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»Es ist also möglich, daß wir uns alle bereits angesteckt haben.«

Drefan sah ihm einen Moment lang in die Augen. »Das ist möglich, trotzdem glaube ich es nicht.«

Richards Kopf pochte, nur lag das nicht an irgendeiner Seuche, das rührte vom Schlafmangel und der Angst her.

»Na gut, gehen wir also zu den Häusern der anderen Jungen und sehen wir, was wir herausfinden können. Wir müssen soviel wie möglich in Erfahrung bringen.«

30

Der erste Junge, den sie aufsuchten, Mark, war wohlauf. Mark freute sich über Yonicks Besuch und wunderte sich, daß er ihn und seinen Bruder Kip während der letzten Tage nicht gesehen hatte. Die junge Mutter bekam es angesichts der wichtigen Fremden, die plötzlich vor ihrer Tür standen und sich nach der Gesundheit ihres Sohnes erkundigten, mit der Angst zu tun. Richard war erleichtert, daß Mark, der zusammen mit Yonick und seinem Bruder an dem Ja'La-Spiel teilgenommen hatte, nicht erkrankt war.

Bislang war nur einer der Jungen, die an dem Ja'La-Spiel teilgenommen hatten, krank geworden. Es sah immer mehr danach aus, als seien seine Befürchtungen bezüglich Jagangs nichts weiter als in Panik gezogene Schlußfolgerungen. In Richard keimte so etwas wie Hoffnung auf.

Yonick erzählte dem bestürzten Mark von Kips Tod. Richard wies die Mutter an, nach Drefan zu schicken, sobald jemand aus der Familie krank werden sollte. Als Richard das Haus verließ, fühlte er sich viel besser.

Der zweite Junge, Sidney, war seit dem Morgen tot.

Als sie dann den dritten Jungen, in Decken gehüllt, hinter einem Haus, das nur aus einem Raum bestand, vorfanden, waren Richards Hoffnungen verblaßt.

Bert war schwer krank, aber wenigstens waren seine Gliedmaßen nicht schwarz wie die von Kip. Seine Mutter erzählte ihnen, er habe Kopfschmerzen gehabt und sich erbrochen. Während Drefan nach dem Jungen sah, reichte Nadine der Frau Kräuter.

»Streut sie ins Feuer«, erklärte Nadine ihr. »Es ist Beifuß, Fenchel und Hussuk. Sie erzeugen Rauch und helfen, die Krankheit zu vertreiben. Bringt Eurem Jungen heiße Kohlen, streut eine Prise der Kräuter auf die Kohlen und fächelt Eurem Jungen den Rauch zu, um sicherzustellen, daß er genug davon einatmet. Das wird helfen, ihm die Krankheit auszutreiben.«

»Glaubst du wirklich, das hilft?« fragte Richard leise, als Nadine wieder zu ihm und dem Jungen zurückkehrte. »Drefan meinte, er sei nicht davon überzeugt.«

»Ich habe gelernt, daß es angeblich bei ernsthaften Krankheiten wie der Pest hilft«, erwiderte sie mit gesenkter Stimme, »allerdings habe ich noch nie jemanden gesehen, der die Pest hatte, also kann ich es nicht mit Gewißheit sagen. Das ist das einzige Mittel, das ich kenne, Richard. Ich muß es versuchen.«

Obwohl er todmüde war und ihn Kopfschmerzen plagten, hatte Richard keine Mühe, die Hilflosigkeit aus ihrer Stimme herauszuhören. Sie wollte helfen. Wie Drefan gesagt hatte: Vielleicht nützte es etwas.

Richard beobachtete, wie Drefan ein Messer aus seinem Gürtel zog. Er gab Cara und Raina, die, nachdem sie Richards Anweisungen ausgeführt hatten, zu ihnen gestoßen waren, ein Zeichen, den kranken Jungen auf sein Lager zu drücken. Raina packte mit einer Hand Berts Kinn und hielt mit der anderen seine Stirn fest. Cara drückte seine Schultern in die Laken.

Mit ruhiger Hand durchstieß Drefan die Schwellung seitlich am Hals des Jungen. Berts Schreie gingen Richard an die Nerven. Fast hatte er das Gefühl, die Klinge an seiner eigenen Kehle zu spüren. Die Mutter stand händeringend ein Stück abseits und verfolgte regungslos das Geschehen.

Richard mußte daran denken, daß Drefan erzählt hatte, wenn der Betreffende überlebte, würde er sich sein Leben lang über die Tortur der Behandlung beklagen. Bert hätte allen Grund dazu.

»Was hast du Kips Mutter gegeben?« fragte Kahlan Nadine.

»Ich habe ihr ein paar Kräuter zum Ausräuchern des Hauses gegeben, dieselben wie der Frau hier«, antwortete Nadine. »Und ich habe ihr einen Beutel mit Hopfen, Lavendel, Schafgarbe und Blättern der Zitronenmelisse fertiggemacht, den sie in ihr Kopfkissen stecken soll, damit sie schlafen kann. Ich glaube trotzdem nicht, daß sie Ruhe finden wird, nachdem…« Sie wendete die Augen ab. »Jedenfalls könnte ich nicht schlafen«, sagte sie leise, wie zu sich selbst.

