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Yonick hatte Richard erzählt, die gesamte Familie Anderson – Darby, seine zwei Schwestern, seine Eltern, die Eltern seines Vaters und eine Tante – lebe über ihrer kleinen Werkstatt. Clive Anderson, Darbys Vater, und Erling, sein Großvater, stellten Stühle her. Die beiden Männer hatten die Unruhe gehört, waren an die breite Doppeltür getreten und verbeugten sich.

»Verzeiht uns, Mutter Konfessor, Lord Rahl«, sagte Clive, nachdem Darby seinen Vater vorgestellt hatte, »aber wir wußten nicht, daß Ihr kommt, sonst hätten wir etwas vorbereitet – ich hätte meiner Frau gesagt, sie solle Tee kochen oder so. Wir sind leider nur einfache Leute.«

»Bitte macht Euch deswegen keine Gedanken, Meister Anderson«, sagte Richard. »Wir sind hier, weil wir um Euren Sohn besorgt sind.«

Erling, der Großvater, machte einen strengen Schritt auf Darby zu. »Was hat der Junge angestellt?«

»Nichts, wirklich nichts«, beruhigte ihn Richard. »Ihr habt einen wunderbaren Enkelsohn. Wir haben ihn vor ein paar Tagen Ja'La spielen sehen. Einer der anderen Jungen ist krank. Schlimmer noch, zwei weitere sind gestorben.«

Darby riß die Augen auf. »Gestorben? Wer denn?«

»Kip«, sagte Yonick mit erstickender Stimme.

»Und Sidney«, setzte Richard hinzu. »Bert ist ebenfalls sehr krank.«

Darby war schockiert. Sein Großvater legte dem Jungen tröstend die Hand auf die Schulter.

»Mein Bruder Drefan« – Richard deutete auf ihn – »ist Heiler. Wir sehen uns sämtliche Jungen aus der Ja'La-Mannschaft an. Ob Drefan helfen kann, wissen wir nicht, aber er möchte es gerne versuchen.«

»Mir geht es gut«, stellte Darby mit bebender Stimme fest.

Erling, ein unrasierter, knochiger Mann, hatte so schiefe Zähne, daß Richard sich fragte, wie er es schaffte, sein Essen zu kauen. Er sah Kahlans weißes Kleid und Richards goldenes Cape, das sich im schneidenden Wind aufblähte, und zeigte auf die Werkstatt.

»Bitte, wollt Ihr nicht eintreten? Heute geht ein kalter Wind. Drinnen ist es wärmer und geschützter. Wie es aussieht, werden wir heute abend etwas Schnee bekommen.«

Ulic und Egan bezogen beim hinteren Tor Posten. In der Gasse wimmelte es von Soldaten. Richard, Kahlan, Nadine und Drefan gingen in die Werkstatt. Cara und Raina folgten ihnen wie ein Schatten, blieben jedoch in der Nähe der Tür.

An Pflöcken in den staubigen Wänden hingen alte Stühle und Schablonen. In sämtlichen Ecken hatten Spinnweben, auf denen sich im Wald der Tau gesammelt hätte, gewaltige Mengen Sägemehl eingefangen. Auf der Werkbank lagen Stuhlteile, die verleimt wurden, eine feine Säge, eine Reihe kleiner Fein- und Rundhobel sowie eine Anzahl von Stemmeisen. Mehrere Rauh- und Tischlerhobel hingen neben Hämmern und anderen Werkzeugen an der Wand hinter der Werkbank.

Teilweise fertiggestellte Stühle, die man bis zur Endfertigung mit gedrehten Tauen fest zusammengebunden hatte oder die in Nut- und Federzwingen trockneten, standen überall auf dem Fußboden herum. Auf einem Sägebock, an dem der Großvater gestanden hatte, als sie den Innenhof betraten, lag ein gespaltenes Eschenscheit, das er mit einem Zugmesser bearbeitet hatte.

Clive, ein breitschultriger junger Mann, schien gewillt, seinem Vater das Reden zu überlassen.

»Was fehlt diesen Kindern?« fragte Erling. Drefan räusperte sich und überließ die Antwort Richard.

Richard war so müde, daß er sich kaum noch auf den Beinen halten konnte. Fast kam es ihm vor, als schlafe er und dies sei nur ein böser Traum.

»Sie haben die Pest. Zu meiner Erleichterung sehe ich, daß Darby gesund ist.«

Erling fiel das faltige Kinn herunter. »Die Guten Seelen mögen uns das ersparen!«

Clive erbleichte. »Meine Töchter sind krank.«

Plötzlich machte er kehrt und rannte zur Treppe, blieb dann aber unvermittelt stehen. »Bitte, Meister Drefan, werdet Ihr Euch um sie kümmern?«

»Selbstverständlich. Zeigt uns den Weg.«

Oben waren Darbys Mutter, seine Großmutter und die Tante damit beschäftigt gewesen, Fleischpasteten zuzubereiten. In einem Kessel, den man in die Feuerstelle gehängt hatte, kochten Pastinaken, und vom Wasserdampf waren die Fenster beschlagen.

