, daß ich die Kraft der Vergebung kennengelernt habe.«

Unter dem Tisch drückte Kahlan Richards Hand.

»Danke, daß Ihr mich empfangen habt, Lord Rahl.« Marsden Taboor verbeugte sich. »In Eurem Licht gedeihen wir.«

»Danke«, antwortete Richard leise.

Die drei Heiler wollten schon gehen, als Marsden Taboor sich noch einmal umdrehte. »Ich kannte Euren Vater. Ihr kommt nicht nach ihm. Drefan schon. Nicht viele Menschen werden das Dahinscheiden Eures Vaters oder Bruders betrauern.

Ich sehe es Euch an den Augen an, Lord Rahl. Ihr seid ein Heiler, ein wahrer Heiler, nicht bloß ein Krieger. Ein Zauberer muß als Heiler im Gleichgewicht sein, sonst ist er verloren. D'Hara ist damit gut gedient, endlich, nach so langer Zeit. Ruft uns, wann immer Ihr uns braucht.«

Als die Türen sich schlossen, seufzte Ulic: »Lord Rahl, da sind noch weitere Abgesandte, die Euch zu sprechen wünschen.«

»Vorausgesetzt, Ihr fühlt Euch kräftig genug«, fügte Cara hinzu.

»Irgend jemand will uns immer sprechen.« Richard erhob sich und reichte Kahlan die Hand. »Diese Leute kann General Kerson empfangen. Haben wir nicht etwas viel Wichtigeres zu tun?«

»Bist du sicher, daß du dich kräftig genug fühlst?« schmunzelte Kahlan.

»Ich habe mich nie besser gefühlt. Du hast es dir doch nicht etwa anders überlegt, oder?«

Lächelnd ergriff Kahlan seine Hand und erhob sich. »Auf gar keinen Fall. Worauf warten wir noch, wenn Lord Rahl sich gänzlich erholt hat? Ich bin bereit.«

»Wird auch langsam Zeit«, murmelte Berdine.

Während sie auf Richards Rückkehr warteten, legte Kahlan beruhigend eine Hand auf Caras Rücken. »Sie würde uns niemals anlügen. Wenn die Sliph sagt, Ihr könnt reisen, dann könnt Ihr reisen.«

Die Sliph hatte Cara, Berdine, Ulic und Egan einer Prüfung unterzogen, denn alle waren der Ansicht, sie sollten Richard und Kahlan zum Schutz begleiten.

Lediglich Cara hatte die Prüfung der Sliph bestanden. Richard vermutete, daß es an der Verbindung lag, die Cara mit dem Führer der Andolier, dem Legaten Rishi, gehabt hatte, der offenkundig ein Element beider Seiten der Magie besaß. Die Vorstellung, irgend etwas mit Magie zu schaffen zu haben, behagte Cara überhaupt nicht, die Sliph war ohnehin schon Magie genug, um sie bedenklich zu stimmen.

Kahlan beugte sich zu ihr vor und flüsterte ihr ins Ohr: »Ihr habt hier in diesem Raum schon schwerere Prüfungen bestanden. Ich bin eine Schwester des Strafers. Ich werde Euch die ganze Zeit über die Hand halten.«

Cara sah erst Kahlan an, dann die Sliph.

»Du mußt es tun, Cara«, flehte Berdine sie an. »Du wirst die einzige Mord-Sith bei der Hochzeit unseres Lord Rahl und der Mutter Konfessor sein.«

Caras Stirn bebte, da sie sich an Berdine wandte. »Lord Rahl hat dich geheilt.« Berdine nickte. »Hast du seitdem … bestimmte Bande zu ihm gespürt?«

Berdine schmunzelte. »Ja. Deswegen möchte ich, daß du mitgehst. Ich komme schon zurecht. Ich weiß, Raina würde das auch wollen.« Sie versetzte Ulic einen leichten Klaps auf den Bauch. »Außerdem muß jemand hierbleiben und dafür sorgen, daß Ulic und Egan nicht aus der Reihe tanzen.«

Die beiden Gemeinten verdrehten die Augen.

Cara legte Kahlan eine Hand auf den Arm und sagte: »Seit Lord Rahl Euch geheilt hat, habt Ihr es da … auch gespürt?«

Kahlan mußte schmunzeln. »Ich habe es schon gespürt, bevor er mich geheilt hatte. Das nennt man Liebe, Cara. Wenn man eine aufrichtige Zuneigung für jemanden empfindet, nicht etwa, weil man über die Bande mit ihm verbunden ist, sondern weil man ein Gefühl im Herzen mit ihm teilt. Bei Eurer Heilung habt Ihr die Liebe gespürt, die er für Euch empfindet.«

»Aber gewußt habe ich es schon vorher.«

Kahlan zuckte die Achseln. »Vielleicht war das nur eine lebendigere Art, es zu fühlen.«

Cara nahm ihren Strafer und rollte ihn zwischen den Fingern. »Vielleicht ist er ein Bruder des Strafers.«

Kahlan schmunzelte. »Ich glaube, nach allem, was wir zusammen durchgemacht haben, stehen wir uns ebenso nah wie eine Familie.«

Richard kam herein. »Ich bin bereit. Sollen wir aufbrechen?«

Das Schwert der Wahrheit konnte Richard in der Sliph nicht mitnehmen. Dessen Magie war mit der Erhaltung des Lebens während der Reise nicht vereinbar. Er war hinaufgegangen, um sein Schwert in der Enklave des Obersten Zauberers zurückzulassen, wo es sich in Sicherheit befand und wo niemand – nur er selbst – herankommen würde. Außer Zedd, natürlich. Doch Zedd lebte nicht mehr. Zumindest glaubte Kahlan, daß er nicht mehr lebte. Richard dagegen weigerte sich standhaft, an seinen Tod zu glauben.

Er rieb sich die Hände. »Was ist, Cara? Kommt Ihr nun mit oder nicht? Ich hätte Euch wirklich sehr gerne dabei. Es würde uns sehr viel bedeuten.«

Cara lächelte. »Ich habe ohnehin keine andere Wahl. Ihr seid nicht in der Lage, Euch selbst zu beschützen. Ohne eine Mord-Sith seid Ihr hilflos.«

Richard wandte sich dem silbernen Gesicht zu, das sie beobachtete. »Ich weiß, ich habe dich früher schon einmal schlafen gelegt, Sliph, aber du hast nicht weitergeschlafen. Warum nicht?«

»Du hast mich nicht in den Tiefschlaf geschickt, aus dem mich nur jemand wie du herbeirufen kann. Du hast mich zur Ruhe gelegt. Wenn du mich nur zur Ruhe legst, können andere mich rufen.«

»Aber wir dürfen nicht zulassen, daß diese anderen dich benutzen. Kannst du dich ihnen nicht verweigern? Oder einfach fortbleiben, wenn sie dich rufen? Wir können nicht zulassen, daß du Jagangs Zauberer und ähnliche Leute überall in des Schöpfers weiter Welt verteilst, wo sie nichts als Schaden anrichten.«

Sie sah ihn nachdenklich an. »Die, die mich zur Sliph gemacht haben, haben mich so erschaffen, wie ich bin. Ich muß mit denen reisen, die mich darum bitten, vorausgesetzt, sie sind im Besitz des erforderlichen Preises an Kraft.« Sie bewegte sich auf den Brunnenrand zu und kam näher. »Doch als ich schlief, hattest nur du, mein Herr und Meister, die Macht, mich herbeizurufen, andere jedoch konnten mich nicht benutzen.«