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»Nein.« Er machte eine gereizte Handbewegung. »Zieht ihr die Stiefel aus.«

Nadine ging schwerfällig um sie herum und tat, was man ihr aufgetragen hatte. Er drehte sich leicht in Kahlans Richtung, so als wollte er sie aus den Tiefen seiner Kapuze heraus betrachten. »Wußtet Ihr, wo sich dieser bestimmte Nerv in meinem Arm befindet, oder war das einfach Glück?«

Kahlan musterte den Schatten und versuchte seine Augen zu erkennen. Es war unmöglich. »Ich wurde in diesen Dingen ausgebildet – damit ich mich und andere verteidigen kann.«

»Ich bin beeindruckt. Mit solchen Kenntnissen über die Nerven könntet Ihr lernen, wie man heilt, anstatt den Menschen weh zu tun.« Er richtete seine Aufmerksamkeit auf Nadine. »Drückt die dritte vordere Achse des Rückenmeridians nach unten.«

Nadine zog ein Gesicht. »Was?«

Er fuchtelte mit der Hand herum und zeigte es ihr. »Zwischen der Sehne hinten an ihrer Ferse und dem Knochen, der zu den Seiten hin vorsteht. Drückt dort mit Daumen und einem Finger zu. An beiden Knöcheln.«

Nadine tat, wie ihr geheißen, während Drefan mit seinen beiden kleinen Fingern hinter Caras Ohren und gleichzeitig mit den beiden Daumen auf ihren Schultern zudrückte. »Fester, Frau.« Er legte Cara beide Handflächen übereinander auf das Brustbein.

»Jetzt den zweiten Meridian«, brummte er.

»Was?«

»Geht einen halben Zoll nach unten und wiederholt dort dieselbe Prozedur. An beiden Knöcheln.« Er glitt mit Fingern hoch zu Caras Kopf, konzentrierte sich ganz auf seine Arbeit. »Sehr gut. Den ersten Meridian.«

»Wieder einen halben Zoll nach unten?« fragte Nadine.

»Ja, ja. So beeilt Euch doch.«

Er hielt Caras Ellenbogen zwischen Daumen und Zeigefinger und hob sie beide ein paar Zoll in die Höhe.

Schließlich ließ er sich mit einem Seufzer auf die Fersen zurücksinken. »Erstaunlich«, murmelte er wie zu sich selbst. »Das ist nicht gut.«

»Was denn?« wollte Kahlan wissen. »Soll das heißen, daß Ihr ihr nicht helfen könnt?«

Er machte eine wegwerfende Handbewegung, so als wäre er zu beschäftigt, um zu antworten.

»Antwortet mir«, hakte Kahlan beharrlich nach.

»Wenn ich will, daß Ihr mich behelligt, Frau, dann werde ich Euch darum bitten.«

Nadine beugte sich vor und legte den Kopf schief. »Habt Ihr eigentlich eine Ahnung, mit wem Ihr sprecht?« Sie deutete mit dem Kinn auf Kahlan.

Er war damit beschäftig, Caras Ohrläppchen abzutasten. »Ihrem Aussehen nach würde ich sagen mit irgendeiner Putzfrau. Einer, die dringend ein Bad benötigt.«

»Ich habe gerade ein Bad genommen«, erwiderte Kahlan kaum hörbar.

Nadine senkte gewichtig die Stimme. »Ihr tätet gut daran, ein wenig Respekt an den Tag zu legen, Heiler. Ihr gehört der gesamte Palast hier. Alles. Sie ist die Mutter Konfessor höchstpersönlich.«

Er strich Cara mit dem Finger über die Innenseite ihrer Oberarme. »Tatsächlich? Nun, das ist schön für sie. Und jetzt seid bitte still, alle beide.«

»Außerdem ist sie die Verlobte von Lord Richard Rahl.«

Drefans Hand erstarrte. Sein ganzer Körper spannte sich an.

»Und da Lord Rahl der Herrscher D'Haras ist und Ihr aus D'Hara stammt«, fuhr Nadine fort, »macht ihn das vermutlich zu Eurem Dienstherrn. An Eurer Stelle würde ich gegenüber der zukünftigen Frau von Lord Richard Rahl ein wenig mehr Respekt an den Tag legen. Ich habe gesehen, wie er Leuten für ihre Grobheiten die Zähne ausgeschlagen hat.«

Drefan bewegte keinen Muskel.

Kahlan fand, daß Nadine es sehr derb formuliert hatte, bezweifelte aber, daß man es deutlicher hätte ausdrücken können.

»Und nicht nur das«, fügte Nadine hinzu, »sie ist es auch gewesen, die den Meuchelmörder getötet hat. Mit Magie.«

Endlich räusperte sich Drefan. »Verzeiht mir, Herrin…«

»Mutter Konfessor«, verbesserte Kahlan ihn.

