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»Kannst du mir die wehen Stellen auf deinen Beinen zeigen?« fragte Kahlan.

Lily zog ihr weißes Nachthemd hoch. »Hier, genau wie bei meiner Puppe.«

Auf der Innenseite beider Oberschenkel hatte sie mehrere dunkle Flecken in der Größe von Pennymünzen. Als Drefan sie vorsichtig berührte, sah Richard, daß sie hart wie Schwielen waren. Kahlan zog Lilys Nachthemd wieder herunter, strich es glatt und legte ihr die Decke über den Schoß, während Drefan ihr die Wange tätschelte und ihr erzählte, was für ein tapferes Mädchen sie sei und daß die ›Auas‹ ihrer Puppe am Morgen besser sein würden.

»Da bin ich aber froh«, freute sich Lily. »Sie mag es nämlich nicht, krank zu sein.«

Erling hobelte zerstreut an einem Stuhl herum, der auf der Werkbank stand. Richard sah, daß er nicht recht darauf achtete, was er tat, und ihn verdarb. Der Mann blickte nicht auf, als sie die Treppe runterkamen. Auf Richards Drängen war Clive oben bei seiner Frau und seinen Töchtern geblieben.

»Haben sie sich angesteckt?« fragte Erling mit heiserer Stimme.

Drefan legte dem alten Mann ermutigend die Hand auf die Schulter. »Ich fürchte, ja.«

Erling machte zitternd eine ungelenke Bewegung mit dem Hobel.

»Als ich jung war, habe ich in Sparlville gelebt. Eines Sommers kam die Pest. Sie raffte eine große Zahl von Menschen dahin. Ich hatte gehofft, das nicht noch einmal zu erleben.«

»Verstehe«, sagte Drefan mit gedämpfter Stimme. »Ich habe auch mit angesehen, wie sie ganze Dörfer hingerafft hat.«

»Es sind meine einzigen Enkeltöchter. Was können wir tun, um ihnen zu helfen?«

»Ihr könnt versuchen, das Haus auszuräuchern«, schlug Drefan vor.

Erling brummte: »Haben wir in Sparlville gemacht. Wir haben auch Heilmittel und Mittel zur Vorbeugung gekauft, aber die Menschen sind trotzdem gestorben.«

»Ich weiß«, sagte Drefan. »Ich wünschte, ich könnte etwas tun, leider habe ich noch nie von einem wirklich wirksamen Heilmittel gehört. Sollte Euch etwas einfallen, was damals in Eurer Jugend geholfen hat, dann probiert es aus. Ich kenne längst nicht alle Heilmethoden. Schlimmstenfalls wird es keinen Schaden anrichten, und günstigstenfalls hilft es vielleicht.«

Erling legte den Hobel beiseite. »Manche Leute haben Feuer angezündet, um die Krankheit aus ihrem Blut zu treiben. Andere meinten, es läge daran, daß ihr Blut wegen der Sommerhitze und des Fiebers bereits zu heiß sei, und versuchten, ihre Lieben anzufächeln, um ihr Blut zu kühlen. Was würdet Ihr empfehlen?«

Drefan schüttelte den Kopf. »Tut mir leid, ich weiß es einfach nicht. Ich habe gehört, daß Menschen sowohl durch beide Methoden geheilt wurden als auch in beiden Fällen trotzdem gestorben sind. Manche Dinge liegen nicht in unserer Hand. Niemand kann sich dem Zugriff des Hüters entziehen, wenn er kommt.«

Erling rieb sich das zerfurchte Kinn. »Ich bete zu den Guten Seelen, daß sie die Mädchen verschonen.« Seine Stimme versagte. »Sie sind zu gut, zu unschuldig, als daß der Hüter schon die Hand nach ihnen ausstrecken dürfte. Sie haben unzählige Freuden über dieses Haus und diese Familie gebracht.«

Drefan legte Erling die Hand abermals auf die Schulter. »Es tut mir leid, Meister Anderson, aber Lily hat die Male.«

Der Tischler rang um Atem und versuchte sich an der Werkbank festzuhalten. Drefan war darauf vorbereitet gewesen und fing ihn auf, damit er nicht hinfiel, als seine Knie nachgaben. Er half ihm, sich auf den Sägebock zu setzen.

Während Erling seine Tränen hinter beiden Händen verbarg, wendete Kahlan das Gesicht ab und vergrub es an Richards Schulter. Richard war wie benommen.

»Großvater«, rief Darby von der Treppe, »Was ist?«

Erling richtete sich auf. »Nichts, mein Junge. Ich sorge mich nur um deine Schwestern, das ist alles. Alte Männer werden komisch, weiter nichts.«

Darby kam erleichtert die übrigen Stufen herunter. »Das mit Kip tut mir wirklich leid, Yonick. Wenn dein Vater etwas braucht, läßt mich meiner bestimmt von der Arbeit fort, damit ich helfen kann.«

Yonick nickte. Er wirkte ebenfalls benommen.

