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»Immer mit der Ruhe«, entgegnete er in besorgtem Ton. »Zuerst muß man hinschauen, bevor man handelt, sonst richtet man am Ende noch mehr Schaden an.«

Kahlan funkelte die düstere Gestalt wütend an. Endlich ging er in die Hocke und setzte sich auf seine Fersen. Er ergriff Caras Handgelenk mit einer seiner großen Hände und schob einen Finger zwischen ihren Handschuh und ihren Ärmel. Mit einer fahrigen Geste deutete er auf die am Boden verteilten Gegenstände.

»Was ist das alles?«

»Das sind meine Arzneien«, erklärte Nadine. Sie reckte das Kinn vor. »Ich bin Heilerin.«

Noch immer Caras Handgelenk haltend, hob der Mann mit der anderen einen Lederbeutel hoch und betrachtete die Zeichen darauf. Er legte ihn wieder hin und nahm Nadine die beiden Hörner aus dem Schoß.

»Mutterkraut«, sagte er und warf es zurück in Nadines Schoß. Er betrachtete die Symbole auf dem anderen. »Zehrkraut.« Er warf es ebenfalls zurück.

»Ihr seid keine Heilerin, Ihr seid eine Kräuterfrau.«

»Wie könnt Ihr es wagen –«

»Habt Ihr der Frau, abgesehen von dem Lavendelöl, irgend etwas von Euren Arzneien gegeben?«

»Woher wißt … Ich hatte noch keine Zeit, ihr etwas anders zu geben.«

»Gut«, verkündete er. »Das Lavendelöl wird ihr nicht helfen, aber wenigstens schadet es auch nicht.«

»Na ja, ich weiß natürlich, daß es ihr die krampfartigen Zuckungen nicht nehmen wird. Es sollte nur ihre Schmerzen ein wenig lindern. Gegen die Zuckungen wollte ich ihr Passionsblumentinktur geben.«

»Ach, wirklich? Dann ist es ein Glück, daß ich rechtzeitig gekommen bin.«

Nadine verschränkte die Arme über der Brust. »Wieso denn das?«

»Weil Passionsblumentinktur sie mit großer Wahrscheinlichkeit getötet hätte.«

Nadines Miene verfinsterte sich. Sie löste die Arme voneinander und stemmte die Fäuste in die Hüften. »Passionsblumen sind ein starkes Beruhigungsmittel. Wahrscheinlich hätte es ihre Zuckungen zum Stillstand gebracht. Hättet Ihr Euch nicht eingemischt, hätte ich sie inzwischen längst wiederbelebt.«

»Ach, tatsächlich? Habt Ihr ihren Puls gefühlt?«

»Nein.« Nadine wurde vorsichtig. »Warum auch? Welchen Unterschied hätte das gemacht?«

»Ihr Puls geht schwach, unregelmäßig und schleppend. Diese Frau kämpft mit aller Kraft gegen einen Herzstillstand. Hättet Ihr ihr Passionsblumen verabreicht, hätte es genau das bewirkt, was Ihr gerade sagtet: Es hätte sie beruhigt. Ihr Herz hätte ausgesetzt.«

»Ich … ich verstehe nicht, wieso…«

»Selbst eine einfache Kräuterfrau sollte wissen, daß Vorsicht angebracht ist, wenn man es mit Magie zu tun hat.«

»Magie.« Nadine ließ den Kopf hängen. »Ich bin aus Westland. Ich hatte noch nie zuvor mit Magie zu tun. Ich wußte nicht, daß Magie sich auf Heilkräuter auswirkt. Tut mir leid.«

Er ignorierte ihre Entschuldigung und zeigte auf Cara. »Öffnet die Knöpfe und macht sie oben herum frei.«

»Warum?« wollte Nadine wissen.

»Macht schon! Oder wollt Ihr sie sterben lassen? Lange wird sie nicht mehr durchhalten.«

Nadine beugte sich vor und ging daran, die Leiste mit den kleinen roten Lederknöpfen seitlich über Caras Rippen aufzuknöpfen. Als sie damit fertig war, machte er ihr ein Zeichen, daß sie das Ledergewand öffnen sollte. Nadine sah kurz zu Kahlan. Die nickte, und sie zog das geschmeidige Leder zurück und machte Caras Brust frei.

»Dürfte ich Euren Namen erfahren?« fragte Kahlan ihn.

»Drefan.« Anstatt sich nach ihrem zu erkundigen, legte er Cara ein Ohr auf die Brust und horchte.

Er ging um sie herum, bis er sich an Caras Kopf befand, und drängte Kahlan so, ihm eiligst Platz zu machen. Nun untersuchte er kurz die blutende Wunde über ihrem linken Ohr, dann, nachdem er sie offenbar als unbedeutend abgetan hatte, fuhr er damit fort, systematisch ihren Halsansatz abzutasten.

Kahlan konnte nichts von seinem Gesicht sehen, das im Schatten der tief heruntergezogenen Kapuze lag. Die eine Fackel spendete ohnehin nicht viel Licht.

