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Ein warmer Windstoß liebkoste Salomos Hals. Die Berggipfel nahmen eine ockergelbe Farbe an. In einem Flußarm badeten junge Männer. Ein Bauer führte seinen Esel zum Markt, der Körbe trug, aus denen Weintrauben quollen.

Doch die Stunde nahte, in der er in die Schlacht ziehen mußte.

Salomo hatte die gesamte königliche Leibwache aufgeboten, die größtenteils aus fremdländischen Söldnern bestand. In Jerusalem ließ er nur alte Soldaten zurück, die israelitischen Hauptleuten unterstellt waren und während der Abwesenheit des Herrschers den Palast beschützten. Die Elitetruppen erreichten Megiddo unter seinem persönlichen Befehl.

Salomo begab sich zu den Pferdeställen, die an einem großen, mit Kalksteinen gepflasterten Hof mit einer steinernen Zisterne gelegen waren, die tausend Eimer Wasser enthielt. Seit seinem ersten Besuch vor einem Monat hatten die Arbeiten gute Fortschritte gemacht. Jeder Pferdestall war in fünf Einheiten unterteilt, hatte einen eigenen Eingang, und das Ganze war über einen breiten, kieselbestreuten Weg zugänglich, auf dem man leicht Futter für die Pferde heranschaffen und ihre Ställe säubern konnte. Jedes Tier war an einem Pfeiler mit einer Nummer angebunden. Zwischen den Pfeilern gab es Gipsengel. Luft und Licht kamen durch verstellbare Öffnungen im Dach.

«Wer ist für diese Gebäude verantwortlich?» fragte Salomo.

Der Schreiber befragte seine Liste, die er nie aus der Hand legte.

«Jerobeam, Majestät.»

Zwei Leibwachen gingen und holten einen Dreißigjährigen mit rotem Haar und einer Narbe auf der Stirn, die von einem Huftritt stammte, mit eingedrückter Nase und kantigem Kinn mit Kerbe – ein Riese und fast so eindrucksvoll wie Banajas. Barfuß, den Schurz lehmbeschmiert, weil er gerade Kalksteinplatten ausfugte, näherte er sich innerlich zitternd seinem König.

«Wo bist du geboren?» fragte Salomo.

«In den Bergen von Ephraim, Gebieter. Mein Vater ist tot. Meine Mutter ist daheim geblieben.»

«Wie lautet dein Titel?»

«Aufseher der Arbeiten. Ich bin in einer bäuerlichen Landwehr ausgebildet worden, später in einem Bautrupp, der die Befestigungen von Jerusalem ausgebessert hat. Dann hat man mich zu den Pferden versetzt. Ich habe meine Ideen vorgetragen. Man hat auf mich gehört, und seit zwei Monaten arbeite ich daran.»

Salomo nahm Maß: lebhaft, herrisch, ehrgeizig.

«Ich ernenne dich zum Leiter der Arbeiter, die aus dem Stamm Ephraim und Levi sind. Wenn du mit den Ställen fertig bist, unterbreitest du mir die Pläne, die du noch im Kopf hast.»

Ein breites Lächeln erhellte das häßliche Gesicht des roten Riesen. Eine herrliche Laufbahn eröffnete sich ihm.

Salomo musterte die Mauern der Festung Megiddo aus der Nähe, die Soldaten, die zu Maurern geworden waren, neu erbaut hatten. Unter Anleitung von ein paar Fachleuten hatten sie die Ziegelsteine durch fachgerecht behauene und eingefügte Bruchsteine ersetzt. Das Ganze machte einen haltbaren Eindruck.

Elihap neben dem Herrscher musterte die Ebene, auf die die Beduinen zum Angriff strömten. Er litt unter Höhenangst und fühlte sich auf diesem Turm unwohl, wo ihm der Wind um die Ohren pfiff. Banajas wartete auf den Befehl seines Königs, daß er die tapfersten seiner Soldaten gegen den Feind warf.

Salomo mit einem goldenen Diadem im schwarzen Haar und einem Zepter in der rechten Hand bemerkte die erste Staubwolke, die die Ankunft des Feindes meldete.

Die Hebräer hoben die Bogen.

«Räumt die Mauern», befahl Salomo. «Laßt sie näher kommen.»

Der Befehlshaber der Garnison hätte anders entschieden. Dazu kam noch, daß sich der König noch keinen Ruf als Krieger erworben hatte.

Unter Kriegsgeschrei schossen die berittenen Beduinen ihre Pfeile auf die Festungsmauern ab. Die Hebräer antworteten nicht, sie dachten nur daran, daß ihre Zahl winzig klein war.