»Hast du irgendwelche Kräuter, die deiner Ansicht nach die Ausbreitung der Pest verhindern können?« fragte Richard. »Etwas, durch das die Menschen sich nicht weiter anstecken?«

Nadine sah Drefan zu, der Blut und Eiter vom Hals des Jungen wischte. »Tut mir leid, Richard. Aber ich weiß nicht genug darüber. Vielleicht hat Drefan recht. Er scheint sich gut auszukennen. Möglicherweise gibt es weder ein Mittel zur Heilung noch zur Vorbeugung.«

Richard trat neben den Jungen, hockte sich neben Drefan und sah seinem Bruder bei der Arbeit zu.

Drefan blickte ihn an, als er den Lappen in seiner Hand zurechtfaltete. »Wie ich schon sagte, manchmal, wenn die Krankheit auf die Spitze getrieben und der Eiter dräniert werden kann, erholt sich der Betreffende. Ich muß es versuchen.«

Drefan gab den beiden Mord-Sith ein Zeichen. Sie hielten den Jungen von neuem fest. Richard zuckte zusammen, als er beobachtete, wie Drefan das scharfe Messer tiefer in die Schwellung hineingleiten ließ und noch mehr Blut und gelblichweiße Flüssigkeit hervorholte. Glücklicherweise fiel Bert in Ohnmacht.

Richard wischte sich den Schweiß von der Stirn. Er fühlte sich hilflos. Er hatte sein Schwert, um sich zu wehren, gegen diese Krankheit war es ihm jedoch nicht von Nutzen. Er wünschte, daß die Bedrohung eine wäre, gegen die er kämpfen könnte.

Hinter ihm redete Nadine mit leiser Stimme, aber laut genug, daß er es hören konnte, auf Kahlan ein.

»Tut mir leid, was ich vorhin gesagt habe, Kahlan. Ich habe mein Leben der Hilfe für die Kranken verschrieben. Es macht mich so wütend, wenn ich Menschen leiden sehe. Deswegen war ich so verärgert. Nicht wegen Euch. Yonicks Leid hat mich mit Zorn erfüllt, und auf Euch bin ich losgegangen. Es war nicht Euer Fehler. Niemand hätte etwas tun können. Verzeiht mir.«

Richard drehte sich nicht um. Kahlan schwieg, doch vielleicht lächelte sie Nadine an, zum Zeichen, daß sie ihre Entschuldigung annahm.

Richard bezweifelte das.

Er kannte Kahlan. Sie erwartete von anderen ebenso viel wie von sich selbst. Sie verzieh nicht einfach, nur weil jemand sie darum bat. Das Vergehen selbst fiel ebenso ins Gewicht, und es gab Vergehen, die zu schwer wogen, als daß man sie vergeben konnte.

Die Entschuldigung hatte ohnehin nicht Kahlan gegolten, sondern Richard. Wie ein Kind, das man ausgeschimpft hatte, legte Nadine jetzt ihr bestes Betragen an den Tag und versuchte ihn damit zu beeindrucken, wie artig sie sein konnte.

Obwohl sie ihn verletzt hatte, fand ein Teil von ihm es tröstlich, Nadine um sich zu haben. Sie erinnerte ihn an sein Zuhause, an seine glückliche Kindheit. Sie war ein vertrautes Gesicht aus einer sorgenfreien Zeit. Andererseits war er über den tatsächlichen Grund ihres Kommens besorgt. Wie immer sie darüber dachte, sie hatte diesen Entschluß nicht selbst gefaßt. Jemand oder etwas hatte ihrem Tun Vorschub geleistet. Und doch – trotzdem hätte er ihr am liebsten bei lebendigem Leib das Fell über die Ohren gezogen.

Nachdem sie Bert verlassen hatten, führte sie Yonick eine gepflasterte Gasse hinunter zu einem Innenhof hinter der Wohnung von Darby Andersons Familie. In dem kleinen Hof, dessen matschiger Boden mit Holzspänen durchmengt war, standen Stapel unbehauenen Holzes, das von Persennings geschützt wurde, alte, rostige Zwei-Mann-Zugsägen, zwei Holzwerkbänke sowie aufgeworfene, gesplitterte oder verzogene Bretter, die seitlich an den Gebäuden lehnten.

Darby erkannte Richard und Kahlan vom Ja'La-Spiel wieder. Er war erstaunt, daß sie ihn zu Hause besuchten. Daß sie gekommen waren, um sich ein Ja'La-Spiel anzusehen, war ein Grund, sehr stolz zu sein, aber daß sie hier bei ihm erschienen, überstieg sein Fassungsvermögen. Hektisch bürstete er sich das Sägemehl aus dem kurzen braunen Haar und von seiner schmutzigen Arbeitskleidung.