Richard ging vor den Jungs in die Hocke. »Ist einem von euch beim Ja'La-Spiel etwas Merkwürdiges aufgefallen?«

»Etwas Merkwürdiges?« fragte Darby. »Was denn zum Beispiel?«

Richard fuhr sich mit dem Fingerkamm durchs Haar. »Ich weiß es nicht. Habt ihr mit irgendwelchen Fremden gesprochen?«

»Klar«, meinte Darby. »Es waren Unmengen von Leuten da, die wir nicht kannten. Soldaten haben sich das Spiel angesehen. Viele Leute, die ich nicht kannte, kamen, um uns nach unserem Sieg zu gratulieren.«

»Ist euch irgend jemand besonders im Gedächtnis geblieben? War irgendwas an ihnen seltsam?«

»Ich hab' gesehen, wie Kip nach dem Spiel mit einem Mann und einer Frau sprach«, sagte Yonick. »Es sah aus, als wollten sie ihm gratulieren. Sie beugten sich beim Sprechen über ihn und zeigten ihm etwas.«

»Sie zeigten ihm etwas? Was denn?«

»Tut mir leid«, sagte Yonick. »Aber das konnte ich nicht erkennen. Ich war zu sehr damit beschäftigt, mich von den Soldaten beglückwünschen zu lassen.«

Richard wollte dem Jungen mit seinen Fragen keine Angst einjagen, trotzdem mußte er auf Antworten drängen. »Wie sahen der Mann und die Frau aus?«

»Ich weiß nicht«, sagte Yonick. Die Tränen traten ihm in die Augen, als er sich an seinen Bruder erinnerte. »Der Mann war hager und jung. Die Frau war auch jung, aber älter als er. Ich glaube, sie war ziemlich hübsch. Sie hatte braunes Haar.« Er zeigte auf Nadine. »So wie ihres, nur nicht so dicht und nicht so lang.«

Richard sah zu Kahlan hoch. Der niedergeschlagene Ausdruck auf ihrem Gesicht verriet ihm, daß sie dasselbe befürchtete wie er.

»Ich erinnere mich an sie«, sagte Darby. »Meine Schwestern haben auch mit diesem Mann und der Frau gesprochen.«

»Aber von euch beiden keiner?«

»Nein«, sagte Darby Yonick schüttelte den Kopf. »Wir waren so aufgeregt und sind überall herumgesprungen, weil wir das Spiel vor den Augen von Lord Rahl gewonnen hatten. Viele Soldaten gratulierten uns, und auch eine Menge anderer Leute. Ich habe mit den beiden nicht gesprochen.«

Richard ergriff Kahlans Hand. »Kahlan und ich müssen Beth und Lily etwas fragen«, sagte er zu Drefan. »Wir sind gleich zurück.«

Eng aneinandergeschmiegt und Trost in der Berührung des anderen suchend, stiegen sie die Stufen hoch. Richard hatte Angst vor dem, was ihm die beiden Mädchen erzählen würden.

»Frag du sie«, flüsterte Richard ihr zu. »Vor mir fürchten sie sich. Es fällt ihnen bestimmt leichter, mit dir zu sprechen.«

»Glaubst du, es ist möglich, daß es die beiden waren?«

Richard brauchte nicht zu fragen, wen sie meinte. »Ich weiß es nicht. Aber du hast mir erzählt, Jagang habe behauptet, er habe sich das Ja'La-Spiel angesehen – mit Marlins Augen. Schwester Amelia hat Marlin begleitet. Sie hatten hier in Aydindril irgend etwas vor.«

Richard beruhigte die Frauen, daß sie den Mädchen nur kurz eine Frage stellen müßten. Die Frauen beschäftigten sich weiter mit ihrer Arbeit, während er und Kahlan noch einmal ins Schlafzimmer gingen. Richard bezweifelte, daß sie auf ihre Fleischpasteten mehr acht gaben als Erling auf den Stuhl, den er verdorben hatte.

»Lily«, fragte Kahlan mit sanfter Stimme lächelnd zuerst das jüngere Mädchen, »weißt du noch, wie du deinem Bruder beim Ja'La-Spielen zugesehen hast?«

Lily nickte. »Er hat gewonnen. Wir haben uns richtig gefreut, daß er gewonnen hat. Vater hat gesagt, Darby hat einen Punkt erzielt.«

»Ja, wir haben ihn auch spielen sehen und haben uns für ihn gefreut. Erinnerst du dich noch an die beiden Leute, mit denen du gesprochen hast? Einen Mann und eine Frau?«

Sie runzelte die Stirn. »Als Mutter und Vater gejubelt haben? Diesen Mann und die Frau?«

»Ja. Weißt du noch, was sie zu dir gesagt haben?«

»Beth hat meine Hand gehalten. Sie wollten wissen, ob das mein Bruder war, den wir angefeuert haben.«