«Entriegelt das Haupttor», forderte der Herrscher.

«Majestät!»

Der Befehlshaber begehrte nicht mehr auf. Seine Haltung war bereits eine Beleidigung für den König. Aber warum ging Salomo ein solches Risiko ein? Warum bot er dem Gegner ein Ziel?

Mühelos drangen die Beduinen durch das Eingangstor, das nicht verteidigt wurde. Sie waren sich sicher, daß sie einen leichten Sieg errungen hatten, und stießen Jubelrufe aus. Doch auf die erste Ringmauer folgte eine zweite weniger hohe, dafür aber breitere. Auf der tauchten jetzt die hebräischen Bogenschützen auf und schossen den verstörten Beduinen, die auf engem Raum gefangen waren und deren Pferde wild ausschlugen, ihre Pfeile in die Brust.

In den Reihen der Angreifer gab es keine Überlebenden. Kein Hebräer wurde verwundet. Die von Salomo aufgestellte Falle war ein voller Erfolg gewesen. Der Sieg von Megiddo wurde von Hofdichtern besungen, und der Ruhm des Königs von Israel verbreitete sich in der Welt und säte Furcht unter seinen Feinden.

Kapitel 8

Der von Elihap verfaßte Bericht ließ keinen Zweifel aufkommen, die Waffe der Zukunft war der mit drei Männern besetzte Streitwagen: der Bogenschütze, der Wagenlenker und ein Helfer, der seine Waffengefährten mit einem großen Schild schützte. Die besten Pferde gab es in ägyptischen Gestüten. Die ägyptischen Arsenale stellten die besten Streitwagen her. Ein ägyptisches Pferd kostete einhundertfünfzig Schekel, ein ägyptischer Streitwagen sechshundert Schekel. Zur Absicherung Israels brauchte Salomo mindestens viertausend Pferde und dreitausend Streitwagen.

«Nimm dir einen Papyrus», befahl der König seinem Schreiber.

Elihap schob Siegel und Tafeln beiseite, die ihn auf seiner Palette behinderten. Er nahm nicht den Papyrus, den eine Werkstätte in der Provinz aus Pflanzen herstellte, die im Sumpf, in der Nähe des Jordan, wuchsen, sondern griff zu einem, der aus Memphis kam, der großen Handelsstadt Unterägyptens.

«Einen schöneren habe ich nicht, Majestät. Ich habe ihn für einen besonderen Anlaß aufgehoben. Aber vielleicht sollte ich lieber eine Holz- oder Wachstafel nehmen?»

«Der Text, den ich dir zu diktieren habe, ist zu lang, Elihap. Wenn man an einen ägyptischen Pharao schreibt, darf man nicht mit Höflichkeitsfloskeln geizen.»

Salomo merkte seinem Schreiber an den Augen an, daß er sehr erregt war. Elihap mischte schwarzen Ruß mit Harz, was er dann in Wasser auflöste, wodurch er eine schöne schwarze Tusche bekam. Er säuberte das königliche Siegel, das unter die Botschaft kommen sollte.

«Deine Hand scheint zu stocken», meinte Salomo.

«An einen Pharao schreiben… ist das Unterfangen nicht zum Scheitern verurteilt?»

«Nur er allein kann uns die Pferde und Streitwagen verkaufen, die wir brauchen. Zweifellos wird er meinen ersten Vorschlag ablehnen. Ich hoffe darauf, daß er danach Lust bekommt, mir einen Gegenvorschlag zu machen.»

«Warum sollte er es zulassen, daß du dein Heer stark machst?»

«Weil er weiß, daß ich den Frieden will. Das Ägypten des Pharaos Siamun ist zwar stark, aber es geht ihm nicht so gut. Liegt es da nicht in seinem Interesse, in Frieden zu leben?»

Der Schreiber teilte die Meinung seines Gebieters. In der Tat sah Siamun seine Macht durch den Hohenpriester Thebens gefährdet, der im Süden Ägyptens, wo die religiösen Traditionen noch lebendig waren, eine starke Stellung innehatte. Darum hatte der Pharao seine Hauptstadt nach Tanis im Delta, unweit der nordöstlichen Landesgrenze, verlegt.

«Was weißt du über ihn?» fragte Salomo.

«Er ist ein Heimlichtuer, der sein Amt mit viel Strenge ausübt. Wie die meisten seiner Vorgänger arbeitet er unablässig und kennt sich bewundernswert in seinen Akten aus.»