Drefan beugte sich vor und umfaßte Caras Brüste mit seinen großen Händen.

Kahlan richtete sich auf. »Was glaubt Ihr, was Ihr da tut?«

»Ich untersuche sie.«

»So nennt Ihr das?«

Er lehnte sich auf seine Fersen zurück. »Betastet ihre Brüste.«

»Warum?«

»Damit Ihr seht, was ich herausgefunden habe.«

Schließlich löste Kahlan den Blick von seiner Kapuze, faßte aber nicht wie er beherzt zu, sondern legte die Rückseite ihrer Finger seitlich an Caras linke Brust. Sie war heiß – sie glühte vor Fieber. Sie befühlte die andere. Sie war eiskalt.

Auf einen Wink von Drefan tat Nadine es ihr nach. »Was hat das zu bedeuten?« fragte sie.

»Ich möchte mit meinem endgültigen Urteil warten, bis ich die Untersuchung abgeschlossen habe, aber es verheißt nichts Gutes.«

Er legte ihr die Finger seitlich an den Hals und fühlte erneut ihren Puls. Er strich ihr mit den Daumen nach außen über die Stirn. Dann beugte er sich vor und hielt sein Ohr nacheinander an ihre beiden. Prüfend sog er ihren Atem ein. Vorsichtig hob er ihren Kopf an und ließ ihn kreisen. Er breitete ihre Arme zu den Seiten aus, machte die Lederkleidung weiter auf, so daß Caras Oberkörper bis zur Hüfte nackt war, woraufhin er sich über sie beugte und ihren Unterleib bis unter die Rippen abtastete.

Den Kopf zur Seite geneigt, als konzentriere er sich, berührte er mit seinen Fingern einen Augenblick lang die Vorderseite ihrer Schultern, die Seiten ihres Halses, die Schädelbasis, ihre Schläfen, mehrere Stellen auf dem Brustkorb und ihre Handflächen.

Kahlan wurde allmählich ungeduldig. Sie sah eine Menge Grabschen und Betatschen, von Heilen jedoch keine Spur. »Und?«

»Ihre Aura ist ernsthaft verknotet«, verkündete er, während er ohne jede Scham seine große Hand unter das rote Leder auf Caras Hüfte schob.

Starr vor Fassungslosigkeit, verfolgte Kahlan, wie seine Hand bis zwischen ihre Beine glitt. Sie konnte sehen, wie er seine Finger unter dem engen Leder in ihr Geschlechtsteil einführte.

So fest sie konnte, boxte Kahlan ihn auf den Oberarm, auf einen äußerst empfindlichen Nerv.

Er zuckte vor Schmerz zurück. Stöhnend kippte er seitlich auf die Hüfte und hielt sich den Arm, wo sie ihn getroffen hatte.

»Wie könnt Ihr es wagen, sie so zu begrabschen! Das lasse ich nicht zu, habt Ihr verstanden!«

»Ich habe sie nicht begrabscht«, knurrte er.

Die Erregung war noch nicht aus Kahlans Stimme gewichen. »Wie nennt Ihr das denn?«

»Ich habe versucht festzustellen, was dieser Traumwandler mit ihr angestellt hat. Er hat ihre Aura stark durcheinandergebracht und dadurch ihren Verstand so verwirrt, daß sie ihren Körper nicht mehr kontrollieren kann.

Genaugenommen leidet sie gar nicht unter krampfhaften Zuckungen. Sie hat unkontrollierbare Muskelkontraktionen. Ich wollte mich vergewissern, ob er nicht den Teil ihres Gehirns aktiviert hat, der für die Erregung zuständig ist, ob er sie nicht in den Zustand eines dauerhaften Orgasmus versetzt hat. Dazu muß ich wissen, in welchem Ausmaß er die Sperren und Auslöser gestört hat, damit mir klar wird, wie sich der Prozeß umkehren läßt.«

Nadine bekam große Augen und beugte sich vor. »Magie wäre zu so etwas fähig? Daß ein Mensch einen … andauernden …?«

Er nickte und beugte seinen schmerzenden Arm. »Vorausgesetzt, der Fachmann weiß, was er tut.«

»Könntet Ihr so etwas zustande bringen?« fragte sie kaum hörbar.

»Nein. Ich besitze weder die Gabe noch irgendeine andere Form von Magie. Aber ich weiß, wie man heilt – vorausgesetzt, der Schaden ist nicht allzu groß.« Die Kapuze schwenkte zu Kahlan herum. »Darf ich jetzt fortfahren, oder wollt Ihr zusehen, wie sie stirbt?«

»Macht weiter. Aber wenn Ihr Eure Hand noch einmal dort unten hinlegt, werdet Ihr in Zukunft ein einarmiger Heiler sein.«

»Ich habe bereits herausgefunden, was ich wissen muß.«

Nadine beugte sich wieder vor. »Hat sie …?«