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Jagang lachte voller Spott. »Oh, nicht in Aydindril, Kleines.«

Kahlan ging neben Cara in die Hocke. »Warum sollte sie nicht mehr auf den Hüter eingeschworen sein? Nicht, daß ich unglücklich darüber wäre, aber warum sollte sie ihren Eid verraten haben?«

»Weil sie dank mir in einer Zwickmühle saß. Ich ließ ihr die Wahl, entweder zu ihrem Herrn geschickt zu werden, wo sie bis in alle Ewigkeit wegen ihres vorherigen Versagens bei Eurem Geliebten durch seine Hand zu leiden hätte, oder ihn zu verraten und fürs erste seinem Zugriff zu entgehen, nur um seinen Zorn später noch zu vergrößern.

Und Ihr, Kleines, solltet traurig darüber sein, sehr traurig, denn das wird Richard Rahls Untergang sein.«

Kahlan mußte sich zwingen, etwas zu erwidern. »Eine leere Drohung.«

»Ich mache keine leeren Drohungen.« Sein Feixen wurde breiter. »Warum, glaubt Ihr wohl, habe ich mir all die Mühe gemacht? Um an Ort und Stelle zu sein, wenn es passiert, und um Euch wissen zu lassen, daß ich es bin, Jagang, der Euch das alles angetan hat. Die Vorstellung, Ihr könntet glauben, das sei alles Zufall, würde mir gar nicht gefallen.«

Kahlan war im Nu auf den Beinen und ging wütend einen Schritt auf ihn zu. »Raus damit, Bastard. Was habt Ihr getan?«

Marlins Hand schnellte hoch. Er hob warnend den Zeigefinger. Nadine machte ein Geräusch, als würde sie ersticken. »Vorsicht, Mutter Konfessor, oder Ihr werdet den Rest nicht mehr zu hören bekommen.« Kahlan trat einen Schritt zurück. »So ist es besser, Kleines.

Ihr müßt wissen, Richard dachte, mit der Zerstörung des Palastes der Propheten könnte er mir den Zugang zu dem dort aufbewahrten Wissen verwehren.« Marlins Marionettenfinger bewegte sich hin und her. »Dem ist nicht so. Prophezeiungen gab es nicht nur im Palast der Propheten. Auch an anderen Orten gab es Propheten und Prophezeiungen. Hier zum Beispiel in der Burg der Zauberer. Und auch in der Alten Welt. Eine ganze Reihe Prophezeiungen fand ich bei der Ausgrabung einer alten Stadt, die zur Zeit des Großen Krieges in voller Blüte stand.

Unter ihnen entdeckte ich eine, die Richard Rahls Untergang sein wird. Es handelt sich um eine äußerst seltene Art von Prophezeiung, die man bindende Gabelung nennt. Sie zwingt ihrem Opfer ein Dilemma auf.

Diese Prophezeiung habe ich heraufbeschworen.«

Kahlan hatte nicht die geringste Ahnung, wovon er sprach. Sie ging rasch in die Hocke und hob Caras Kopf an. Cara funkelte sie wütend an.

»Idiotin«, flüsterte Cara kaum hörbar. »Es geht mir gut. Laßt mich. Holt Euch die Antworten. Dann gebt das Zeichen, und ich werde meine Verbindung benutzen, um ihn zu töten.«

Kahlan ließ Caras Kopf sinken und erhob sich. Sie begann, Zoll um Zoll zur Leiter zurückzuweichen.

»Ihr redet dummes Zeug, Jagang.« Sie bewegte sich schneller, in der Hoffnung, Jagang würde glauben, sie habe Cara tot vorgefunden. Auf halbem Weg zur Leiter hatte sie gar nicht die Absicht zu fliehen. Sie wollte ihn mit ihrer Kraft berühren. Ob nun mit Nadine oder ohne. »Ich weiß nichts von Prophezeiungen. Was Ihr sagt, ergibt keinen Sinn.«

»Nun, Kleines, die Sache verhält sich so. Entweder Richard Rahl läßt den Feuersturm dessen, was ich geschaffen habe, unkontrolliert wüten und erfüllt damit den einen Zweig der Prophezeiung, was seinen Tod bedeuten wird, oder er versucht, aufzuhalten, was ich begonnen habe, und erfüllt damit den anderen Zweig der Prophezeiung. Auf diesem Zweig wird er vernichtet. Versteht Ihr jetzt? Er kann nicht gewinnen, ganz gleich, wofür er sich entscheidet. Nur eines der beiden Ereignisse kann sich jetzt noch entwickeln, nur einer der beiden Zweige. Er hat die Macht, zu entscheiden, welcher, aber beide werden sein Verderben sein.«

»Ihr seid ein Narr. Richard wird sich für keinen der beiden entscheiden.«

Jagang röhrte vor Lachen. »O doch, das wird er. Ich habe die Prophezeiung bereits heraufbeschworen, durch Marlin. Einmal heraufbeschworen, gibt es kein Zurück mehr aus einer Prophezeiung der bindenden Gabelungen. Aber gebt Euch ruhig Euren Selbsttäuschungen hin, wenn es Euch gefällt. Das wird Euren Fall um so schmerzhafter gestalten.«