Die drei Frauen warteten, durch Clives Rufe alarmiert, mit aufgerissenen Augen oben mitten im Gemeinschaftszimmer. Der Anblick der Fremden erschreckte sie, sie verbeugten sich jedoch sofort, als sie Kahlans weißes Kleid erblickten. Im Kleid der Mutter Konfessor mußte Kahlan niemandem in Aydindril vorgestellt werden und, was das anbetraf, auch niemandem in den gesamten Midlands.

»Hattie, dieser Mann hier, Meister Drefan, ist ein Heiler, und er ist gekommen, um sich die Mädchen anzusehen.«

Hattie, das kurze, sandfarbene Haar mit einem Kopftuch nach hinten gebunden, wischte sich die Hände an der Schürze ab. Ihr Blick huschte zwischen all den Menschen hin und her, die in ihrem Heim standen. »Danke, hier entlang, bitte.«

»Wie geht es ihnen?« fragte Drefan Hattie auf dem Weg nach hinten ins Schlafzimmer.

»Beth klagt seit gestern über Kopfschmerzen«, antwortete Hattie. »Davor war ihr sehr übel. Die üblichen Kinderkrankheiten, weiter nichts.« Für Richard klang dies eher wie ein flehentliches Bitten. »Ich habe ihr etwas schwarzen Andorn zur Beruhigung gegeben.«

»Das ist gut«, versicherte ihr Nadine. »Ein Aufguß aus Flohkraut könnte auch helfen. Ich habe etwas dabei. Ich lasse es hier, für den Fall, daß sie es braucht.«

»Danke für Eure Freundlichkeit«, sagte Hattie, deren Besorgnis mit jedem Schritt wuchs.

»Was ist mit dem anderen Mädchen?« erkundigte sich Drefan.

Hattie hatte die Tür fast erreicht. »Lily ist nicht so krank, fühlt sich aber nicht recht wohl. Vermutlich stört es sie nur, daß ihre Schwester die ganze Aufmerksamkeit und Tee mit Honig bekommt. Kinder sind so. Sie hat ein paar kleine, runde Entzündungen an den Beinen.«

Drefan zögerte kurz.

Beth hatte Fieber, aber nicht übermäßig. Sie hatte einen rasselnden Husten und beklagte sich, ihr Kopf tue weh. Drefan überging sie fast ganz. Er betrachtete Lily auf die analytische Art, die ihm eigen war, wie sie in die Decken gewickelt dasaß und sich ernst mit ihrer Lumpenpuppe unterhielt.

Die Großmutter nestelte nervös an ihrem Kragen herum und verfolgte von der Tür aus, wie Hattie sich umständlich an der Bettdecke zu schaffen machte. Die Tante wischte Lilys Stirn mit einem feuchten Lappen ab, während Nadine ein paar tröstliche Worte zu dem Mädchen sagte. Nadine hatte wirklich eine beruhigende, freundliche Art an sich. Sie wählte Kräuter aus den Ledersäckchen in ihrem Beutel aus und wickelte sie zu mehreren Stoffpäckchen zusammen, während sie der aufmerksam zusehenden Mutter Anweisungen für die Zubereitung gab.

Richard und Kahlan gingen zusammen mit Drefan zu dem jüngeren Mädchen hinüber. Kahlan hockte sich hin, sprach mit ihr und erzählte ihr, was für eine hübsche Puppe sie habe, damit sie sich nicht vor Richard und Drefan ängstigte. Lily warf besorgte Blicke in ihre Richtung, während sie mit Kahlan schwatzte. Kahlan schlang einen Arm um Richard, um Lily zu zeigen, daß man sich vor ihm nicht fürchten müsse. Richard zwang sich zu lächeln.

»Lily«, sagte Drefan mit gezwungener Fröhlichkeit, »würdest du mir die wunden Stellen an deiner Puppe zeigen?«

»Sie hat hier ein Aua, da eins und da.« Sie schaute aus ihren großen, runden Augen hoch zu Drefan.

»Und tun sie ihr weh?«

Lily nickte. »Sie macht ›Au‹, wenn ich sie anfasse.«

»Wirklich? Nun, das ist wirklich schlimm. Aber es geht ihr bestimmt bald wieder besser.« Er ging in die Hocke, damit er nicht so hoch über ihr aufragte, legte Kahlan einen Arm um die Hüfte und zog sie zu sich herunter. »Das ist meine Freundin Kahlan, Lily Ihre Augen sind nicht sehr gut. Sie kann die wunden Stellen auf den Beinen deiner Puppe nicht sehen. Würdest du Kahlan die auf deinen Beinen zeigen?«

Nadine sprach noch immer mit der Mutter über das andere Mädchen. Lily sah kurz zu ihr hinüber.

Kahlan strich Lily das Haar zurück und sagte ihr, was für eine hübsche Puppe sie habe. Lily strahlte. Kahlans langes Haar faszinierte sie. Kahlan erlaubte ihr, es anzufassen.