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Er ließ sie zu Boden gleiten. Ihre Beine waren jetzt nutzlos. Sie würde nirgendwohin gehen.

Sie versuchte, ihm einen Stoß zwischen die Beine zu versetzen. Er fing ihre zierliche kleine Faust mit der Hand auf. Während er ihre Faust aufquetschte, betrachtete er ihre aufgerissenen, himmelblauen Augen. Er nahm ihre Handfläche zwischen Daumen und Zeigefinger und bog sie nach hinten, bis ihr Handgelenk brach.

Sodann benutzte er die Ärmel ihres Morgenmantels, um ihr die Hände zu fesseln, damit sie sich den Knebel nicht aus ihrem Mund ziehen konnte. Sein Herz schlug wie ein Hammer, als er auf ihr gedämpftes Winseln lauschte. Er konnte ihre Worte hinter dem Knebel nicht verstehen, aber sie steigerten seine Erregung, denn er spürte, welche Schmerzen darin zum Ausdruck kamen.

Ein Sturm der Empfindungen toste durch seinen Verstand. Wenigstens schwiegen die Stimmen noch, und er konnte sich ganz seiner Lust hingeben. Er war nicht sicher, was diese Stimmen waren, dennoch war er gewiß, sie nur wegen seiner einzigartigen Geisteskraft hören zu können. Seine unvergleichliche Wahrnehmung war es, die es ihm ermöglichte, so unendlich schwache Nachrichten aus dem Äther aufzufangen, und weil er auf die Einzelheiten achtete.

Tränen liefen ihr übers Gesicht. Ihre perfekt gezupften Brauen zogen sich zusammen, gingen in der Mitte hoch und zerfurchten die Haut auf ihrer Stirn zu säuberlichen Falten. Er zählte sie, denn es war etwas Besonderes.

Mit aufgerissenen, angsterfüllten himmelblauen Augen beobachtete sie, wie er seine Kleider auszog und sie zur Seite legte. Es wäre nicht gut, wenn sie sich mit Blut vollsaugen würden.

Das Messer lag jetzt fest in seiner Hand. Er stand über ihr, nackt und erigiert, um ihr zu zeigen, welche guten Dienste sie ihm bislang leistete.

Und dann begann er.

25

Kahlan, gefolgt von Cara, erreichte die Tür des kleinen Zimmers, das Richard als Arbeitszimmer benutzte, im selben Augenblick wie eine junge Frau mit kurzen schwarzen Haaren, die ein kleines Silbertablett mit heißem Tee trug. Raina, die zusammen mit Ulic und Egan neben der Tür Wache stand, gähnte.

»Hat Richard nach Tee verlangt, Sarah?«

Die junge Frau machte einen Hofknicks, so gut dies mit dem Tablett in der Hand möglich war. »Ja, Mutter Konfessor.«

Kahlan nahm der jungen Frau das Tablett aus der Hand. »Schon gut, Sarah. Ich gehe hinein – ich werde es ihm bringen.«

Sarah errötete und versuchte, sich an das Tablett zu klammern. »Aber Mutter Konfessor, das solltet Ihr nicht tun müssen.«

»Red kein dummes Zeug. Ich bin durchaus in der Lage, ein Tablett zehn Schritte weit zu tragen.«

Kahlan trat einen Schritt zurück und bekam das Tablett dadurch vollends in die Hand. Sarah wußte nicht, was sie mit ihren Händen anstellen sollte, also verbeugte sie sich.

»Ja, Mutter Konfessor«, sagte sie, bevor sie ging. Anstatt sich darüber zu freuen, daß man ihr half, zog sie ein Gesicht, als sei sie gerade überfallen und ausgeraubt worden. Sarah versah ihren Dienst wie die meisten Dienstboten im Palast äußerst gewissenhaft.

»Ist er schon lange auf?« fragte Kahlan, an Raina gerichtet.

Raina bedachte sie mit einem mißmutigen Blick. »Ja. Schon die ganze Nacht. Ich habe ihm schließlich einige Wachen hiergelassen und bin zu Bett gegangen. Außerdem hatte er Berdine die ganze Nacht über oben bei sich.«

Was zweifellos der Grund für ihren mißmutigen Blick war.

»Es war sicher wichtig, aber ich werde sehen, ob ich ihn nicht dazu bringen kann, nachts eine Pause einzulegen, damit er ein wenig Schlaf bekommt – oder wenigstens Berdine.«

»Das wäre mir sehr lieb«, brummte Cara. »Raina wird unausstehlich, wenn Berdine nicht ins Bett kommt.«

»Berdine braucht ihren Schlaf«, rechtfertigte sich Raina.

»Bestimmt war es wichtig, Raina, dennoch habt Ihr recht. Wer nicht genug schläft, nützt nicht viel. Ich werde ihn daran erinnern – manchmal verliert er sich in seiner Arbeit und vergißt darüber ganz die Bedürfnisse anderer.«

Rainas dunkle Augen hellten auf. »Danke, Mutter Konfessor.«

Kahlan balancierte das Tablett auf einer Hand und öffnete die Tür. Cara bezog neben Raina Posten, linste Kahlan hinterher, um sich zu vergewissern, daß sie mit dem Tablett zurechtkam, und schloß dann die Tür.