Kahlan hielt im Gehen inne. »Ich glaube Euch nicht.«

»Das werdet Ihr. O ja, das werdet Ihr.«

»Leere Drohungen! Was für Beweise habt Ihr?«

»Die Beweise werden mit dem Roten Mond kommen.«

»So etwas gibt es nicht. Eure Worte sind leere Drohungen.«

Während ihre Angst in der Hitze des Zorns verflog, drohte Kahlan plötzlich ihm. »Aber hört meine Warnung, Jagang. Ich habe die Leichen der Frauen und Kinder gesehen, die Ihr in Ebinissia abgeschlachtet habt, und ich habe Eurer Imperialen Ordnung unsterbliche Rache geschworen. Selbst Prophezeiungen werden uns nicht daran hindern, Euch zu besiegen.«

Wenn sie schon sonst nichts tun konnte, mußte sie ihn wenigstens so sehr reizen, daß er die Prophezeiung preisgab. Wenn sie diese kannten, konnten sie vielleicht noch etwas dagegen unternehmen. »So lautet also meine Prophezeiung für Euch, Jagang. Im Gegensatz zu Eurer habe ich sie Euch in deutlichen Worten sagen können.«

Sein tiefes Lachen hallte durch die Grube. »Angeblich? Also schön, dann erlaubt, daß ich Euch die Prophezeiung zeige.«

Eine von Marlins Händen wurde angehoben. In der Grube explodierte ein Blitz. Kahlan hielt sich die Ohren zu. Sie duckte sich und ging in die Hocke, um ihren Kopf zu schützen. Steinsplitter flogen pfeifend durch die Luft. Sie spürte einen scharfen Schmerz, als einer davon ihren Arm aufschlitzte und ein anderer sich ihr von der Seite in die Schulter bohrte. Dann bemerkte sie, wie warmes Blut ihren Ärmel durchtränkte. Ihr wurde übel.

Über ihren Köpfen sprang und hüpfte der Blitz kreuz und quer über die Wand und gravierte einen Schriftzug in das Mauerwerk, den sie durch die blendenden Lichtblitze hindurch so gerade eben erkennen konnte. Das krachende Geblitze endete wie abgeschnitten, und zurück blieben zackige Nachbilder auf ihrer Netzhaut, der Gestank von Staub und Rauch, der das Atmen fast unmöglich machte, und das Echo des grauenhaften Lärms, der ihr durch den Kopf hallte.

»Da – bitte, Kleines.«

Kahlan kam auf die Beine und schaute blinzelnd an der Mauer hoch. »Unverständliches Gekritzel. Sonst nichts. Es hat nichts zu bedeuten.«

»Es handelt sich um Hoch-D'Haran. Den Chroniken zufolge nahmen wir im letzten Krieg einen Zauberer gefangen, einen Propheten, und da er dem Haus Rahl selbstverständlich treu ergeben war, blieb meinen Traumwandlervorfahren der Zugang zu seinem Verstand verwehrt.

Also folterten sie ihn. In einem Zustand irrer Phantasien, der Hälfte seiner Innereien beraubt, gab er seine Prophezeiung preis. Laßt sie Euch von Richard übersetzen.« Er beugte sich mit einem gehässigen Grinsen vor. »Ich bezweifle allerdings, ob er Euch mitteilen möchte, was dort geschrieben steht.«

Gewaltsam drückte er Nadine einen Kuß auf die Wange. »Sie war mir ein großes Vergnügen, meine kleine Reise, aber ich fürchte, Marlin muß sich jetzt verabschieden. Wirklich schade für Euch, daß der Sucher mit seinem Schwert nicht hier war. Das Schwert wäre Marlins Ende gewesen.«

»Cara!« Kahlan stürzte sich auf ihn und flehte die Guten Seelen im stillen um Vergebung an für das, was sie gezwungen war, Nadine anzutun, wenn sie gegen Marlin ihre Kraft einsetzte.

Cara sprang auf. Jagang wuchtete Nadine mit ungeheurer Kraft durch die Luft. Die Frau stieß einen Schrei aus, als sie mit voller Wucht blindlings gegen Kahlan stolperte. Kahlan landete ächzend rücklings auf dem Steinfußboden.

Vor ihren Augen tanzten zahllose kleine, schwebende Lichtpunkte. Sie fühlte nichts mehr. Sie befürchtete, sich das Rückgrat gebrochen zu haben. Doch als sie sich auf die Seite wälzte, kehrte das Gefühl mit schmerzhaftem Kribbeln in ihre Glieder zurück. Sie holte keuchend Luft, um wieder zu Atem zu kommen und richtete sich mühsam auf.

Auf der anderen Seite des Raumes stieß Cara einen schrillen, durchdringenden Schrei aus. Sie sackte in sich zusammen, fiel auf die Knie und hielt sich beim Schreien die Ohren mit den Unterarmen zu.