»Ich bitte untertänigst um Verzeihung … Mutter Konfessor. Ich hatte keine Ahnung. Ich hatte nicht die Absicht, einen…«

Kahlan schnitt ihm das Wort ab. »Verstehe. Ihr wart mehr darum bemüht, Cara hier zu heilen, als Euch mit Förmlichkeiten abzugeben. Genau wie ich. Könnt Ihr ihr helfen?«

»Ja.«

»Dann fahrt bitte fort damit.«

Er wandte sich augenblicklich wieder Cara zu. Stirnrunzelnd verfolgte Kahlan, wie seine Hände nach einem bestimmten Muster über den dahingestreckten Körper glitten, wobei seine Finger unter einer nicht erkennbaren Anstrengung zu zittern begannen.

Nadine, zu Caras Füßen, verschränkte erneut die Arme. »Das nennt Ihr heilen? Meine Kräuter hätten besser gewirkt als dieser Unfug, und obendrein schneller.«

Er schaute hoch. »Unfug? Ihr haltet das für Unfug? Für irgendeinen Hokuspokus? Habt Ihr auch nur die geringste Ahnung, junge Frau, womit wir es hier zu tun haben?«

»Mit einem Krampfanfall. Dagegen muß man etwas tun, nicht beten.«

Er richtete sich auf. »Ich bin der Hohepriester der Raug'Moss. Es ist nicht meine Art, für meine Heilerfolge zu beten.« Nadine schnaubte spöttisch. Er nickte, als hätte er einen Entschluß gefaßt. »Ihr wollt sehen, womit wir es zu tun haben? Ihr wollt einen Beweis, den Ihr mit Eurem schlichten Kräuterfrauenblick begreifen könnt?«

Nadines Blick verfinsterte sich. »Angesichts fehlender Ergebnisse wäre ein kleiner Beweis nicht schlecht.«

Er deutete auf etwas. »Ich habe ein Horn mit Beifuß gesehen.

Gebt es mir. Vermutlich habt Ihr auch eine Wachskerze in Eurem Beutel. Zündet sie an.«

Während Nadine die Kerze zur Fackel trug, um sie dort anzuzünden, schlug Drefan sein Gewand auf und entnahm einem Beutel mehrere Gegenstände. Nadine reichte ihm die brennende Kerze. Er träufelte heißes Wachs neben sich auf den Fußboden und steckte die Kerze darin fest.

Der Hohepriester langte unter sein Gewand und holte ein langes Messer mit dünner Klinge hervor. Er beugte sich vor und preßte es zwischen Caras Brüste. Der rubinrote Tropfen unter der Messerspitze wurde immer größer. Er legte das Messer zur Seite und beugte sich über sie. Mit einem langstieligen Löffel schöpfte er das Blut von ihrer Haut.

Er lehnte sich zurück, entkorkte das Horn, das Nadine ihm gegeben hatte, und schüttelte ein wenig Beifuß auf das Blut im Löffel. »Das nennt Ihr Beifuß! Man darf nur die pelzige Unterseite der Blätter sammeln. Ihr habt das ganze Blatt daruntergemischt.«

»Das spielt keine Rolle. Es ist alles Beifuß.«

»Von sehr schlechter Qualität, wenn man es so macht. Ihr solltet wissen, daß man Beifuß von hoher Qualität benutzt. Was für eine Kräuterfrau seid Ihr eigentlich?«

Nadine kniff empört die Augen zusammen. »Er wirkt prächtig. Wollt Ihr Euch etwa herausreden, damit Ihr uns nicht beweisen müßt, Ihr wüßtet, was Ihr tut? Wollt Ihr Euer Versagen etwa auf die schlechte Qualität des Beifußes schieben?«

»Für meine Zwecke ist die Qualität mehr als ausreichend, für Eure hingegen nicht.« Sein Ton wurde belehrend und dabei geradezu höflich. »Reinigt das nächste Mal die Probe, die Ihr gesammelt habt, und Ihr werdet feststellen, daß es wesentlich besser wirkt.«

Er beugte sich vor, hielt den Löffel in die Spitze der Kerzenflamme, bis der Beifuß sich entzündete und dabei reichlich Rauch und einen schweren moschusartigen Geruch absonderte. Drefan ließ den qualmenden Löffel über Caras Bauch kreisen und hüllte ihn so in Rauch.

Schließlich gab er den Löffel mit dem kokelnden Beifuß an Nadine weiter. »Haltet ihr das zwischen die Füße.«

Er legte die Finger an die Schläfen und sprach leise murmelnd einen Sprechgesang.

Dann löste er die Hände von seinem Kopf. »Jetzt paßt auf, und Ihr werdet sehen, was ich sehen kann, Ihr werdet fühlen, was ich – ohne den Rauch – fühlen kann.«

Er legte Cara die Daumen an die Schläfen und die kleinen Finger seitlich an den Hals.

Ein Ruck ging durch die dichte Schicht aus Beifußrauch.

Kahlan stockte der Atem, als sie seilartige Rauchlinien sah, die sich über Caras gesamtem Körper wanden und schlängelten. Drefan löste seine Hände, und die Rauchspuren erstarrten zu einem ruhenden Geflecht aus Linien. Einige spannten sich von ihrem Brustbein zu ihren Brüsten, ihren Schultern, Hüften und Schenkeln. Ein Gewirr aus Linien führte von der oberen Hälfte ihres Kopfes zu Punkten überall auf ihrem Körper.