Richard stand mit dem Rücken zu ihr und starrte aus dem Fenster. Dem heruntergebrannten Feuer im Kamin gelang es kaum, die Kälte aus dem Zimmer zu vertreiben.

Kahlan schmunzelte in sich hinein. Sie würde seine Prahlerei Lügen strafen. Sie kam nicht einmal mehr dazu, das Tablett auf dem Tisch abzusetzen, die Tasse mit einem leisen Klingeln gegen die Kanne schlagen zu lassen und damit seine Aufmerksamkeit auf sich zu lenken, damit er sie für das Dienstmädchen hielt, als Richard bereits, ohne sich umzudrehen, zu sprechen begann.

»Kahlan. Wie schön. Ich bin froh, daß du gekommen bist.«

Stirnrunzelnd setzte sie das Tablett ab.

»Du stehst mit dem Rücken zur Tür. Woher wußtest du, daß ich es bin?«

Richard drehte sich um und machte ein verwirrtes Gesicht. »Warum sollte ich denken, daß es die Frau mit dem Tee ist, wo du es bist, die ihn hereinbringt?« Die Frage schien ihn zu verwirren.

»Ich schwöre es, Richard, manchmal bereitest du mir eine Gänsehaut.«

Er hob ihr Kinn mit einem Finger an und gab ihr einen Kuß. »Ich freue mich, dich zu sehen. Es war einsam ohne dich.«

»Hast du gut geschlafen?«

»Geschlafen? Ich … wahrscheinlich nicht. Wenigstens scheinen die Tumulte sich gelegt zu haben. Ich weiß nicht, was wir getan hätten, wenn der Mond ein weiteres Mal rot aufgegangen wäre. Wie können Menschen wegen einer solchen Geschichte einfach außer Rand und Band geraten.«

»Du mußt zugeben, es war eigenartig und … beängstigend.«

»Tu' ich ja, nur deswegen will ich doch nicht schreiend durch die Straßen rennen, Fenster einschlagen und Feuer legen.«

»Vermutlich, weil du Lord Rahl bist und ein wenig besonnener.«

»Und ich habe ein Gefühl für Ordnung. Ich lasse nicht zu, daß Leute solche Verwüstungen anrichten, ganz zu schweigen davon, daß sie unschuldige Menschen verletzen. Beim nächsten Mal werde ich die Tumulte sofort von den Soldaten niederschlagen lassen und nicht auf die Vernunft der Menschen setzen. Ich habe mich um wichtigere Dinge zu kümmern als um diesen kindischen Aberglauben.«

Er stand kurz davor, aus der Haut zu fahren, wie Kahlan an seinem kaum beherrschten Ton erkennen konnte.

Seine Augen tränten. Sie wußte, wenn jemand nicht genug Schlaf bekam, dann löste sich sein Abstand zu den Dingen schnell auf. Eine Nacht, das mochte vielleicht noch angehen, doch drei in Folge, das war eindeutig zu viel. Hoffentlich trübte dies sein Urteilsvermögen nicht.

»Wichtigere Dinge. Du meinst deine Arbeit mit Berdine?«

Er nickte. Kahlan schenkte ihm Tee ein und reichte ihn ihm. Er starrte einen Augenblick die Tasse an, bevor er sie entgegennahm.

»Du mußt der armen Frau mehr Schlaf gönnen, Richard. Sie wird dir nicht helfen können, wenn sie vollkommen übermüdet ist.«

Er nahm einen kleinen Schluck. »Ich weiß.« Daraufhin drehte er sich zum Fenster und gähnte. »Ich mußte sie auf mein Zimmer schicken, um ein Nickerchen zu halten. Sie fing an, Fehler zu machen.«

»Du mußt ebenfalls ein wenig schlafen, Richard.«

Er blickte aus dem Fenster zu den mächtigen Steinmauern der Burg der Zauberer am Hang des Bergmassivs. »Ich bin möglicherweise dahintergekommen, was der rote Mond bedeutet.«

Der düstere Unterton in seiner Stimme ließ sie zögern.

»Und was bedeutet er?« fragte sie schließlich.

Er drehte sich zum Tisch und stellte die Tasse ab. »Ich ließ Berdine nach Stellen suchen, wo Kolo das Wort moss verwendet oder von einem roten Mond spricht, in der Hoffnung, dadurch vielleicht einen Hinweis zu entdecken.«

Er klappte das auf dem Tisch liegende Tagebuch auf. Oben in der Burg der Zauberer hatte er es gefunden, zusammen mit dem Mann, der es verfaßt hatte. Kolo hatte die Sliph bewacht, jenes seltsame Geschöpf, das Menschen über große Entfernungen transportieren konnte, als die Türme, die die Alte von der Neuen Welt trennten, vollendet wurden. Während die Türme aktiviert wurden, hatte man Kolo eingemauert, und dort, bei der Sliph, war er auch gestorben.